TE Vwgh Erkenntnis 1994/5/20 94/01/0248

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Veröffentlicht am 20.05.1994
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;
AsylG 1991 §2 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Händschke, Dr. Bernegger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Mayer, über die Beschwerde des A in L, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in E, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 3. Februar 1994, Zl. 4.337.113/2-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich, daß mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 3. Februar 1994, in Erledigung der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland vom 19. Mai 1992, ausgesprochen wurde, daß Österreich dem Beschwerdeführer - einem bosnischen Staatsangehörigen, der am 24. April 1992 in das Bundesgebiet eingereist ist und am 28. April 1992 den Asylantrag gestellt hat - kein Asyl gewähre.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer, ohne sich mit seiner Flüchtlingseigenschaft gemäß § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 auseinanderzusetzen, deshalb kein Asyl gemäß § 3 leg. cit. gewährt, weil sie der Ansicht war, daß bei ihm der Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. gegeben sei, wonach einem Flüchtling kein Asyl gewährt wird, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war. Sie ging von den Angaben des Beschwerdeführers bei seiner niederschriftlichen Vernehmung am 1. Mai 1992, daß er sich vor seiner Einreise in das Bundesgebiet in Ungarn aufgehalten habe, aus und befaßte sich in rechtlicher Hinsicht näher mit dem Begriff der "Verfolgungssicherheit" im Sinne der genannten Gesetzesstelle, wobei sie im wesentlichen - im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (beginnend mit dem Erkenntnis vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256), auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird - die Rechtslage richtig erkannt hat.

Der Beschwerdeführer wendet sich ausschließlich gegen die erfolgte Auslegung des Begriffes der "Verfolgungssicherheit" und bezieht sich dabei zunächst auf die betreffenden Gesetzesmaterialien (RV 270 BlgNR 18. GP), auf Grund derer es Zweck des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 sei, "unerwünschtes Zweitasyl zu verhindern" und daß "keine nomadisierenden Flüchtlingsströme geschaffen werden sollen, die von einem Land zum anderen reisen und dort jeweils Asyl suchen". Daraus sei seiner Ansicht nach der teleologische Schluß zu ziehen, daß ein Flüchtling nur dann in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher gewesen und damit der gegenständliche Ausschließungsgrund gegeben sei, wenn dieser andere Staat dem Antragsteller bereits Asyl gewährt habe. Dem ist entgegenzuhalten, daß dieser Umstand, mag er auch eine der (in den Materialien zum Ausdruck kommenden höchst unterschiedlichen und teilweise schwer miteinander zu vereinbarenden) Intentionen des Gesetzgebers gewesen sein, jedenfalls im Asylgesetz 1991, worauf es alleine ankommt, keinen Niederschlag gefunden hat (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0357, und vom 23. März 1994, Zl. 94/01/0163). Könnte von "Verfolgungssicherheit" erst dann gesprochen werden, "wenn dieser andere Staat dem Antragsteller bereits Asyl gewährt hat", so hätte dies wohl der Gesetzgeber im § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 durch einen entsprechenden Wortlaut auf diese Weise eindeutig zum Ausdruck gebracht (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Februar 1994, Zl. 94/01/0026).

Nach der genannten Rechtsprechung ist es - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - im gegebenen Zusammenhang rechtlich auch ohne jede Bedeutung, ob den Behörden des betreffenden Staates der Aufenthalt des Asylwerbers bekannt gewesen und von ihnen geduldet oder gebilligt wurde. Die Ansicht des Beschwerdeführers, daß "damit alle Varianten der bloßen Durchreise durch Drittstaaten ohne Aufenthaltswillen" aus dem Anwendungsbereich des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 herausfielen, "zumal auch eine Pflicht zur Beantragung von Asyl in einem Transitland nicht normiert ist", ist verfehlt (vgl. dazu unter anderem außer dem schon erwähnten Erkenntnis vom 23. März 1994, Zl. 94/01/0163, jenes vom 23. Februar 1994, Zl. 94/01/0022). Mit seinem Beschwerdevorbringen, er habe sich "nur insgesamt während der Dauer von 2 Stunden - Zeitaufwand für die Durchreise - noch dazu während der Nachtzeit in Ungarn aufgehalten" und "ein Kontakt mit Asylbehörden" sei "in dieser Zeit, insbesondere wenn man eine gewisse Zeit für die Orientierung berücksichtigt, weder subjektiv noch objektiv möglich" gewesen, ist für den Standpunkt des Beschwerdeführers nichts zu gewinnen, zumal er nicht dargetan hat, aus welchen Gründen er aus objektiver Sicht gehindert gewesen wäre, seine Fahrt abzubrechen, in Ungarn länger zu bleiben und die bereits bestehende Verfolgungssicherheit auch tatsächlich in Anspruch zu nehmen.

Umstände, die darauf schließen ließen, daß der Beschwerdeführer auf dem Boden der bestehenden Rechtslage in Ungarn nicht vor Verfolgung sicher gewesen sei, hat er konkret nicht geltend gemacht. Der Beschwerdeführer ist insbesondere auch nicht der Annahme der belangten Behörde entgegengetreten, Ungarn biete von seiner effektiv geltenden Rechtsordnung her einen dem Standard der Genfer Flüchtlingskonvention - der dieses Land (mit der für den Beschwerdeführer zutreffenden Alternative a des Abschnittes B des Art. 1) unter Beachtung deren Art. 43 bereits wirksam beigetreten war, als er sich dort aufgehalten hat (siehe BGBl. Nr. 260/1992) - entsprechenden Schutz und es sei davon auszugehen, daß dort "das Nonrefoulementrecht ebenfalls effektiv in Geltung" stehe. Hat aber die belangte Behörde demnach zu Recht von diesem Ausschließungsgrund Gebrauch gemacht, dann war es auch nicht rechtswidrig, wenn sie die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers nicht geprüft hat.

Da somit der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, war dadurch entbehrlich.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994010248.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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