TE Vwgh Erkenntnis 1994/6/15 92/03/0266

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Veröffentlicht am 15.06.1994
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Index

L65007 Jagd Wild Tirol;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56 Abs5;
JagdG Tir 1983 §52 Abs1;
JagdG Tir 1983 §52 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer, DDr. Jakusch, Dr. Gall und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde 1. des E U und 2. der C U, beide in R, Deutschland, beide vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 22. Oktober 1992, Zl. IIIa2-2514/3, betreffend Maßnahmen zur Hintanhaltung von Wildschäden, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdefüherer haben dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 7. September 1992 trug die Bezirkshauptmannschaft den Beschwerdeführern gemäß § 52 Abs. 1 Tiroler Jagdgesetz 1983, LGBl. Nr. 60, (im folgenden JG) auf, im gesamten Jagdgebiet der Genossenschaftsjagd A-West

a) das in der Abschußplanung 1992/93 vorgeschriebene bzw. bewilligte Schalenwild auch während der Nachtzeit zu erlegen und

b) das in der Abschußplanung 1992/93 vorgeschriebene bzw. bewilligte Schalenwild bis 15. Jänner 1993 zu erlegen und

c) zusätzlich zum bestehenden Abschußplan 1992/93 noch zehn Stück Rotwild, vier Stück Rehwild und sechs Stück Gamswild bis 15. Jänner 1993 auch während der Nachtzeit zu erlegen. Der forsttechnische Amtssachverständige (Leiter der Bezirksforstinspektion) habe - nach rechtskräftiger Festsetzung des Abschußplanes 1992/93 - mit Schreiben vom 5. August 1992 aufgezeigt, daß im Bereich der Genossenschaftsjagd im Jahre 1992 1.923 Schälschäden (neu) aufgetreten seien und hinsichtlich der Verbißsituation keine Besserung eingetreten sei, weshalb es zur Herstellung eines landeskulturell verträglichen Wildstandes notwendig sei, zusätzlich zum bestehenden Abschußplan den Abschuß von zehn Stück Rotwild, vier Stück Rehwild und sechs Stück Gamswild vorzuschreiben. In Anbetracht dieser Wildschäden erscheine die Abschußerhöhung notwendig. Zur Unterstützung werde die Möglichkeit eingeräumt, das Büchsenlicht voll auszunutzen und die Bejagung sowohl des zusätzlichen Abschusses als auch des Abschusses im Rahmen des Abschußplanes bis Mitte Jänner 1993 vorzunehmen.

Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid insoweit Folge, als sie den zusätzlich angeordneten Abschuß von vier Stück Rehwild und sechs Stück Gamswild aufhob. Der dem Abschußplan 1992/93 zugrundeliegende Sachverhalt beruhe im wesentlichen auf Ermittlungen und einem forstfachlichen Gutachten des Leiters der Bezirksforstinspektion vom Oktober 1991. Der Abschußplan solle bewirken, daß die Wildschadenssituation sich nicht weiter verschlechtere. Nach rechtskräftiger Feststellung des Abschußplanes habe die Bezirksforstinspektion mit Schreiben vom 5. August 1992 der Behörde eine weitere Schadenszunahme zu Kenntnis gebracht. Da der Wildstand seit einigen Jahren sinke, die Schadenssituation sich jedoch verschlechtere, müßten neben der Höhe des Wildstandes andere Schadensursachen vorliegen. Es komme daher nicht so sehr auf die dauernde Erhöhung von Abschüssen, sondern auf die vollständige Erfüllung des Abschußplanes an. Weil sich aber die dem Rotwild anzulastenden Schälschäden im Vergleich zur Situation im Vorjahr, die im wesentlichen der Abschußplanung zugrundeliege, beinahe verdreifacht hätten, sei ein über den Abschußplan hinausgehender Abschuß von Rotwild unerläßlich. Hinsichtlich der vor allem dem Reh- und Gamswild zuzuschreibenden Verbißschäden sei die ihm Schreiben der Bezirksforstinspektion vom 5. August 1992 getroffene Aussage, es habe keine Verbesserung bei der Verbißsituation gegeben, nicht als gutachterlich gesicherte und nachprüfbare Feststellung anzusehen, weshalb die Vorschreibung von zusätzlichen Reh- und Gamswildabschüssen nicht aufrecht erhalten werden könne.

Gegen diesen Bescheid, inhaltlich jedoch nur gegen die vorgeschriebenen Wildabschüsse, richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 52 Abs. 1 JG lautet:

Soweit sich bei Auftreten von Wildschäden die Verminderung des Wildstandes im Interesse der Landeskultur als notwendig erweist, hat die Bezirksverwaltungsbehörde von Amts wegen oder auf Antrag der Grundeigentümer oder der Bezirkslandwirtschaftskammer unter Bedachtnahme auf die im § 37 Abs. 2 angeführten Ziele den Jagdausübungsberechtigten jener Jagdgebiete, die zum Lebensraum des den Wildschaden verursachenden Wildes gehören, einen ziffernmäßig und zeitlich sowie allenfalls auch örtlich zu begrenzenden Abschuß von Wild vorzuschreiben. Ein solcher Abschuß kann auch während der Schonzeit, zur Nachtzeit und abweichend vom Abschußplan vorgeschrieben werden.

Die Beschwerdeführer bringen vor, die belangte Behörde hätte aktenwidrig angenommen, es sei ihr erst nach rechtskräftiger Erlassung des Abschußplanes 1992/93 bekannt geworden, daß im Jahre 1992 eine Zunahme der Schälschäden (1.923 geschälte Stämme) zu verzeichnen sei, zumal sich aus dem Schreiben der Bezirksforstinspektion vom 5. August 1992 nicht ergebe, wann im Jahre 1992 die Schälschäden aufgetreten seien. Dem ist entgegenzuhalten, daß dem Abschußplan, der durch den im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 7. Juli 1992, Zl. IIIa2-2914/1, (zugestellt am 15. Juli 1992) festgesetzt wurde, das forstliche Gutachten des Leiters der Bezirksforstinspektion vom Oktober 1991 zugrundelag, welches lediglich die Schadensentwicklung bis zum Jahre 1991 enthält. Dieser den Abschußplan festsetzende Bescheid führt auf das forstliche Gutachten hinweisend aus, die Schälschäden seien vom Jahr 1989 auf das Jahr 1990 von 1448 auf 359 gesunken und im Jahre 1991 auf 626 angestiegen. Aus diesem Grunde bedürfe es lediglich einer behutsamen Reduzierung des Wildstandes, was bei einem jährlichen Abschuß von ca. 50 % des Rotwildes der Fall sei. Der Abschuß wurde daher mit 55 Stück (ca. 50 % des errechneten Rotwildstandes von 113 Stück) festgesetzt. Wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift aufzeigen konnte, fand am 23. Juli 1992 - somit erst nach Zustellung jenes Bescheides - eine Begehung zur Feststellung weiterer Wildschäden statt. Mit Schreiben vom 5. August 1992 teilte schließlich die Bezirksforstinspektion der Behörde die (neu aufgetretenen) Schälschäden 1992 mit. Im übrigen ist darauf zu verweisen, daß für die Rechtmäßigkeit einer Vorkehrung nach § 52 Abs. 1 JG lediglich die im Zeitpunkt der Bescheiderlassung aufgetretenen Wildschäden entscheidend sind, nicht hingegen ob diese Wildschäden gegenüber einer früheren Erhebung zugenommen haben (vgl. hg. Erkenntnis vom 17. Juni 1992, Zl. 92/03/0045). Maßnahmen gemäß § 52 Abs. 1 JG dienen nämlich auch der Korrektur allfälliger Ermittlungsfehler bei der Abschußplanung (vgl. Abart/Lang/Obholzer, Tiroler Jagdrecht, Seiten 245 und 174).

Die Beschwerdeführer bringen weiters vor, die belangte Behörde hätte bei Vorschreibung von Maßnahmen im Sinne des § 52 Abs. 1 JG jagd-, land- und forstwirtschaftliche Gutachter hören müssen, um allen zu berücksichtigenden Interessen gerecht zu werden. Dies insbesondere deshalb, weil die belangte Behörde aufgezeigt habe, daß sich die Schadenssituation trotz seit Jahren sinkender Wildstände verschlechtert habe und daher auch andere Schadensursachen vorliegen müßten. Zudem bezeichne die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid die Ausführungen des forstlichen Sachverständigen als teilweise unüberprüfbar. Hiezu ist darauf zu verweisen, daß weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde vorgebracht wird, welcher von der belangten Behörde nicht ohnehin als gegeben angenommene Sachverhalt durch den Sachverständigenbeweis festgestellt hätte werden sollen. Das Auftreten der Schälschäden wurde von den Beschwerdeführern weder ihrer Ursache noch der Höhe nach bestritten. Daß aber auch die Wildbeunruhigung durch den Fremdenverkehr und durch forstliche Maßnahmen (insbesondere das Holzfällen) zu vermehrten Schälschäden führe, nahm die belangte Behörde

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unter Hinweis auf den erstinstanzlichen Bescheid - als gegeben an. Wenn sie im Hinblick auf die unbestrittenen Schälschäden des Jahres 1992 die Verminderung des Wildstandes

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neben der vollständigen Erfüllung des Abschußplanes - als im Interesse der Landeskultur für notwendig erachtete, unterlag sie dabei keinem Rechtsirrtum. Was den Hinweis im angefochtenen Bescheid auf nicht nachprüfbare Feststellungen des forstlichen Sachverständigen betrifft, ist darauf zu verweisen, daß dieser ausschließlich die Ausführungen über die Entwicklung der Verbißschäden im Schreiben der Bezirksforstinspektion vom 5. August 1992 betrifft. Weil die belangte Behörde diesen Ausführungen über die Verbißschäden nicht folgte, gab sie der Berufung hinsichtlich der Vorschreibung zusätzlicher Reh- und Gamswildabschüsse Folge.

Wenn die Beschwerdefüherer vorbringen, das Schreiben der Bezirksforstinspektion vom 5. August 1992 stelle die Tatsachen, aus denen die Forderung nach Abschußaufträgen abgeleitet werde, nicht dar und gebe auch nicht an, wie derartige Tatsachen ermittelt worden seien, ist zu entgegnen, daß dieses Schreiben das Ausmaß der Schälschäden durch zahlenmäßige Angaben darlegt. Da im Verwaltungsverfahren dieses Schadensausmaß in keiner Weise bestritten wurde, kann eine Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht darin erblickt werden, daß die belangte Behörde nicht festgestellt hat, auf welche Weise die Bezirksforstinspektion die Schadenserhebung durchgeführt hat.

Die Beschwerdeführer bringen weiters vor, es hätte keine Notwendigkeit im Sinne des § 52 Abs. 1 JG zur Erlassung von Abschußaufträgen bestanden, weil im Abschußplan die Abschüsse ohnedies höher als beantragt festgesetzt worden seien, dieser Umstand aber bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides noch keine Auswirkungen zeitigen hätte können. Hiezu ist darauf zu verweisen, daß bei Festsetzung des Abschußplanes zwar das leichte Ansteigen der Schälschäden von 1990 auf 1991, nicht jedoch das rasante Ansteigen dieser Schäden vom Jahr 1991 auf das Jahr 1992 (ungefähr auf den dreifachen Wert) Berücksichtigung gefunden hat. Der belangten Behörde kann nicht entgegengetreten werden, wenn sie aufgrund dieses Anstieges die streitgegenständlichen Abschußaufträge für erforderlich hielt. Das Beschwerdevorbringen, die Fütterung am Kirpl sei tatsächlich verlegt worden und bereits dadurch sei eine Verminderung des Rotwildstandes im Gebiet der Genossenschaftsjagd eingetreten, stellt eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung dar.

Die Beschwerdeführer behaupten schließlich, der vorgeschriebene Abschuß sei bis zum 15. Jänner 1993 nicht erfüllbar, weil der angefochtene Bescheid erst am 11. November 1992 zugestellt worden sei und für das Jagdjahr Abschüsse von insgesamt 65 Stück Rotwild, 45 Stück Rehwild und 45 Stück Gamswild aufgetragen worden seien. Die Beschwerdeführer übersehen dabei, daß die Schußzeit für die mit dem rechtskräftigen Abschußplan vorgeschriebenen Abschüsse bereits am 1. Juni 1992 begonnen hat. Hinsichtlich der zusätzlichen Abschußaufträge betreffend 10 Stück Rotwild erscheint aber die Frist vom 11. November 1992 bis zum 15. Jänner 1993 als ausreichend, insbesondere bei Berücksichtigung des Umstandes, daß auch für die im Abschußplan aufgetragenen Abschüsse die Frist bis zum 15. Jänner 1993 verlängert wurde.

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1992030266.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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