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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Stöberl, Dr. Holeschofsky und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des A in G, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 20. Jänner 1993, Zl. 4.339.535/2-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 20. Jänner 1993 wurde die Berufung des Beschwerdeführers - eines Staatsangehörigen Ghanas, der am 19. Juni 1991 in das Bundesgebiet einreiste und am 25. Juni 1991 einen Asylantrag stellte - gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 18. September 1992, abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende - Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende - Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Der Beschwerdeführer hat bei seiner niederschriftlichen Befragung durch die Bundespolizeidirektion Graz am 29. Juni 1992 hinsichtlich seiner Fluchtgründe im wesentlichen angegeben, er habe 1986/87 erstmals erfahren, daß die Regierung Ghanas 12-14jährige Kinder nach Kuba, Lybien und Angola verschicke, um sie dort militärisch auszubilden. Man habe auch versucht, seinen älteren Bruder ins Ausland zu bringen; dieser sei jedoch aus diesem Grund 1987 nach Kanada geflüchtet. In der Folge sei der Beschwerdefüher aufgefordert worden, nach Kuba zu gehen, um dort sein Medizinstudium zu absolvieren; er sei jedoch darüber aufgeklärt worden, daß dies eine rein militärische Ausbildung wäre. 1987 sei der Beschwerdeführer von der Regierung beauftragt worden, für die bevorstehenden Wahlen Leute dahingehend zu beeinflussen, daß diese die Regierungspartei "PNDC" wählen. Er habe jedoch - wie viele andere Studenten auch - das Gegenteil getan und die Leute angehalten, diese Partei nicht zu wählen, um die vorerwähnten Aktionen der Regierung zu verhindern. Im April 1988 habe er sich einer Studentenorganisation unter Führung zweier einflußreicher Männer (Mr. Baah und Mr. Asamoah) angeschlossen, um Kinder von den vorerwähnten Aktionen fernzuhalten; er habe gemeinsam mit anderen insoweit Aufklärungsarbeit geleistet. Im Mai 1988 seien die genannten Männer wegen dieser Tätigkeit festgenommen worden. In der Folge habe der Beschwerdeführer seine Tätigkeit aus Angst eingestellt. Trotzdem sei er im Juni 1990 in Accra vom Militär festgenommen und 2 Wochen eingesperrt worden; während dieser Zeit sei er ständig wegen seiner illegalen Tätigkeit vernommen worden. Mangels an Beweisen sei er nach zwei Wochen freigelassen worden; er sei jedoch sicher, daß er in der Folge überwacht worden sei. Am 24. Juni 1990 sei er deshalb nach Togo geflüchtet. In Togo habe er erfahren, daß sein Vater im Dezember 1990 festgenommen und über seinen Verbleib vernommen worden sei. Sein Vater sei allerdings infolge Krankheit bald wieder freigelassen worden. Dem Beschwerdeführer sei klar geworden, daß er nicht mehr nach Ghana zürückkehren könne; er sei deshalb über Anraten seines Bruders nach Österreich geflüchtet.
In der gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer hinsichtlich seiner Fluchtgründe im wesentlichen vor, er gehöre der Volksgruppe ADA an und habe 1987 seine Schulzeit beendet. Danach habe er in der Werkstätte seines Vaters gearbeitet. Am 4. August 1987 habe die Gemeindewahlkampagne begonnen; er habe eine Beschäftigung als Mitarbeiter in der Vorbereitung der Wahlen bekommen und Kandidaten registriert. Während dieser Tätigkeit habe er entdeckt, daß die Regierung die Wahlen für sich manipulieren habe wollen; aus diesem Grund habe er die Arbeit aufgegeben. Da er Mitglied der Studentenorganisation "SUA (Student Union of Ayawaso)" sei, habe er am 10. April 1988 an einer gegen die Regierung gerichteten Studentendemonstration teilgenommen, um der demagogischen Manipulation der Regierung ein Ende zu bereiten. Die Regierung habe mit allen Mitteln versucht, das Volk auf den Weg des Kommunismus zu steuern. Während der Demonstration habe seine Aufgabe in der Verteilung von Protestprospekten und der Aufklärung der Bevölkerung bestanden; er habe dazu aufgefordert, die Wahlen zu boykottieren. Die Regierung habe ihre Streitkräfte eingesetzt, um die Demonstranten zu zerstreuen. Viele Demonstranten seien dabei verhaftet und verletzt worden. Dem Beschwerdeführer sei die Flucht gelungen. Einige Tage später seien die Studentenanführer (Asamoah und Baah) verhaftet worden. Die Polizei habe die Verhaftungen von Unionsmitgliedern fortgesetzt. In der dritten Juniwoche habe die Polizei den Beschwerdeführer zu Hause gesucht; er sei aber glücklicherweise nicht anwesend gewesen. Als er nach Hause gekommen sei, hätten ihn seine Eltern davon verständigt, daß er zur Polizeiwache zu kommen habe. Dem Beschwerdeführer sei dadurch klar geworden, was die Polizei von ihm wolle. Er habe gewußt, daß er verhaftet und wegen seiner Mitarbeit in der Union bestraft werden solle. Daraufhin habe er sich zur Flucht entschlossen. Am 24. Juni 1991 sei er durch den Wald nach Togo geflohen; er habe sich dort 6 Monate aufgehalten und bei einem Bauern gelebt. Da er in Togo nicht sicher gewesen sei, weil dort ein diktatorisches Regime regiere und er der Gefahr der Auslieferung ausgesetzt gewesen sei, habe er sich zur Flucht nach Europa entschlossen. Da sein Bruder in Kanada im Exil lebe, werfe ihm die Regierung Ghanas vor, mit seinem Bruder zusammenzuarbeiten. Als sein Bruder nach Kanada desertiert sei, seien seine Eltern verhaftet und gefoltert worden. Auch wegen seiner Flucht habe man seine Eltern inhaftiert und gefoltert. Nach Ghana könne der Beschwerdeführer nicht zurückkehren, weil für ihn die Gefahr der Verhaftung bestehe und sein Leben einer dunklen Zukunft ausgesetzt sei.
Im Hinblick auf die Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides am 28. September 1992 und die am 5. Oktober 1992 dagegen erhobene Berufung hätte die belangte Behörde gemäß § 25 Abs. 2, erster Satz Asylgesetz 1991 im vorliegenden Fall noch das Asylgesetz (1968) anwenden müssen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. März 1993, Zl. 92/01/0831, auf welches des näheren gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird). Durch die demnach unrichtige Anwendung des AsylG 1991 wurde aber der Beschwerdeführer im konkreten Fall nicht in seinen Rechten verletzt, weil die belangte Behörde den § 20 Abs. 1 leg. cit. nicht anwendete, sondern das (nach der richtigerweise anzuwendenden Rechtslage zu beachtende) Berufungsvorbringen in ihre Beurteilung einbezogen hat und der Flüchtlingsbegriff des AsylG 1991 mit jenem der Flüchtlingskonvention, der nach dem Asylgesetz (1968) anzuwenden war, ident ist.
Die belangte Behörde hat sich in der Begründung des angefochtenen Bescheides unter anderem auch mit der Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers auseinandergesetzt. Soweit der Beschwerdeführer die Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid rügt, ist ihm jedoch zu erwidern, daß sich der hinsichtlich seiner Glaubwürdigkeit gezogene Schluß insoweit im Ergebnis als zutreffend erweist, als die belangte Behörde gravierende Abweichungen zwischen seinen erstinstanzlichen Angaben und seinem Berufungsvorbringen erblickte. So gab der Beschwerdeführer in seiner niederschriftlichen Befragung am 29. Juni 1992 an, vom Militär im Juni 1990 2 Wochen inhaftiert und anschließend wieder freigelassen worden zu sein. Abweichend davon behauptete er in seiner Berufung, die Polizei habe in der 3. Juniwoche 1990 erfolglos versucht, ihn zu verhaften; von einer in erster Instanz noch behaupteten Inhaftierung durch das Militär ist in der Berufung jedenfalls keine Rede mehr. Aufgrund dieser Widersprüche - die erhebliche Umstände betreffen - kann der belangten Behörde aber im Ergebnis nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie den Angaben des Beschwerdeführers insgesamt die Glaubwürdigkeit versagte. Was eine ergänzende Einvernahme des Beschwerdeführers an diesen Widersprüchen hätte ändern können bzw. welche wesentlichen Umstände dadurch hervorgekommen wären, vermag der Beschwerdeführer nicht darzulegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. April 1994, Zl. 94/19/0210).
Da der belangten Behörde somit aufgrund einer nicht als unschlüssig anzusehenden Beweiswürdigung ein asylrechtlich relevantes Vorbringen als nicht glaubhaft gemacht angesehen hat, braucht aber auf die übrigen Beschwerdeausführungen nicht mehr weiter eingegangen zu werden.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesonders deren Art. III.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994190296.X00Im RIS seit
20.11.2000