TE Vwgh Erkenntnis 1994/4/27 94/01/0025

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Veröffentlicht am 27.04.1994
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Index

41/04 Sprengmittel Waffen Munition;

Norm

WaffG 1986 §17 Abs2;
WaffG 1986 §18;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde der Dr. X in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 17. November 1993, Zl. SD 527/93, betreffend Ausstellung eines Waffenpasses, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aufgrund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Die Beschwerdeführerin, Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates für das Bundesland Niederösterreich, beantragte die Ausstellung eines Waffenpasses gemäß § 17 Abs. 2 Waffengesetz 1986. Die belangte Behörde wies die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den den Antrag der Beschwerdeführerin abweisenden Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 23. August 1993 mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab. Sie begründete ihre Entscheidung im wesentlichen damit, daß Organe des Staates einer besonderen Gefahr im Sinne des § 17 Abs. 2 iVm § 18 Waffengesetz nur dann ausgesetzt seien, wenn sich deren Maßnahmen bzw. Entscheidungen regelmäßig auf Kriminelle bezögen. Davon könne bei Organen, die in Vollziehung von Verwaltungsangelegenheiten bzw. Verwaltungsstrafangelegenheiten tätig werden, grundsätzlich nicht gesprochen werden. Wenn die Beschwerdeführerin auf die Angelegenheiten des Fremdenrechtes, insbesondere Schubhaftangelegenheiten, verweise, aufgrund derer sie "regelmäßig mit übel beleumundeten Personen (Ausländern) konfrontiert sei", werde darauf hingewiesen, daß die Behandlung von Schubhaftbescheiden nur einen Bruchteil des Tätigkeitsbereiches der Beschwerdeführerin ausmache, im übrigen beziehe sich dieser Bereich nicht in der Regel auf übel beleumundete Personen, sondern wie dies der Behörde als früher in solchen Angelegenheiten zuständiger Berufungsbehörde aus eigener Erfahrung bekannt sei, um Personen, deren Abschiebung aus den verschiedensten Gründen erfolge. Schubhäftlinge kämen weiters mit den Entscheidungsträgern in Rechtsmittelangelegenheiten in der Regel nicht in persönlichen Kontakt. Im übrigen zeige die Erfahrung, daß Entscheidungsträger der ersten und zweiten Instanz in Schubhaftangelegenheiten keinen besonderen Gefahren ausgesetzt seien. Es könne auch nicht als besondere Gefahr qualifiziert werden, wenn die Beschwerdeführerin durch ihre berufliche Tätigkeit an Bezirkshauptmannschaften unter Umständen länger in Anspruch genommen werde und sie in den Abendstunden Überlandfahrten durchführen müsse. Ein Bedarf zum Führen einer Faustfeuerwaffe im Sinne des § 18 Waffengesetz liege somit nicht vor.

Aber auch im Rahmen des gemäß § 17 Abs. 2 Waffengesetz eingeräumten Ermessens sei die Ausstellung eines Waffenpasses nicht gerechtfertigt, weil es nicht vertretbar erscheine, jedem staatlichen Entscheidungsträger, der "Interessen in der Qualität und Quantität, wie sie die Beschwerdeführerin geltend" mache, einen Waffenpaß auszustellen. Diese Interessen seien nicht so berücksichtigungswürdig, daß demgegenüber die Beinträchtigung des öffentlichen Interesses an der Geringhaltung der mit dem Gebrauch von Waffen verbundenen Gefahren, die durch eine allfällige Ausstellung von Waffenpässen an alle jene Personen, die die gleichen Voraussetzungen erfüllen, entstünde, in Kauf zu nehmen wäre.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird seine inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Ausstellung eines Waffenpasses verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 17 Abs. 2 erster Satz Waffengesetz 1986, BGBl. Nr. 443, besteht ein Rechtsanspruch auf Ausstellung eines Waffenpasses, wenn der Antragsteller das 21. Lebensjahr vollendet hat, die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt und einen Bedarf zum Führen von Faustfeuerwaffen nachweist. Ein Bedarf im Sinne des § 17 Abs. 2 leg. cit. ist gemäß § 18 Waffengesetz insbesondere dann als gegeben anzunehmen, wenn eine Person glaubhaft macht, daß sie außerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen oder ihrer eingefriedeten Liegenschaften besonderen Gefahren ausgesetzt ist, denen am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann. Im übrigen liegt die Ausstellung eines Waffenpasses an andere verläßliche Personen, die das 21. Lebensjahr vollendet haben, gemäß § 17 Abs. 2 zweiter Satz Waffengesetz im Ermessen der Behörde.

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Auffassung der belangten Behörde, daß ein Bedarf zum Führen einer Faustfeuerwaffe gemäß § 17 Abs. 2 zweiter Satz iVm § 18 Waffengesetz als nicht gegeben angesehen worden sei. Ihr Kompetenzbereich erstrecke sich nicht nur auf Verwaltungsstrafsachen wegen Übertretungen nach der Straßenverkehrsordnung, dem Kraftfahrgesetz, der Eisenbahn-Kreuzungsverordnung, dem Fischereigesetz und dem Nö Jagdgesetz, sondern auch auf Entscheidungen nach dem Fremdengesetz, insbesondere betreffend Aufenthaltsverbote und Abschiebungen. Insbesondere im Lichte der letzteren Materie sehe die Beschwerdeführerin ein deutlich erkennbares hohes Sicherheitsrisiko, da sie über kriminelle Personen zu entscheiden habe, die bereits wegen schwerer Delikte, wie gefährliche Drohung, Betrug, schwere Körperverletzung usw., verurteilt worden seien. Speziell dieser Teilbereich ihrer Tätigkeit beziehe sich bislang regelmäßig auf übel beleumundete Personen, wenn diese auch - wie die Berufungsbehörde richtig bemerkt habe - ausschließlich Fremde seien. Im Rahmen dieser Berufstätigkeit sei sie einer besonderen Gefahr ausgesetzt, welche das Ausmaß der für jedermann bestehenden Gefahren erheblich übersteige. Dazu komme, daß sie aufgrund von öffentlichen mündlichen Verhandlungen bei den jeweiligen Bezirksverwaltungsbehörden häufig bis in die Abendstunden tätig sei und dann Überlandfahrten durchzuführen habe.

Strittig ist im vorliegenden Verfahren, ob die belangte Behörde im Lichte der von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten Umstände zutreffend die Auffassung vertreten hat, daß sie keinen besonderen Gefahren im Sinne des § 18 leg. cit. ausgesetzt sei. Von besonderen Gefahren im Sinne dieser Bestimmung kann dann gesprochen werden, wenn diese das Ausmaß der für jedermann bestehenden Gefahren erheblich übersteigt. Von besonderen Gefahren in diesem Sinne kann für staatliche Organe dann die Rede sein, wenn sie aufgrund ihrer Funktion Feindseligkeiten ausgesetzt sind, die zu tätlichen Angriffen führen können. Daß sich eine derartige besondere Gefahrenlage für die Beschwerdeführerin aus ihrer Stellung als Mitglied des unabhängigen Verwaltungssenates für das Bundesland Niederösterreich, zu deren Aufgabenbereich zum Teil die Vollziehung des Fremdenrechtes fällt, ist für den Verwaltungsgerichtshof nicht ersichtlich (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. Februar 1990, Zl. 89/01/0155). Abgesehen davon, daß die belangte Behörde zutreffend darauf verwiesen hat, daß Schubhaftbescheide - die von der Beschwerdeführerin im besonderen ins Treffen geführt worden waren - aufgrund verschiedenster Tatbestände möglich seien und nicht nur aus dem Grund der Begehung schwerer strafbarer Tatbestände (vgl. § 17 Abs. 2 Z. 3-6 und § 18 Abs. 2 Z. 2, 4-8 Fremdengesetz, BGBl. Nr. 838/1992), und diese Entscheidungen nur einen Teil ihres Tätigkeitsbereiches ausmachen, hat die Beschwerdeführerin weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof konkrete Vorfälle ins Treffen geführt, bei denen vollziehende Organe des Fremdenrechtes von Personen, gegen die fremdenrechtliche Maßnahmen gesetzt worden seien, gefährdet worden wären. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. September 1993, Zl. 92/01/0797) genügen zur Dartuung einer besonderen Gefahrenlage im Sinne des § 18 Waffengesetz nicht bloße Vermutungen und Befürchtungen einer möglichen Bedrohung, sondern müssen sich die Verdachtgründe derart verdichtet haben, daß sich schlüssig eine konkrete Gefährdung ergibt. Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung der belangten Behörde, daß nach ihrer Erfahrung als der nach der alten Rechtslage in fremdenrechtlichen Angelegenheiten zuständigen Berufungsbehörde nicht nur die Organe der Berufungsinstanz, sondern vor allem auch die Verwaltungsorgane der erstinstanzlichen Behörde im Zusammenhang mit der Verfügung und Aufrechterhaltung der Schubhaft, die überdies häufig persönlich mit Schubhäftlingen in Kontakt treten, keinen besonderen Gefahren ausgesetzt seien, nicht entgegengetreten. Die belangte Behörde hat daher zutreffend angenommen, daß ein Bedarf gemäß § 18 leg. cit. nicht gegeben sei.

Es ist im übrigen unzutreffend, wenn die Beschwerdeführerin meint, daß "auch Richtern und Rechtsanwälten das Recht zugebilligt wird, Faustfeuerwaffen zu führen" (vgl. das bereits zitierte, einen Zivilrichter betreffende Erkenntnis).

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994010025.X00

Im RIS seit

25.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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