TE Vfgh Beschluss 1992/2/24 B1350/91

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Veröffentlicht am 24.02.1992
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Allg
VfGG §15 Abs2
VfGG §18

Leitsatz

Zurückweisung einer Beschwerde gegen ein Untätigbleiben einer Finanzstrafbehörde mangels Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1.a) Mit seiner auf Art144 B-VG gestützten Beschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen ein Verfahren beim Zollamt Wien, das dieses als Finanzstrafbehörde I. Instanz durchgeführt hat.

b) In der Beschwerde wird u.a. vorgebracht, daß mit Bescheid vom 18. Oktober 1991 des Zollamtes Wien als Finanzstrafbehörde

I. Instanz über den Beschwerdeführer gemäß §86 FinanzstrafG die Untersuchungshaft verhängt worden sei, da er der Finanzvergehen der vorsätzlichen Abgaben- und Monopolhehlerei verdächtig gewesen sei und Verdunkelungs-, Ausführungs- und Begehungsgefahr im Sinne des §86 FinanzstrafG bestanden habe.

Bei einer Hausdurchsuchung am 21. Oktober 1991 seien beim Beschwerdeführer zum wiederholten Male größere Mengen von Zigaretten beschlagnahmt worden. Weiters habe der Beschwerdeführer in einer Niederschrift vom gleichen Tag zu Protokoll gegeben, daß er sich seit ca. 6 Monaten (wiederum) mit dem Zigarettenhandel befasse.

c) Die Beschwerde richtet sich dagegen, daß es das Zollamt Wien als erstinstanzliche Finanzstrafbehörde unterlassen habe, das Verfahren an die Staatsanwaltschaft Wien abzutreten und den Beschwerdeführer in gerichtliche Untersuchungshaft zu überstellen, obwohl ihr aufgrund der am 21. Oktober 1991 durchgeführten Hausdurchsuchung bekannt gewesen sei, daß der die Zuständigkeit der Gerichte begründende Wertbetrag im Sinne des §53 FinanzstrafG überschritten worden und somit ab diesem Zeitpunkt gerichtliche Zuständigkeit vorgelegen sei. Erschwerend komme hinzu, daß der Finanzstrafbehörde aufgrund der niederschriftlichen Einvernahme des Beschwerdeführers ebenfalls am 21. Oktober 1991 bekannt gewesen sei, daß der Verdacht der gewerbsmäßigen - und damit gleichfalls die Zuständigkeit der Gerichte begründenden - Abgabenhehlerei bestehe.

Durch Intervention des bevollmächtigten Vertreters sei am 30. Oktober 1991 seitens des Zollamtes Wien Anzeige an die Staatsanwaltschaft wegen - näher bezeichneter - Finanzvergehen erstattet worden.

d) Der Beschwerdeführer stellt in seiner Beschwerde den Antrag "festzustellen, daß der Beschwerdeführer durch das Verfahren beim Zollamt Wien als Finanzstrafbehörde I. Instanz, Zl. 81.163/90-Str. III, in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf das Verfahren vor dem gesetzlichen Richter im Sinne des Art83 Abs2 B-VG verletzt wurde".

2. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

a) Die Beschwerde richtet sich nach ihrem Wortlaut ausschließlich gegen ein Untätigbleiben (bzw. ein verspätetes Tätigwerden) der Finanzstrafbehörde. Insbesondere aus dem oben wiedergegebenen Antrag geht hervor, daß eine Anfechtung des in der Beschwerde erwähnten Bescheides des Zollamtes Wien vom 18. Oktober 1991 nicht beabsichtigt ist.

b) Nach Art144 B-VG (idF der Novelle BGBl. 685/1988) erkennt der Verfassungsgerichtshof über Beschwerden gegen Bescheide der Verwaltungsbehörden einschließlich der unabhängigen Verwaltungssenate. Weder Art144 B-VG noch eine sonstige Bestimmung räumt dem Verfassungsgerichtshof die Zuständigkeit ein, über das Unterlassen einer Amtshandlung bzw. über die Säumigkeit einer Behörde abzusprechen (vgl. etwa VfGH 25.2.1985, B56/85).

c) Der Verfassungsgerichtshof ist somit für eine meritorische Entscheidung über die vorliegende Beschwerde nicht zuständig. Die Beschwerde ist daher zurückzuweisen.

d) Sollte der Beschwerdeführer - entgegen der in der vorstehenden lita vorgenommenen Deutung seines Vorbringens - doch auch den Bescheid vom 18. Oktober 1991 bekämpfen, so wäre die Beschwerde auch in dieser Hinsicht unzulässig und daher zurückzuweisen. Die Beschwerde enthält nämlich kein Begehren iS des §15 Abs2 VerfGG, den Bescheid aufzuheben. Das Fehlen eines solchen Begehrens ist nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes nicht als bloßes Formgebrechen, sondern als inhaltlicher Mangel der Beschwerde zu beurteilen, der einer Verbesserung nach §18 VerfGG nicht zugänglich ist (vgl. zB VfGH 25.11.1991, B1130/91).

3. Dieser Beschluß konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lita und e VerfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.

Schlagworte

VfGH / Zuständigkeit, VfGH / Formerfordernisse, Säumnis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1992:B1350.1991

Dokumentnummer

JFT_10079776_91B01350_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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