TE Vwgh Erkenntnis 1994/3/24 93/16/0181

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Veröffentlicht am 24.03.1994
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Index

22/02 Zivilprozessordnung;
23/04 Exekutionsordnung;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

AbgEO §26;
AbgEO §3 Abs2;
AbgEO §3 Abs3;
AbgEO §3 Abs4;
EO §74;
EO §78;
ZPO §54;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Dr. Wurdinger, über die Beschwerde des G in K, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 8. Oktober 1993, Zl. GA 11-280/4/93, betreffend Anforderung von Kosten gemäß § 26 Abs. 3 AbgEO in einer Erbschaftssteuerangelegenheit, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.410,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Unstrittig ist folgender Sachverhalt:

Unter Anschluß eines Rückstandsausweises vom 26. März 1993 beantragte die Republik Österreich als betreibende Partei, vertreten durch die Finanzprokuratur, diese vertreten durch das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien, zur Hereinbringung einer vollstreckbaren Forderung von S 11.511,20 (Erbschaftssteuerschuld S 9.706,--; Säumniszuschlag S 194,-- und Nebengebühren S 198,-- S 593,60, S 593,60 sowie S 226,--) am 26. März 1993 beim Bezirksgericht Tulln die Zwangsversteigerung der dem Beschwerdeführer gehörenden Liegenschaft EZ 816 Grundbuch Wördern. An Kosten wurden S 1.512,80 verzeichnet.

Mit Beschluß vom 14. April 1993, GZ E 8013/93-2 bewilligte das Bezirksgericht Tulln die Zwangsversteigerung antragsgemäß samt Kosten und forderte die betreibende Partei unter einem auf, einen Vorschuß von S 20.000,-- zur Deckung der für die Schätzung und den Verkauf voraussichtlich auflaufenden Kosten zu erlegen. Ein Rekurs des Beschwerdeführers gegen die Exekutionsbewilligung blieb ohne Erfolg.

Daraufhin setzte das Finanzamt gegenüber dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 27. April 1993 gemäß § 26 AbgEO "Schätzungskosten S 20.000,--" und Postgebühren in Höhe von S 31,--, zusammen S 20.031,-- fest und forderte den Beschwerdeführer zur Entrichtung binnen zwei Wochen ab Bescheidzustellung auf.

Dagegen berief der Beschwerdeführer mit der Begründung, es lägen bisher keine Rechnung und keine gerichtliche Bestimmung der Sachverständigengebühren des mit der Schätzung beauftragten Sachverständigen vor. Die Höhe der Schätzungskosten könne derzeit nicht festgestellt werden. Eine abgabenbehördliche Zahlung der Schätzungskosten sei nicht nachgewiesen worden.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 15. Juli 1993 wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab. Die zur Deckung der Schätzung und des Verkaufs voraussichtlich auflaufenden Kosten seien ebenso wie die Postgebühren Barauslagen gemäß § 26 Abs. 3 AbgEO und gemäß Abs. 5 leg. cit. mit Bescheid festzusetzen.

Dagegen begehrte der Beschwerdeführer die Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Die belangte Behörde gab der Berufung bezüglich der Postgebühr (die auf S 25,-- herabgesetzt wurde) teilweise Folge und wies im übrigen die Berufung als unbegründet ab. Sie vermeinte, bei dem mit Beschluß des Bezirksgerichtes Tulln vom 14. April 1993 aufgetragenen Vorschuß handle es sich um Barauslagen gemäß § 26 Abs. 3 AbgEO.

Dagegen richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich - aus dem Beschwerdeinhalt erkennbar - in seinem Recht darauf verletzt, daß ihm der Kostenvorschuß nicht als Barauslage gemäß § 26 Abs. 3 AbgEO vorgeschrieben wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 3 AbgEO lautet auszugsweise:

"(1) Die von den Abgabenbehörden des Bundes, der Länder, der Gemeindeverbände und der Gemeinden zu erhebenden öffentlichen Abgaben, Beiträge und Nebenansprüche werden nach Maßgabe der Abs. 2 und 3 im finanzbehördlichen oder gerichtlichen Vollstreckungsverfahren eingebracht.

(2) Eine Vollstreckung auf bewegliche körperliche Sachen, auf grundbücherlich nicht sichergestellte Geldforderungen und auf Ansprüche auf Herausgabe und Leistung beweglicher körperlicher Sachen kann im finanzbehördlichen oder gerichtlichen Vollstreckungsverfahren durchgeführt werden.

(3) Bei allen übrigen Vollstreckungsarten ist nur ein gerichtliches Vollstreckungsverfahren zulässig ...

(4) Finanzbehördliche Vollstreckungsverfahren im Sinne des Bundesgesetzes sind jene Verfahren, die die Abgabenbehörden (Abs. 1) zur Einbringung und Sicherung öffentlicher Abgaben selbst durchzuführen haben."

§ 26 leg. cit. lautet auszugsweise:

"(1) Der Abgabenschuldner hat für Amtshandlungen des Vollstreckungsverfahrens nachstehende Gebühren zu entrichten:

(3) Außer den gemäß Abs. 1 zu entrichtenden Gebühren hat der Abgabenschuldner auch die durch die Vollstreckungsmaßnahmen verursachten Barauslagen zu ersetzen. Zu diesen zählen auch die Entlohnung der bei der Durchführung des Vollstreckungsverfahrens verwendeten Hilfspersonen, wie Schätzleute und Verwahrer, ferner bei Durchführung der Versteigerung in einer öffentlichen Versteigerungsanstalt (§ 43 Abs. 2) die dieser Anstalt zukommenden Gebühren und Kostenersätze."

Im vorliegenden Fall bediente sich die Abgabenbehörde zur Durchführung der Zwangsversteigerung einer Liegenschaft des Beschwerdeführers gemäß § 3 Abs. 2 iVm Abs. 3 Satz 1 AbgEO der dafür allein zur Verfügung stehenden gerichtlichen Exekution gemäß §§ 133 bis 239 EO (vgl. dazu Reeger-Stoll, Die Abgabenexekutionsordnung 11 sowie Heller-Berger-Stix, Kommentar zur EO I, 18 letzter Absatz). In einem solchen Verfahren ist die Republik Österreich betreibender Gläubiger, der gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 1 Prokuraturgesetz von der Finanzprokuratur vertreten wird, in deren Vertretung dort, wo kein Anwaltszwang besteht, gemäß § 3 Abs. 1 leg. cit. die Finanzämter einzuschreiten berechtigt sind (Reeger-Stoll aaO. 11, 12).

Gemäß § 74 Abs. 1 EO hat der Verpflichtete, sofern nicht für einzelne Fälle etwas anderes angeordnet ist, dem betreibenden Gläubiger auf dessen Verlangen alle ihm verursachten, zur Rechtsverwirklichung notwendigen Kosten des Exekutionsverfahrens zu erstatten; welche Kosten notwendig sind, hat das Gericht nach sorgfältiger Erwägung aller Umstände zu bestimmen.

Nach Abs. 2 der zuletzt angeführten Gesetzesstelle erlischt der Anspruch auf Ersatz der nicht schon rechtskräftig zuerkannten Exekutionskosten, wenn deren gerichtliche Bestimmung nicht binnen vier Wochen begehrt wird. Die Frist beginnt mit der Beendigung oder Einstellung der Exekution zu laufen. Entstehen jedoch Kosten erst danach, so gilt § 54 Abs. 2 ZPO.

Die Geltendmachung des Kostenersatzanspruches des betreibenden Gläubigers hat gemäß §§ 78 EO und 54 ZPO durch rechtzeitige Vorlage eines Kostenverzeichnisses zu erfolgen.

In diesem Sinn hat z.B. die Republik Österreich als betreibender Gläubiger im gegenständlichen Exekutionsverfahren für ihren Antrag auf Bewilligung der Zwangsversteigerung bei Gericht auch Kosten verzeichnet und rechtskräftig zugesprochen erhalten (vgl. dazu insbesondere die Rekursentscheidung des LG St. Pölten vom 7. Juli 1993, Zl. R 410/93).

Derselbe Weg wäre von der betreibenden Partei auch hinsichtlich der Kosten der Schätzung der zu versteigernden Liegenschaft, deren vorschußweiser Erlag vom Exekutionsgericht in Anwendung des § 365 ZPO zunächst (unter Androhung einer sonst zu erfolgenden Einstellung der Exekution gemäß § 200 Z. 3 EO) dem betreibenden Gläubiger aufzutragen ist (vgl. Heller-Berger-Stix aaO. II, 1149 zweiter Absatz) und die (ausgenommen des Fall des § 143 Abs. 2 EO) der Verpflichtende endgültig zu tragen hat (Heller-Berger-Stix aaO, II, 1149 letzter Absatz), zu beschreiten gewesen.

Dem betreibenden Abgabengläubiger steht daher im Rahmen eines von ihm angestrengten gerichtlichen Zwangsversteigerungsverfahrens betreffend eine Liegenschaft als Exekutionsobjekt der nach den zitierten Bestimmungen der Exekutionsordnung bestehende Weg zur Geltendmachung seines Kostenersatzanspruches zu, und nur dieser. Nicht hingegen kann sich der Abgabengläubiger in einem solchen Verfahren der Bestimmung des § 26 AbgEO bedienen, weil diese Norm nur für das "finanzbehördliche Vollstreckungsverfahren" gilt, bei dem es sich nach der ganz eindeutigen Bestimmung des § 3 Abs. 4 leg. cit. immer nur um jene Verfahren handelt, die die Abgabenbehörden zur Einbringung und Sicherung der öffentlichen Abgaben selbst durchzuführen haben und wozu gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 iVm § 3 Abs. 2 leg. cit. ein Verfahren zur Zwangsversteigerung einer Liegenschaft nicht gehört.

Die belangte Behörde hat daher durch die Anwendung des § 26 Abs. 3 AbgEO im Rahmen eines gerichtlichen Zwangsversteigerungsverfahrens betreffend eine Liegenschaft ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, was gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu seiner Aufhebung führen muß. Auf die übrigen Beschwerdeargumente braucht daher nicht weiter eingegangen zu werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Kostenmehrbegehrens betrifft S 30,-- Stempelgebühren für eine überflüssigerweise vorgelegte Beilage.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993160181.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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