TE Vwgh Erkenntnis 1994/5/10 93/05/0288

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Veröffentlicht am 10.05.1994
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Index

L10013 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht Gemeindehaushalt
Niederösterreich;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §63 Abs1;
AVG §8;
B-VG Art119a Abs1;
B-VG Art119a Abs9;
GdO NÖ 1973 §52 litd;
GdO NÖ 1973 §86 Abs1;
GdO NÖ 1973 §92;
GdO NÖ 1973 §95;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde

1.) der BN und 2.) des HN in V, beide vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 20. Oktober 1993, Zl. R/1-V-93088/00, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde X, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer zusammen haben dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 15. Juni 1992 wurde dem Zweitbeschwerdeführer unter Berufung auf § 113 Abs. 2 Z. 3 lit. a der NÖ Bauordnung 1976 der baupolizeiliche Auftrag erteilt, die auf dem Grundstück Nr. 1304/94 "ohne Genehmigung errichtete Fertigteilgarage innerhalb von 2 Monaten nach Rechtskraft des Bescheides abzutragen". Aus der Begründung dieses Bescheides geht hervor, daß eine nachträgliche Baubewilligung für diesen Bau wegen Widerspruches zu den Bebauungsvorschriften nicht erteilt werden könne, weil die Aufstellung von Kleingaragen nur in einem Abstand von 5 m, gemessen ab der Straßenfluchtlinie, zulässig sei.

Gegen diesen Bescheid erhob der Zweitbeschwerdeführer Berufung.

Während des Berufungsverfahrens wurde die mitbeteiligte Gemeinde von dem Beschluß des Bezirksgerichtes Mödling vom 13. August 1992 in Kenntnis gesetzt, wonach die Erstbeschwerdeführerin Hälfteeigentümerin der in Rede stehenden Liegenschaft geworden ist.

    In der am 2. Dezember 1992 stattgefundenen Sitzung des

Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde wurde der

Beschluß gefaßt, daß der Antrag, die Berufung des

Zweitbeschwerdeführers gegen den Bescheid des Bürgermeisters

vom 15. Juni 1992 abzuweisen, "mit 10 Pro-Stimmen .... und

7 Kontra-Stimmen bei 3 Enthaltungen .... abgelehnt" wird.

Dieser Beschluß wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 19. Februar 1993 unter Berufung auf § 52 lit. d in Verbindung mit § 92 der NÖ Gemeindeordnung, LGBl. 1000-6, aufgehoben.

Unter Berufung auf den Beschluß des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 18. März 1993 erging sodann der Bescheid vom 21. April 1993, mit welchem die Berufung des Zweitbeschwerdeführers gegen den Abtragungsauftrag des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 15. Juni 1992 gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen und dieser Bescheid bestätigt worden ist. Ferner wurde mit diesem Bescheid, welcher im Hinblick auf die mittlerweile geänderten Eigentumsverhältnisse an der in Rede stehenden Liegenschaft auch an die Erstbeschwerdeführerin adressiert worden ist, "Ihnen ... als Eigentümer" der baupolizeiliche Auftrag erteilt, die "ohne Genehmigung errichtete Fertigteilgarage innerhalb von 2 Monaten nach Rechtskraft dieses Bescheides abzutragen".

Der dagegen von den Beschwerdeführern eingebrachten Vorstellung wurde mit Bescheid der NÖ Landesregierung vom 20. Oktober 1993 "insoweit Folge gegeben, als mit dem angefochtenen Bescheid den Ehegatten Heinz und Beatrix N neuerlich ein Abbruchauftrag erteilt wurde. Im übrigen wird aber die Vorstellung als unbegründet abgewiesen."

Dem Vorbringen der Erstbeschwerdeführerin, am Ermittlungsverfahren vor Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides nicht beteiligt gewesen zu sein, hielt die Aufsichtsbehörde in der Begründung ihres Bescheides entgegen, daß die Erstbeschwerdeführerin erst mit dem erwähnten Grundbuchsbeschluß, und sohin nach Einlangen der Berufung bei der Gemeinde, Hälfteeigentümerin des verfahrensgegenständlichen Grundstückes geworden sei. Auf Grund der im § 119 der NÖ Bauordnung 1976 normierten dinglichen Bescheidwirkung sei sie daher in die Rechtsstellung des bisherigen Allein- und nunmehrigen Miteigentümers eingetreten und so neben ihrem Gatten zur Verpflichteten geworden. Der Veränderung der Sachlage habe der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde zutreffend Rechnung getragen, indem er die Berufung des Zweitbeschwerdeführers abgewiesen und seine Entscheidung an die beiden Miteigentümer adressiert bzw. zugestellt habe. Die (neuerliche) Erteilung des Abbruchauftrages sei aber entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auf Grund der dinglichen Wirkung entbehrlich, weshalb der diesbezügliche Ausspruch im Spruch des Berufungsbescheides zu beheben gewesen sei.

Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung von Gegenschriften durch die belangte Behörde und die mitbeteiligte Marktgemeinde erwogen:

Die Beschwerdeführer bekämpfen den angefochtenen Bescheid insoweit, als ihre Vorstellung gegen den Berufungsbescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 21. April 1993 abgewiesen worden ist, und machen unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend, daß ihnen der in der Sachverhaltsdarstellung erwähnte Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 19. Februar 1993 niemals zugestellt worden sei. Gegen diesen Bescheid hätten die Beschwerdeführer das Rechtsmittel der Berufung einbringen können, wovon sie auch Gebrauch gemacht hätten. "Allein durch die Ermangelung dieser Zustellung ist das gesamte Verfahren zumindest ab diesem Zeitpunkt nichtig und daher auch aus diesem formalen Grund der gegenständlich angefochtene Bescheid unrichtig."

Bei diesem Vorbringen übersehen die Beschwerdeführer, daß der dem angefochtenen aufsichtsbehördlichen Bescheid zugrundeliegende Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 21. April 1993 entsprechend seiner Einleitung auf dem Gemeinderatsbeschluß vom 18. März 1993 beruht, während mit dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 19. Februar 1993 unter Berufung auf § 86 Abs. 1 der NÖ Gemeindeordnung der "in der Sitzung des Gemeinderates der Marktgemeinde X vom 2.12.1992 zum Tagesordnungspunkt 2 gefaßte Beschluß gemäß § 52 lit. d in Verbindung mit § 92 der NÖ Gemeindeordnung, LGBl. 1000-6, aufgehoben" worden ist. Dieser Bescheid ist also von der Bezirkshauptmannschaft als Aufsichtsbehörde im Sinne des § 92 leg. cit. - und nicht etwa als Vorstellungsbehörde - erlassen und nur an die mitbeteiligte Marktgemeinde adressiert worden, weil nur sie, aber nicht auch die Beschwerdeführer, in diesem aufsichtsbehördlichen Verfahren Parteistellung besitzt und daher zur Einbringung eines Rechtsmittels legitimiert gewesen wäre. Auf Grund der Rechtskraft des den Gemeinderatsbeschluß vom 2. Dezember 1992 aufhebenden aufsichtsbehördlichen Bescheides vom 19. Februar 1993 war daher für den Berufungsbescheid vom 21. April 1993 ausschließlich der Beschluß des Gemeinderates vom 18. März 1993 maßgebend, auf welchen dieser Bescheid auch mit Recht gestützt worden ist, sodaß die belangte Behörde auf den Gemeinderatsbeschluß vom 2. Dezember 1992 nicht Bedacht zu nehmen hatte und auch nicht davon die Rede sein kann, daß "das gesamte Verfahren" mangels Zustellung des Bescheides vom 19. Februar 1993 an die Beschwerdeführer "ab diesem Zeitpunkt nichtig" und der angefochtene Bescheid daher rechtswidrig ist.

Eine Prüfung der Richtigkeit des aufsichtsbehördlichen Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 19. Februar 1993 durch den Verwaltungsgerichtshof kommt im übrigen schon deshalb nicht in Frage, weil nicht dieser, sondern der Bescheid der NÖ Landesregierung vom 20. Oktober 1993 im vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren Prozeßgegenstand ist.

Da die behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides sohin nicht vorliegt, erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993050288.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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