TE Vwgh Erkenntnis 1994/4/18 92/03/0078

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Veröffentlicht am 18.04.1994
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

B-VG Art139 Abs1;
StVO 1960 §32 Abs1;
StVO 1960 §43 Abs2 lita;
StVO 1960 §44 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer, DDr. Jakusch, Dr. Gall und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde der Gemeinde Lang, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 9. November 1990, Zl. 11-25 L 4-90/1, betreffend Aufforderung zur Aufstellung von Straßenverkehrszeichen, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Am 29. Mai 1990 verordnete die Bezirkshauptmannschaft Leibnitz gemäß § 43 Abs. 2 lit. a StVO 1960 für die Straßen des nördlichen Leibnitzerfeldes, die in einem Plan, welcher Bestandteil dieser Verordnung war, gekennzeichnet waren, ein allgemeines Fahrverbot, wobei dieses Verbot nicht für Anrainer, Radfahrer und Wirtschaftsverkehr galt. Die Bezirkshauptmannschaft Leibnitz sprach aus, daß diese Verordnung mit dem Tag der Anbringung der Verkehrszeichen gemäß § 52a (richtig lit. a) Z. 1 StVO 1960 "Fahrverbot (in beiden Richtungen)" mit der Zusatztafel "ausgenommen Anrainer, Radfahrer, Wirtschaftsverkehr" an den im beiliegenden Plan angeführten Standorten in Kraft trete. Diese Verordnung wurde unter anderem auch an die nunmehrige Beschwerdeführerin mit dem Ersuchen übermittelt, die Straßenverkehrszeichen auf den betroffenen Gemeindestraßen aufzustellen. Mit Schreiben vom 17. Juli 1990 ersuchte die Bezirkshauptmannschaft Leibnitz (unter anderem) die Beschwerdeführerin mitzuteilen, wann die genannten Vorschriftszeichen aufgestellt worden seien. Am 26. Juli 1990 beraumte die Bezirkshauptmannschaft Leibnitz für den 1. August 1990 eine örtliche Erhebung und mündliche Verhandlung über die Aufstellung der Fahrverbotstafeln an. Bei dieser Verhandlung wurde an Ort und Stelle (unter anderem) festgestellt, daß die Aufstellung der Fahrverbotstafeln durch die Beschwerdeführerin nicht vorgenommen worden war. Die Erstbehörde erließ daraufhin mit Datum 3. September 1990, der Beschwerdeführerin zugestellt am 5. September 1990, einen Bescheid, in dem sie die Beschwerdeführerin gemäß § 98 Abs. 3 StVO 1960 verpflichtete, binnen zwei Wochen nach Rechtskraft dieses Bescheides die mit Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz vom 29. Mai 1990 angeordnete Aufstellung von Straßenverkehrszeichen gemäß § 52 lit. a Z. 1 StVO 1960 "Fahrverbot (in beiden Richtungen)" mit der Zusatztafel "ausgenommen Anrainer, Radfahrer, Wirtschaftsverkehr" an den im Plan, welcher Bestandteil der Verordnung sei, eingezeichneten Stellen vorzunehmen. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 9. November 1990 wurde der dagegen von der Beschwerdeführerin erhobenen Berufung keine Folge gegeben und der Bescheid dahin ergänzt, daß die Anordnung zur Aufstellung von Fahrverbotstafeln an die Beschwerdeführerin als Straßenerhalterin der "verordnungsmäßig betroffenen" Gemeindestraßen ergehe.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher deren Behandlung mit Beschluß vom 25. Februar 1992, B 351/91-8, abgelehnt und sie mit Beschluß vom 20. März 1992, B 351/91-10, dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten hat.

In ihrer Beschwerdeergänzung an den Verwaltungsgerichtshof beantragt die Beschwerdeführerin die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift beantragt, die Beschwerde abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung im wesentlichen damit, daß die ihre Grundlage bildende, gemäß § 43 Abs. 2 lit. a StVO 1960 erlassene Verordnung auf dem teilregionalen Entwicklungsprogramm für das nördliche Leibnitzerfeld und einem entsprechenden Ermittlungsverfahren beruhe, wonach die Sanierung und Sicherung des dortigen Grundwasservorkommens vorzunehmen sei. Als konkrete Maßnahme sei der Kraftfahrzeugverkehr im Bereiche der erlassenen Verordnung weitestgehend auszuschließen. Gemäß § 32 Abs. 1 StVO 1960 seien die Straßenverkehrszeichen vom Straßenerhalter auf seine Kosten anzubringen. Gemäß § 98 Abs. 3 StVO 1960 könne die Behörde, wenn es die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs erfordere, die Anbringung vorschreiben. Diese Bestimmung sei für Verordnungen zum Schutz der Bevölkerung und der Umwelt analog anzuwenden. Dem Straßenerhalter komme, was Zweck, Art und Ausmaß einer von einer Bezirkshauptmannschaft verordneten Verkehrsbeschränkung betreffe, nur ein Anhörungsrecht, aber kein Gestaltungsrecht zu. Damit könne der Straßenerhalter auch die örtlich und zeitlich präzisierte Aufforderung zur Aufstellung von Straßenverkehrszeichen nicht mit dem Hinweis ablehnen, daß die Verordnung zwecks Vermeidung von Härten anders gestaltet werden müßte. Die gegenständliche Aufforderung zur Aufstellung der Fahrverbotstafeln sei daher rechtmäßig.

Die Beschwerdeführerin, die sich durch den angefochtenen Bescheid in dem ihr im Rahmen des eigenen Wirkungsbereiches eingeräumten Recht verletzt sieht, "gemäß § 40 Abs. 4 Gemeindeordnung 1967 die Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches, insbesondere der Verwaltung der Verkehrsflächen der Gemeinde und der örtlichen Straßenpolizei in eigener Verantwortung frei von Weisungen zu besorgen", wendet demgegenüber im wesentlichen ein, daß es Ziel der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz vom 29. Mai 1990 sei, einen Beitrag zur Sanierung und Sicherung des Grundwasservorkommens im Leibnitzerfeld zu leisten. Die Aufstellung der Verkehrszeichen sei daher für die Sicherheit, Leichtigkeit oder Flüssigkeit des Verkehrs (§ 98 Abs. 3 StVO 1960) nicht erforderlich. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde sei daher im Hinblick auf das verfassungsrechtlich eingeräumte Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde eine analoge Anwendung des § 98 Abs. 3 StVO 1960 für Verordnungen, die zum Schutz der Bevölkerung bzw. Umwelt erlassen wurden, nicht zulässig. Da die Verkehrszeichen noch nicht aufgestellt worden seien, sei die Verordnung somit gegenüber der Beschwerdeführerin noch nicht in Kraft getreten, sodaß auch aus diesem Grund die bescheidmäßige Verpflichtung zur Aufstellung der Verkehrszeichen zu Unrecht erfolgt sei.

Rechtsgrundlage der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz vom 29. Mai 1990 war § 43 Abs. 2 lit. a StVO 1960, wonach die Behörde zur Fernhaltung von Gefahren oder Belästigungen, insbesondere durch Lärm, Geruch oder Schadstoffe, wenn und insoweit es zum Schutz der Bevölkerung oder der Umwelt oder aus anderen wichtigen Gründen erforderlich ist, durch Verordnung für bestimmte Gebiete, Straßen oder Straßenstrecken für alle oder bestimmte Fahrzeugarten oder für Fahrzeuge mit bestimmten Ladungen dauernde oder zeitweise Verkehrsbeschränkungen oder Verkehrsverbote zu erlassen hat. Die Beschwerdeführerin erkennt zutreffend, daß die Kundmachung der Verordnung durch die Anbringung der Straßenverkehrszeichen zu erfolgen hat und damit die Verordnung in Kraft tritt. Sie übersieht hiebei jedoch, daß die Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs, wozu auch die gegenständlichen Vorschriftszeichen zu zählen sind, gemäß § 32 Abs. 1 StVO 1960 - sofern sich aus den folgenden Absätzen nichts anderes ergibt, wobei jedoch hier keine Ausnahmen zum Tragen kommen - VOM STRAßENERHALTER auf seine Kosten anzubringen und zu erhalten sind. Weigert er sich diesbezüglich, kann keine Rechtswidrigkeit darin erblickt werden, wenn die Behörde ihm dies mit Bescheid aufträgt.

Daß die Beschwerdeführerin die Straßenerhalterin der hier betroffenen Gemeindestraßen ist, hat sie selbst zugestanden. Der sie treffenden Anbringungspflicht kann sich die Beschwerdeführerin als Straßenerhalterin jedoch nicht entziehen, indem sie die angebliche Gesetzwidrigkeit der Verordnung geltend macht. Die Bezugnahme im angefochtenen Bescheid auf § 98 Abs. 3 StVO 1960 ist zwar verfehlt; damit ist aber für die Beschwerdeführerin nichts gewonnen, weil auch nach der Begründung des angefochtenen Bescheides die belangte Behörde die Rechtsgrundlage für die der Beschwerdeführerin auferlegte Verpflichtung im § 32 Abs. 1 StVO 1960 erblickte.

Die Einwendungen der Beschwerdeführerin, wonach sie die Einschränkung des Verkehrs als nicht zielführend und mit großen Nachteilen für die Bevölkerung verbunden erachtet, und geltendmacht, daß seitens der Behörde eine Interessenabwägung nicht vorgenommen worden sei und ihr verfassungsrechtlich eingeräumtes Selbstverwaltungsrecht verletzt sieht, richten sich in Wahrheit gegen die Verordnung an sich und nicht gegen den Auftrag zur Aufstellung, der mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochen wurde. Die Gesetzmäßigkeit der Verordnung ist jedoch, ebenso wie die Verletzung verfassungsrechtlich eingeräumter Rechte, durch den Verfassungsgerichtshof zu prüfen und nicht durch den Verwaltungsgerichtshof. Bedenken gegen die Verordnung kann die Beschwerdeführerin nicht geltend machen, indem sie die Kundmachung zu verhindern sucht.

Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet, sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1992030078.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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