TE Vwgh Erkenntnis 1994/4/18 93/10/0041

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Veröffentlicht am 18.04.1994
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Index

80/02 Forstrecht;

Norm

ForstG 1975 §174 Abs1 lita Z15;
ForstG 1975 §37 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des F, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 3. Juli 1991, Zl. IIIa2-776/1, betreffend Übertretung des Forstgesetzes 1975, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 3. Juli 1991 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe

1. am 4. September 1990 gegen 10.15 Uhr mit 18 Stück Rindern und

2. am 8. September 1990 gegen 11.30 mit 29 Stück Rindern auf Gp. 701/1 auf den Schonungsflächen im Bereich der "X-Alpe" entgegen den Bestimmungen des § 37 Abs. 3 des Forstgesetzes 1975 (ForstG) die Waldweide ausgeübt. Er habe hiedurch Verwaltungsübertretungen nach § 174 Abs. 1 lit. a

Z. 15 des ForstG begangen. Über den Beschuldigten wurden zwei Primärfreiheitsstrafen verhängt, von denen die eine mit 10 und die andere mit 11 Tagen bemessen wurde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Beschwerdeführer bringt vor, er habe in seiner Berufung geltend gemacht, das Weidevieh sei deshalb in die Schonungsflächen gelangt, weil der Zaun, der es davon abhalten hätte sollen, durch Baufahrzeuge beschädigt worden sei. Dem habe die belangte Behörde eine Stellungnahme der Wildbach- und Lawinenverbauung vom 21. Jänner 1991 entgegengehalten. Aus dieser Stellungnahme sei aber zur Wiederlegung der Rechtfertigungsangaben des Beschwerdeführers nichts zu gewinnen.

Was die Beurteilung der Rechtsfrage betreffe, so habe die Behörde den Sachverhalt der anzuwendenden Norm zu unterstellen. Die Begründung des angefochtenen Bescheides sei jedoch nicht geeignet, Klarheit über die tatsächlichen Annahmen der Behörde und ihre rechtlichen Erwägungen zu schaffen.

Grobe rechtliche Mängel seien der belangten Behörde auch bei der Strafbemessung unterlaufen.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 174 Abs. 1 lit. a Z. 15 ForstG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer die Waldweide entgegen § 37 Abs. 3 auf Schonungsflächen betreibt oder die Weidetiere von solchen Flächen nicht fernhält.

Nach § 37 Abs. 3 leg. cit. darf in zur Verjüngung bestimmten Waldteilen, in denen das Weidevieh die bereits bestehende oder erst heranzuziehende Verjüngung schädigen könnte (Schonungsflächen), die Waldweide nicht ausgeübt werden. Die Weidetiere sind von den Schonungsflächen fernzuhalten.

Tatbestandsmerkmal einer Verwaltungsübertretung nach § 174 Abs. 1 lit. a Z. 15 ForstG ist das Vorliegen einer Schonungsfläche. Weder in der Begründung des angefochtenen Bescheides noch im sonstigen Akteninhalt finden sich Feststellungen, an Hand deren beurteilt werden könnte, ob die beweideten Teile der Parzelle 701/1 die Merkmale einer Schonungsfläche, wie sie im § 37 Abs. 3 ForstG definiert werden, aufweisen. Abgesehen davon, daß das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen einer Verwaltungsübertretung von Amts wegen zu prüfen ist, wären solche Feststellungen im Beschwerdefall umso mehr erforderlich gewesen, als der Beschwerdeführer im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens das Vorliegen einer Schonungsfläche unter Hinweis auf ein Gutachten bestritten hat. Außerdem ist in den beiden Anzeigen der Bezirksforstinspektion vom 10. September 1990 auch nicht von der Beweidung von Schonungsflächen die Rede, sondern davon, daß der Beschwerdeführer in Bann gelegte Waldflächen beweidet habe.

Der Beschwerdeführer hat in seiner Rechtfertigung im Verwaltungsstrafverfahren vorgebracht, das Vieh sei vor Beginn von Bauarbeiten durch die Wildbachverbauung nicht in die Gp. 701/1 eingedrungen. Erst als von der Wildbachverbauung Baumaßnahmen begonnen worden seien, hätten überdimensionale LKW (z.B. des Fuhrunternehmers St.) bei der Fahrt über die Weideroste die Begrenzungssäulen umgefahren. Dies habe zur Folge gehabt, daß das Vieh ungestört auf die Gp. 701/1 gekommen sei.

Die belangte Behörde hat dieses Vorbringen mit einem Hinweis auf ein Schreiben der Wildbach- und Lawinenverbauung vom 21. Jänner 1991 abgetan. In diesem Schreiben wird ausgeführt, die Baumaßnahmen zur Fertigstellung der im Ergänzungsprojekt 1971 vorgesehenen Maßnahmen seien in der Zeit vom 9. Juli bis 30. September 1990 durch eine Arbeiterpartie der Wildbach- und Lawinenverbauung durchgeführt worden. Bereits am 11. Juni und am 26. Juni habe die Gebietsbauleitung westliches Unterinntal Einweidungen vom 7. Juni und vom 21. Juni der Bezirkshauptmannschaft zur Anzeige gebracht. Bereits bei der ersten Anzeige sei ausdrücklich festgestellt worden, daß der Zaun, der am 5. Juni 1990 aufgelegt worden sei, im Bereich der Wegquerung beschädigt gewesen sei. Die Anzeige der Bezirksforstinspektion über die Einweidung vom 12. Juni liege ebenfalls noch lange vor Baubeginn. Während der Baumaßnahmen habe mehrere Male festgestellt werden können, daß die Zaunsäulen ausgezogen worden seien. Sie seien jeweils von der Arbeiterpartie wieder repariert worden. Die Rechtfertigung des Beschwerdeführers sei daher in diesem Punkt unrichtig.

Zwar könnte auch die vom Beschwerdeführer behauptete Beschädigung des Zaunes, wenn sie tatsächlich im Zuge von Bauarbeiten durch die Wildbach- und Lawinenverbauung erfolgt wäre, den Beschwerdeführer nur dann entlasten, wenn sie in einem solchen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der ihm angelasteten Beweidung der Parzelle 701/1 stünde, daß sie es dem Beschwerdeführer unmöglich gemacht hätte, das Weidevieh von dieser Parzelle abzuhalten. Ob dies der Fall war, kann aber an Hand des vorliegenden Sachverhaltes nicht beurteilt werden. Das Schreiben der Wildbach- und Lawinenverbauung reicht nicht aus, die Behauptungen des Beschwerdeführers, der Zaun sei durch Schwerfahrzeuge (einer namentlich genannten Firma) beschädigt worden, zu widerlegen, da darin einerseits auf das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht direkt eingegangen wird und andererseits aus den Angaben über bereits früher vorgefundene Zaunschäden bzw. Manipulationen am Zaun und deren Beseitigung nicht hervorgeht, in welchem Zustand sich der Zaun zum Zeitpunkt der dem Beschwerdeführer angelasteten Verwaltungsübertretungen befand.

Aus den angeführten Gründen erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war. Auf das Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend die Rechtswidrigkeit der Strafbemessung brauchte daher nicht mehr eingegangen zu werden.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993100041.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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