TE Vwgh Erkenntnis 1994/3/24 94/19/0204

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Veröffentlicht am 24.03.1994
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;
FlKonv Art1 Abschn1 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde der P in T, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 27. Juni 1993, Zl. 4.328/121/2-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige Nigerias. Anläßlich ihrer Einvernahme am 2. Dezember 1991 vor der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich gab sie im wesentlichen an, weder einer politischen Partei, noch einer religiösen Minderheit anzugehören; sie sei in ihrer Heimat weder politisch, noch wegen ihrer Religionszugehörigkeit verfolgt worden. Sie habe mit Waren aller Art gehandelt und sei dazu mit einem Lastkraftwagen samt Fahrer in Nigeria und den angrenzenden Ländern umhergefahren. Am 15. Dezember 1990 sei sie bei einer Zollkontrolle angehalten worden; sie habe versucht, auf dem Lastkraftwagen "verbotene Blumen" nach Nigeria zu schmuggeln. Wegen dieses Schmuggels sei sie festgenommen und fünf Monate lang eingesperrt worden. Sie sei während der Haft nicht mißhandelt worden. In den beiden letzten Haftmonaten sei sie wiederholt dem Gericht in Benin City vorgeführt worden. Im Mai 1991 habe man sie aufgefordert, mit der Polizei zum Ort der Beschlagnahme der Blumen zu fahren, dabei sei es ihr unterwegs gelungen zu flüchten und sich in einem Graben zu verstecken. Tags darauf habe sie ein Unbekannter gefunden und ihr etwas Geld gegeben, wodurch es ihr möglich gewesen wäre in das nächste Dorf zu gelangen und von dort aus ihren Mann brieflich zu bitten, ihr Geld und ihren Paß zu schicken. In der Folge habe dann ihr Mann Paß und Geld persönlich überbracht. Sie sei daraufhin am 7. Oktober 1991 von Lagos nach Rom geflogen; da es ihr dort "nicht gefallen" habe, habe sie nicht um Asyl angesucht, sondern sei einen Tag später nach Budapest weitergeflogen. Von Ungarn sei sie dann durch einen ungarischen Freund zur österreichischen Grenze gebracht worden, die sie zu Fuß überschritten habe.

Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich stellte mit Bescheid vom 3. Dezember 1991 fest, daß die Beschwerdeführerin nicht Flüchtling sei.

In ihrer dagegen gerichteten Berufung führte die Beschwerdeführerin in Ergänzung ihrer erstinstanzlichen Angaben aus, daß sie nicht wüßte, wie lange sie in Haft gewesen sei, da das "Strafmaß" sehr willkürlich verhängt worden sei. Grund dafür sei, "daß wir einfachen Händler keine Lobby bilden und daher der politischen Willkür ausgeliefert" seien.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin sei insgesamt unglaubwürdig. Abgesehen davon sei eine Verhaftung wegen Schmuggels keine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (bzw. des § 1 Z. 1 des Asylgesetzes 1991), sondern eine staatliche Maßnahme im Zuge einer allgemein strafbaren Handlung.

Die Beschwerdeführerin bekämpft diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften; sie erachtet sich in dem ihr zustehenden Recht auf Gewährung von Asyl verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerdeführerin rügt unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften eine mangelnde Manuduktion; es sei bedenklich, wenn der Dolmetsch nur unzureichend die Sprache des Asylwerbers beherrsche. So habe der hier beigezogene Dolmetsch die Angaben der Beschwerdeführerin statt richtig mit "Mehl" fälschlich mit "Blume" übersetzt; die Beschwerdeführerin sei tatsächlich bei einem verbotenen Versuch, Mehl und andere Lebensmittel über die Grenze nach Nigeria zu bringen, festgenommen worden.

Mit diesem Vorbringen zeigt jedoch die Beschwerdeführerin keinen (wesentlichen) Verfahrensmangel auf: Zutreffend geht sie nämlich selbst in ihrer Beschwerde davon aus, daß es asylrechtlich dahinstehen kann, ob die Beschwerdeführerin bei dem in ihrem Heimatland verbotenen Versuch des Blumen- oder des Mehlschmuggels festgenommen wurde. Was die Beschwerdeführerin aber sonst asylrechtlich relevant vorgebracht hätte, gibt sie auch in der Beschwerde nicht an. Die rechtliche Bedeutung der behaupteten Verletzung von Verfahrensvorschriften ist daher nicht erkennbar.

Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides führt die Beschwerdeführerin aus, daß die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 1 Z. 1 AsylG 1991 zu bejahen sei; sie habe ihr Heimatland verlassen, da sie von der Behörde ohne ersichtlichen Grund willkürlich verfolgt und in Haft genommen worden sei.

Mit diesem Vorbringen vermag die Beschwerdeführer indes keinen Asylgrund im Sinne des § 1 Z. 1 AsylG 1991 darzulegen. Flüchtling ist nach dieser Gesetzesbestimmung, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen. Es kann nun dahingestellt bleiben, ob im Falle der Beschwerdeführerin überhaupt "wohlbegründete Furcht" vorliegt, ist doch eine Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung nicht zu erkennen. Das erst in der Berufung (vgl. § 20 Abs. 1 Asylgesetz 1991) erstattete Vorbringen, wonach die einfachen Händler "keine Lobby bildeten und daher der politischen Willkür ausgeliefert" seien, ist - abgesehen vom Vermutungscharakter dieser Behauptung - schon deshalb nicht geeignet, eine offenkundige Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens aufzuzeigen (vgl. § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991), da die Beschwerdeführerin selbst angegeben hat, auf Grund Schmuggels - also eines der allgemeinen Kriminalität zuzurechnenden Delikts - festgenommen worden zu sein. Ein willkürliches Vorgehen der Behörden des Heimatlandes der Beschwerdeführerin und somit eine allenfalls asylrechtlich relevante Verfolgung kann darin nicht erkannt werden.

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994190204.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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