TE Vwgh Erkenntnis 1994/3/24 94/19/0833

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Veröffentlicht am 24.03.1994
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des E in L, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 27. Dezember 1993, Zl. 4.321.661/2-III/13/91, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aufgrund der Beschwerde und der vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 27. Dezember 1993 wurde die Berufung des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen Ghanas, der am 28. Juli 1991 in das Bundesgebiet eingereist ist, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 9. September 1991, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft abgewiesen. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Nach den unbestritten gebliebenen Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides habe der Beschwerdeführer bei seiner niederschriftlichen Vernehmung durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich am 17. August 1991 im wesentlichen angegeben, er hätte in seinem Heimatdorf Nanhini im Jahre 1985 als Buchhalter fungiert, als das Dorf für öffentliche Bautätigkeit von der Regierung 1.800.000 Cedis erhalten habe. Der Dorfälteste habe - so die Vermutung des Beschwerdeführers - dieses Geld für sich verbraucht. Als aber das Verschwinden des Geldes publik geworden sei, habe der Dorfälteste den Beschwerdeführer der Unterschlagung bezichtigt, der daher in seiner Heimat mit Haftbefehl vom 30. August 1985 von der Polizei gesucht worden sei. Er habe sich aus diesem Grunde seither außerhalb Ghanas aufgehalten und zwar zunächst sechs Jahre hindurch in afrikanischen Ländern, seit 16. Juni 1991 in europäischen Staaten. In seiner Berufung habe der Beschwerdeführer im wesentlichen seine erstinstanzlichen Angaben bekräftigt und darüberhinaus angegeben, er sei ungerechtfertigterweise angeschuldigt worden, da er als "politisch unbequem" gegolten habe. Von seiner Familie habe er erfahren, daß man ihn im Falle seiner Rückkehr nach Ghana töten würde.

Die belangte Behörde hat die Abweisung der Berufung im wesentlichen damit begründet, das durchgeführte Ermittlungsverfahren habe nicht ergeben, daß der Beschwerdeführer "Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes" sei. Denn auch zu Unrecht erhobene Strafvorwürfe alleine könnten die Annahme eines politischen Aspektes dieses Verfahrens noch nicht begründen. Vielmehr sei es dem Betroffenen auch in diesem Falle zuzumuten, "sich wie jeder Staatsbürger wie in jedem anderen Staat dem Gericht zu stellen und die aufgebotenen Vorwürfe zu entkräften". Das Vorbringen, "politisch unbequem" zu sein und im Falle seiner Heimkehr getötet zu werden sei, da erst in der Berufung erhoben, unbeachtlich.

Dem hält der Beschwerdeführer im wesentlichen entgegen, er habe konkrete Fluchtgründe behauptet, die nicht widerlegt worden seien und die bei "richtiger Würdigung" durch die belangte Behörde zu einem für ihn positiven Bescheid hätten führen müssen. Die belangte Behörde übersehe nämlich "die in Ghana tatsächlich nicht vorhandene rechtsstaatliche Qualität des Strafverfahrens". Die hinter dem gegen den Beschwerdeführer erhobenen Vorwurf der Unterschlagung stehenden politischen Gründe würden "umso mehr dazu beitragen", daß er kein faires Strafverfahren in seinem Heimatland zu gewärtigen hätte. Im übrigen sei der von der belangten Behörde ihrer Entscheidung zugrundegelegte Sachverhalt ergänzungsbedürftig geblieben, da Beweisaufnahmen hinsichtlich der "rechtlichen Qualität" des Justizverfahrens in Ghana ebenso unterblieben seien, wie nähere Befragungen des Beschwerdeführers hinsichtlich seines Vorbringens, als "politisch unbequem" gegolten zu haben. Im übrigen sei die belangte Behörde eine Begründung dafür schuldig geblieben, aufgrund welcher konkreter Erwägungen sie zu dem Ergebnis gelangt sei, das Vorbringen des Beschwerdeführers sei ein "standardisiertes formularmäßiges von einer Schlepperorganisation (ihm) eingeimpftes Vorbringen und entspreche schon deshalb nicht den Tatsachen".

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine zur Aufhebung führende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun.

Voraussetzung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des - im vorliegenden Fall anzuwendenden - § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 ist die Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, wobei im Asylverfahren das Vorbringen des Asylwerbers als zentrales Entscheidungskriterium herangezogen werden muß und es daher ihm obliegt, alles Zweckdienliche für die Erlangung der von ihm angestrebten Rechtsstellung vorzubringen (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Oktober 1992, Zl. 92/01/0726).

Da weder dem Berufungs- noch dem Beschwerdevorbringen entnommen werden kann, daß eine offenkundige Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens vorliegt (die übrigen Gründe des § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 kommen im vorliegenden Fall von vorneherein nicht in Betracht), hatte die belangte Behörde ihrer Entscheidung gemäß § 20 Abs. 1 Asylgesetz 1991 das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens erster Instanz zugrundezulegen.

Dem - unbestritten gebliebenen - erstinstanzlichen Vorbringen des Beschwerdeführers kann aber nicht einmal ansatzweise entnommen werden, daß er in seinem Heimatland Verfolgungshandlungen ausgesetzt gewesen sei, die auf seine politische Gesinnung oder auf einen anderen der im § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 genannten Gründe zurückzuführen gewesen wären. Vielmehr ergibt sich daraus, daß der Beschwerdeführer von der Polizei ausschließlich deshalb gesucht werde, weil ihm - zu Unrecht - die Unterschlagung öffentlicher Gelder zur Last gelegt werde. Dies aber stellt keine Verfolgung des Beschwerdeführers aus einem der Konventionsgründe dar. Weil ein Zusammenhang der vom Beschwerdeführer befürchteten staatlichen Sanktionen mit einem der in § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 genannten Gründe nicht behauptet wurde, ist für den Beschwerdeführer auch mit dem Hinweis, er hätte in Ghana keine Chance, in einem rechtsstaatlichen Verfahren seine Unschuld an der ihm zur Last gelegten Unterschlagung zu beweisen, selbst dann nicht zu gewinnen, wenn dies zuträfe.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Eingehen auf die zutreffende Rüge des Beschwerdeführers, die von der belangten Behörde im Zusammenhang mit den "Schleppern" gebrauchte Argumentation sei unschlüssig, ebenso wie auf die weitere Verfahrensrüge des Beschwerdeführers, weil die Behörde auch bei Vermeidung der ihr diesbezüglich allenfalls unterlaufenen Mängel zu keinem anderen Bescheid hätte gelangen können.

Die vom Beschwerdeführer vorgebrachte Befürchtung, im Falle seiner Abschiebung in seine Heimatland getötet zu werden, kann von ihm im Falle eines Verfahrens über die Rückschiebung geltend gemacht werden, vermag aber keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu bewirken.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Im Hinblick auf die Erledigung der Beschwerde erübrigt sich eine Entscheidung des Berichters über den Antrag des Beschwerdeführers, seiner Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994190833.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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