TE Vwgh Erkenntnis 1994/4/15 93/17/0321

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Veröffentlicht am 15.04.1994
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Index

27/04 Sonstige Rechtspflege;

Norm

GebAG 1975 §15 Abs1;
GebAG 1975 §4 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Puck, Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schidlof, über die Beschwerde des Dr. G in X, vertreten durch die Rechtsanwaltspartnerschaft N in W, gegen den Vorsteher des Bezirksgerichtes A, Steiermark, vom 23. Juli 1993, Zl. Jv 282/93, betreffend Zeugengebühr, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Am 26. April 1993 ersuchte das Bezirksgericht Tulln in der bei ihm anhängigen Rechtssache der klagenden Partei Dr. G (des Beschwerdeführers) wider die beklagte Partei L-OHG in Z, Steiermark, das Bezirksgericht A, Steiermark, unter anderem um Vernehmung des Zeugen NB (richtig: DB) unter der Adresse der beklagten Partei.

DB wurde unter Verwendung eines ZPForm 38 unter der genannten Anschrift für Donnerstag, den 1. Juli 1993,

10.30 Uhr, zum zuletzt genannten Gericht als Zeuge geladen. Das Ladungsformular enthält, durch Umrahmung auffallend gekennzeichnet, den Hinweis:

"Müßte der Zeuge zu seiner Vernehmung aus einem WEITER ENTFERNTEN ORT als dem auf der Ladung angeführten Zustellort ANREISEN, so hat er dies zur Wahrung seines höheren Gebührenanspruchs unverzüglich dem Gericht ANZUZEIGEN."

Der Zeuge DB wurde in der Beweistagsatzung vom 1. Juli 1993 als Zeuge vernommen und gab seine Anschrift mit "J, Steiermark" bekannt. Er gab unter anderem an:

"Seit Ende November 1992 bin ich nicht mehr bei der Firma L. beschäftigt ...

Ich bin auf auswärtiger Arbeit und zwar arbeite ich derzeit im Hotel S in K, das ist in der Nähe von Hainfeld in Niederösterreich, und zwar in der Nähe von St. Pölten im Bezirk Lilienfeld.

Ich bin Montag morgen zu dieser Baustelle angereist, ich bin gestern am Abend heimgefahren zur heutigen Zeugenaussage.

Ich werde morgen in meiner Firma in A, Steiermark, eingesetzt, am Montag fahre ich wieder nach Niederösterreich. Hätte ich heute nicht nach A, Steiermark, müssen, wäre ich die ganze Woche auf auswärtigen Arbeitseinsatz gewesen.

Ich bin bei der Firma U in A, Steiermark, als Arbeiter beschäftigt, mein Verdienstentgang für heute beträgt insgesamt S 1.181,89. Diesbezüglich lege ich die Bestätigung und auch meine Zeugenladung vor."

Der Richter vermerkte auf der Zeugenladung unter anderem:

"Der Zeuge ist um 11 Uhr 10 entlassen worden.

...

Kostenvorschuß erliegt nicht, Anreise von K notwendig."

Die erwähnte Bestätigung der "Firma" U vom 22. Juni 1993 lautet:

"Es wird hiermit bestätigt, daß Herr DB am 01.07.1993 für

die Zeugenaussage Zeitausgleich nehmen mußte.

Sein Verdienstentgang beträgt:

8 Normalstunden       a S 65,75                 S   526,--

3 Überstunden         " " 98,63                 "   295,89

Trennung                                        "   360,--

                                                S 1.181,89"

    Mit Bescheid vom 7. Juli 1993 bestimmte der Kostenbeamte

des Bezirksgerichtes A, Steiermark, die Gebühren des Zeugen DB

wie folgt:

"1.) Reisekosten gem. §§ 6 - 12 GebAG

     Eisenbahn von K nach A, Steiermark,

     und retour, 560 km                           S   676,--

     Reisebeginn: 30.6.1993, 16.08 Uhr

     beendet am 1.7.1993 um 17.44 Uhr

2.) Aufenthaltskosten gem. §§ 13-15 GebAG

     a) Mehraufwand für Verpflegung

        1 Frühstück, 1 Mittagessen, 1 Abendessen  S   217,--

     b) Auslagen für unvermeidliche Nächtigung    S   128,--

3.) Verdienstentgang 8 Stunden a"S 65,75         S   526,--

     Trennung                                     S   360,--

     Summe                                        S 1.907,--"

Das Mehrbegehren für Überstunden wurde abgewiesen, weil sie nur vergütet werden könnten, wenn sie auch tatsächlich geleistet worden seien. Da der Zeuge am Verhandlungstag seine Arbeit nicht wieder aufgenommen habe, könnten Überstunden auch nicht geleistet worden sein.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Beschwerde und brachte darin im wesentlichen vor, der Zeuge habe den Umstand, daß er nicht aus Z, Steiermark, oder A, Steiermark, anreise, dem Gericht vor der Tagsatzung nicht bekanntgegeben. Lediglich während der Verhandlung habe der Richter dem Zeugen bestätigt, daß seine unmittelbare Vernehmung vor dem Gericht A, Steiermark, trotz Unterbleibens der Anzeige zur Aufklärung der Sache erforderlich gewesen sei. Diese Bestätigung sei jedoch rechtswidrig erteilt worden, weil das Bezirksgericht A, Steiermark, lediglich zur Einvernahme von Zeugen im Rechtshilfeweg ersucht worden sei. Die Anreise des Zeugen DB zum Prozeßgericht wäre sowohl einfacher als auch kostengünstiger gewesen. Im übrigen sei nicht nachvollziehbar, wieso dem Zeugen Entschädigung für Verdienstentgang und Trennung zustehe. Der Zeuge sei angestellt und habe dadurch tatsächlich keinen Verdienstentgang erlitten. Sofern der Zeuge Trennungsgeld beanspruche, sei dies bei angegebenem Wohnsitz in A, Steiermark, nicht nachvollziehbar. Dasselbe gelte für den Anspruch auf Auslagen für unvermeidliche Nächtigung. Kosten für Übernachtung seien dem Zeugen nicht entstanden.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab der Vorsteher des Bezirksgerichtes A, Steiermark, dieser Beschwerde keine Folge. Er begründete dies im wesentlichen damit, daß der von der beklagten Partei geführte Zeuge unter einer unrichtigen Anschrift geführt und auch geladen worden sei. Die beklagte Partei hätte nämlich wissen müssen, daß der Zeuge schon länger als ein halbes Jahr nicht mehr in ihrem Betrieb tätig sei. Dennoch habe die beklagte Partei die Zeugenladung übernommen und sie dem Zeugen offensichtlich zukommen lassen. Im Sinne eines pflichtbewußten Staatsbürgers sei DB seiner Zeugenladung auch nachgekommen. Richtig sei allerdings, daß er es unterlassen habe, dem Gericht bekanntzugeben, daß er auf Grund seines Aufenthaltsortes eine weite Anreise habe. Dieser Umstand werde jedoch als "entschuldbare Fehlleistung" gewertet, die unter Würdigung aller Umstände einen Anspruchsverlust nicht bewirke. Das vernehmende Gericht habe auf der Zeugenladung bestätigt, daß der Zeuge um 11.10 Uhr entlassen worden sei, ein Kostenvorschuß nicht erliege und die Anreise von K notwendig gewesen sei. Eine Bestätigung, wonach die unmittelbare Vernehmung des Zeugen vor diesem Gericht erforderlich gewesen sei, sei nicht erteilt worden. Aus welchen Umständen der Beschwerdeführer dies schließe, sei nicht nachvollziehbar. Die Vernehmung des Zeugen sei jedoch vor dem Rechtshilfegericht erforderlich und notwendig gewesen, weil das erkennende Gericht um diese Vernehmung ersucht habe und der Zeuge zum Vernehmungstermin auch erschienen sei. Sicherlich in Kenntnis der einschlägigen Bestimmungen auf Fortzahlung des Entgeltes für Zeiten der Inanspruchnahme des Dienstnehmers durch ein Gericht habe der Dienstgeber dem Zeugen DB einen Verdienstentgang in Höhe von S 1.181,89 bestätigt. Betreffend der Reise- und Aufenthaltskosten seien diese im angefochtenen Bescheid richtig ermittelt, sodaß auch auf die zutreffende Begründung in diesem Bescheid verwiesen werden könne.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Nach seinem Vorbringen erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht verletzt, "auf Grund des gegebenen Sachverhaltes im Falle des Prozeßverlustes dem Gegner nur die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten ersetzen zu müssen". Der Beschwerdeführer beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall wesentlichen Bestimmungen des Gebührenanspruchsgesetzes 1975, BGBl. Nr. 136, idF. des Art. XXXI der Erweiterten Wertgrenzen-Novelle 1989, BGBl. Nr. 343, im Zusammenhalt mit der Verordnung des Bundesministers für Justiz, BGBl. Nr. 214/1992, über die Festsetzung eines Zuschlages zu den im Gebührenanspruchsgesetz 1975 angeführten festen Beträgen (GebAG 1975), lauten:

"Umfang der Gebühr

§ 3. (1) Die Gebühr des Zeugen umfaßt

1. den Ersatz der notwendigen Kosten, die durch die Reise an den Ort der Vernehmung, durch den Aufenthalt an diesem Ort und durch die Rückreise verursacht werden;

2. die Entschädigung für Zeitversäumnis, soweit er durch die Befolgung der Zeugenpflicht einen Vermögensnachteil erleidet.

...

Anspruchsvoraussetzungen

§ 4. (1) Der Anspruch auf die Gebühr steht dem Zeugen zu, der auf Grund einer Ladung vom Gericht vernommen worden ist ...

(2) Ist der auf der Ladung angegebene Zustellort vom Ort der Vernehmung des Zeugen weniger weit entfernt als der Ort, von dem der Zeuge zureist, so steht dem Zeugen eine darauf gestützte höhere Gebühr nur zu, wenn er diesen Umstand dem Gericht unverzüglich nach Erhalt der Ladung angezeigt und das Gericht trotzdem die Ladung nicht rechtzeitig widerrufen hat oder wenn die unmittelbare Vernehmung des Zeugen vor diesem Gericht trotz Unterbleiben der Anzeige zur Aufklärung der Sache erforderlich gewesen ist; dies hat das Gericht (der Vorsitzende), vor dem die Beweisaufnahme stattgefunden hat, zu bestätigen. Auf die Anzeigepflicht ist der Zeuge in der Ladung aufmerksam zu machen.

...

Reisekosten

§ 6. (1) Der Ersatz der notwendigen Reisekosten (§ 3 Abs. 1 Z. 1) umfaßt die Kosten der Beförderung des Zeugen mit einem Massenbeförderungsmittel oder mit einem anderen Beförderungsmittel und die Entschädigung für zu Fuß zurückgelegte Wegstrecken (Kilometergeld); er bezieht sich, vorbehaltlich des § 4, auf die Strecke zwischen dem Ort der Vernehmung des Zeugen und seiner Wohnung oder Arbeitsstätte, je nachdem, wo der Zeuge die Reise antreten oder beenden muß.

...

Aufenthaltskosten

§ 13. Die Aufenthaltskosten (§ 3 Abs. 1 Z. 1) umfassen

1. den Mehraufwand für die Verpflegung, wenn die Reise oder der Aufenthalt am Ort der Vernehmung den Zeugen zwingt, das Frühstück, Mittag- oder Abendessen anderswo als an seinem gewöhnlichen Aufenthaltsort einzunehmen, und

2. die Kosten für die unvermeidliche Nächtigung während der Reise und am Ort der Vernehmung.

                          Verpflegung

    § 14. (1) Dem Zeugen sind als Mehraufwand für die

Verpflegung zu vergüten

    1. für das Frühstück ............................   41 S,

    2. für das Mittagessen ..........................   88 S,

    3. für das Abendessen ...........................   88 S.

(2) Der Mehraufwand für das Frühstück ist zu vergüten, wenn der Zeuge die Reise vor 7.00 Uhr antreten, der Mehraufwand für das Mittagessen, wenn er sie vor 11.00 Uhr antreten und nach 14.00 Uhr beenden hat müssen, derjenige für das Abendessen, wenn er die Reise nach 19.00 Uhr beenden hat müssen.

Nächtigung

§ 15. (1) Dem Zeugen ist, sofern ihm nicht ein Anspruch auf Vergütung des Fahrpreises für einen Schlafwagen oder eine Kabine zusteht, für jede unvermeidliche Nächtigung ein Betrag von 128 S zu vergüten. Als unvermeidlich ist die Nächtigung auch dann anzusehen, wenn die Reise zur Nachtzeit (22.00 Uhr bis 6.00 Uhr) angetreten oder beendet werden müßte.

...

Entschädigung für Zeitversäumnis

§ 17. Die Entschädigung für Zeitversäumnis (§ 3 Abs. 1 Z. 2) bezieht sich, vorbehaltlich des § 4, auf den Zeitraum, den der Zeuge wegen seiner Vernehmung außerhalb seiner Wohnung bzw. Arbeitsstätte bis zur möglichen Wiederaufnahme der Arbeit verbringen muß.

Ausmaß der Entschädigung für Zeitversäumnis

§ 18. (1) Als Entschädigung für Zeitversäumnis gebühren dem Zeugen

1. 147 S für jede, wenn auch nur begonnene Stunde, für die dem Zeugen eine Entschädigung für Zeitversäumnis zusteht,

2. anstatt der Entschädigung nach Z 1

a) beim unselbständig Erwerbstätigen der tatsächlich entgangene Verdienst,

...

(2) Im Falle des Abs. 1 Z 1 hat der Zeuge den Grund des Anspruches, im Falle des Abs. 1 Z 2 auch dessen Höhe zu bescheinigen.

Geltendmachung der Gebühr

§ 19. ...

(2) Soweit in diesem Abschnitt nicht anderes bestimmt ist und nicht feste Gebührensätze bestehen, hat der Zeuge die Umstände, die für die Gebührenbestimmung bedeutsam sind, besonders durch Vorlage einer Bestätigung über den Verdienstentgang oder die Entlohnung eines Stellvertreters oder

einer Hilfskraft ... zu bescheinigen.

...

Bekanntgabe der Gebühr. Zustellung

§ 21. (1) Die bestimmte Gebühr ist dem Zeugen mündlich bekanntzugeben; eine schriftliche Ausfertigung, binnen einer Woche, hat an ihn nur zu ergehen, wenn es der Zeuge bei der mündlichen Bekanntgabe verlangt ...

(2) Übersteigt die bestimmte Gebühr 1 000 S, so ist eine schriftliche Ausfertigung der Entscheidung über die Gebührenbestimmung außerdem zuzustellen

1. in Zivilsachen

a)

den Parteien und

b)

dem Revisor, sofern diese Gebühr nicht ganz aus einem bereits erlegten Vorschuß gezahlt werden kann,

...

Bestimmung der Gebühr

§ 20. ...

(2) Von der Gebührenbestimmung kann der Zeuge aufgefordert werden, sich über Umstände, die für die Gebührenbestimmung bedeutsam sind, zu äußern und, unter Setzung einer bestimmten Frist, noch fehlende Bestätigungen vorzulegen.

Rechtsmittel

§ 22. (1) Gegen die Entscheidung über die Gebühr können der Zeuge und unter den Voraussetzungen des § 21 Abs. 2 die dort genannten Personen binnen 14 Tagen die Beschwerde an den Leiter

des Gerichtes ... erheben. ... Die angefochtene Entscheidung

kann auch zum Nachteil des Zeugen geändert werden ..."

Im Beschwerdefall war die Rechtsmittellegitimation des Beschwerdeführers als Klägers im Zivilprozeß gegen die Gebührenbestimmung gegeben, weil die bestimmte Gebühr 1 000 S überstieg.

Zu Recht wird in der vorliegenden Beschwerde geltend gemacht, daß die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 GebAG 1975 zur Geltendmachung einer höheren Gebühr seitens des Zeugen nicht vorlagen. Obwohl der Zeuge auf seine Anzeigepflicht nach der genannten Gesetzesstelle in der Ladung aufmerksam gemacht worden war, hat er nach dem Akteninhalt den Umstand, daß er zu seiner Vernehmung von einem weiter entfernten Ort als dem auf der Ladung angeführten Zustellort anreisen müßte, dem Gericht nicht angezeigt. Die Berücksichtigung einer "entschuldbaren Fehlleistung" ist im Gesetz nicht vorgesehen.

Aber auch die weiteren (alternativen) Voraussetzungen der genannten Gesetzesstelle liegen nicht vor. Zutreffend verweist der Beschwerdeführer darauf, daß die unmittelbare Vernehmung des Zeugen vor dem Rechtshilfegericht zur Aufklärung der Sache nach der Aktenlage nicht erforderlich war. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes kann aber auch die auf die Zeugenladung gesetzte Bestätigung des vernehmenden Richters nicht als eine solche im Sinne der mehrfach zitierten Gesetzesstelle gewertet werden, weil damit - worauf der Beschwerdeführer gleichfalls zutreffend verweist - lediglich die Notwendigkeit der Anreise des Zeugen von K, nicht aber auch die Erforderlichkeit seiner unmittelbaren Vernehmung vor dem Rechtshilfegericht bestätigt wurde. Die Bestätigung im letztgenannten Sinne zu lesen verbietet sich im übrigen auch deshalb, weil sie - wie schon dargelegt - in diesem Falle unrichtig gewesen wäre. Auch die belangte Behörde vertritt in der Begründung des angefochtenen Bescheides diese Ansicht; wenn sie nunmehr in der Gegenschrift im diametralen Gegensatz hiezu vermeint, die Bestätigung sei so zu verstehen, daß die unmittelbare Vernehmung zur Aufklärung des Beweisthemas notwendig gewesen sei, kann dem nicht gefolgt werden.

Unbestritten steht fest, daß die Zeugengebühr bei einer Zureise von Z, Steiermark, nach A, Steiermark, jedenfalls hinsichtlich der Reisekosten geringer gewesen wäre als bei einer solchen von K (NÖ). Schon aus diesem Grunde erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig.

Der Beschwerdeführer ist auch im Recht, wenn er wegen des Wohnsitzes des Zeugen in J, Steiermark, dessen Anspruch auf Mehraufwand für eine unvermeidliche Nächtigung in Frage stellt, weil ihm als Nächtigungsmöglichkeit dieser sein eigener Hauptwohnsitz zur Verfügung gestanden sei.

Die belangte Behörde hält dem in ihrer Gegenschrift entgegen, der Zeuge habe mit dem öffentlichen Verkehrsmittel K um 16.08 Uhr verlassen müssen, um 21.53 Uhr in A, Steiermark, anlangen zu können. Die Ortschaft J, Steiermark, befinde sich rund 6 km von A, Steiermark, entfernt und weise überdies eine um rund 150 bis 200 m höhere Höhenlage als A, Steiermark, auf. Ein öffentliches Verkehrsmittel zwischen A, Steiermark, und J, Steiermark, existiere überhaupt nicht. Selbst wenn man dem Zeugen daher noch zumute, diese Wegstrecke zu Fuß zu absolvieren, würde, abgesehen von den Kosten des Fußmarsches, eine tatsächliche Ankunftszeit am Wohnort weit jenseits von 22.00 Uhr liegen. Somit hätte er die Reise nach 22.00 Uhr beendet, weshalb die Nächtigung als unvermeidlich anzusehen sei.

Auch diese Auffassung kann nicht geteilt werden. § 15 Abs. 1 leg. cit. stellt keinesfalls eine Regel dahingehend auf, daß immer dann, wenn die Reise zur Nachtzeit (22.00 bis 6.00 Uhr) angetreten oder beendet werden müßte, Kosten für eine (fiktive) unvermeidliche Nächtigung zuzusprechen wären. Vielmehr soll eine Vergütung nur für eine TATSÄCHLICHE, unvermeidlich gewordene Nächtigung zustehen, wobei eine solche tatsächliche Nächtigung unter den Voraussetzungen des zweiten Satzes des § 15 Abs. 1 leg. cit. (arg.: "DIE Nächtigung auch dann") jedenfalls als unvermeidlich anzusehen ist; nur DIESBEZÜGLICH stellt das Gesetz eine Fiktion auf.

Das bedeutet für den Beschwerdefall, daß die belangte Behörde hätte prüfen müssen, ob der Beschwerdeführer tatsächlich nach seiner Ankunft in A, Steiermark, nicht in seiner Wohnung, sondern etwa in einem Gastgewerbebetrieb o.ä. genächtigt hat. Dies hätte der Zeuge nach § 19 Abs. 2 zu bescheinigen gehabt, wozu er nach § 20 Abs. 2 leg. cit. hätte aufgefordert werden müssen.

Eine weitere, vom Beschwerdeführer allerdings nicht geltend gemachte Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides liegt darin, daß der Zeuge nach den Feststellungen der belangten Behörde seine Fahrt am 30. JUNI 1993 um 16.08 Uhr angetreten hat. Es war daher weder ein Mehraufwand für das Frühstück noch für das Mittagessen zu vergüten, weil die Reise an diesem Tage weder vor 7.00 Uhr noch vor 11.00 Uhr angetreten wurde. Sollten jedoch Frühstück und Mittagessen am 1. JULI 1993 gemeint sein, so fehlen diesbezüglich die nötigen Feststellungen. Auch aus diesem Grunde hat die belangte Behörde ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.

Hiezu kommt weiters, daß der Zeuge, wie aus dem Protokoll über seine Vernehmung hervorgeht, die Absicht hatte, nach seiner Vernehmung NICHT nach K zurückzufahren, sondern in A, Steiermark, zu verbleiben und am nächsten Tag ebendort bei seinem Dienstgeber zu arbeiten. Daß er dies NICHT getan hätte, ist nicht aktenkundig. Die Feststellung, die Rückreise nach K sei am 1. Juli 1993 um 17.44 Uhr beendet gewesen, ist daher in der Aktenlage nicht gedeckt. Ob der Zeuge üblicherweise das Wochenende ohnehin an seinem Wohnort zu verbringen pflegt und daher die Reisekosten nicht als durch die Vernehmung verursacht (§ 3 Abs. 1 Z. 1) anzusehen wären, braucht indes aufgrund des Gesagten nicht entschieden zu werden.

Im Unrecht ist die Beschwerde lediglich, soweit sie den Zuspruch eines Betrages von S 360,-- für "Trennung" bekämpft; der Zeuge hat durch Vorlage einer Bestätigung seines Dienstgebers bescheinigt, daß er einen so gearteten Verdienstentgang erlitten hat, was für den Zuspruch im Sinne der §§ 18 Abs. 2, 19 Abs. 2 GebAG 1975 genügte.

Aus den genannten Gründen war jedoch der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben. Hiebei konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG von der beantragten Verhandlung abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991. Stempelgebühren waren nur im erforderlichen Ausmaß zuzusprechen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993170321.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

13.04.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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