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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 27. Juni 1993, Zl. 4.332.493/2-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, der am 1. Februar 1991 in das Bundesgebiet eingereist ist, hat dem durch eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides belegten Beschwerdevorbringen zufolge den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 5. März 1992, mit dem festgestellt worden war, bei ihm lägen die Voraussetzungen für seine Anerkennung als Flüchtling nicht vor, mit Berufung bekämpft. Mit Bescheid vom 27. Juni 1993 wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und - aus dem Beschwerdevorbringen erkennbar - auch wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Nach den Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid, denen der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten ist, habe er bei seiner niederschriftlichen Einvernahme durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien am 26. Februar 1992 angegeben, er habe sein Heimatland ausschließlich aus religiösen Gründen verlassen. Der Vater des Beschwerdeführers, der eine führende Position in der katholischen Glaubensgemeinde in "Kanu" innegehabt habe, sei im Zuge einer Schlägerei zwischen Moslems und Christen im April "1991" getötet worden. In den danach fortgesetzten Glaubenskämpfen sei das Haus seiner Familie mehrmals Angriffspunkt gewesen. Einmal seien Moslems in der Nacht in das Haus eingedrungen; der Beschwerdeführer habe aber entkommen können. Da er ständig bedroht worden und ein Ende der Zusammenstöße nicht abzusehen gewesen sei, habe er sich nach Lagos begeben. Die moslemische Mehrheit in "Kanu" habe die Christen unterdrückt. Da der Beschwerdeführer auch in Lagos von Moslems bedroht worden sei, habe er sein Heimatland verlassen.
In der gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung habe der Beschwerdeführer im wesentlichen auf sein erstinstanzliches Vorbringen verwiesen.
Die belangte Behörde hatte im Beschwerdefall entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers das Asylgesetz 1991 anzuwenden. Mit seinem Vorbringen, die Anwendung des (neuen) Asylgesetzes 1991 auf seinen Fall sei unzulässig, verkennt der Beschwerdeführer die Rechtslage. Gemäß § 25 Abs. 2 Asylgesetz 1991 sind am 1. Juni 1992 beim Bundesminister für Inneres anhängige Verfahren nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu Ende zu führen. Da die Berufung des Beschwerdeführers zum genannten Zeitpunkt unbestritten bei der belangten Behörde anhängig war, war diese somit verpflichtet, die Bestimmungen des Asylgesetzes 1991 ihrer Entscheidung zugrunde zu legen (vgl. in diesem Zusammenhang auch das hg. Erkenntnis vom 31. März 1993, Zl. 92/01/0831). Gegen diese Regelung geltend gemachte verfassungsmäßige Bedenken, die der Beschwerdeführer in keiner Weise konkretisiert hat, hegt der Verwaltungsgerichtshof nicht. Auch läßt sich eine Verpflichtung der belangten Behörde, dem Beschwerdeführer Gelegenheit zu geben, zur geänderten Gesetzeslage Stellung zu nehmen, weder dem AVG noch dem Asylgesetz 1991 entnehmen.
Die belangte Behörde hat der Berufung des Beschwerdeführers deshalb keine Folge gegeben, weil das von ihm dargestellte Vorgehen von Anhängern der moslemischen Glaubensgemeinschaft gegen seinen Vater nicht als asylbegründende Tatsache gewertet werden könne. Mit dieser Würdigung des Vorbringens des Beschwerdeführers befindet sich die belangte Behörde im Einklang mit der hg. Judikatur, derzufolge aus lediglich gegen Angehörige gesetzten Maßnahmen konkrete, gegen einenen Asylwerber gerichtete Verfolgung im Sinn des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 (übereinstimmend mit Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) nicht abgeleitet werden kann (vgl. für viele andere z.B. das hg. Erkenntnis vom 29. Oktober 1993, Zl. 93/01/0710). Ebensowenig kann aber auch - wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat - aus dem Vorgehen der Vertreter einer Glaubensgemeinschaft (Moslems) gegen die einer anderen (Christen) auf von staatlichen Stellen ausgehende oder von diesen geduldete Verfolgung aus den in § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 angeführten Gründen geschlossen werden. Daß das Vorgehen der Moslems gegen ihn bzw. die Tötung seines Vaters auf staatliches Vorgehen zurückzuführen sei, hat der Beschwerdeführer selbst nicht behauptet.
Soweit er - offenbar erstmals in der Beschwerde - geltend macht, er habe staatlichen Schutz deshalb nicht in Anspruch genommen, weil der Staat offensichtlich keinerlei Maßnahmen gegen die vom Beschwerdeführer angeführten Ausschreitungen getroffen habe, kann aus diesem Vorbringen nicht entnommen werden, daß es von vornherein aussichtslos gewesen wäre, hätte sich der Beschwerdeführer als Einzelperson an die Behörden seines Heimatlandes mit dem Ersuchen um Schutzgewährung gewendet. Der in dieser Hinsicht geltend gemachte Verfahrensmangel ist somit, weil die belangte Behörde auch bei seiner Vermeidung zu keinem anderen Bescheid hätte gelangen können, nicht wesentlich.
Da sohin bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994191057.X00Im RIS seit
20.11.2000