TE Vwgh Erkenntnis 1994/5/19 94/19/0866

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Veröffentlicht am 19.05.1994
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
FrG 1993 §37;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des V in P, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 27. August 1993, Zl. 4.320.953/2-III/13/91, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Ghanas, hat am 23. Juli 1991 den Antrag gestellt, ihm Asyl zu gewähren. Er wurde am 24. August 1991 niederschriftlich befragt und gab dabei im wesentlichen an, nicht vorbestraft zu sein, von seinem Heimatland nicht gesucht zu werden und dort vor seiner Ausreise auch keine strafbaren Handlungen begangen zu haben. Er habe am 10. September 1989 seinen Bruder in Accra besuchen wollen. Er sei dorthin von einem Mann mitgenommen worden. Dieser habe unterwegs noch zwei weitere Männer mitgenommen, die ebenfalls nach Accra gewollt hätten. Bei einer Straßensperre am Stadtrand von Accra sei das Auto durchsucht worden, wobei die Polizei in den Koffern der zwei (weiteren) mitgenommenen Männer Pistolen gefunden habe. Aus diesem Grunde seien alle verhaftet und in die Polizeistation gebracht worden. Dort sei ihnen vorgehalten worden, einen Sturz der Regierung geplant zu haben. Bei einem weiteren Verhör in einem anderen Polizeirevier sei von einem Polizisten gesagt worden, wenn sie die Wahrheit sagen würden, würden sie mit dem Leben davonkommen. Der Beschwerdeführer habe geantwortet, daß er mit der Sache nichts zu tun habe, doch habe man ihm nicht geglaubt. Er sei schließlich mit den anderen Männern in das Gefängnis von Accra gekommen und dort sieben Tage geblieben. Schließlich habe ihm eine Frau, die bei der Polizei beschäftigt gewesen sei, dadurch zur Flucht verholfen, daß sie ihm eine Säge verschafft habe. Der Beschwerdeführer habe damit die Gitterstäbe durchgesägt und sei aus dem Gefängnis geflohen. Er sei danach in seine Heimatstadt zurück, wo er seinen Reisepaß und etwas Geld an sich genommen habe. Daraufhin habe er die Grenze nach Niger illegal und zu Fuß passiert. Von dort sei er nach Libyen gefahren. Er habe bei einem Bauern in Libyen vom 28. September 1988 bis zum 30. Juli 1991 gearbeitet. An dem zuletzt genannten Tag habe er Libyen in Richtung Belgrad verlassen. Von Belgrad sei er schließlich nach Österreich gekommen.

Mit Bescheid vom 5. September 1991 stellte die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich fest, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes sei.

In seiner Berufung gegen diesen Bescheid wiederholte der Beschwerdeführer sein erstinstanzliches Vorbringen.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wies diese die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab. Konkrete, gegen den Beschwerdeführer gerichtete Verfolgungshandlungen des Staates seien von ihm nicht behauptet worden, da er das Vorliegen eines unter einen der Fluchttatbestände der Genfer Konvention subsumierbaren Sachverhalt gar nicht behauptet habe. Auch wenn Strafvorwürfe zu Unrecht erhoben würden, begründe dies allein noch nicht die Annahme eines politschen Aspektes des Verfahrens. Dem Beschwerdeführer sei es wie anderen Staatsbürgern in anderen Staaten zumutbar, sich dem Gericht zu stellen und die aufgebotenen Vorwürfe zu entkräften. Darüber hinaus sei das Vorbringen des Beschwerdeführers unglaubwürdig; so könne die erkennende Behörde der "Dartuung sägenverteilender Frauen in Ghanas Gefängnissen" gedanklich nicht folgen. Auch bestünde keine gemeinsame Grenze zwischen Ghana und Niger.

Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit wendet sich der Beschwerdeführer dagegen, daß die belangte Behörde zu Unrecht angenommen habe, er sei nicht politisch verfolgt.

Flüchtling im Sinne des § 1 Z. 1 AsylG 1991, das die belangte Behörde gemäß § 25 Abs. 2 dieses Gesetzes bereits anzuwenden hatte, ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen. Der Beschwerdeführer hat nun im erstinstanzlichen Verfahren und auch im Berufungsverfahren nur vorgebracht, als Mitfahrer wegen des unerlaubten Transportes von Waffen durch andere Mitfahrende verfolgt worden zu sein. Die vernehmenden Polizisten hätten ihm nicht geglaubt, nur Mitfahrer gewesen zu sein. Wie die belangte Behörde im Ergebnis zutreffend festgehalten hat, kann darin keine Verfolgung aus einem der hier soeben genannten Gründe gesehen werden. Daran ändert auch nichts der Umstand, daß - nach den Angaben des Beschwerdeführers - Polizisten zunächst äußerten, es bestehe der Verdacht, daß die Festgenommenen den Sturz der Regierung geplant hätten. Daß der Waffentransport dem Beschwerdeführer etwa im Zusammenhang mit einer bestimmten politischen Gesinnung zur Last gelegt worden wäre, läßt sich seinen Angaben nicht entnehmen.

Bei dieser Sach- und Rechtslage hätte die belangte Behörde auch dann zu keinem anderen Ergebnis kommen können, wenn sie von der Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers ausgegangen wäre. Auf die Beschwerdeausführungen, mit denen der Beschwerdeführer die Ansicht der belangten Behörde bekämpft, er sei nicht glaubwürdig, ist daher nicht weiter einzugehen.

Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang noch darauf verweist, ihm drohe bei einer allfälligen Abschiebung in sein Heimatland eine Verfolgung mit menschenrechtswidrigen Mitteln, so ist ein derartiges Vorbringen gegebenenfalls nach § 37 FremdenG zu berücksichtigen, vermag aber keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994190866.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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