TE Vwgh Erkenntnis 1994/6/22 94/01/0122

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Veröffentlicht am 22.06.1994
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;
AVG §37;
FlKonv Art1 AbschnB;
FlKonv Art33;
FlKonv Art43;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des R in S, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 30. Dezember 1993, Zl. 4.332.757/2-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenem Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 30. Dezember 1993 wurde in Erledigung der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 10. März 1992 ausgesprochen, daß Österreich dem Beschwerdeführer - einem Staatsangehörigen "der früheren SFRJ", der am 6. Jänner 1992 in das Bundesgebiet eingereist ist und am 8. Jänner 1992 den Asylantrag gestellt hat - kein Asyl gewähre.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer, ohne sich mit seiner Flüchtlingseigenschaft gemäß § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 auseinanderzusetzen, deshalb kein Asyl gemäß § 3 leg. cit. gewährt, weil sie der Ansicht war, daß bei ihm der Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. gegeben sei, wonach einem Flüchtling kein Asyl gewährt wird, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war. Sie ging von den Angaben des Beschwerdeführers bei seiner niederschriftlichen Vernehmung am 15. Jänner 1992, daß er sich vor seiner Einreise in das Bundesgebiet in Slowenien aufgehalten habe, aus und befaßte sich in rechtlicher Hinsicht näher mit dem Begriff der "Verfolgungssicherheit" im Sinne der genannten Gesetzesstelle, wobei sie im wesentlichen - im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (beginnend mit dem Erkenntnis vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256), auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird - die Rechtslage richtig erkannt hat.

Nach dieser Rechtsprechung ist - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - rechtlich ohne Bedeutung, daß er sich in Slowenien nur kurzfristig aufgehalten habe. Der Beschwerdeführer behauptet aber darüber hinaus, daß sein "dortiger Aufenthalt von den slowenischen Behörden nicht geduldet" worden sei und "es tatsächlich regelmäßig zu Rückschiebungen gerade Angehöriger der albanischen Minderheit aus dem Kosovo", der der Beschwerdeführer nach der Aktenlage angehört, "nach Restjugoslawien komme".

Würde diese Behauptung zutreffen, so könnte nicht mehr ohne weiteres davon die Rede sein, daß - entsprechend der Begründung des angefochtenen Bescheides - anzunehmen sei, daß Slowenien von seiner effektiv geltenden Rechtsordnung her einen dem Standard der Genfer Flüchtlingskonvention (siehe dazu die mit Wirksamkeit vom 25. Juni 1991 abgegebene Erklärung dieses Landes BGBl. Nr. 806/1993) entsprechenden Schutz biete und daß davon auszugehen sei, daß "das Nonrefoulementrecht effektiv in Geltung stehe", dies jeweils bezogen auf den hiebei allein maßgebenden Zeitpunkt des Aufenthaltes des Beschwerdeführers in diesem Land (vgl. unter anderem die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0357, und vom 26. Jänner 1994, Zl. 93/01/1522). Der Beschwerdeführer hat zwar diese Behauptung erstmals in der Beschwerde aufgestellt, doch wurde ihm - wie er mit Recht rügt - im Verwaltungsverfahren nicht Gelegenheit gegeben, dazu Stellung zu nehmen, weshalb dieses Vorbringen nicht gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot des § 41 Abs. 1 VwGG verstößt. Damit hat der Beschwerdeführer die Wesentlichkeit eines Verfahrensmangels aufgezeigt.

Da somit Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Parteiengehör Verletzung des Parteiengehörs Verfahrensmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994010122.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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