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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des J, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 24. Mai 1993, Zl. 4.335.107/2-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Nigerias, hat am 20. März 1992 beantragt, ihm Asyl zu gewähren. In seiner Vernehmung am 24. März 1992 gab der Beschwerdeführer im wesentlichen an, Christ zu sein und in seiner Heimat "immer Schwierigkeiten und Kämpfe mit Moslems" gehabt zu haben. Es komme "auch immer zu Schießereien", sodaß es der Beschwerdeführer nicht mehr aushalte. Überdies finde er in seiner Heimat keine Arbeit und wolle hier (in Österreich) arbeiten.
Anläßlich seiner Einvernahme durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich am 4. April 1992 führte der Beschwerdeführer im wesentlichen weiter aus, er habe in Nigeria keiner politischen Organisation als Mitglied angehört und sei durch die Behörden weder aus politischen, noch aus religiösen oder ethnischen Gründen Verfolgungen ausgesetzt gewesen. Am 23. Februar 1991 sei er mit Freunden in einen Ort in der Region Bauchi gefahren, um dort die christliche Religion zu predigen. Dies sei ihnen jedoch vom Dorfvorsteher untersagt worden, da die Dorfbewohner Angehörige der Religion "Okbundi" und auch Moslems seien. Da es der etwa 200 Personen starken Gruppe mit dem Beschwerdeführer nicht genehmigt worden sei in diesem Dorf zu predigen, hätten sie das Dorf verwüstet, Autos und Häuser zerstört. Auch der Beschwerdeführer habe aktiv an der Zerstörung teilgenommen, weswegen er nun von der Polizei in seinem Heimatland gesucht werde. Er habe sich daher entschlossen, Nigeria zu verlassen, um sich damit der Verhaftung und eventuellen Bestrafung zu entziehen.
Mit Bescheid vom 26. Mai 1992 stellte die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark fest, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling sei.
In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung regte der Beschwerdeführer eine abermalige Überprüfung der von ihm im erstinstanzlichen Verfahren angeführten Gründe für seine Flucht an.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab; eine asylrechtlich relevante Verfolgung des Beschwerdeführers durch die Behörden seines Heimatlandes sei nicht glaubhaft gemacht worden. Ein staatliches Einschreiten im Rahmen der vom Beschwerdeführer geschilderten Ereignisse sei keine staatliche Verfolgung aus den Gründen des § 1 Z. 1 AsylG 1991.
Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die belangte Behörde ist in der Begründung des angefochtenen Bescheides davon ausgegangen, daß von ihr bereits das Asylgesetz 1991 anzuwenden sei, dies im Hinblick auf die Bestimmung des § 25 Abs. 2 erster Satz dieses Gesetzes, weil das gegenständliche Asylverfahren "am bzw. nach dem 1. Juni 1992 beim Bundesministerium für Inneres anhängig war". Diese Auffassung trifft aber - wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach (vgl. die Erkenntnisse vom 31. März 1993, Zl. 92/01/0831 und vom 23. Februar 1994, Zl. 93/01/0626) dargelegt hat - aufgrund der Auslegung der genannten Bestimmung sowie der des § 25 Abs. 1 erster Satz AsylG 1991 nicht zu. Nach dem Akteninhalt ist nämlich der erstinstanzliche Bescheid am 5. Juni 1992 dem Beschwerdeführer zugestellt worden, weshalb das Verfahren am 1. Juni 1992 noch in erster Instanz anhängig war. Die belangte Behörde hatte daher das AsylG (1968) anzuwenden. Dies führt aber noch nicht zwangsläufig dazu, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten verletzt wurde, ist doch die belangte Behörde zu ihrer abweislichen Entscheidung deshalb gelangt, weil sie seine Flüchtlingseigenschaft gemäß § 1 Z. 1 AsylG 1991 verneint hat, wobei diese Bestimmung keine inhaltliche Änderung gegenüber den nach § 1 AsylG (1968) in Verbindung mit Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention geltenden Flüchtlingsbegriff ist. Die unrichtige Gesetzesanwendung durch die belangte Behörde konnte sich auch insoweit nicht zum Nachteil des Beschwerdeführers auswirken, da die belangte Behörde entgegen ihrer Ansicht neues Berufungsvorbringen zwar als zulässig zu berücksichtigen gehabt hätte, solches aber nicht erstattet wurde.
Flüchtling im Sinne der bereits zitierten von der belangten Behörde richtigerweise anzuwendenden Vorschriften (§ 1 AsylG (1968), Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen. Der Beschwerdeführer hat nun im erstinstanzlichen Verfahren und auch im Berufungsverfahren nur vorgebracht, wegen der gewalttätigen Ausschreitungen in dem näher bezeichneten Dorf verfolgt worden zu sein. Wie die belangte Behörde im Ergebnis zutreffend festgehalten hat, kann darin keine Verfolgung aus einem der hier soeben genannten Gründe gesehen werden. Auch aus den vom Beschwerdeführer vorgelegten Urkunden ist im Hinblick auf die genaue Darstellung des Beschwerdeführers nichts anderes zu entnehmen. Daß der Beschwerdeführer als Christ möglicherweise unter den Spannungen mit Moslems zu leiden hatte, bildet - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - keinen tauglichen Asylgrund; die Zugehörigkeit zu einer Minderheit allein rechtfertigt nicht die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, da der Beschwerdeführer keine konkreten, individuell gegen ihn gerichteten (staatlichen) Verfolgungshandlungen dargetan hat.
Da sich somit die Beschwerde im Ergebnis als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen; von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994190098.X00Im RIS seit
20.11.2000