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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des V in W, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 15. Dezember 1993, Zl. 4.343.642/1-III/13/93, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist nach dem Inhalt der Beschwerde und der damit vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ein Staatsangehöriger Armeniens; er hat am 19. Oktober 1993 beantragt, ihm Asyl zu gewähren.
Mit Bescheid vom 3. November 1993 wies das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführers ab. Es stützte sich dabei u. a. auf § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991, da der Beschwerdeführer bereits in der Tschechischen Republik vor Verfolgung sicher gewesen sei. In seiner Berufung gegen diesen Bescheid führte der Beschwerdeführer diesbezüglich aus, daß er sich in der Tschechischen Republik nur auf der Durchreise befunden habe.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab. Sie führte darin u.a. aus, daß sich aus der niederschriftlichen Vernehmung des Beschwerdeführers vom 19. Oktober 1993 ergebe, daß sich dieser in der Zeit vom
10. bis 17. Oktober 1993 in der Tschechischen Republik aufgehalten habe; es sei ihm daher möglich gewesen, bei den dortigen Behörden um Asyl anzusuchen. Eine Asylgewährung sei daher (auch) gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 ausgeschlossen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes geltend gemacht wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat hiezu erwogen:
Der Beschwerdeführer geht auch in seinem Vorbringen vor dem Gerichtshof selbst davon aus, daß er sich in der Tschechischen Republik aufgehalten habe. Er verweist darauf, daß er keine Informationen darüber hatte, daß er in diesem Land als Flüchtling im Sinne der (Genfer) Konvention akzeptiert worden wäre; er habe im Gegenteil Angst gehabt, weil er der Ansicht gewesen sei, daß in einem "ehemaligen sozialistischen Staat" seine Fluchtgründe nicht akzeptiert bzw. anerkannt werden würden. Damit bringt er jedoch weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht etwas vor, das darauf hinweisen könnte, daß er nicht vor seiner Einreise nach Österreich bereits in der Tschechischen Republik vor Verfolgung sicher gewesen wäre. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist Verfolgungssicherheit im Sinne des § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 anzunehmen, wenn der Asylwerber im Drittstaat keiner Gefahr einer Verfolgung ausgesetzt war und auch wirksamen Schutz vor Abschiebung in den Verfolgerstaat hatte, wobei es nicht darauf ankommt, wie lange sich der Beschwerdeführer in dem Drittstaat aufgehalten hat, welche Absichten er dabei verfolgt hat und ob sein Aufenthalt den dortigen Behörden bekannt und von diesen geduldet war (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. März 1994, Zl. 94/19/0915).
Da nach den Kundmachungen des Bundeskanzlers betreffend den Geltungsbereich der Genfer Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge sowie den Geltungsbereich des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 806 und 807/1993, die Tschechische Republik mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1993 erklärt hat, sich auch weiterhin an die genannten Übereinkommen gebunden zu erachten und die bis 31. Dezember 1992 als einheitliches Staatsgebiet bestehende Tschechoslowakei am 26. November 1991 die Beitrittsurkunde zur Genfer Flüchtlingskonvention ohne Einschränkung hinterlegt hat (siehe BGBl. Nr. 260/1992), kann es nicht als unschlüssig angesehen werden, wenn die belangte Behörde die Verfolgungssicherheit des Beschwerdeführers im Sinne des § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 angenommen hat. Daß sich der Beschwerdeführer hiebei nur auf der Durchreise nach Österreich befunden hat, ist rechtlich ohne Bedeutung, kam es doch nicht auf die Dauer und das Motiv seines (nur vorübergehenden) Aufenthaltes in der Tschechischen Republik an. Vielmehr war für den Beschwerdeführer Verfolgungssicherheit zumindest bereits ab dem Zeitpunkt gegeben, indem er dieses fremde Staatsgebiet betreten hat, wobei er auch in der Beschwerde keine relevanten Gründe genannt hat, die ihn gehindert hätten, dort länger zu bleiben und bereits dort um Asyl anzusuchen (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis vom 10. März 1994). Dem Beschwerdeführer ist in diesem Zusammenhang entgegenzuhalten, daß er maßgebliche Umstände, die über eine von ihm bloß subjektive empfundene Angst hinausgehen, nicht dargetan hat. Sein Vorbringen, daß er deswegen, weil es sich bei der Tschechischen Republik um einen "ehemaligen sozialistischen Staat" handle, weshalb er angenommen habe, daß seine Fluchtgründe nicht akzeptiert würden, beruht nur auf Vermutungen des Beschwerdeführers, denen mangels konkreter Anhaltspunkte aus objektiver Sicht die entsprechende Grundlage fehlt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. November 1993, Zl. 93/01/1139).
Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen ließ, daß die behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen (§ 35 Abs. 1 VwGG).
Aus diesem Grunde erübrigte sich auch ein gesonderter Abspruch des Berichters über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994191092.X00Im RIS seit
20.11.2000