TE Vwgh Erkenntnis 1994/3/21 94/10/0009

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.03.1994
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
80/03 Weinrecht;

Norm

AVG §39 Abs2;
VwRallg;
WeinG 1985 §29 Abs1;
WeinG 1985 §31;
WeinG 1985 §39;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Waldner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des M in P, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 23. November 1993, Zl. 67.039/595-VIB7b/93, betreffend Entziehung des Rechtes zur Verwendung der staatlichen Prüfnummer gemäß § 31 Weingesetz 1985, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 5. November 1992 erteilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer die staatliche Prüfnummer xxx für 2500 l Zweigelt, Qualitätswein 1990, Neusiedlersee, Ried: Zurndorfer Zuckermandl, Gutsabfüllung, Gutswein.

Am 26. März 1993 wurde bei einer Nachschau durch den Bundeskellereiinspektor eine Probe dieses Weines gezogen. Die Probe wurde durch die Bundesanstalt für Weinbau in Eisenstadt untersucht. Die amtliche Weinkommission beurteilte den Wein (mit 6:1 Stimmen) als stark fehlerhaft (oxidativ, braunstichig) und nicht den sensorischen Anforderungen an Qualitätswein mit der vorliegenden Bezeichnung entsprechend. Im Gutachten vom 28. April 1993 gelangte die Untersuchungsanstalt zum Ergebnis, daß das stark fehlerhafte Produkt keinen hinreichenden Schutz durch freie schweflige Säure aufweise und einen vollständigen biologischen Apfelsäureabbau durchlaufen habe. Es entspreche kostmäßig nicht der Eigenart eines Qualitätsweines mit der vorliegenden Bezeichnung und sei demnach als falsch (irreführend) bezeichnet zu beurteilen.

Dieses Untersuchungsergebnis wurde dem Beschwerdeführer am 23. Juni 1993 sowie am 26. Juli 1993 (schriftlich) zur Kenntnis gebracht.

Der Beschwerdeführer nahm wie folgt Stellung:

Die Beanstandung erfolge zu Unrecht, weil der geprüfte Wein nach Erstverkostung durch die Kostkommission zwei Tage bei extremer Hitze offen stehengelassen worden sei. Dadurch sei ein sensorisch durchschlagender Qualitätsverlust eingetreten, der nicht vom Beschwerdeführer verschuldet sei. Das Stehenlassen offener Flaschen durch zwei Tage hindurch bei extremer Außentemperatur stelle eine Falschbehandlung des geprüften Weines dar. Die Voraussetzungen zur Entziehung des Rechtes zur Verwendung der staatlichen Prüfnummer seien nicht gegeben, da der geprüfte Wein in Wahrheit den Voraussetzungen für deren Erteilung nach wie vor entspreche und lediglich durch Fehlbehandlung im Zuge der Verkostung verdorben worden sei.

Zu diesem Vorbringen holte die belangte Behörde eine Stellungnahme der Untersuchungsanstalt ein. Diese äußerte sich wie folgt: Bei den Behauptungen "Fehlbehandlung im Zuge der Verkostung", "Erstverkostung", "extreme Hitze", "zwei Tage offen stehengelassen" handle es sich um haltlose Unterstellungen. Die Probe sei sofort nach ihrem Einlangen kühl gelagert (ca. 10 Grad Celsius) und erst direkt vor der kommissionellen Verkostung wieder aus der Kühltruhe entnommen worden. Die EINMALIGE sensorische Prüfung habe mit 1:6 Stimmen eine eindeutig negative Beurteilung hinsichtlich der vorgelegten Fragestellung (Verkehrsfähigkeit?) ergeben.

Diese Äußerung hielt die belangte Behörde dem Beschwerdeführer unter Aufforderung zur Stellungnahme vor; der Beschwerdeführer äußerte sich nicht.

Mit dem angefochtenen Bescheid entzog die belangte Behörde gemäß § 31 Abs. 9 Z. 1 WeinG dem Beschwerdeführer das Recht zur Verwendung der staatlichen Prüfnummer E 9922/92. Begründend vertrat sie unter Hinweis auf das Untersuchungsergebnis die Auffassung, der Wein sei fehlerhaft und entspreche sensorisch nicht den Anforderungen an einen Qualitätswein. Das auf Grund der Stellungnahme des Beschwerdeführers durchgeführte Ermittlungsverfahren habe keine Hinweise auf eine Fehlbehandlung der Probe ergeben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Nach § 31 Abs. 9 Z. 1 WeinG in der Fassung der Weingesetz-Novelle 1991, BGBl. Nr. 10/1992, hat der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft dem Verfügungsberechtigten das Recht zur Verwendung der staatlichen Prüfnummer zu entziehen, wenn sich nachträglich herausstellt, daß die gemäß Abs. 4 erster Satz erforderlichen Angaben unrichtig waren oder der Wein den Voraussetzungen für die Erteilung einer staatlichen Prüfnummer in sonstiger Weise nicht oder nicht mehr entspricht.

Die Voraussetzungen für die Erteilung einer staatlichen Prüfnummer ergeben sich aus § 31 Abs. 1 WeinG. Nach dieser Bestimmung ist die staatliche Prüfnummer das Zeichen, das dazu bestimmt ist, österreichischen Qualitätswein und Prädikatswein zu kennzeichnen. Zur Erlangung einer staatlichen Prüfnummer muß eine Probe des Weines den in der Anlage 1 angeführten Untersuchungen unterzogen werden. Es dürfen jedoch weitere erforderliche Untersuchungen durchgeführt werden. Ergibt die Untersuchung der Probe keinen Verdacht, daß die Anforderungen an einen Qualitätswein gemäß § 29 und § 30 nicht gegeben sind, ist die staatliche Prüfnummer zu erteilen. Voraussetzung für die Erteilung der staatlichen Prüfnummer ist demnach, daß der Wein den Anforderungen an einen Qualitätswein gemäß § 29 und § 30 WeinG entspricht. Ist diese Voraussetzung nicht mehr gegeben, ist die Prüfnummer zu entziehen (vgl. das Erkenntnis vom 24. Jänner 1994, Zl. 93/10/0088).

Im Beschwerdefall handelt es sich um einen Qualitätswein. Es ist daher die Vorschrift des § 29 WeinG anzuwenden. Nach § 29 Abs. 1 leg. cit. darf Wein unter der Bezeichnung "Qualitätswein" in Verkehr gebracht werden, wenn die dort näher bezeichneten Voraussetzungen erfüllt sind, darunter auch die, daß der Wein die der Bezeichnung entsprechende und typische Eigenart aufweist und bei der sensorischen Prüfung die in einer Verordnung gemäß § 47 Abs. 7 festgelegten Mindesterfordernisse erreicht (§ 29 Abs. 1 Z. 4 WeinG; weitere Voraussetzungen sind im Beschwerdefall nicht relevant).

Die Beschwerde erblickt zunächst eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darin, daß die belangte Behörde eine Fehlerhaftigkeit des Weines angenommen habe, die "diesen sensorisch unter das für einen Qualitätswein vorgegebene Niveau drückt". Die Fehlerhaftigkeit dieser Beurteilung ergebe sich daraus, daß die Burgenländische Landwirtschaftskammer diesem Wein anläßlich der burgenländischen Weinprämierung 1993 die Silbermedaille verliehen habe. Dieses Beschwerdevorbringen erweist sich schon deshalb als nicht zielführend, weil der Beschwerdeführer - entgegen seiner aktenwidrigen Beschwerdebehauptung - derartiges im Verwaltungsverfahren nicht vorgetragen hatte; der in der Beschwerde erstmals vorgetragene Einwand muß daher am Neuerungsverbot (§ 41 VwGG) scheitern.

Die Beschwerde macht weiters geltend, im angefochtenen Bescheid fehlten Tatsachenfeststellungen "für die Vornahme einer Qualifizierung nach § 29 Abs. 1 Z. 4 WeinG". Diesen Darlegungen ist entgegenzuhalten, daß dem Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren das Ergebnis der Verkostung bzw. Untersuchung des Produktes und die dabei getroffenen Feststellungen über dessen Fehlerhaftigkeit (oxidativ, braunstichig, den sensorischen Anforderungen an Qualitätswein der vorliegenden Bezeichnung nicht entsprechend, Fehlen eines hinreichenden Schutzes durch freie schweflige Säure, vollständiger biologischer Apfelsäureabbau) vorgehalten wurde und er diesen inhaltlich nicht entgegengetreten ist. Bei dieser Sachlage liegen Begründungsmängel, die den Beschwerdeführer an der zweckentsprechenden Verfolgung seiner Rechte hätten hindern können, nicht vor.

Die Beschwerde macht schließlich als Verstoß gegen Verfahrensvorschriften geltend, die belangte Behörde habe es ungeachtet der Stellungnahme des Beschwerdeführers unterlassen, eine amtliche Verkostung der Gegenprobe zu veranlassen. Diesen Darlegungen ist zunächst entgegenzuhalten, daß es sich bei der "Gegenprobe" um den "restlichen Teil" der nach § 39 WeinG gezogenen Probe handelt, der nach Abs. 2 letzter Satz leg. cit. der Partei zu Beweiszwecken zurückzulassen ist. Wie die Partei mit der Gegenprobe verfährt, steht ihr frei

(vgl. Brustbauer-Mraz, Das österreichische Weingesetz 129). Es stand dem Beschwerdeführer, dem das Ergebnis der amtswegigen Untersuchung mitgeteilt worden war, frei, die Gegenprobe einer Untersuchung zuzuführen; ein amtswegiges Vorgehen der belangten Behörde kam in diesem Zusammenhang nicht in Betracht. Dem ist hinzuzufügen, daß der Beschwerdeführer dem Untersuchungsergebnis inhaltlich nicht entgegengetreten war, sondern lediglich - ohne allerdings die Quelle entsprechender Wahrnehmungen zu nennen - Verstöße gegen die bei der Verkostung einzuhaltenden Vorschriften (vgl. § 47 WeinG in Verbindung mit der als Bundesgesetz in Geltung stehenden (vgl. § 70 Abs. 3 Z. 3 WeinG)Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 9. November 1972, mit der eine Geschäftsordnung für Weinkostkommissionen erlassen wird, BGBl. Nr. 470/1972, idF Art. III der WeinG-Nov. 1991, BGBl. Nr. 10/1992) geltend gemacht hatte. Die belangte Behörde konnte auf Grund der Äußerung der Untersuchungsanstalt vom 27. September 1993, der der Beschwerdeführer nicht mehr entgegengetreten war, ohne Verfahrensfehler davon ausgehen, daß bei der Verkostung die erwähnten Vorschriften eingehalten worden waren. Auch unter diesem Gesichtspunkt war die belangte Behörde daher nicht zu weiteren Ermittlungen verhalten.

Die geltend gemachte Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides liegt daher nicht vor. Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Im Hinblick auf diese Entscheidung erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994100009.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten