TE Vwgh Erkenntnis 1994/4/28 93/16/0186

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Veröffentlicht am 28.04.1994
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Index

yy41 Rechtsvorschriften die dem §2 R-ÜG StGBl 6/1945 zuzurechnen
sind;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
32/06 Verkehrsteuern;
33 Bewertungsrecht;

Norm

BewG 1955 §10 Abs2;
BewG 1955 §10 Abs3;
BewG 1955 §12;
KVG 1934 §8 Z1 litc;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peternell, über die Beschwerde der R-Gesellschaft mbH & Co KG in W, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 19. Oktober 1993, GA 11-1181/91, betreffend Gesellschaftsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist im Zusammenhang mit der Übernahme der Komplementäranteile an der Beschwerdeführerin (die bis dahin von physischen Personen gehalten worden waren) durch eine Kapitalgesellschaft und dem dadurch gemäß § 2 Z. 1 i.V.m. § 6 Abs. 1 Z. 4 KVG bewirkten Ersterwerb von Gesellschaftsrechten an einer Kapitalgesellschaft durch die Kommanditisten der Beschwerdeführerin die Frage des Steuermaßstabes gemäß § 8 leg. cit. strittig. Da für den Erwerbsvorgang eine Gegenleistung nicht zu bewirken war und die Beschwerdeführerin eine Leasinggesellschaft ist, deren Geschäftszweck im Verleasen einer bestimmten Liegenschaft besteht, geht es um die Bewertung dieser Liegenschaft.

Die belangte Behörde wies die von der Beschwerdeführerin gegen die vom Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien vorgenommene Bewertung erhobene Berufung als unbegründet ab. Das Finanzamt hatte davon ausgehend, daß die in Rede stehende Liegenschaft im Jahr 1981 um S 28 Millionen erworben worden war, auf Grund generell ortsüblicher Wertsteigerungen einen Teilwert von S 28,900.120,-- ermittelt. Die belangte Behörde erachtete dies als keineswegs überhöht. Sie berücksichtigte dabei den Umstand, daß die Liegenschaft schon im Jahr 1982 von der Beschwerdeführerin einer anderen Leasinggesellschaft in Bestand gegeben worden war, wobei die Bestandnehmerin das Recht erhielt, das Objekt im Zeitpunkt der Vertragsaufkündigung zum Restbuchwert zu erwerben. Dadurch sei das Geschäft "in das Licht eines Ratenkaufes" gerückt worden, wobei das monatliche Entgelt bereits auch Teile des Kaufpreises enthalten habe. Zur Zeit des gesellschaftsteuerlich relevanten Erwerbsvorganges sei die Liegenschaft mit einem Betrag von S 25,325.096,-- zu Buche gestanden. Bis dahin seien bereits Mietzinse in der Höhe von mehr als 15 Millionen geleistet worden. Die Mieterin habe auf die Dauer von 18 Jahren auf die Kündigung des Vertrages verzichtet. Die weiteren Mietzinszahlungen seien bis zum Ablauf des Mietvertrages am 31. Dezember 1999 mit ca. 52 Millionen zuzüglich Kaution zu veranschlagen.

Die belangte Behörde erachtete in diesem Zusammenhang das auf dem Grundstück lastende Mietverhältnis nicht als wertmindernd. Keinesfalls sei der maßgebliche Teilwert mit dem Restbuchwert gleichzusetzen, zu dem die Mieterin die Liegenschaft erwerben könne.

In ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Verwaltungsgerichtshofbeschwerde, womit Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden, erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht darauf verletzt, daß die Gesellschaftsteuer nach einer dem Gesetz entsprechenden Bemessungsgrundlage vorgeschrieben wird. Die Beschwerdeführerin strebt dabei die Berücksichtigung des Umstandes an, daß sie wegen der Vermietung des "einzigen oder wesentlichen Teils ihres Vermögens" darüber nicht frei verfügen könne, zumal der Mieter berechtigt sei, die Liegenschaft zu einem unter dem Verkehrswert liegenden Preis zu erwerben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 8 Z. 1 lit. c. KVG wird die Steuer beim Erwerb von Gesellschaftsrechten (§ 2 Z. 1) vom Wert der Gesellschaftsrechte berechnet, wenn eine Gegenleistung nicht zu bewirken ist.

Gemäß § 1 Abs. 1 BewG gelten die Bestimmungen des 1. Teils dieses Gesetzes auch für die Kapitalverkehrsteuer. Demnach sind Wirtschaftgüter nach den Bestimmungen der §§ 10 ff BewG zu bewerten. Wirtschaftsgüter, die einem Betrieb dienen, sind nach § 12 BewG mit dem Teilwert zu bewerten (vgl. z.B. die Erk. vom 18. November 1993, Zl. 92/16/0193, und vom 14. Dezember 1992, Zl. 90/15/0148 u.a.).

Die §§ 10 Abs. 2 und 12 BewG lauten:

§ 10 Abs. 2:

"Der gemeine Wert wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen."

§ 12 Begriff des Teilwertes:

"Wirtschaftsgüter, die einem Betrieb dienen, sind in der Regel mit dem Teilwert anzusetzen. Teilwert ist der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebes im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde. Dabei ist davon auszugehen, daß der Erwerber den Betrieb fortführt."

Mit Rücksicht darauf, daß auch der sogenannte Teilwert ein objektiver Wert ist, bei dem subjektive Umstände unmaßgeblich sind (vgl. idS Rössler-Troll, Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, Kommentar16 Rz 2 zu § 10 dBewG, insbesondere S 128) und daß im Ergebnis praktischerweise regelmäßig kein Unterschied zwischen dem Teilwert und dem gemeinen Wert besteht (Rössler-Troll aaO. Rz 3 = S 129 Abs. 1 unter Berufung auf die dort zitierte Rechtsprechung des BFH), sind daher auch auf den vorliegenden Fall die für die Ermittlung des gemeinen Wertes der in Betracht kommenden Liegenschaft in der Judikatur erarbeiteten Kriterien heranzuziehen, zumal auch die Beschwerdeführerin auf Tatsachenebene nichts anderes vorgebracht hat.

Danach handelt es sich beim gemeinen Wert um eine fiktive Größe, die mit Hilfe der Preisschätzung zu ermitteln ist (vgl. die Erk. vom 15. September 1993, Zl. 91/13/0125 und vom 17. Februar 1992, Zl. 90/15/0155), und zwar ausgehend von einem objektiven Maßstab (vgl. das Erk. vom 14. November 1988, Zl. 87/15/0064). Der gemeine Wert wird gemäß § 10 Abs. 2 BewG durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre (vgl. die Erk. vom 28. Jänner 1993, Zlen. 92/16/0120-0122, und vom 17. Dezember 1992, Zl. 91/16/0125). Unter der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes sind die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu verstehen, die dem zu bewertenden Wirtschaftsgut arteigen sind (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 22. Oktober 1992, Zl. 91/16/0044; ebenso Rössler-Troll aaO. Rz 3 zu § 9 Abs. 2 d. BewG = S 119 letzter Absatz und die dort zitierte Rechtsprechung des BFH). Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse werden bei der Ermittlung des gemeinen Wertes hingegen nicht berücksichtigt (Rössler-Troll aaO. Rz 4 und 5 zu § 9 d. BewG; Twaroch-Frühwald-Wittmann, Komm.

z. BewG2 76 Anm. 1 zu § 10 Abs. 3 BewG). Derartige ungewöhnliche oder subjektive Verhältnisse liegen aber unter anderem dann vor, wenn z.B. ein Liegenschaftseigentümer sich vertraglich gegenüber einem Vorkaufsberechtigten bindet (vgl. dazu das Erk. vom 15. September 1966, Zl. 51/66 Slg. 3490/F sowie Twaroch-Frühwald-Wittmann aaO. Anm. 3), seine Liegenschaft hypothekarisch belastet (Twaroch-Frühwald-Wittmann aaO.) oder wenn sie von einem letztwillig eingeräumten Wohnrecht betroffen ist (Twaroch-Frühwald-Wittmann aaO. Anm. 4 und die dort zitierte Judikatur). Nicht anders zu behandeln ist der Umstand, daß im vorliegenden Fall die Beschwerdeführerin betreffend ihre Liegenschaft mit einem Bestandnehmer einen Vertrag geschlossen hat, der auch nach Ansicht der Beschwerdeführerin selbst richtigerweise einem Ratenkauf gleichkommt und womit dem Bestandnehmer eine Kaufoption zum Restbuchwert eingeräumt wurde.

Anders als es die Beschwerdeführerin sehen will, liegen diese Umstände im Bereich der bewertungsmäßig nicht zu berücksichtigenden subjektiven Aspekte. Dem von der Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang vorgenommen Hinweis auf Twaroch-Frühwald-Wittmann aaO. "Anm. 4 zu § 10", richtig:

S 76, Anm. 6 zu § 10 Abs. 2 BewG) kann deshalb kein Gewicht zukommen, weil die zitierte Kommentarmeinung sich auf "mietrechtliche Vorschriften" bezieht, die als objektiv wertbestimmende Faktoren anzusehen sind. Mietverhältnisse als sogenannte schwebende Geschäfte, die sich in die Zukunft erstrecken, brauchen dagegen im allgemeinen (abgesehen z.B. von Fällen einer Mietzinsvorauszahlung) bewertungsmäßig überhaupt nicht beachtet zu werden (vgl. Rössler-Troll Anm. 8 zu § 9 BewG, insbesondere S 125 letzter Absatz).

Da schließlich auch keinerlei Rechtsgrund dafür besteht, die Bewertung der hier allein maßgeblichen Liegenschaft im Rahmen der Bewertung von Gesellschaftsrechten anders vorzunehmen als in einem Fall, in dem es nur um den Wert der Liegenschaft ginge, erweist sich der angefochtene Bescheid als frei von der behaupteten Rechtswidrigkeit seines Inhalts. Mit Rücksicht darauf, daß die Beschwerdeführerin den geltend gemachten Beschwerdegrund der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften selbst nicht weiter ausführt und den Verwaltungsakten keine Verfahrensfehler zu entnehmen waren, war die Beschwerde daher insgesamt gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993160186.X00

Im RIS seit

14.01.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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