TE Vwgh Erkenntnis 1994/4/14 94/06/0016

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Veröffentlicht am 14.04.1994
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §42 Abs1;
AVG §43 Abs3;
AVG §45 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Müller, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde des J in S, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Bauberufungskommission der Landeshauptstadt Salzburg vom 28. Jänner 1993, Zl. MD/00/51180/93/4 (BBK/3/93), betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei: M in S), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus dem Beschwerdevorbringen und dem vorgelegten angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit Bescheid des Magistrates Salzburg vom 30. November 1992 wurde dem Mitbeteiligten die Baubewilligung zur Errichtung eines Doppelwohnhauses mit 4 Pkw-Freiabstellplätzen auf Grundstück Nr. 160/28 nach Maßgabe näher bezeichneter Einreichunterlagen und bei Einhaltung der vom bautechnischen Amtssachverständigen beantragten Auflagen erteilt. Aufgrund der Berufung des Beschwerdeführers (als Nachbar) und eines anderen Nachbarn wurde mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 28. Jänner 1993 die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen. Im Hinblick auf den anderen Nachbarn wurde der erstinstanzliche Bescheid ergänzt. In bezug auf den Beschwerdeführer wurde in der Begründung des angefochtenen Bescheides im wesentlichen ausgeführt, es sei unstrittig, daß dem Beschwerdeführer als Eigentümer des nördlich des Baugrundstückes gelegenen Grundstückes Nr. 160/19 als Nachbar Parteistellung im Sinne des § 7 Abs. 1 Z. 1 lit. a des Baupolizeigesetzes zukomme. Nach Darlegung der durch die Bestimmungen des § 62 des Bautechnikgesetzes sowie des § 9 Abs. 1 lit. g des Baupolizeigesetzes eingeräumten subjektiv-öffentlichen Rechte der Nachbarn und der wörtlichen Wiedergabe des Vorbringens des Beschwerdeführers während der mündlichen Verhandlung am 1. August 1991 führte die belangte Behörde aus, daß das Vorbringen des Beschwerdeführers in der Berufung nicht geeignet sei, eine Verletzung von im Baurecht verankerten subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten aufzuzeigen. So habe der Nachbar kein Mitspracherecht in Belangen des Landschaftsschutzes, des Landschaftsbildes oder Landschaftsgefüges und des Ortsbildschutzes. Mit dem Hinweis auf Begründungsmängel betreffend andere Anrainer habe der Beschwerdeführer keine Verletzung eigener Rechte geltend machen können. Die Frage der Gesetzmäßigkeit des Bebauungsplanes sei nicht als Vorfrage im Sinne des § 38 AVG anzusehen, sodaß die Behörde erster Instanz zu Recht auf einen diesbezüglichen Aussetzungsantrag des Beschwerdeführers nicht eingegangen sei. Das Bauvorhaben stehe auch mit der Bauplatzerklärung nicht im Widerspruch, weil dort die offene Bebauung festgelegt sei; die Errichtung eines Doppelhauses entspreche der Definition der offenen Bebauung im § 10 lit. b des Bebauungsgrundlagengesetzes (BGG), weil unter offener Bebauung zu verstehen sei, daß Bauten nach Maßgabe der Baufluchtlinie oder der Baulinie einzeln freistehend zu errichten seien oder zu zweit (gekuppelt) an einer seitlichen Wand aneinander zu bauen sind. Auf die "interne" Gliederung nach Hausteilen sei im § 10 BGG nicht Bezug genommen. Ein allfälliger im Verfahren vor der Behörde erster Instanz gegebener Verfahrensmangel sei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dadurch saniert, daß im Berufungsverfahren die Möglichkeit bestehe, alles Erforderliche vorzubringen. Da der Beschwerdeführer die Möglichkeit gehabt habe, in meritorischer Hinsicht alles Erforderliche zur Wahrung seiner Rechte vorzubringen, käme einem allfälligen Verfahrensmangel vor der Behörde erster Rechtsstufe keine Bedeutung zu. Zum Berufungsvorbringen, in technischer Hinsicht gründe sich die Feststellung der Baubehörde, daß das Bauvorhaben vom Standpunkt des öffentlichen Interesses zulässig erscheine, auf unzureichende "Lehrformeln" (gemeint wohl: Leerformeln) des bautechnischen Amtssachverständigen, sei anzumerken, daß einem Nachbarn im Baubewilligungsverfahren nicht (auch) das Recht zustehe, die Verletzung baurechtlicher Vorschriften geltend zu machen, die nur im öffentlichen Interesse getroffen seien. Daß eine Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Nachbarrechtes im Sinn des § 62 des Bautechnikgesetzes vorläge, sei nicht einmal im Berufungsverfahren behauptet worden.

Die Behandlung der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 29. November 1993, Zl. B 436/93-13, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

In der über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erblickt der Beschwerdeführer in dem Umstand, daß er anläßlich der mündlichen Verhandlung vom 1. August 1991, da vor der Verhandlung eine Stellungnahme des bautechnischen Amtssachverständigen noch nicht vorgelegen sei, den Antrag gestellt habe, ihm eine Abschrift der Niederschrift über die Verhandlung zu übermitteln, damit er dann die Einwendungen in technischer Hinsicht im Detail ausführen könne. Diesem Antrag sei nicht stattgegeben worden. Durch diese Vorgangsweise seien Rechte des Beschwerdeführers verletzt worden, da es ihm nach Vorliegen des Gutachtens des bautechnischen Amtssachverständigen möglich gewesen wäre, detaillierte Einwendungen aus technischer Sicht vorzubringen. Durch diesen wesentlichen Verfahrensmangel sei dem Beschwerdeführer die Möglichkeit genommen worden, die Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte (§ 62 des Salzburger Bautechnikgesetzes) geltend zu machen.

Dieser Verfahrensmangel wurde vom Beschwerdeführer bereits in seiner Berufung gerügt, ohne daß er, trotz des zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Gutachtens des bautechnischen Amtssachverständigen, das dieser in der mündlichen Verhandlung erstellte, in der Berufung ausgeführt hätte, worin eine Verletzung seiner im § 62 des Salzburger Bautechnikgesetzes angeführten subjektiv-öffentlichen Rechte zu erblicken sei. Daß ihm die Anfertigung einer Ablichtung der Niederschrift über die Verhandlung vom 1. August 1991, die er vorzeitig verlassen hatte, auf seine Kosten (§ 17 Abs. 1 AVG) verweigert worden sei und er deshalb an der Geltendmachung seiner Rechte gehindert gewesen sei, hat der Beschwerdeführer nicht einmal behauptet. Im übrigen kann niemand, der ordnungsgemäß und rechtzeitig zu einer Verhandlung geladen wird, nach vorzeitigem Verlassen dieser Verhandlung die Verletzung des Parteiengehörs durch Vorgänge in dieser Verhandlung geltend machen. Überdies würde selbst eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen, wenn die Behörde bei Vermeidung dieses Mangels zu einem anderen Ergebnis kommen konnte. Die in dieser Hinsicht erforderliche Wesentlichkeit des behaupteten Verfahrensmangels ist in der Beschwerde darzulegen (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 591 und 600 zitierte ständige Rechtsprechung). Der allgemeine Hinweis auf eine Verletzung des § 62 des Bautechnikgesetzes läßt aber ein konkretes Vorbringen vermissen und insbesondere nicht erkennen, in welchen der dort aufgezählten subjektiv-öffentlichen Rechten sich der Beschwerdeführer als verletzt erachtet, sodaß damit die Wesentlichkeit des behaupteten Verfahrensmangels nicht dargelegt werden konnte.

Die inhaltliche Rechtswidrigkeit sieht der Beschwerdeführer darin, daß das gegenständliche Bauvorhaben auf einem Grundstück, angrenzend an das Landschaftsschutzgebiet Salzburg-Süd somit an ein höchst "sensibles" Gebiet, unter Ausnutzung aller nur möglichen bzw. denkbaren Grenzwerte eingereicht und bewilligt worden sei. Mit diesem Vorbringen verkennt der Beschwerdeführer aber die Rechtslage. Das Ausnützen aller "möglichen bzw. denkbaren Grenzwerte" durch ein Bauvorhaben bewirkt nämlich nicht dessen Rechtswidrigkeit, diese wäre nur dann gegeben, wenn die nach den baurechtlichen Normen zulässigen Werte überschritten würden, was aber der Beschwerdeführer nicht einmal behauptet.

Da somit bereits das Beschwerdevorbringen erkennen läßt, daß die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Schlagworte

Parteiengehör Allgemein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994060016.X00

Im RIS seit

27.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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