TE Vwgh Erkenntnis 1994/3/29 93/05/0183

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Veröffentlicht am 29.03.1994
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Index

L78007 Elektrizität Tirol;

Norm

ElektrizitätsG Tir 1982 §17 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Dr. N in A, vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 29. Juni 1993, Zl. IIIa1-20.926/24, betreffend allgemeine Tarifpreise für Rücklieferungen in das Stromnetz (mitbeteiligte Partei: Stadtwerke Hall in Tirol), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.170,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Zur Vorgeschichte wird auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Juni 1990, Zl. 90/05/0005, sowie vom 15. Oktober 1991, Zl. 91/05/0054, verwiesen. Der Beschwerdeführer hatte mit Ansuchen vom 10. Oktober 1989 der Behörde zur Kenntnis gebracht, daß er Miteigentümer der Liegenschaft EZ n1, X, sei und am M-Bach ein Kraftwerk betreibe. Den aus diesem Kraftwerk erzeugten Strom verwende er seit 1970 für den Eigengebrauch, den Überschuß liefere er an die Stadtwerke Y. Diese seien trotz mehrfacher Urgenzen bisher nicht bereit gewesen, mit dem Beschwerdeführer ein entsprechendes Stromlieferungsübereinkommen mit angemessenen Strompreisen für die Rücklieferung abzuschließen. Mit Bescheid vom 21. November 1989 hat die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers mangels Parteistellung zurückgewiesen. In seinem Erkenntnis vom 12. Juni 1990 hat der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben und ausgeführt, aus § 17 des Tiroler Elektrizitätsgesetzes gehe hervor, daß dieses Gesetz grundsätzlich von der Parteistellung des Inhabers einer Eigenanlage ausgehe. Mit Bescheid vom 17. Dezember 1990 hat die belangte Behörde die Anträge des Beschwerdeführers mit der Begründung abgewiesen, daß er im bisherigen Verfahren in keiner Weise glaubhaft gemacht habe, daß er eine Eigenanlage betreibe. Mit Erkenntnis vom 15. Oktober 1991 hat der Verwaltungsgerichtshof den Bescheid vom 17. Dezember 1990 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben und die Aufhebung damit begründet, daß die Aussage der belangten Behörde, eine Eigenversorgung finde nicht statt, in der Aktenlage keine Deckung finde.

In der Folge erließ die belangte Behörde den nunmehr angefochtenen Bescheid vom 29. Juni 1993, mit dem sie den Anträgen des Beschwerdeführers, zuletzt formuliert mit Eingabe vom 17. Juni 1993, keine Folge gegeben hat. Begründet hat die belangte Behörde ihre neuerliche Abweisung damit, daß sie im fortgesetzten Ermittlungsverfahren den Antragsteller eingeladen habe, Beweismittel dafür darzulegen, daß er eine Eigenanlage im Sinne des § 1 Abs. 2 oder 3 des Tiroler Elektrizitätsgesetzes betreibe. Der Beschwerdeführer habe mit verschiedenen Eingaben Unterlagen nachgereicht, aus denen hervorgehen solle, daß er sowohl aus der Wasserkraftanlage WBPZl. 685 als auch aus der Wasserkraftanlage WBPZl. 571 elektrische Energie an die Stadtwerke Y in Tirol liefere und zumindest einen Teil der aus der Wasserkraftanlage WBPZl. 571 erzeugten Strommenge selbst für die Bedürfnisse eines fünfköpfigen Haushaltes einschließlich Beheizung mit einer Wärmepumpe verbrauche. Nachforschungen hinsichtlich der Wasserkraftanlage WBPZl. 571 hätten ergeben, daß das Wasserbenutzungsrecht zum Betrieb dieser Wasserkraftanlage mit Ablauf des 3. Februar 1981 ex lege erloschen sei, da sämtliche auf eine Verlängerung oder Wiederverleihung des Rechtes zielenden Anträge des Hälfteberechtigten (des Beschwerdeführers) entweder von diesem selbst schriftlich zurückgezogen oder rechtskräftig abgewiesen worden seien. Hinsichtlich dieser Wasserkraftanlage fänden zwar Rücklieferungen in das Netz der Stadtwerke Y in Tirol statt, vertragliche Vereinbarungen hierüber existierten aber nicht; Zusatzlieferungen würden nach dem Kleinstabnehmertarif verrechnet. Hinsichtlich der Anlage WBPZl. 685 bestehe ein aufrechter Stromlieferungsvertrag mit den Stadtwerken Y, in bezug auf diese Anlage sei der Beschwerdeführer aber nicht beschwert. Zusammenfassend gelangte die belangte Behörde zur Ansicht, da der Beschwerdeführer hinsichtlich der Anlage WBPZl. 685 "nicht beschwert sei" und das Wasserbenützungsrecht zum Betriebe der Wasserkraftanlage WBPZl. 571 ex lege erloschen sei, sei dem Beschwerdeführer der Nachweis der Prozeßvoraussetzungen mißlungen, daß er Inhaber einer Eigenanlage sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Feststellung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid, der Beschwerdeführer sei hinsichtlich der Anlage

WBPZl. 685 nicht beschwert, ist im Ergebnis zutreffend:

So hat der Beschwerdeführer in seinem Antrag vom 10. Oktober 1989 dargelegt, daß er Miteigentümer der Liegenschaft in EZ n1, X sei, wobei er am M-Bach ein Kraftwerk betreibe, den aus diesem Kraftwerk erzeugten Strom einerseits für den Eigengebrauch verwende und andererseits den Überschuß an die Stadtwerke Y liefere; mit dem Miteigentum an der Liegenschaft in EZ n1, X, ist aber nicht die Anlage WBPZl. 685 verbunden, sondern jene zu WBPZl. 571, wie aus dem vorgelegten Wasserbuchbescheid des Amtes der Tiroler Landesregierung vom 29. September 1978, Zl. III a 6535/1, im Zusammenhang mit dem Grundbuchsauszug zu EZ n1, X hervorgeht. Der Beschwerdeführer hat jedoch mehrfach - so auch in seiner Stellungnahme vom 27. November 1991 - darauf hingewiesen, daß er einerseits gemeinsam mit der Fa. P-Ges.m.b.H. & Co.KG und den Herren W und H Eigentümer des am M-Bach betriebenen Kleinkraftwerkes sei, das unter WBPZl. 685 des Wasserbuches eingetragen sei, überdies sei er Eigentümer eines weiteren unter WBPZl. 571 eingetragenen Kleinkraftwerkes. Hinsichtlich der Kraftwerksanlage zu WBPZl. 685, die im Eigentum der P-Ges.m.b.H. & Co.KG sowie der Herren W, des Beschwerdeführers und H ist, hat aber die mitbeteiligte Partei ein Stromlieferungsübereinkommen mit dem Beschwerdeführer abgeschlossen, in dem auch Preise für die Stromlieferungen enthalten sind. Da in bezug auf diese Anlage ein Stromlieferungsübereinkommen besteht, wurden die Anträge des Beschwerdeführers, soweit sie sich auf die Anlage zu WBPZl. 685 bezogen, mit Recht abgewiesen. Anlaß für die Antragstellungen und das Verwaltungsverfahren war aber gerade der Umstand, daß die mitbeteiligte Partei zwar überschüssige Energie aus beiden Wasserkraftanlagen des Beschwerdeführers entgegennimmt, aber zumindest hinsichtlich der Anlage zu WBPZl. 571 keinen - wie der Beschwerdeführer vermeint - angemessenen Preis zahlt und auch keine allgemeinen Tarifpreise verlautbart. Die Verpflichtung, die abgegebene elektrische Energie zu einer Wertigkeit abzunehmen, die wirtschaftlich zumutbar ist, ergibt sich aus § 17 Abs. 1 des Tiroler Elektrizitätsgesetzes. Die Regelung des § 17 Abs. 1 des Tiroler Elektrizitätsgesetzes kann nämlich sinnvoll nur so verstanden werden, daß eine Ablehnung im Sinne des ersten Halbsatzes auch dann anzunehmen ist, wenn sich der Abnehmer weigert, diese zwangsläufig anfallende elektrische Energie zu Bedingungen zu übernehmen, die der Berücksichtigung der Wertigkeit der abgegebenen elektrischen Energie nicht entsprechen.

Wie aus den im Akt befindlichen, vom Beschwerdeführer vorgelegten Stromabrechnungen und Gutschriften der mitbeteiligten Partei hervorgeht, wurden für die aus den Wasserkraftanlagen des Beschwerdeführers abgenommenen Rücklieferungen Strompreise verrechnet, die ca. ein Fünftel des Preises betrugen, der seinerseits dem Beschwerdeführer als Stromabnehmer von der mitbeteiligten Partei verrechnet wurde. Aus einem im Akt einliegenden Aktenvermerk vom 8. März 1993 geht hervor, daß die Rücklieferung aus der Anlage WBPZl. 571 ohne vertragliche Vereinbarung weiterbetrieben werde, die Gutschriften aber mit dem Kleinstabnehmertarif verrechnet werden. Von diesem Sachverhalt ist auch die belangte Behörde der Begründung ihres Bescheides zufolge ausgegangen. Seiner ergänzenden Stellungnahme vom 17. Juli 1993 hat der Beschwerdeführer zum Beweis für das Vorbringen, daß die Anlage zu WBPZl. 571 nicht erloschen sei, ein Ansuchen vom 7. April 1978, eines vom 3. Dezember 1978, eine Niederschrift der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 23. Jänner 1981, einen Aktenvermerk der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 25. Februar 1987, einen Antrag vom 11. Juni 1986, einen Aktenvermerk der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 25. Februar 1987, sowie ein Schreiben des Amtes der Tiroler Landesregierung vom 5. Februar 1988 beigelegt. Zwar sind alle diese Beilagen in dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt nicht enthalten, da aber aus der Definition des § 1 Abs. 2 und 3 des Tiroler Elektrizitätsgesetzes nicht geschlossen werden kann, daß eine Eigenanlage dann nicht vorliege, wenn allenfalls ein Wasserbenutzungsrecht erloschen ist, kann - sachverhaltsbezogen - dahingestellt bleiben, ob das Wasserbenutzungsrecht erloschen ist. Unbestritten ist jedenfalls, daß hinsichtlich der Wasserkraftanlage zu WBPZl. 571 eine Rücklieferung an die mitbeteiligte Partei erfolgt, diesbezüglich keine Vereinbarung mit dem Beschwerdeführer besteht und der Beschwerdeführer die verrechneten Preise für die Rücklieferung als unangemessen niedrig erachtet.

Da die belangte Behörde zu Unrecht davon ausgegangen ist, daß hinsichtlich der Anlage WBPZl. 571 schon deshalb keine Eigenanlage vorliege, weil das Wasserbenutzungsrecht erloschen sei und sie weitergehende Ermittlungen nicht angestellt hat, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. 104/1991.

Das Kostenmehrbegehren für Stempelgebühren für nicht erforderliche Beilagen der Beschwerde war abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993050183.X00

Im RIS seit

11.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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