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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Händschke und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des B in K, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 24. Juli 1992, Zl. 4.246.570/2-III/13/91, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der "früheren SFRJ" albanischer Nationalität, der am 26. Juni 1988 in das Bundesgebiet eingereist ist, hat den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 2. Februar 1989, mit dem festgestellt worden war, bei ihm lägen die Voraussetzungen für seine Anerkennung als Flüchtling nicht vor, mit Berufung bekämpft. Mit Bescheid vom 24. Juli 1992 wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab und versagte die Gewährung von Asyl.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen "Rechtswidrigkeit" erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Der Beschwerdeführer hat bei seiner niederschriftlichen Einvernahme durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark am 13. Oktober 1988 angegeben, er habe sich auf Grund der im Kosovo herrschenden politischen Situation entschlossen, mit seiner Gattin Jugoslawien zu verlassen. Zuvor sei er wegen Teilnahme an einer Demonstration von der Polizei für einige Tage in Haft genommen worden. Bis zu diesem Zeitpunkt sei er von den Behörden weder aus politischen oder religiösen noch aus ethnischen Gründen verfolgt oder inhaftiert worden.
In der gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung hat der Beschwerdeführer vorgebracht, er könne "aus bestimmten sozialen Gründen" nicht in sein Heimatland zurückkehren.
Mit Eingabe vom 17. Februar 1989 ergänzte der Beschwerdeführer seine Berufung dahingehend, daß er den Fragen des seiner Ersteinvernahme beigezogenen Dolmetschers für die serbokroatische Sprache infolge nur sehr mangelhafter Beherrschung dieser Sprache nicht habe folgen können. Der Beschwerdeführer habe seit 1981 in einer politischen Gruppierung mitgearbeitet und Flugzettel nationalistischen Inhaltes verteilt. Im März 1984 sei er beim Verteilen von Prospekten "erwischt" und für zwei Monate in Haft genommen worden. Während der Haft sei er über seine politischen Aktivitäten und Freunde befragt, geschlagen und gezwungen worden, bis zu einer halben Stunde in ca. ein Meter tiefem, kalten Wasser zu stehen. In der Folge sei er weiter politisch aktiv gewesen und sei, da er wegen des Anbringens von albanischen Fahnen ausgeforscht worden sei, vom 28. Dezember 1987 bis 5. Jänner 1988 inhaftiert worden. Um einer drohenden Verhaftung zu entgehen, sei er vor den Nationalfeiertagen, so auch am 25. April 1988, nach Zagreb geflüchtet. Nach seiner Rückkehr habe ihm seine Ehegattin mitgeteilt, daß die Polizei sie nach seinen politischen Aktivitäten befragt und ihn gesucht habe.
Bei einer Befragung durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark am 24. Juli 1989 hat der Beschwerdeführer richtiggestellt, daß er den der Erstbefragung beigezogenen Dolmetscher problemlos verstanden habe und daß ihm behördlicherseits ausreichend Gelegenheit zur Darlegung seiner Fluchtgründe geboten worden sei, daß er aber plötzlich seinem der Erstbefragung beigezogenen Vertrauensmann nicht mehr vertraut und deshalb nur sehr allgemeine Angaben über seine Ausreise aus Jugoslawien gemacht habe. Ergänzend brachte der Beschwerdeführer bei dieser Einvernahme vor, er habe aus Idealismus an Demonstrationen einer näher bezeichneten politischen Gruppe, deren Wortführer ein 1982 zu zehn Jahren Haft verurteilter Cousin seiner Mutter sei, teilgenommen. Der Beschwerdeführer habe nicht nur an Demonstrationen teilgenommen, sondern auch Flugblätter verfaßt und an verschiedenen Orten verteilt. Als er vom 10. März bis zum 10. Mai 1984 aus ihm unbekannten Gründen inhaftiert gewesen sei, habe man ihn gewarnt, es drohe ihm im Wiederholungsfall eine vierjährige Haftstrafe. Vom 29. November bis 4. Dezember 1987 sei der Beschwerdeführer abermals wegen Mitführens einer albanischen Flagge und wegen negativer Äußerungen über die jugoslawische Flagge im Gefängnis gewesen. Seine letzte Festnahme sei am 28. Dezember 1987 wegen Hissens einer albanischen Flagge erfolgt und habe bis zum 5. Jänner 1988 angedauert. Er könne keine Dokumente über seine Inhaftierungen beibringen und wisse nicht, ob ein Verfahren gegen ihn anhängig oder bereits eine Verurteilung ausgesprochen sei, er sei aber der Ansicht, im Fall seiner Rückkehr drohe ihm sofortige Inhaftierung.
Am 12. Jänner 1990 legte der Beschwerdeführer ein Urteil des Kommunalgerichtes in Kline vor, demzufolge er am 28. Dezember 1987 wegen konterrevolutionärer Gefährdung der gesellschaftlichen Ordnung und wegen feindlicher Propaganda zu viereinhalb Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden sei. Trotz des Vorhaltes, daß durch Ermittlungen der belangten Behörde erwiesen sei, daß das Urteil eine Fälschung sei, beharrte der Beschwerdeführer auf dem Vorliegen einer Verurteilung, wobei er sich dem Strafantritt durch Untertauchen entzogen habe. Änderungen an dem Urteil könnten von den serbischen Behörden bewußt vorgenommen worden sein, um dem Beschwerdeführer zu schaden.
Die belangte Behörde, die gemäß § 25 Abs. 2 Asylgesetz 1991 bereits dieses Gesetz anzuwenden hatte, hat die Abweisung der Berufung des Beschwerdeführers insbesondere damit begründet, daß seine Angaben insbesondere deshalb unglaubwürdig seien, weil es sich bei dem von ihm vorgelegten Urteil um eine Fälschung handle und es nicht glaubhaft erscheine, daß er trotz der Verhängung einer so langen Freiheitsstrafe bis zum Eintritt der Rechtskraft des Urteiles auf freiem Fuß belassen worden sei. Weiters sei die Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers deshalb erschüttert, weil er im Zuge des Berufungsverfahrens hinsichtlich seiner Inhaftierung im Jahre 1984 und in bezug auf seine politische Aktivitäten widersprüchliche Angaben gemacht habe.
Dieser Argumentation der belangten Behörde steht § 20 Abs. 1 Asylgesetz 1991, gemäß dem sie ihrer Entscheidung grundsätzlich - es sei denn, es lägen Gründe im Sinne des § 20 Abs. 2 leg. cit. für die Anordnung der Ergänzung oder Wiederholung des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens vor (was hier nicht der Fall ist) - das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der Behörde erster Instanz zugrunde zu legen hat, entgegen, sodaß sie nicht befugt war, auf das Berufungsvorbringen bzw. auf die im Laufe des Berufungsverfahrens vorgenommenen Ergänzungen der Angaben des Beschwerdeführers einzugehen, und insbesondere auch nicht berechtigt war, diese Angaben zur Beurteilung seiner Glaubwürdigkeit heranzuziehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. November 1993, Zlen. 93/01/0234, 0499). Diese insoweit durch das Gesetz nicht gedeckte Vorgangsweise der belangten Behörde verletzt den Beschwerdeführer aber deshalb nicht in seinen Rechten, weil sein Vorbringen vor der Behörde erster Instanz nicht geeignet ist, seine Flüchtlingeigenschaft darzutun, sodaß die belangte Behörde auch bei Vermeidung der aufgezeigten Verfahrensmängel zu keinem anderen Bescheid hätte gelangen können. So ist weder der bei seiner Erstbefragung getätigte Hinweis auf die im Kosovo allgemein herrschende politische Situation noch die hiebei ins Treffen geführte Inhaftierung des Beschwerdeführers für einige Tage im Anschluß an eine Demonstration geeignet, Umstände aufzuzeigen, die als Verfolgung aus den in § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 (übereinstimmend mit Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) angeführten Gründen bzw. als Anlaß für begründete Furcht vor einer solchen angesehen werden könnten (vgl. die bei Steiner, Österreichisches Asylrecht, 1990, S. 28 und 33, angeführte Judikatur).
Die sich sohin als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1992010868.X00Im RIS seit
20.11.2000