TE Vwgh Erkenntnis 1994/5/19 94/19/0917

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Veröffentlicht am 19.05.1994
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des D in W, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 21. Oktober 1993, Zl. 4.322.830/3-III/13/91, betreffend Asygewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aufgrund der Beschwerde und der vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Der Beschwerdeführer, ein vietnamesischer Staatsangehöriger, ist am 13. April 1991 in das österreichische Bundesgebiet eingereist und hat am 19. April 1991 einen Asylantrag gestellt. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 21. Oktober 1993 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland vom 7. Oktober 1991, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Der Beschwerdeführer erachtet sich erkennbar in seinem Recht auf Asylgewährung verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Nach den Ausführungen der belangten Behörde, denen der Beschwerdeführer insoweit nicht entgegengetreten ist, habe er bei seiner niederschriftlichen Befragung durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland am 16. September 1991 im wesentlichen angegeben, er habe nach seinem Mittelschulabschluß in der ehemaligen CSFR mit 1. Jänner 1986 (aufgrund eines zwischenstaatlichen Vertrages) einen Lehrplatz erhalten. Im März 1990 sei der Beschwerdeführer für ein Monat in sein Heimatland zurückgekehrt. Die Menschen in seinem Heimatland hätten keine Freiheiten und Rechte mehr. Während seines Aufenthaltes in Vietnam sei der Beschwerdeführer keinerlei Verfolgungen ausgesetzt gewesen; er habe sich in seinem Heimatland auch nie politisch betätigt und sei bei keiner Partei Mitglied gewesen. Da er mit der politischen Situation in seinem Heimatland nicht einverstanden gewesen sei, der bestehende Arbeitsvertrag in der ehemaligen CSFR auslaufen würde und die Jugend sehr ausländerfeindlich eingestellt sei, habe sich der Beschwerdeführer entschlossen, nach Österreich zu gelangen, um dort um Asyl anzusuchen.

In seiner gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung habe der Beschwerdeführer sein Vorbringen dahin ergänzt, er habe sich nach einem Besuch in seinem Heimatland entschlossen nach Österreich zu gehen. In Vietnam gebe es keine Freiheit, Gleichberechtigung, Pressefreiheit und keine Redefreiheit. Im Jahr 1989 habe er in der ehemaligen CSFR Angst gehabt, weil die Jugendlichen in Tschechien Ausländer diskriminiert hätten; im übrigen habe der Beschwerdeführer über sein erstinstanzlichen Vorbringen hinausgehende Angaben nicht gemacht.

Die belangte Behörde hat die Abweisung der Berufung im wesentlichen damit begründet, daß der Beschwerdeführer eine ihn betreffende Verfolgung aus den im § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 genannten Gründen nicht habe glaubhaft machen können. Der Beschwerdeführer habe lediglich eine innere Abneigung gegen das politische System seines Heimatstaates erkennen lassen. Aufgrund der - während des CSFR-Aufenthaltes - problemlosen einmonatigen Rückkehr nach Vietnam sei offenkundig, daß der Beschwerdeführer in seinem Heimatstaat nichts zu befürchten habe.

Dem hält der Beschwerdeführer im wesentlichen entgegen, daß das Ermittlungsverfahren mangelhaft geblieben sei. Die belangte Behörde hätte die Ausführungen des Beschwerdeführers hinsichtlich der in Vietnam fehlenden Freiheit, Gleichberechtigung und Redefreiheit durch geeignete Fragestellungen abklären müssen. Dadurch wäre hervorgekommen, daß er in seinem Heimatstaat mit Verfolgung rechnen müsse. Der Beschwerdeführer habe seine Angaben offensichtlich dahin verstanden wissen wollen, daß es für ihn und für andere keine Freiheit mehr gebe und die Gefahr einer Strafverfolgung bestehe.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun.

Voraussetzung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des - von der belangten Behörde im vorliegenden Fall anzuwendenden - § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 ist die Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden. Bloß subjektiv empfundene Furcht vor Verfolgung genügt nicht; vielmehr müssen (allenfalls drohende) Maßnahmen dargetan werden, die sowohl aus objektiver Sicht, als auch unter dem Gesichtspunkt der Schwere des Eingriffes einen Aufenthalt im Heimatland unerträglich erscheinen lassen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshof vom 17. Februar 1993, Zl. 92/01/0605). Eine allfällige politische Überzeugung des Asylwerbers, die von der durch die Regierung vertretenen abweicht, ist daher für sich noch kein Grund für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Jänner 1991, Zl. 90/01/0182). Auch aus den allgemeinen politischen Verhältnissen alleine kann - wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur erkennt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. November 1992, Zl. 92/01/0778) -, Verfolgung im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 nicht abgeleitet werden. Vielmehr müssen konkrete, gegen den Asylwerber selbst gerichtete, bzw. ihm drohende Maßnahmen in der beschriebenen Intensität dargetan werden. Weder dem Vorbringen im Asylverfahren (Verfahren erster Instanz und Berufungsverfahren) noch dem Inhalt der Beschwerde lassen sich konkrete, gegen den Beschwerdeführer selbst gerichtete Maßnahmen, aus denen die im Sinne von § 1 Z. 1 leg. cit. geforderte Furcht abgeleitet werden könnte, entnehmen.

Nach § 16 Abs. 1 Asylgesetz 1991 haben die Asylbehörden in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen durch Fragestellung oder in anderer geeigneter Weise darauf hinzuwirken, daß die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder ungenügende Angaben über die zur Begründung des Asylantrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Bescheinigungsmittel für diese Angaben bezeichnet oder die angebotenen Bescheinigungsmittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Asylantrages notwendig erscheinen.

Soweit der Beschwerdeführer in diesen Zusammenhang rügt, die Behörde habe es unterlassen, den für die Erledigung maßgebenden Sachverhalt vollständig zu ermitteln, ist ihm entgegenzuhalten, daß im Asylverfahren das Vorbringen des Asylwerbers als zentrales Entscheidungskriterium herangezogen werden muß und es daher ihm obliegt, alles Zweckdienliche für die Erlangung der von ihm angestrebten Rechtsstellung vorzubringen. Nur dann, wenn das Vorbringen eines Asylwerbers einen hinreichend deutlichen Hinweis auf einen Sachverhalt enthält, der für die Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung im Sinne des § 1 Z. 1 leg. cit. in Betracht kommt, hat die Behörde gemäß § 16 Abs. 1 leg. cit. allenfalls vorhandene Zweifel über den Inhalt und die Bedeutung des Vorbringens des Asylwerbers durch entsprechende Erhebungen, insbesondere ergänzende Befragung zu beseitigen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. November 1992, Zl. 92/01/0800 bis 0803). Solche Hinweise fehlen aber im Vorbringen des Beschwerdeführers weshalb die Behörde - entgegen der in der Beschwerde dargelegten Auffassung - auch nicht gehalten war, weitere Erhebungen über die politische Situation in Vietnam einzuholen.

Da der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Damit erübrigt sich eine Entscheidung des Berichters über den Antrag des Beschwerdeführers, seiner Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994190917.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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