TE Vwgh Erkenntnis 1994/3/10 93/15/0146

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Veröffentlicht am 10.03.1994
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

BAO §22;
BAO §23;
BAO §25;
EStG 1988 §15 Abs1 Z1;
EStG 1988 §25 Abs1 Z1 lita;
EStG 1988 §4 Abs1;
EStG 1988 §47 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Karger, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde der H-GmbH in R, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in Z, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 13. Juli 1993, Zl. GA 5-1720/93, betreffend Nachforderung an Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für den Zeitraum vom 1. Jänner 1989 bis 31. Dezember 1991, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.570,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende GmbH ist einziger Komplementär einer KG, deren einziger Kommanditist Geschäftsführer der Beschwerdeführerin ist. Aus einem "Dienstzettel" vom 8. Jänner 1988 ergibt sich, daß dem Geschäftsführer ein Monatsbruttogehalt von S 30.000,-- zuzüglich des Entgelts für maximal 20 Überstunden unter der Voraussetzung gebührt, daß für die Überstundenleistungen ein entsprechender Nachweis geführt wird.

Anläßlich einer bei der Beschwerdeführerin betreffend die Jahre 1989 bis 1991 durchgeführten Lohnsteuerprüfung vertrat das Prüforgan die Ansicht, es sei für die Benützung des "firmeneigenen PKW"s" durch den Geschäftsführer eine Nachversteuerung des Sachbezugswertes vorzunehmen.

Das Finanzamt Zwettl schloß sich dieser Meinung an und erließ gegenüber der Beschwerdeführerin als Arbeitgeberin einen entsprechenden Haftungs- und Zahlungsbescheid, den es im wesentlichen wie folgt begründete:

Weder im Gesellschaftsvertrag über die Gründung der Beschwerdeführerin noch in dem der KG noch im Dienstzettel vom 8. Jänner 1988 seien über eine etwaige Privatnutzung von Firmenfahrzeugen genauere Regelungen enthalten. Erst am 30. November 1992 habe der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin (= Kommanditist der KG) mit der KG eine Vereinbarung des Inhaltes getroffen, daß die Beschwerdeführerin keine Rechte an Fahrzeugen besitze und daher nicht berechtigt sei, dem Geschäftsführer ein im Eigentum der KG stehendes Fahrzeug für Privatfahrten zur Verfügung zu stellen. Diese Vereinbarung enthalte als "Nachtrag" die Erklärung, daß sie auch für die Zeit vor der schriftlich fixierten Vertragsausfertigung obligatorische Wirkung habe. Tatsache sei, daß der Geschäftsführer (und Kommanditist) Fahrzeuge, die sich im Eigentum der KG befänden, sowohl im betrieblichen Interesse als auch privat nutze. Es stehe weiters fest, daß die Tätigkeit des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin letztlich der KG zu dienen bestimmt sei. Da die am 30. November 1992 geschlossene Vereinbarung einem Fremdvergleich nicht standhalte, sei die Privatnutzung des Kraftfahrzeuges als Vorteil aus dem Dienstverhältnis zu werten und als Sachbezug zu behandeln. Daran ändere auch der Umstand nichts, daß bei der KG "ein Privatanteil ausgeschieden" worden sei.

Gegen diesen Bescheid berief die Beschwerdeführerin, wobei sie in erster Linie betonte, die schriftliche Vereinbarung vom 30. November 1992 sei im Hinblick auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. Oktober 1992, Zl. 88/14/0045, abgeschlossen worden. Mit dieser Vereinbarung sei festgelegt worden, daß die private Nutzung des im Eigentum der KG stehenden Fahrzeuges durch den Kommanditisten als "Entnahme im Rahmen der KG" zu behandeln sei. Dazu komme, daß durch die Nachversteuerung eines Sachbezuges faktisch eine Doppelbesteuerung vorgenommen werde. Durch das "Ausscheiden von Privatanteilen" für die KFZ-Nutzung sei bereits ein steuerlich relevanter Sachverhalt berücksichtigt worden. Im Prüfungsbericht sei überdies fälschlich angeführt, daß es sich um ein "firmeneigenes", also um ein Fahrzeug der Beschwerdeführerin handle.

Die belangte Behörde wies die Berufung als unbegründet ab und setzte sich im Kern der Begründung ihrer Entscheidung nur mit der Vereinbarung vom 30. November 1992 auseinander. Sie behandelte diese Vereinbarung als rückwirkend und daher für die Zeit bis 30. November 1992 als steuerlich unbeachtlich, wobei sie die eingeschlagene Vorgangsweise "als ein Stück Verwegenheit" apostrophierte.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Unterbleiben einer "rechtswidrigen Doppelbelastung" und damit in ihrem Recht auf Unterbleiben der vorgenommenen Nachversteuerung verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 15 Abs. 1 Z. 1 EStG 1988 liegen Einnahmen vor, wenn dem Steuerpflichtigen Geld oder geldwerte Vorteile im Rahmen der Einkunftsarten des § 2 Abs. 3 Z. 4 bis 7 zufließen.

Gemäß § 25 Abs. 1 Z. 1 lit. a leg. cit. sind Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn) Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Frage der Überlassung eines Kraftfahrzeuges zur privaten Nutzung durch eine KG an einen Kommanditisten, der auch Geschäftsführer der Komplementär-GmbH ist, in seinem Erkenntnis vom 6. Oktober 1992, Zl. 88/14/0045, ausführlich Stellung genommen. Danach ist es nicht ausgeschlossen, daß ein Kommanditist neben den Vergütungen, die er für seine Geschäftsführertätigkeit durch die Komplementär-GmbH erhält, auch bei der KG Entnahmen tätigt. Solche Entnahmen können auch in der Privatnutzung eines Kraftfahrzeuges der KG bestehen, was als Privatentnahme des Kommanditisten zu verbuchen ist. Der Verwaltungsgerichtshof betonte in diesem Zusammenhang, daß derartige Vorgänge streng voneinander zu trennen sind und daß dafür das Vorliegen klarer und eindeutiger vertraglicher Vereinbarungen (wie sonst zwischen nahen Angehörigen) erforderlich ist.

Der belangten Behörde ist in diesem Zusammenhang zuzugeben, daß diese erforderliche Klarheit vertraglicher Abmachungen im vorliegenden Fall erst ab 30. November 1992 besteht und daß eine Rückwirkung dieser Vereinbarung steuerlich nicht anzuerkennen ist (vgl. dazu z.B. das jüngst ergangene hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 1994, Zl. 93/15/0161 und die dort zitierte hg. Vorjudikatur und Literatur). Mit ihrer auf die zitierte Vereinbarung vom 30. November 1992 gestützten Argumentation muß die Beschwerde daher erfolglos bleiben.

Im vorliegenden Fall ist allerdings zu beachten, daß bereits der erstinstanzliche Bescheid - anders als der Bericht des Prüfers (der ausdrücklich von der Nutzung eines "firmeneigenen PKW"s" spricht, worunter im gegebenen Zusammenhang ein Fahrzeug der Beschwerdeführerin zu verstehen wäre) - ausdrücklich davon ausgeht, daß der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin Fahrzeuge privat genutzt hat, "die sich im Eigentum der KG befinden". Damit stellte sich im vorliegenden Fall aber die - von der belangten Behörde rechtlich vollkommen außer acht gelassene - Frage der Behandlung von Vorteilen, die einem Dienstnehmer nicht vom Arbeitgeber, sondern von dritter Seite zufließen. Solche Vorteile sind nach der hg. Judikatur nicht der Lohnsteuer zu unterwerfen, sondern im Veranlagungsweg zu erfassen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Jänner 1991, Zl. 89/13/0166). Die belangte Behörde hätte daher prüfen müssen, ob bezogen auf den Streitzeitraum etwa die KG als Eigentümerin der Fahrzeuge deren Nutzung der Beschwerdeführerin (ihrem Arbeitsgesellschafter) als Vergütung für die Leistungen überlassen hat, die durch ihren Geschäftsführer erbracht werden, und ob die Beschwerdeführerin ihrerseits die Fahrzeuge ihrem Geschäftsführer mit Bewilligung der Privatnutzung zur Verfügung gestellt hat, was im Beschwerdefall in Ermangelung anderer Behauptungen durchaus naheliegt, wozu aber nachprüfbare Tatsachenfeststellungen fehlen. Nur für den Fall des Vorliegens einer solchen Sachlage hätte die Beschwerdeführerin für diesen Sachbezug ihres Geschäftsführers Lohnsteuer einbehalten und abführen müssen (vgl. das gerade oben zitierte hg. Erkenntnis Zl. 89/13/0166).

Da die belangte Behörde ausschließlich ausgehend von der Qualifizierung der Vereinbarung vom 30. November 1992 als rückwirkend und damit steuerlich unbeachtlich Ermittlungen in der aufgezeigten Richtung unterließ, hat sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, was gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu seiner Aufhebung führen mußte.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993150146.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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