TE Vwgh Erkenntnis 1994/3/18 93/12/0001

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Veröffentlicht am 18.03.1994
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Index

L22002 Landesbedienstete Kärnten;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

BDG 1979 §56 Abs2;
DienstrechtsG Krnt 1985 §61 Abs3;
NebenbeschäftigungsG Krnt 1986 §3 Abs1;
NebenbeschäftigungsG Krnt 1986 §3 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissärin Mag. Unterer, über die Beschwerde des F in P, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 13. November 1992, Zl. Präs-2/181/92, betreffend Nebenbeschäftigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Kärnten hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Sachbearbeiter im Amt für Wasserwirtschaft Klagenfurt in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Kärnten.

Am 3. November 1992 richtete der Beschwerdeführer ein Schreiben an das Amt der Kärtner Landesregierung, in dem er die beabsichtigte Aufnahme einer auf Dauer ausgelegten Nebenbeschäftigung im Sinne des § 61 Abs. 3 des Kärntner Dienstrechtsgesetzes anzeigte. Er führte aus, daß es sich bei der geplanten Tätigkeit um gelegentliche wasserbautechnische Sachverständigenarbeiten und Gutachtenserstellungen im Zuge von Straf- und Zivilverfahren beim Landesgericht Klagenfurt bzw. bei Kärtner Bezirksgerichten handle. Die Nebenbeschäftigung liege somit im Interesse des Bundes. Der genaue Zeitpunkt dieser Arbeiten sowie der Umfang derselben sei nicht voraussehbar. Weiters wies der Beschwerdeführer darauf hin, daß er auf die Einhaltung der Bestimmungen des § 6 des Kärntner Nebenbeschäftigungsgesetzes, LGBl. 24/1986, größtes Augenmerk legen werde. Als konkreten Anlaßfall teilte der Beschwerdeführer die Geschäftszahl eines Aktes des Bezirksgerichtes Villach mit.

Der Leiter des Amtes für Wasserwirtschaft Klagenfurt leitete diesen Antrag mit Schreiben vom 5. November 1992 an das Amt der Kärntner Landesregierung weiter und erstattete gleichzeitig den Vorschlag, dem Beschwerdeführer eine Genehmigung für die Nebenbeschäftigung als gerichtlich beeideter wasserbautechnischer Sachverständiger nur außerhalb des Zuständigkeitsbereiches des Amtes für Wasserwirtschaft Klagenfurt zuzuerkennen. Als Begründung wird ausgeführt, daß sich im Zuge der wasserbautechnischen Sachverständigentätigkeit des Beschwerdeführers anläßlich der Gerichtserhebungen im Fall "Kanalisation Gemeinde Eberndorf" gezeigt habe, daß sich ernste Konflikte zwischen Dienstausübung und gerichtlicher Sachverständigentätigkeit ergeben haben. Es könne auch weiterhin davon ausgegangen werden, daß eine gerichtliche Sachverständigentätigkeit im selben geopraphischen und fachlichen Wirkungsbereich eines Landesbeamten zu Interessenskonflikten bzw. Befangenheiten führen müsse.

Am 13. November 1992 richtete das Amt der Kärntner Landesregierung folgendes Schreiben an den Beschwerdeführer:

"Mit Schreiben vom 3. November 1992 haben Sie angezeigt, daß Sie beabsichtigen, über Ersuchen des Landesgerichtes Klagenfurt bzw. anderer Kärntner Bezirksgerichte als wasserbautechnischer Sachverständiger tätig zu werden.

Gemäß §§ 3 und 4 des Nebenbeschäftigungsgesetzes, LGBl. Nr. 24/1986, wird festgestellt, daß gegen die Ausübung dieser Nebenbeschäftigung, vorerst befristet auf die Dauer eines Jahres, keine Einwände bestehen, wenn Sie diese ausschließlich in Ihrer dienstfreien Zeit (sowohl hinsichtlich allfällig notwendiger Besichtigungen, Ausarbeitungen als auch der Vorlage und der Erörterung bei den Gerichten) ausüben.

Darüber hinaus ist es Ihnen untersagt, derartige Gutachten, die sich auf den geographischen und fachlichen Wirkungsbereich des Amtes für Wasserwirtschaft Klagenfurt beziehen, zu erstellen.

Ausdrücklich werden Sie noch auf die Verpflichtung des § 5 leg. cit. hingewiesen, wonach der Dienstbehörde jede die Ausübung der angezeigten Nebenbeschäftigung betreffende Veränderung zu melden wäre.

Klagenfurt, 13.11.1992
Für die Kärntner Landesregierung:
Dr. K eh.

F.d.R.d.A."

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Durch den angefochtenen Bescheid erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf uneingeschränkte Ausübung einer Nebenbeschäftigung nach den Bestimmungen des Kärntner Nebenbeschäftigungsgesetzes, insbesondere auf Unterbleiben einer durch § 3 dieses Gesetzes nicht gedeckten Auflage durch unrichtige Anwendung der Bestimmungen dieses Gesetzes, insbesondere des Abs. 1 lit. a und b und des Abs. 2 seines § 3 sowie der Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung (§§ 1, 8 DVG, §§ 37, 39, 60 AVG) verletzt. Da nach dem Bescheidinhalt erkennbar ist, daß ohne die örtliche Einschränkung der angezeigten Nebenbeschäftigung eine Untersagung erfolgt wäre, ist davon auszugehen, daß der Bescheidinhalt untrennbar ist und der angefochtene Bescheid nur zur Gänze angefochten werden konnte.

Der Beschwerdeführer brachte zunächst vor, die beschwerdegegenständliche Erledigung sei zwar nicht als Bescheid bezeichnet worden, enthalte keine Rechtsmittelbelehrung und auch keine Begründung, lasse jedoch nach ihrer Diktion keinen Zweifel daran, daß in ihr ein Entscheidungswille zum Ausdruck gelange. Daher komme der Erledigung zumindest im Umfang der Anfechtung Bescheidcharakter zu. Dies stehe im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, der ua. mit Beschluß des verstärkten Senates vom 15. Dezember 1977, Slg. N.F. Nr. 9.458/A ausgesprochen habe, daß das Fehlen der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter einer Erledigung unerheblich sei, wenn eine an eine bestimmte Person gerichtete Erledigung die Bezeichnung der Behörde, den Spruch und die Unterschrift oder auch die Beglaubigung enthalte. Auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid könne aber nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergebe, daß die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt habe, sondern auch, daß sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden habe. Der normative Inhalt müsse sich aus der Formulierung der behördlichen Erledigung ergeben.

Daraus folgt, daß dem dieser Beschwerde zugrundeliegenden Schreiben der Kärntner Landesregierung Bescheidcharakter zukommt, weil die belangte Behörde zweifellos über die Zulässigkeit der Ausübung einer Nebenbeschäftigung entscheiden wollte.

Gemäß § 61 Abs. 3 des Kärntner Dienstrechtsgesetzes hat der Beamte - sofern die Gesetze nichts anderes bestimmen - der Landesregierung jede erwerbsmäßige Nebenbeschäftigung unverzüglich zu melden. Eine Nebenbeschäftigung ist erwerbsmäßig, wenn sie die Schaffung von nennenswerten Einkünften in Geld oder Güterform bezweckt.

Im vorliegenden Beschwerdefall findet das Nebenbeschäftigungsgesetz (NBG), LGBl. für Kärnten Nr. 24/1986, für Bedienstete des Landes, die eine erwerbsmäßige Nebenbeschäftigung im Sinne des § 61 Abs. 3 Kärtner Dienstrechtsgesetzes ausüben, Anwendung.

Gemäß § 3 Abs. 1 NBG hat die Dienstbehörde die Ausübung einer Nebenbeschäftigung zu untersagen, wenn

a) die Vermutung einer Befangenheit durch die Ausübung dieser Nebenbeschäftigung nicht ausgeschlossen ist,

b) die Vermutung von Kollisionen zwischen den Interessen der Dienstbehörde und der Gebietskörperschaften als Träger von Privatrechten und den durch die Ausübung der Nebenbeschäftigung gegebenen Interessen des Bediensteten nicht ausgeschlossen ist,

c) die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben des Bediensteten durch die Ausübung der Nebenbeschäftigung nicht mehr gewährleistet wäre,

d) für den Bediensteten durch die Ausübung der Nebenbeschäftigung eine zusätzliche Belastung entsteht, durch die die volle geistige und körperliche Leistungsfähigkeit im Dienst beeinträchtigt wird oder beeinträchtigt werden könnte oder

e) sonstige dienstlichen Interessen beeinträchtigt werden können.

Nach § 3 Abs. 2 leg. cit. darf eine Versagung nicht erfolgen, wenn

a) sich die Gründe hiefür durch eine Befristung der Nebenbeschäftigung oder durch Auflagen beseitigen lassen,

b) die Ausübung der Nebenbeschäftigung im dienstlichen Interesse oder im Interesse des Landes Kärnten, des Bundes oder von Gemeinden oder sonst im öffentlichen Interesse liegt und Versagungsgründe nach Abs. 1 lit. a bis c nicht vorliegen.

Gemäß § 58 Abs. 2 des gemäß § 1 DVG anwendbaren AVG sind Bescheide zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen oder über Einwendungen oder Anträge von Beteiligten abgesprochen wird (§ 60 AVG).

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer untersagt, Gutachten, die sich auf den geographischen und fachlichen Wirkungsbereich des Amtes für Wasserwirtschaft Klagenfurt beziehen, zu erstellen. Eine (weitere) Begründung für diese Entscheidung wurde nicht getroffen, obwohl dem Antrag des Beschwerdeführers nicht vollinhaltlich Rechnung getragen wurde (er wollte nämlich ohne zeitliche Einschränkung und ohne Beschränkung seines örtlichen Wirkungsbereiches als wasserbautechnischer Sachverständiger im Sprengel des Landesgerichtes Klagenfurt bzw. an Kärtner Bezirksgerichten tätig werden). Der Beschwerdeführer rügt in diesem Zusammenhang den Verstoß gegen die Bestimmungen über die Begründungspflicht und führt hiezu aus, die belangte Behörde habe nicht einmal eine Rechtsgrundlage für die Einschränkung des Tätigkeitsbereiches angeführt und es sei auch nicht ersichtlich, auf welche der einzelnen Bestimmungen des § 3 Abs. 1 NBG sie ihre Entscheidung habe stützen wollen.

Dem Beschwerdeführer ist darin zuzustimmen, daß der angefochtene Bescheid jegliche Begründung für die Entscheidung der belangten Behörde vermissen läßt.

Insoweit aufgrund der Anfechtung jedoch abgeleitet werden kann, daß auf den vom Beschwerdeführer angezeigten Sachverhalt die Untersagungsgründe nach § 3 Abs. 1 lit. a und lit. b leg. cit. (Vermutung der Befangenheit, Vermutung von Interessenkollisionen) angewendet werden sollten, kann im fortgesetzten Verfahren im Hinblick auf die weitgehende Inhaltsgleichheit der Bestimmungen des Kärntner Nebenbeschäftigungsgesetzes zur Lösung des vorliegenden Falles die zu § 56 Abs. 2 BDG 1979 entwickelte Judikatur herangezogen werden. Wie der Verwaltungsgerichtshof mehrmals ausgeführt hat (vgl. insbesondere das Erkenntnis vom 17. Jänner 1983, Zl. 82/12/0089, Slg. N.F. 10.945/A), genügt bereits das Vorliegen einer der angeführten Voraussetzungen für die Untersagung einer Nebenbeschäftigung.

Um die Untersagung einer Nebenbeschäftigung zu rechtfertigen, darf die Vermutung der Befangenheit aber nicht bloß eine abstrakt-denkmögliche sein, sie muß vielmehr stichthaltig und auf den Erfahrungen des täglichen Lebens aufbauend begründet werden (vgl. Erkenntnis vom 18. November 1985, Zl. 85/12/0145, Slg. N.F. Nr. 11.942/A).

Demnach müßte eine besondere Nahebeziehung zwischen den konkreten Dienstpflichten des Beschwerdeführers und der Nebenbeschäftigung bestehen. Im Gegensatz zum Vorbringen der belangten Behörde in der Gegenschrift, kann im vorliegenden Fall nicht gesagt werden, daß aus der unbestrittenen Art der Dienstverwendung einerseits und der Nebenbeschäftigung andererseits bereits von vornherein eine solche Nahebeziehung besteht, auf Grund derer Zweifel an der Objektivität des Beschwerdeführers in seinem dienstlichen Aufgabenbereich offenkundig sind.

Die belangte Behörde hat - wie bereits dargestellt - Feststellungen über den Tätigkeitsbereich des Beschwerdeführers im Amt für Wasserwirtschaft Klagenfurt ebenso unterlassen wie Feststellungen darüber, ob und in welcher Weise Kollisionen zwischen seiner Sachverständigentätigkeit, hinsichtlich deren Umfang bzw. auch deren Inhalts überhaupt möglich sind. Die belangte Behörde wäre daher verhalten, das Vorliegen der in Frage kommenden Tatbestandsvoraussetzungen des § 3 Abs. 1 NBG im Rahmen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens festzustellen.

Dies trifft auch auf die Voraussetzungen für die Anwendung der Möglichkeit einer Befristung oder für die Erteilung von Auflagen im Sinne des § 3 Abs. 2 lit. a NBG zu. Im Hinblick darauf führt der Beschwerdeführer aus, daß die belangte Behörde höchstens ausgehend von einer konkreten Erfassung seines dienstlichen Arbeitsbereiches eine konkret darauf bezugnehmende Einschränkung und nicht eine generelle Einschränkung für den gesamten sachlichen und örtlichen Zuständigkeitsbereich des Landes und seiner Behörden hätte verfügen dürfen. Der Gerichtshof vermag mangels jeglichen Anhaltspunktes nicht zu erkennen, warum die belangte Behörde der Ansicht war, die Gründe für eine Versagung der Nebenbeschäftigung ließen sich durch die angeordnete Befristung bzw. durch Auflagen beseitigen. Auch auf das Vorbringen des Beschwerdeführers, die Ausübung der Nebenbeschäftigung liege im Bundesinteresse, ist die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht eingegangen.

Da der angefochtene Bescheid nicht ausreichend begründet ist und es an konkreten Feststellungen hinsichtlich des Vorliegens von Tatbestandserfordernissen für die Untersagung bzw. die Befristung und die Erteilung von Auflagen mangelt und der Verwaltungsgerichtshof solcherart an einer inhaltlichen Überprüfung gehindert war, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993120001.X00

Im RIS seit

05.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

19.01.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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