TE Vwgh Erkenntnis 1994/4/21 94/19/0174

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Veröffentlicht am 21.04.1994
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Index

15 Rechtsüberleitung Unabhängigkeitserklärung Übergangsrecht
Rechtsbereinigung;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1968 §12 Abs2;
AsylG 1991 §1 Z1;
AVG §1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
SDionV §1;
SDionV §3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde der O in L, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 27. Juni 1993, Zl. 4.324.877/2-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige Nigerias, beantragte am 21. Oktober 1991, ihr Asyl zu gewähren. Anläßlich ihrer Einvernahme durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich am 25. Oktober 1991 gab sie im wesentlichen an, in ihrem Heimatland keiner politischen Partei oder Organisation angehört zu haben und politisch nicht verfolgt worden zu sein. Sie sei auch keine Angehörige einer Minderheit, noch habe sie religiöse Probleme. Sie sei am 5. März 1991 mit dem Bus von Lagos nach Kano gefahren. An der Grenze zu einem anderen Bundesland Nigerias sei der Bus durchsucht worden; dabei habe man in zwei Gepäckstücken Waffen und Munition gefunden. Die Besitzer dieser Gepäckstücke hätten sofort die Flucht ergriffen und seien von der Polizei nicht "erwischt" worden. Da der Koffer der Beschwerdeführerin neben den Gepäckstücken dieser Personen gelegen sei, sei sie der Komplizenschaft verdächtigt und festgenommen worden. Man habe sie bis zum 5. Juli 1991 im Polizeigefängnis von Kaduna festgehalten, jedoch nicht geschlagen. Schließlich habe ein Wächter den Aussagen der Beschwerdeführerin geglaubt und ihr zur Flucht verholfen; der Wächter habe ihr geraten, das Land zu verlassen, da sie ansonsten große Schwierigkeiten haben würde. Es sei ihr deshalb nicht mehr möglich, in ihr Heimatland zurückzukehren.

Mit Bescheid vom 8. November 1991 stellte die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich fest, daß die Beschwerdeführerin nicht Flüchtling sei.

In ihrer Berufung dagegen brachte die Beschwerdeführerin ergänzend vor, sie hätte infolge ihrer Flucht aus dem Gefängnis um ihr Leben fürchten müssen; dies sei ja auch vom Gefängniswärter eindringlich gesagt worden, "da dieser die Strafe für Waffenhändler genau gekannt habe". Sollte sie nach Nigeria zurückkehren müssen, habe sie mit einer Gefängnisstrafe zu rechnen bzw. würde die Polizei sie verfolgen.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab. Auf Grund der Angaben der Beschwerdeführerin, im Zusammenhang mit einem Waffenschmuggel offensichtlich als Komplizin festgenommen worden zu sein, sei anzunehmen, daß dies nicht aus den im § 1 Z. 1 AsylG 1991 genannten Gründen geschehen sei.

Diesen Bescheid bekämpft die Beschwerdeführerin wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung "wesentlicher Verfahrensvorschriften".

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Soweit die Beschwerdeführerin die Unzuständigkeit der in erster Instanz entscheidenden Behörde geltend macht, kann ihr nicht gefolgt werden. Nach der von der Beschwerdeführerin selbst angesprochenen, hier zur Anwendung kommenden Bestimmung des § 12 Abs. 2 AsylG (1968) war jene erstinstanzliche Behörde (Landeshauptmann) zuständig, in dessen Bereich der Fremde seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines solchen, seinen Aufenthalt hatte. Aufgrund der Verordnung des Bundesministeriums für Inneres vom 26. Februar 1946 über die Einrichtung und den Wirkungsbereich der Sicherheitsdirektionen, BGBl. Nr. 74/1946, hatte die örtlich zuständige Sicherheitsdirektion diese Aufgabe des öffentlichen Sicherheitswesens zu besorgen (vgl. §§ 1 und 3 leg. cit.). Da die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides nach dem Akteninhalt ihren Aufenthalt im Bereiche der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich hatte, war diese örtlich zuständig. Auf dem Zeitpunkt der Antragstellung kommt es hiebei nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes nicht an.

Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ist dem Bescheid der belangten Behörde mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, daß diese davon ausgegangen ist, die Verhaftung der Beschwerdeführerin durch die Behörden ihres Heimatstaates sei wegen des Verdachtes, sich an einer strafbaren Handlung beteiligt zu haben, erfolgt und nicht aus einem der im § 1 Z. 1 AsylG 1991 aufgezählten Gründe. Angesichts der eindeutigen Angaben der Beschwerdeführerin in ihrer Einvernahme vor der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich kann der Umstand, daß sie in ihrem Asylantrag zunächst angab, aus politischen Gründen verfolgt zu werden, keine relevante Bedeutung beigemessen werden.

Flüchtling im Sinne des bereits erwähnten § 1 Z. 1 AsylG 1991 ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Die Beschwerdeführerin hat nun im erstinstanzlichen Verfahren und auch im Berufungsverfahren nur vorgebracht, wegen des Verdachtes der Komplizenschaft mit Waffenschmugglern verfolgt worden zu sein. Wie die belangte Behörde hierzu zutreffend festgehalten hat, kann darin keine Verfolgung aus einem der soeben genannten Gründe gesehen werden. Daß der Waffentransport, an dem die Beschwerdeführerin ihren Angaben nach überhaupt nicht beteiligt war, etwa im Zusammenhang mit einer bestimmten politischen Gesinnung der Beschwerdeführerin zur Last gelegt worden wäre, läßt sich ihren Angaben nicht entnehmen.

Da sich die Beschwerde somit insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

örtliche Zuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994190174.X00

Im RIS seit

23.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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