TE Vwgh Erkenntnis 1994/5/31 92/11/0289

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Veröffentlicht am 31.05.1994
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

AVG §52;
KFG 1967 §66;
KFG 1967 §67 Abs2;
KFG 1967 §69 Abs1 litd;
KFG 1967 §75a Abs1 lita;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des J in H, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 26. November 1992, Zl. I/7-St-H-91145, betreffend Verbot des Lenkens von Motorfahrrädern, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 26. November 1992 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 75a Abs. 1 lit. a KFG 1967 das Lenken von Motorfahrrädern verboten und in sinngemäßer Anwendung des § 73 Abs. 2 leg. cit. ausgesprochen, daß dieses Verbot bis zur behördlichen Feststellung der Wiedererlangung seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Motorfahrrädern zu gelten habe.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der der Beschwerdeführer die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 75a Abs. 1 lit. a KFG 1967 ist Personen, die nicht im Sinne des § 66 verkehrszuverlässig oder nicht geistig oder körperlich geeignet sind, ein Motorfahrrad zu lenken, unter sinngemäßer Anwendung der §§ 73 Abs. 2, 74 Abs. 3, 75 Abs. 1 bis 3 und 78 entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit das Lenken eines Motorfahrrades ausdrücklich zu verbieten.

Dem bekämpften Verbot liegt zugrunde, daß der ärztliche Amtssachverständige in seinem Gutachten vom 4. August 1992 ausgeführt hat, der Beschwerdeführer sei aus psychiatrisch-psychologischer Sicht zum Lenken von Mopeds bzw. Motorfahrrädern gesundheitlich nicht geeignet. Der Sachverständige stützte sich hiebei insbesondere auch auf den Befund der Universitätsklinik für Psychiatrie in Wien vom 30. Juni 1992. Der Sachverständige führte im wesentlichen aus, daß der Beschwerdeführer aus psychopathologischer Sicht im Ductus verlangsamt, umständlich, zeitweise vorbeiredend sei, die Konzentration sei schwankend, dabei zeige sich eine deutliche paranoide Reaktionsbereitschaft. Es liege eine intellektuelle Minderbegabung vor, die mnestischen Leistungen seien im Bereich der allgemeinen Merkfähigkeit und im assoziativen Merken deutlich reduziert, es gebe Hinweise auf eine erhöhte mnestische (also die Merkfähigkeit betreffend) Gehirnleistungsschwäche.

Der Beschwerdeführer wirft demgegenüber der belangten Behörde vor, daß das amtsärztliche Gutachten unschlüssig sei und mit den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen nicht im Einklang stehe, weil eine Verschlechterung seines Krankheitsbildes in den letzten Jahren nicht eingetreten sei und er sich auch im Rahmen des Betriebes seines Motorfahrrades keine Verfehlungen habe zuschulden kommen lassen.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers war es der belangten Behörde jedoch nicht verwehrt, das amtsärztliche Gutachten als Grundlage ihrer Entscheidung heranzuziehen. Der Beschwerdeführer hat es im Verwaltungsverfahren unterlassen, diesem ihm zur Stellungnahme übermittelten Gutachten auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten (vgl. u.a. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Mai 1989, Zl. 89/11/0051, vom 15. Jänner 1991, Zl. 90/11/0116, und vom 15. Dezember 1992, Zl. 92/11/0213). Das Beschwerdevorbringen ist nicht geeignet, einen wesentlichen Mangel dieses Gutachtens aufzuzeigen, auch der Verwaltungsgerichtshof vermag unter Bedachtnahme auf die Aktenlage eine Unschlüssigkeit des Gutachtens nicht zu erkennen.

Die dem Gutachten zugrundegelegte Untersuchung des Beschwerdeführers durch die Universitätsklinik für Psychiatrie am 15. Juni 1992 erbrachte ein im Befund vom 30. Juni 1992 im Detail beschriebenes Erscheinungsbild des Beschwerdeführers, worin insbesondere auch darauf Bedacht genommen wurde, daß die Fragestellung dahin ausgerichtet war, ob der Beschwerdeführer geeignet ist, mit einem Moped bzw. Motorfahrrad ausreichend sicher am öffentlichen Verkehr teilzunehmen. In dem genannten Befund wurde die Untersuchung des Beschwerdeführers aus psychopathologischer und neurologischer Sicht dargestellt und es wurden auch die Ergebnisse des psychologischen Tests aufgezeigt. Auf Grund dieser Beurteilungsgrundlagen kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie den Beschwerdeführer als nicht geeignet zum Lenken von Motorfahrrädern angesehen hat.

Insoweit der Beschwerdeführer aus einem bisherigen korrekten Lenken des Motorfahrrades etwas für seinen Standpunkt zu gewinnen sucht, muß ihm entgegengehalten werden, daß dies nicht geeignet ist, das Ergebnis des Gutachtens zu widerlegen. Darüberhinaus hat sich im Ermittlungsverfahren ergeben - wie der Bericht des GPK Vösendorf vom 2. April 1991 aufzeigt -, daß der Beschwerdeführer mehrfach zu Aggressionshandlungen gegen andere Personen bzw. fremde Sachen neigte und daß eine Verschlechterung seines Zustandes auf Grund einer unzureichenden Mitarbeit bei Durchführung der Therapie - siehe das amtsärztliche Schreiben vom 19. September 1989 - angenommen werden mußte. Die belangte Behörde handelte daher nicht rechtswidrig, wenn sie die geistige Eignung des Beschwerdeführers zum Lenken von Motorfahrrädern entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit gemäß § 75a Abs. 1 lit. a KFG 1967 verneint und im Sinne des § 73 Abs. 2 leg. cit. ausgesprochen hat, daß dieses Verbot bis zur behördlichen Feststellung der Wiedererlangung der gesundheitlichen Eignung zu gelten habe.

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Anforderung an ein Gutachten Gutachten Parteiengehör Parteieneinwendungen Sachverständiger Erfordernis der Beiziehung Arzt Vorliegen eines Gutachtens

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1992110289.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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