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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §28 Abs1 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Bernard, Dr. Riedinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Strohmaier, über die Beschwerde der S P und des D P, beide in K, beide vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 13. August 1993, Zlen. V/1-B-9333 und V/1-B-9334, betreffend Erlöschen eines Witwen- und Deszendentenfortbetriebsrechtes nach der Wirtschaftstreuhänder-Berufsordnung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Beschluß vom 22. Februar 1993 hat der Vorstand der Kammer der Wirtschaftstreuhänder festgestellt, daß gemäß § 42 Abs. 1 im Zusammenhang mit § 46 Abs. 1 und 4 der Wirtschaftstreuhänder-Berufsordnung (WTBO) die Berufsbefugnisse von E P als Steuerberater sowie Buchprüfer und Steuerberater, die Berechtigung der S P, den Witwenfortbetrieb, und die Berechtigung des Deszendenten, D P, den Deszendentenfortbetrieb nach dem am 4. Jänner 1988 verstorbenen E P zu führen, am 4. Jänner 1993 erloschen sind. Dieser Beschluß wurde mit Bescheid des Kammeramtes der Wirtschaftstreuhänder vom 23. Februar 1993 ausgefertigt.
Der von den Beschwerdeführern gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wurde mit dem namens des Landeshauptmannes erlassenen und vom Amt der Niederösterreichischen Landesregierung ausgefertigten Bescheid vom 13. August 1993 keine Folge gegeben: § 46 Abs. 3 WTBO sei nur in jenem Fall anwendbar, in dem nach dem Tode eines Wirtschaftstreuhänders bloß erbberechtigte Kinder (Nachkommen und Wahlkinder) vorhanden seien. Da im vorliegenden Fall nicht bloß (nur) erbberechtigte Nachkommen - oder Wahlkinder -, sondern auch eine Witwe vorhanden sei, könne diese gesetzliche Bestimmung nicht angewendet werden. Die Begünstigungen im Sinne des § 46 Abs. 1 und Abs. 2 sowie Abs. 4 WTBO würden jedenfalls fünf Jahre nach dem Tod des Wirtschaftstreuhänders erlöschen, dies auch im Fall, daß man § 46 Abs. 3 WTBO doch auf den vorliegenden Fall anwenden wolle, da die Zeitpunkte der Vollendung des 30. bzw. 35. Lebensjahres des Deszendenten als Einschränkung des fünfjährigen Deszendentenfortbetriebes gedacht seien. Da jedenfalls die Frist von fünf Jahren abgelaufen sei, ohne daß vom Verwertungsrecht (§ 46 Abs. 2 bzw. Abs. 3 WTBO) Gebrauch gemacht worden sei, sei die erstinstanzliche Entscheidung zu bestätigen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde hat den Akt vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zunächst ist festzuhalten, daß die in der Gegenschrift bemängelte unzutreffende Bezeichnung der belangten Behörde durch die Beschwerdeführer (Amt der Niederösterreichischen Landesregierung statt richtig Landeshauptmann für Niederösterreich) kein Zurückweisungsgrund ist (vgl. dazu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 19. Dezember 1984, Slg. 11625/A u.a.).
Die Beschwerdeführer erachten sich in ihrem gesetzlich gewährleisteten Recht, den Witwen- bzw. Deszendentenfortbetrieb nach dem am 4. Jänner 1988 verstorbenen E P bis 4. Jänner 2001, in eventu bis 4. Jänner 1996, fortzuführen, verletzt. Die belangte Behörde hätte unter Berücksichtigung des Umstandes, daß D P - als Enkel des verstorbenen E P Nachkomme im Sinne des § 46 WTBO - seit 17. November 1992 im Witwen- und Deszendentenfortbetrieb als Berufsanwärter tätig sei, auf den Zeitpunkt der Vollendung seines 35. bzw. 30. Lebensjahres abzustellen gehabt; die Ansicht der belangten Behörde, daß die Berechtigung zur Berufsausübung längstens fünf Jahre nach dem Tode ende, finde im Gesetzeswortlaut keine Deckung.
Gemäß § 46 Abs. 1 WTBO kann nach dem Tod eines Wirtschaftstreuhänders dessen Witwe binnen vier Wochen, gerechnet vom Todestage, bei der Kammer der Wirtschaftstreuhänder beantragen, daß ein von ihr namhaft gemachter Berufsangehöriger als Kanzleiverweser bestellt werde, der im Rahmen der ihm selbst zustehenden Befugnis die Kanzlei des Verstorbenen unter Anführung von dessen Namen und für Rechnung der Witwe auf die Dauer von längstens fünf Jahren weiterzuführen hat. Nach § 46 Abs. 2 WTBO ist die Witwe während des fünfjährigen Übergangsstadiums (Abs. 1) jederzeit berechtigt, von ihrem Verwertungsrecht gemäß § 45 des zitierten Gesetzes Gebrauch zu machen. Hat sie jedoch innerhalb der fünfjährigen Frist keine solche Verfügung getroffen, so tritt nach Ablauf dieser Frist, seine Zustimmung vorausgesetzt, jener Wirtschaftstreuhänder als Kanzleiübernehmer ein, der zuletzt als von der Kammer bestellter Kanzleiverweser die Geschäfte ohne Anstand geführt hat. § 46 Abs. 3 WTBO bestimmt, daß Abs. 1 und 2 sinngemäß für den Fall gelten, daß nach dem Tod eines Wirtschaftstreuhänders bloß erbberechtigte Kinder (Nachkommen und Wahlkinder) vorhanden sind, dies jedoch mit der Einschränkung, daß die Dauer der Weiterführung spätestens in dem Zeitpunkt endet, in dem das jüngste Kind das 30. Lebensjahr vollendet. Für Kinder (Nachkommen und Wahlkinder), die in der Kanzlei des Verstorbenen tätig und als Berufsanwärter gemeldet sind, tritt an die Stelle dieses Zeitpunktes die Vollendung des 35. Lebensjahres.
Es kann im Beschwerdefall dahingestellt bleiben, ob unter "Kindern" auch ein "Enkel" zu verstehen ist, denn bereits aus dem Wortlaut dieser Bestimmung folgt, daß die Kanzlei eines verstorbenen Wirtschaftstreuhänders in jedem Fall nur auf die Dauer von längstens fünf Jahren weitergeführt werden darf; dies ergibt sich schon aus der Anordnung der sinngemäßen Anwendung der Abs. 1 und 2 in Abs. 3.
Auch aus § 46 Abs. 4 WTBO, der eine Regelung für den Fall trifft, daß ein Wirtschaftstreuhänder sowohl eine Witwe als auch erbberechtigte Kinder, die das in Abs. 3 vorgesehene Mindestalter noch nicht erreicht haben, hinterläßt, können die Beschwerdeführer für ihre Rechtsansicht nichts gewinnen: § 46 Abs. 4 WTBO enthält nämlich keine Bestimmungen über die Dauer des Fortbetriebsrechtes, sondern Bestimmungen darüber, daß der Kanzleiverweser dann, wenn sowohl eine Witwe als auch erbberechtigte Kinder vorhanden sind, die Geschäfte der Kanzlei für Rechnung aller mitberechtigten Personen zu führen hat, soweit nicht einzelne von ihnen für ihre Person auf ihr Recht ausdrücklich verzichtet haben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Februar 1966, Zl. 1994/65).
Bei dieser Rechtslage ist eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften dadurch, daß es die belangte Behörde unterlassen habe, sich mit dem Studienerfolg des D P auseinanderzusetzen, nicht zu erkennen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
Bei diesem Ergebnis erübrigte sich eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Schlagworte
MängelbehebungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993020248.X00Im RIS seit
20.11.2000