TE Vwgh Erkenntnis 1994/5/20 94/01/0191

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Veröffentlicht am 20.05.1994
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §21 Abs2;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Händschke, Dr. Bernegger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Mayer, über die Beschwerde der I in K, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 13. Jänner 1994, Zl. 4.339.823/1-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich, daß mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 13. Jänner 1994, in Erledigung der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 3. September 1992, der am 31. Juli 1992 gestellte Asylantrag der Beschwerdeführerin - einer rumänischen Staatsangehörigen, die am 26. Juli 1992 in das Bundesgebiet eingereist ist - abgewiesen wurde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die belangte Behörde hat der Beschwerdeführerin, ohne sich mit ihrer Flüchtlingseigenschaft gemäß § 1 Z. 1 AsylG 1991 auseinanderzusetzen, deshalb kein Asyl gemäß § 3 leg. cit. gewährt, weil sie der Ansicht war, daß bei ihr der Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. gegeben sei, wonach einem Flüchtling kein Asyl gewährt wird, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war. Sie ging von den Angaben der Beschwerdeführerin bei ihrer niederschriftlichen Vernehmung am 14. August 1992, daß sie sich vor ihrer Einreise nach Österreich in Ungarn aufgehalten habe, aus und befaßte sich in rechtlicher Hinsicht näher mit dem Begriff der "Verfolgungssicherheit" im Sinne der genannten Gesetzesstelle, wobei sie im wesentlichen - im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (beginnend mit dem Erkenntnis vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256), auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird - die Rechtslage richtig erkannt hat.

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die ihrer Meinung nach von der belangten Behörde vertretene Auffassung, es sei bei Anwendung des § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 "auf die objektive Schutzmöglichkeit in einem bestimmten Staat abzustellen" und "diese Schutzmöglichkeit bereits im Augenblick des Betretens dieses Staates als gegeben anzunehmen", zunächst mit dem Argument, daß "schon die Wortinterpretation" zu dieser Bestimmung diese Auffassung widerlege. Die Textierung in der genannten Gesetzesstelle "vor Verfolgung sicher WAR", lasse nämlich darauf schließen, daß der Gesetzgeber vielmehr darauf abstelle, "daß im individuellen Fall ein tatsächlicher Schutz gegeben sein muß". Dem ist entgegenzuhalten, daß die belangte Behörde keineswegs von einer bloßen "Schutzmöglichkeit" der Beschwerdeführerin in Ungarn, sondern davon ausgegangen ist, daß eine ihrem (allfälligen) Schutzbedürfnis (sollte sie Flüchtling sein) entsprechende Sicherheit bereits dort bestanden hat. Der Umstand, daß es an der Beschwerdeführerin gelegen gewesen wäre, diese Verfolgungssicherheit durch eine Antragstellung auf Asylgewährung in Anspruch zu nehmen, vermag daran nichts zu ändern, daß sie schon tatsächlich gegeben war, was mit anderen Worten bedeutet, daß das Vorliegen der Verfolgungssicherheit nicht davon abhängt, ob ein derartiger Antrag gestellt wird. Wenn sich die Beschwerdeführerin für ihren Standpunkt des weiteren auf die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (zu § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991, RV 270 BlgNR 18. GP) und in diesem Zusammenhang auf die in der Bundesrepublik Deutschland damals bestehende Rechtslage stützt, so genügt es, darauf hinzuweisen, daß der Verwaltungsgerichtshof dazu schon in seinem Erkenntnis vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0357, eingehend Stellung genommen und diese Argumentation nicht für stichhältig erachtet hat, zumal die Beschwerdeführerin diesbezüglich keine neuen Gesichtspunkte aufzeigt. Dies gilt ebenso hinsichtlich der Ansicht der Beschwerdeführerin, dem Beschluß Nr. 15 (XXX) des Exekutiv-Komitees für das Programm des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (aus dem Jahre 1979) komme bei der Interpretation des Begriffes der "Verfolgungssicherheit" "eine besondere Bedeutung" zu (vgl. jeweils auch die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Jänner 1994, Zl. 93/01/1524, und vom 16. März 1994, Zl. 94/01/0158).

Umstände, die darauf schließen ließen, daß die Beschwerdeführerin auf dem Boden der bestehenden Rechtslage in Ungarn nicht vor Verfolgung sicher gewesen sei, hat sie konkret nicht geltend gemacht. Die Beschwerdeführerin ist insbesondere auch nicht der Annahme der belangten Behörde entgegengetreten, Ungarn biete von seiner effektiv geltenden Rechtsordnung her einen dem Standard der Genfer Flüchtlingskonvention - der dieses Land mit der für die Beschwerdeführerin zutreffenden Alternative a des Abschnittes B des Artikel 1 unter Beachtung deren Artikel 43 bereits wirksam beigetreten war, als sie sich dort aufgehalten hat (siehe BGBl. Nr. 260/1992)

- entsprechenden Schutz. Sachverhaltsfeststellungen "zu den näheren Umständen meines Aufenthaltes in dem Drittland Ungarn" - die sie im übrigen selbst gar nicht darlegt - vermißt die Beschwerdeführerin lediglich in Verkennung der Rechtslage. Mit der bloßen, durch kein Tatsachenvorbringen untermauerten Rüge, es fehlten Feststellungen "insbesondere zur Frage des Rückschiebungsschutzes in dem genannten Land", zeigt die Beschwerdeführerin nicht die Wesentlichkeit eines derartigen, allenfalls vorliegenden Verfahrensmangels auf. War es demnach nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde den von ihr gebrauchten Ausschließungsgrund herangezogen hat, so war schließlich auch ein Eingehen auf die Frage der Flüchtlingseigenschaft der Beschwerdeführerin gemäß § 1 Z. 1 AsylG 1991 nicht erforderlich.

Da somit der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, war dadurch entbehrlich.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994010191.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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