TE Vfgh Erkenntnis 1991/10/17 G242/91, G271/91

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Veröffentlicht am 17.10.1991
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art118
B-VG Art118 Abs2
B-VG Art118 Abs3 Z4
B-VG Art118 Abs3 Z9
Krnt GrundstücksteilungsG 1985 §1 Abs1
Krnt GrundstücksteilungsG 1985 §5
Krnt StraßenG 1978 §38

Leitsatz

Aufhebung einer Bestimmung des Krnt GrundstücksteilungsG 1985 betreffend die Übertragung der Zuständigkeit zur Entscheidung über die Genehmigung von Grundstücksteilungen auf die Bezirksverwaltungsbehörde wegen Verstoß gegen das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde

Spruch

§1 Abs1 des Kärntner Grundstücksteilungsgesetzes, wiederverlautbart mit Kundmachung LGBl. Nr. 3/1985, wird als verfassungswidrig aufgehoben.

Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 30. September 1992 in Kraft.

Frühere Bestimmungen treten nicht wieder in Wirksamkeit.

Der Landeshauptmann von Kärnten ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Landesgesetzblatt verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Der Verwaltungsgerichtshof beantragt die Aufhebung des §1 Abs1 des Kärntner Grundstücksteilungsgesetzes, LGBl. 3/1985. Er hat über Beschwerden gegen Berufungsbescheide der Kärntner Landesregierung zu entscheiden, mit denen anläßlich der Bewilligung angestrebter Grundstücksteilungen über die Abtretung von Grundstreifen an die Gemeinde entschieden wird.

1. Das mit Kundmachung der Landesregierung vom 23. Oktober 1984, LGBl. 3/1985, wiederverlautbarte Gesetz, mit dem Bestimmungen über die Grundstücksteilung erlassen werden (Grundstücksteilungsgesetz), LGBl. Nr. 56/1983, stellt eine Änderung des ursprünglich als Gesetz über Vorgänge im Bereich der Grundstücksordnung (Wohnsiedlungsgesetz) bezeichneten Gesetzes vom 2. April 1976, LGBl. 59, dar, welches das durch Kundmachung LGBl. 110/1970 wiederverlautbarte Gesetz über die Aufschließung von Wohnsiedlungsgebieten, DRGBl. I 1933, S. 659, abgelöst hatte. Es unterwirft die Teilung von Grundstücken der behördlichen Genehmigung. Die grundlegende Bestimmung des §1 Abs1 lautet:

"Die Teilung eines Grundstückes bedarf der Genehmigung der Bezirksverwaltungsbehörde."

§1 Abs2 enthält Ausnahmen von der Genehmigungspflicht. Nach §2 ist die Genehmigung der Teilung eines Grundstückes nicht zu erteilen,

"1. wenn aus der Größe, der Lage oder der Beschaffenheit des Grundstückes schlüssig anzunehmen ist, daß eine dem Flächenwidmungsplan widersprechende Verwendung eintreten wird;

2. wenn ein Widerspruch zu einem Bebauungsplan oder einem Straßenplan besteht;

3. wenn bei Grundstücken, die im Flächenwidmungsplan als Bauland festgelegt sind,

a) bei der Teilung nicht auf die künftige Erschließung und Bebauung des gesamten Grundstückes Bedacht genommen wurde,

b) offensichtlich unbehebbare Hindernisse einer Verbindung mit einer öffentlichen Fahrstraße bestehen;

4. wenn im Hinblick auf die Erhöhung der Effektivität von Planungsmaßnahmen sonst öffentliche Interessen entgegenstehen wie solche

a)

der Raumordnung,

b)

der Besiedelung,

c)

des Naturschutzes oder des Landschaftsschutzes;

              5.              während der Dauer einer befristeten Bausperre (§12 des Gemeindeplanungsgesetzes 1982)."

Nach §3 darf die Genehmigung der Teilung eines Grundstückes unter der Auflage erteilt werden, daß der Grundstückseigentümer Grundflächen nach näherer Maßgabe an die Gemeinde - unentgeltlich - übereignet (Abs1). Die Grundabtretung darf nach Abs2

"... für die Anlage neuer oder die Verbreiterung bestehender öffentlicher Straßen nur verlangt werden, wenn eine verkehrsgerechte Aufschließung von einzelnen oder von allen durch die Teilung neu zu bildenden Grundstücken nicht gegeben erscheint. Für die Anlage neuer öffentlicher Straßen darf die Grundabtretung überdies nur aufgetragen werden, wenn diese

a)

in einem Flächenwidmungsplan oder in einem Bebauungsplan,

b)

in einem Straßenplan oder

c)

gemäß §11 des Straßengesetzes 1978 in seiner jeweils

geltenden Fassung als öffentliche Straßen festgelegt sind."

Nach §5 haben die Gemeinden im Verfahren nach §1 die Stellung einer Partei (Abs1); die ihnen danach obliegenden Aufgaben sind solche des eigenen Wirkungsbereiches (Abs2).

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat Bedenken, daß die Regelung des §1 Abs1 des Gesetzes

"... der Bundesverfassung widerspricht, weil hier zur Entscheidung über ein Teilungsvorhaben in erster Instanz die Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörde festgesetzt worden ist, obwohl Teilungsvorhaben nach diesem Gesetz in die Zuständigkeit der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich fallen dürften.

Nach Art118 Abs2 B-VG umfaßt der eigene Wirkungsbereich der Gemeinde neben den im Art116 Abs2 angeführten Angelegenheiten alle Angelegenheiten, die im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft gelegen und geeignet sind, durch die Gemeinschaft innerhalb ihrer örtlichen Grenzen besorgt zu werden. Die Gesetze haben derartige Angelegenheiten ausdrücklich als solche des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde zu bezeichnen.

Nach Art118 Abs3 Z. 9 B-VG sind der Gemeinde zur Besorgung im eigenen Wirkungsbereich die behördlichen Aufgaben insbesondere in Angelegenheiten der örtlichen Baupolizei, soweit sie nicht bundeseigene Gebäude, die öffentlichen Zwecken dienen (Art15 Abs5), zum Gegenstand hat, sowie der örtlichen Raumplanung gewährleistet.

Die Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes gehen nun dahin, daß das Kärntner Grundstücksteilungsgesetz 1985 Regelungen zum Inhalt hat, die im überwiegenden Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft gelegen und geeignet sind, durch die Gemeinschaft innerhalb ihrer örtlichen Grenzen besorgt zu werden."

An eine Schilderung der Entstehung des Gesetzes schließt der Verwaltungsgerichtshof folgende nähere Begründung an:

"Diese geschichtliche Entwicklung dürfte deshalb für die Zuständigkeitsregelung des §1 Abs1 des Kärntner Grundstücksteilungsgesetzes 1985 von Bedeutung sein, weil in den Erläuterungen zum Wohnsiedlungsgesetz aus dem Jahre 1976 die Auffassung, daß es sich nicht um eine Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches handle, auf die 'Erk. des VwGH vom 23. Dezember 1969, Zl. 529/67, und Slg. 6024 A/63, gestützt' wurde. In diesen Erkenntnissen habe der Verwaltungsgerichtshof zum Ausdruck gebracht, daß Maßnahmen nach dem Wohnsiedlungsgesetz, insbesondere auch die Teilung eines Grundstückes, nicht dem eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde zuzurechnen seien. Es handle sich bei den im Wohnsiedlungsgesetz vorgesehenen Maßnahmen um solche zur Ordnung des Grundverkehrs.

Auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. Mai 1963, Zl. 1261/61, Slg. N.F. Nr. 6024/A, konnte die These, es handle sich nicht um Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde, schon deshalb nicht gestützt werden, weil der Verwaltungsgerichtshof in dieser Entscheidung eine Rechtslage vor dem Inkrafttreten der Gemeindeverfassungs-Novelle des Jahres 1962 zu beurteilen hatte. In dem weiters angeführten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Dezember 1969, Zl. 529/67, hat der Gerichtshof in einem verstärkten Senat ausdrücklich die Frage geprüft, ob in der im damaligen Wohnsiedlungsgesetz vorgesehenen Zuständigkeit der das Gesetz vollziehenden Behörden durch das Inkrafttreten der Gemeindeverfassungs-Novelle, BGBl. Nr. 205/1962, eine Änderung eingetreten ist. Eine Zuständigkeit der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich verneinte der Verwaltungsgerichtshof damals deshalb, weil der vorgesehene behördliche Eingriff in den Liegenschaftsverkehr, der nicht nur die Teilung eines Grundstückes, sondern auch jede Übertragung des Eigentumsrechtes an einem Grundstück oder Grundstücksteil sowie jede Vereinbarung erfasse, durch die einem anderen ein Recht zur Nutzung oder Bebauung des Grundstückes oder Grundstücksteiles eingeräumt wird, weit über das hinausgehe, was moderne Bauordnungen zum Schutz einer geregelten Bebauung des Bodens für erforderlich halten. Selbst die der Baupolizei zugehörige Einflußnahme auf den Liegenschaftsverkehr beschränke sich nämlich auf die Kontrolle solcher Teilungsvorgänge, die entweder nach dem erklärten Willen des Eigentümers (Genehmigungswerbers) der Vorbereitung einer Bauführung dienen sollen oder aber auf Grund objektiver Merkmale als die Vorbereitung einer (allenfalls auch unbefugten) Bauführung erkennbar sind. Die beiden Rechtsinstituten gemeinsamen Gesichtspunkte, wie etwa die Sicherung einer geordneten Entwicklung auch des baulichen Geschehens, würden sich aus der Gemeinsamkeit der Materie ergeben, weil auch das Wohnsiedlungsgesetz zum Baurecht gehöre. Indessen habe der Umstand, daß die zu vollziehenden Normen solche des Baurechtes seien, nicht zur Folge, daß ihre Handhabung als die Erfüllung behördlicher Aufgaben in den Angelegenheiten der örtlichen Baupolizei gelten müßte. Nach weiteren Ausführungen vertrat der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung, eine Gesamtbetrachtung lasse erkennen, daß überörtlichen Interessen ein entscheidendes Gewicht zukomme, woraus folge, daß auch Art118 Abs2 B-VG eine Änderung der Zuständigkeit zur Vollziehung des Wohnsiedlungsgesetzes nicht bewirkt habe.

Vergleicht man die damals dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegenen Normen des Wohnsiedlungsgesetzes mit den genannten Regelungen des Kärntner Grundstücksteilungsgesetzes 1985, so zeigt sich, wie insbesondere die im Verfahren zu prüfenden Gesichtspunkte nach §2 ergeben, daß hier überwiegend Interessen der Gemeinde maßgebend sind. Im besonderen Maß gilt dies für die Regelungen über die Grundabtretung nach §3 des Gesetzes, wie die beim Verwaltungsgerichtshof anhängige Beschwerde unterstreicht. Die im §2 aufgezählten Kriterien gleichen im übrigen zum Teil jenen, welche die Baubehörde nach §10 Abs2 (Vorprüfung) und §13 der Kärntner Bauordnung (Voraussetzungen der Baubewilligung) zu prüfen hat. Bedenkt man noch, daß dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Dezember 1969 die Versagung der Genehmigung eines Kaufvertrages nach dem Wohnsiedlungsgesetz zugrunde lag, also eine Angelegenheit, die nun gar nicht mehr Gegenstand der Regelung des Teilungsgesetzes ist, so kann der Hinweis auf dieses Erkenntnis kein überzeugendes Argument dafür liefern, daß auch die nunmehrige Regelung des Grundstücksteilungsgesetzes 1985 nicht Aufgaben des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde zum Inhalt hat. Diente schon das Wohnsiedlungsgesetz 1976 nach den Erläuterungen 'als Instrument der Erhöhung der Effektivität der Raumordnungsmaßnahmen insbesondere im Hinblick auf den Flächenwidmungsplan und den Bebauungsplan', so wurde auch in den Erläuterungen zum Grundstücksteilungsgesetz 1983 (Zl. Verf-56/26/1983) ausgeführt, daß die verbleibenden Bestimmungen des ursprünglichen Wohnsiedlungsgesetzes über die Grundstücksteilung und die Grundabtretung im engen Zusammenhang mit den Bestimmungen des Baurechtes und den Regelungen über die Flächenwidmungspläne und den im Raumordnungsgesetz verankerten Zielsetzungen zu sehen sind. Ausdrücklich heißt es in den Erläuterungen, 'diese verbleibenden Normen sind etwa den Bauplatzbeschaffungsgesetzen anderer Bundesländer vergleichbar'. Da es keine selbständigen Bauplatzbeschaffungsgesetze anderer Länder gibt, sind damit offensichtlich jene Regelungen gemeint, die eine Bauplatzschaffung zum Gegenstand haben, eine Institution, die die Kärntner Bauordnung ansonsten ja nicht kennt. Daß es sich aber bei der Genehmigung der Schaffung von Bauplätzen oder Bauplatzteilen um eine Angelegenheit der örtlichen Baupolizei handelt, hat der Verfassungsgerichtshof schon in seinem Erkenntnis vom 17. Oktober 1968, VfSlg. 5823, ausgesprochen. Auch in dem schon erwähnten Erkenntnis vom 9. Dezember 1982 (VfSlg. 9580) hat der Verfassungsgerichtshof unter Hinweis auf das Erkenntnis VfSlg. 6060 festgehalten, daß Baurecht Landessache sei und die Landesgesetzgeber daher zur Regelung zuständig seien, 'die Verhinderung eines Zustandes, der den Grundsätzen einer geordneten Verbauung (Bebauung) widerspricht, sei aber im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft gelegen'.

Da auch die Erlassung von Flächenwidmungs- und Bebauungsplänen nach übereinstimmender Rechtsprechung von Verfassungsgerichtshof und Verwaltungsgerichtshof in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde fällt (vgl. etwa VfSlg. 8227/1977 sowie insbesondere das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 30. September 1989, V6/89, in welchem die Eigenverantwortung der Gemeinde für die Aufstellung von Flächenwidmungsplänen in besonderer Weise hervorgehoben wurde), sind wohl auch Teilungsvorhaben nach dem Grundstücksteilungsgesetz 1985, die vor allem auf ihre Übereinstimmung mit diesen Raumordnungsplänen zu prüfen sind, als dem eigenen Wirkungsbereich zugehörig anzusehen. Der Verwaltungsgerichtshof verkennt nicht, daß dennoch Maßnahmen, die letztlich die Einhaltung von Flächenwidmungs- und Bebauungsplänen garantieren sollen, nicht unbedingt dem eigenen Wirkungsbereich zugeordnet sein müssen (vgl. in diesem Zusammenhang etwa das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 5. März 1988, Slg. 11.633, bezüglich der Zulässigkeit überörtlicher Raumordnungsprogramme). Es scheint aber kein überzeugendes Argument dafür zu sprechen, daß Teilungsvorhaben für Bauplatzschaffungen dem eigenen Wirkungsbereich zuzuzählen sind, Teilungsvorhaben ganz allgemein jedoch nicht zum eigenen Wirkungsbereich gerechnet werden sollen, obwohl die von den Behörden vorzunehmenden Prüfungen gleichartig oder doch sehr ähnlich sind. In diesem Zusammenhang darf nicht übersehen werden, daß selbst hinsichtlich der Abgrenzung der Kompetenzen zwischen Bund und Ländern der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung auch eine inhaltliche Weiterentwicklung der Rechtsordnung als zulässig beurteilt (vgl. VfSlg. 4117, 5748 u.a.).

Aus den angeführten Argumenten scheinen die Bedenken gerechtfertigt, daß die Bestimmungen des Grundstücksteilungsgesetzes 1985, die vor allem eine Einhaltung der Bestimmungen der Flächenwidmungs- und Bebauungspläne gewährleisten, gleichzeitig aber auch der Gemeinde für die Realisierung ihrer Verkehrsflächen unentgeltliche Grundflächen verschaffen sollen, Angelegenheiten betreffen, die im überwiegenden Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft gelegen und auch geeignet sind, durch diese Gemeinschaft innerhalb ihrer örtlichen Grenzen besorgt zu werden."

3. Die Kärntner Landesregierung hat von einer Äußerung zur Sache abgesehen, beantragt aber, eine Frist von einem Jahr für das Außerkrafttreten zu bestimmen.

II. Die Anträge sind zulässig.

Es ist nichts hervorgekommen, was an der Zulässigkeit der beim antragstellenden Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerden und an der Präjudizialität der angefochtenen Bestimmung zweifeln ließe. Infolge Verknüpfung der Auflage mit der Bewilligung der Teilung würde eine bloß teilweise Aufhebung von Bestimmungen des Gesetzes zur Beseitigung der Bedenken nicht ausreichen.

Auch sonst sind die Prozeßvoraussetzungen erfüllt.

III. Die Anträge sind auch begründet. §1 Abs1 des Grundstücksteilungsgesetzes verstößt gegen das in Art118 B-VG verankerte Recht der Gemeinde die Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches selbst zu besorgen.

Wie die Anträge des Verwaltungsgerichtshofes zutreffend ausführen, erkennt der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, daß die Genehmigung der Schaffung von Bauplätzen oder Bauplatzteilen eine Angelegenheit der örtlichen Baupolizei ist und daher in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde fällt (z.B. VfSlg. 5823/1968, 6060/1969, 9580/1982 S. 422 iVm S. 412f). Auch die Erlassung von Flächenwidmungsplänen fällt nach ständiger Rechtsprechung als eine Angelegenheit der örtlichen Raumplanung in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde (z.B. VfSlg. 8227/1977, 11.633/1988 und V6/89 vom 30. September 1989). Die Wahrnehmung der Interessen der örtlichen Raumplanung in einer Angelegenheit, die nicht von vornherein durch andere, überörtliche Interessen bestimmt ist, liegt daher gleichfalls im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft und fällt nach Art118 Abs2 B-VG in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde. Die in den Bestimmungen über die Grundabtretung zutage tretenden, mit der örtlichen Baupolizei in enger Verbindung stehenden Interessen der Gemeinde als Inhaberin von Verkehrsflächen, die sie nach Art118 Abs3 Z4 B-VG selbst verwaltet (vgl. VfSlg. 6208/1970, 6685/1972 und 6770/1972), sind gleichfalls dem eigenen Wirkungsbereich zuzuordnen. Der Umstand, daß die Grundabtretung unter dem Blickwinkel des Eigentumsschutzes und für Zwecke der Kompetenzzuordnung als Enteignung zu qualifizieren ist (vgl. VfSlg. 3475/1958, 3666/1959, 8980/1980 S. 356, 8981/1980 S. 370, 9781/1983 S. 74), ändert daran nichts. Zwar entscheidet über die Notwendigkeit, den Gegenstand und den Umfang von Enteignungen für Gemeindestraßen, Ortschafts- und Verbindungswege - der Rechtsanschauung des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg. 5409/1966, 5807/1968 und 8227/1977) entsprechend - die Bezirksverwaltungsbehörde (§38 Kärntner Straßengesetz 1978), doch unterscheidet sich die Grundabtretungspflicht von solchen gestaltenden Maßnahmen - abgesehen vom Fehlen der Notwendigkeit, über eine Entschädigung zu entscheiden (vgl. VfSlg. 6088/1969 und 6146/1970) - dadurch, daß sie nur aus Anlaß und in (engerem oder weiterem) Zusammenhang mit einer angestrebten Grundteilung ausgelöst wird.

Da solcherart Angelegenheiten, die im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der örtlichen Gemeinschaft stehen, zumindest den größeren Teil der von der Behörde bei der Genehmigung der Grundstücksteilung wahrzunehmenden Interessen ausmachen, wird in §5 des Gesetzes der Gemeinde im Genehmigungsverfahren auch folgerichtig Parteistellung eingeräumt.

Aus eben diesem Grunde erweist sich aber zugleich der Vorwurf, es würden der Gemeinde durch die Übertragung der Zuständigkeit auf die Bezirksverwaltungsbehörde Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches entzogen, als stichhältig. Es erübrigt sich unter diesen Umständen zu prüfen, ob und welche Versagungsgründe und Abtretungsverpflichtungen allenfalls vorwiegend überörtliche Angelegenheiten betreffen und ob gegebenenfalls ihre Mitberücksichtigung durch Organe der Gemeinde zulässig wäre. Die in Prüfung gezogene, die Aufgabe der Gemeinde vorenthaltende Regelung ist jedenfalls als verfassungswidrig aufzuheben.

Die Fristsetzung für das Außerkrafttreten und die Kundmachungsverpflichtung stützen sich auf Art140 Abs5, der Ausschluß des Inkrafttretens früherer Vorschriften auf Art140 Abs6 B-VG.

Da von einer mündlichen Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war, hat der Gerichtshof von einer mündlichen Verhandlung abgesehen.

Schlagworte

Gemeinderecht, Wirkungsbereich eigener, Baupolizei örtliche, Verkehrsflächen, Raumplanung örtliche, Selbstverwaltungsrecht, Enteignung, Entschädigung (Enteignung), Parteistellung, Amtspartei, Behördenzuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1991:G242.1991

Dokumentnummer

JFT_10088983_91G00242_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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