TE Vwgh Erkenntnis 1994/6/1 94/18/0147

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Veröffentlicht am 01.06.1994
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §20 Abs1;
FrG 1993 §36;
FrG 1993 §37;
FrG 1993 §54;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des J, vertreten durch Dr. U, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 21. Jänner 1994, Zl. SD 714/93, betreffend Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 21. Jänner 1994 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen australischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 des Fremdengesetzes-FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Der Beschwerdeführer sei unbestrittenermaßen mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 29. September 1992 wegen des Verbrechens des schweren Raubes gemäß §§ 142, 143 erster und zweiter Fall StGB sowie wegen Bandenbildung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren rechtskräftig verurteilt worden. Damit lägen die Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG vor. Aufgrund dessen sei auch die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt.

Das Aufenthaltsverbot würde zweifellos einen bedeutsamen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers, der sich seit seinem vierten Lebensjahr gemeinsam mit seiner Familie in Österreich aufhalte, darstellen. Allerdings sei diese Maßnahme zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, zum Schutz der Rechte und Freiheiten Dritter sowie zur Verhinderung strafbarer Handlungen dringend geboten und daher zulässig (§ 19 FrG). Der Beschwerdeführer habe nämlich als Mitglied einer Bande mehrere Raubüberfälle auf offener Straße begangen, wobei er in einem Fall sein Opfer mit einem Messer bedroht habe. Derartige Straftaten erforderten ein energisches Einschreiten, zumal der Beschwerdeführer durch die Ausführung der mit seiner Bande verabredeten Überfälle, anläßlich welcher der Wille der einzelnen Opfer durch Drohen mit dem Umbringen gebeugt worden sei, völlig bewußt die Rechte der Betroffenen verletzt habe. Angesichts des gegebenen Sachverhaltes seien den öffentlichen Interessen an der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes der Vorrang gegenüber den Auswirkungen dieser Maßnahme auf Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie einzuräumen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, der Sache nach inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. In der Beschwerde bleibt der von der belangten Behörde angenommene maßgebliche Sachverhalt - die oben I. 1. genannte rechtskräftige gerichtliche Verurteilung - wie auch der daraus gezogene rechtliche Schluß auf die Verwirklichung der Tatbestände des § 18 Abs. 2 Z. 1 und § 18 Abs. 1 FrG unbekämpft. Der Gerichtshof hegt gegen diese rechtliche Beurteilung keine Bedenken.

2.1. Die Beschwerde wirft der belangten Behörde vor, die §§ 19 und 20 Abs. 1 FrG nicht ausreichend beachtet zu haben. Der Beschwerdeführer lebe mit seiner Mutter und seinen Geschwistern seit seinem zweiten Lebensjahr in Österreich; er habe hier die Schule besucht, sei hier aufgewachsen und habe Beziehungen geknüpft. Nach Verbüßung der Strafhaft werde er über eine Facharbeiterausbildung verfügen und bei seiner Mutter wohnen. In Australien verfüge er weder über Verwandte und Freunde noch über eine Wohnung. Da er auch nicht über englische Sprachkenntnisse verfüge, werde es ihm unmöglich sein, nach seiner Abschiebung ein geordnetes Leben in Australien zu führen. Alle diese Umstände seien der belangten Behörde bekannt gewesen; sie habe sich jedoch mit ihnen nicht auseinandergesetzt. Der Beschwerdeführer habe auch auf seinen bis zur besagten Verurteilung untadeligen Lebenswandel hingewiesen.

2.2. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend. Zum einen hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid durchaus auf die persönliche und familiäre Situation des Beschwerdeführers Bedacht genommen und das Aufenthaltsverbot als einen "bedeutsamen" Eingriff in sein Privat- und Familienleben im Grunde des § 19 FrG gewertet. Dieser zutreffenden Beurteilung hat sie aber die gleichfalls zutreffende Wertung folgen lassen, daß diese Maßnahme im vorliegenden Fall dringend geboten und demnach i.S. dieser Gesetzesstelle zulässig sei. Angesichts der Schwere der der gerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers zugrunde liegenden Straftaten und der darin zum Ausdruck kommenden krassen Mißachtung der körperlichen Sicherheit und des Eigentums anderer Menschen, wurde das Aufenthaltsgebot gegen den Beschwerdeführer zum Schutz der öffentlichen Ordnung, zur Verhinderung (weiterer) strafbarer Handlungen durch den Beschwerdeführer sowie zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer (Art. 8 Abs. 2 MRK) zu Recht als notwendig erachtet.

Aber auch das Ergebnis der nach § 20 Abs. 1 FrG vorgenommenen Abwägung zuungunsten des Beschwerdeführers vermag der Gerichtshof nicht als rechtswidrig zu erkennen. Auch wenn die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie in Anbetracht des hohen Grades an Integration, das sowohl der Beschwerdeführer als auch seine Familie aufweist, als erheblich zu werten sind, so hat die belangte Behörde in unbedenklicher Weise die Ansicht vertreten, daß diese Umstände nicht schwerer wögen als die für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sprechenden öffentlichen Interessen. Auch eine Facharbeiterausbildung des Beschwerdeführers während der Strafhaft ist nicht geeignet, den für einen Verbleib des Beschwerdeführers im Bundesgebiet sprechenden Interessen ein Übergewicht zu verschaffen, abgesehen davon, daß diese Ausbildung, worauf die belangte Behörde mit Recht hingewiesen hat, noch nicht abgeschlossen ist.

3. Was schließlich die befürchteten negativen Auswirkungen einer Abschiebung des Beschwerdeführers nach Australien anlangt, so entbehren diese Beschwerdeausführungen im gegebenen Zusammenhang der Relevanz, da ein Aufenthaltsverbot allein einen weiteren Aufenthalt des Fremden in Österreich ausschließt, hingegen keinen Abspruch darüber enthält, in welches Land er auszureisen hat oder allenfalls abgeschoben wird.

4. Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

5. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein gesonderter Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994180147.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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