TE Vwgh Erkenntnis 1994/6/27 94/05/0141

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Veröffentlicht am 27.06.1994
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Index

L78006 Elektrizität Steiermark;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
B-VG Art119a Abs9;
ElektrizitätswirtschaftsG Stmk 1981 §11;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde der

X & Co. Gesellschaft m.b.H. in Graz, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 22. März 1994, Zl. 03-42 Stew 28-80/216, betreffend "Allgemeine Bedingungen" nach dem Steiermärkischen Elektrizitätswirtschaftsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der vorliegenden Beschwerde und der ihr beigelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit Eingabe vom 28. September 1993 hat die Beschwerdeführerin bei der belangten Behörde als Landesenergiebehörde den Antrag auf Änderung des Bescheides der Steiermärkischen Landesregierung vom 11. November 1992, Zl. 03-42 Stew 28-93/204, mit welchem die "Allgemeinen Bedingungen" (AVB) für die Versorgung mit elektrischer Energie zu den allgemeinen Tarifen aus dem Niederspannungsnetz der Steirischen Elektrizitätsversorgungsunternehmen, Stand 28. August 1992, genehmigt wurden, gestellt. Beantragt wurde eine Änderung der Punkte 2.3.2. sowie der entsprechenden Teile des Punktes 2.3.3. der "Allgemeinen Bedingungen" dahingehend vorzunehmen, daß diese Punkte ersatzlos behoben werden.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde der Antrag der Beschwerdeführerin mangels Parteistellung zurückgewiesen. Zur Begründung wurde nach Zitierung des § 11 des Steiermärkischen Elektrizitätswirtschaftsgesetzes 1981, LGBl. Nr. 77, ausgeführt, die belangte Behörde habe aufgrund dieser Bestimmung nach Antragstellung der Y, und aller anderen in der Steiermark konzessionierten Elektrizitätsversorgungsunternehmen, nach Durchführung des im Steiermärkischen Elektrizitätswirtschaftsgesetzes 1981 vorgesehenen Verfahrens mit Bescheid vom 11. November 1992 die "Allgemeinen Bedingungen" genehmigt. Normadressat dieses Genehmigungsbescheides seien die in diesem Bescheid angeführten Elektrizitätsversorgungsunternehmen. Nach den Bestimmungen des § 11 des Steiermärkischen Elektrizitätswirtschaftsgesetzes 1981 komme daher nur diesen Elektrizitätsversorgungsunternehmen Parteistellung im Umfang der Genehmigung zu. Den Elektrizitätsversorgungsunternehmen lege das Gesetz weiters auf, auf Basis dieser "Allgemeinen Bedingungen" mit allen Kontraktionswilligen auf privatrechtlicher Ebene Verträge über Anschluß und ordnungsgemäße Versorgung zu schließen. Eine Änderung der "Allgemeinen Bedingungen" könne die Behörde von sich aus nicht veranlassen. Die durch die "Allgemeinen Bedingungen" betroffenen Anschlußwerber unterlägen im gesamten Umfang ihrer Versorgungswünsche dem zivilen Recht, wobei "Anschluß und ordnungsgemäße Versorgung" in den "Allgemeinen Bedingungen" geregelt seien. Den einzelnen Anschlußwerber treffe sohin ausschließlich ein wirtschaftliches Interesse, welches keine Parteistellung in diesem Verwaltungsverfahren begründe, zumal das Steiermärkische Elektrizitätswirtschaftsgesetz 1981 dieses Interesse nicht ausdrücklich einräume. Bezogen auf den gegenständlichen Antrag treffe dieser Sachverhalt zu, sodaß spruchgemäß zu entscheiden und auf das weitere Vorbringen nicht mehr einzugehen gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

In der Beschwerde wird ausgeführt, aus dem Antrag und der Stellungnahme der Beschwerdeführerin ergebe sich eindeutig, daß im Hinblick auf die im abzuändernden Bescheid genehmigten Bestimmungen der "Allgemeinen Bedingungen" im wesentlichen in verfassungsrechtlich geschützte Rechte von Grundeigentümern eingegriffen werde, die den Abschluß eines Stromlieferungsvertrages begehrten und im Hinblick auf die Monopolunternehmen der Elektrizitätsversorgungsunternehmen an die diesbezüglich vorgelegten Bestimmungen gebunden seien. Die mit dem abzuändernden Bescheid verpflichtend eingeführte Belastung von Liegenschaften mit Leitungsrechten im Fall des Bedarfes eines Stromanschlusses sei mit einer unzulässigen, im gegenständlichen Fall die Beschwerdeführerin direkt beeinträchtigenden Eigentumsbeschränkung verbunden. Die Beschwerdeführerin habe daher ein rechtliches Interesse an der gegenständlichen Sache im Sinne des § 8 AVG und auch einen - verfassungsrechtlich geschützten - Anspruch auf die Unverletzlichkeit des Eigentumes.

Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 11 des Steiermärkischen Elektrizitätswirtschaftsgesetzes 1981, LGBl. Nr. 77, lautet wie folgt:

"Allgemeine Bedingungen und Allgemeine Tarifpreise

(1) Elektrizitätsversorgungsunternehmen mit einer Konzession nach § 3 Abs. 1 lit. a sind verpflichtet, Allgemeine Bedingungen und Allgemeine Tarifpreise in der "Grazer Zeitung - Amtsblatt für die Steiermark" sowie mindestens in einer in Steiermark erscheinenden Tageszeitung zu veröffentlichen und zu diesen Bedingungen und Tarifpreisen mit jedermann privatrechtliche Verträge über Anschluß und ordnungsgemäße Versorgung zu schließen (Allgemeine Anschluß- und Versorgungspflicht).

(2) Die Allgemeinen Bedingungen nach Abs.1 bedürfen der Genehmigung der Landesregierung. Die Landesregierung hat vor Erteilung der Genehmigung die Stellungnahme der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Steiermark, der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Steiermark, der Landeskammer für Land- und Forstwirtschaft Steiermark, der Kammer für Arbeiter und Angestellte in der Land- und Forstwirtschaft einzuholen. Die Genehmigung der Allgemeinen Bedingungen ist zu erteilen, wenn durch sie die Erfüllung der dem Elektrizitätsversorgungsunternehmen obliegenden Pflichten gewährleistet ist und sie auch auf Belange der Abnehmer entsprechend Bedacht nehmen. Dies ist der Fall, wenn in den vom Elektrizitätsversorgungsunternehmen vorgelegten Allgemeinen Bedingungen eine einheitliche und gleichmäßige Versorgung der Abnehmer des ganzen Landes auch in wirtschaftlicher Hinsicht erreicht wird.

(3) Die Allgemeinen Bedingungen und Allgemeinen Tarifpreise sind von den Elektrizitätsversorgungsunternehmen den Abnehmern vor Abschluß privatrechtlicher Verträge nach Abs. 1 auszufolgen und zu erläutern.

(4) Wenn ein Elektrizitätsversorgungsunternehmen einer Gruppe von Abnehmern, die nicht zu den Allgemeinen Bedingungen und Allgemeinen Tarifpreisen nach Abs. 1 versorgt werden, auf Grund ihrer Abnahmeverhältnisse gleiche Preise und Bedingungen einräumt, darf es im Einzelfall bei im wesentlichen gleichartigen Abnahmeverhältnissen den Anschluß und die Versorgung zu diesen Preisen und Bedingungen nicht aus unsachlichen Gründen ablehnen."

Der Bescheid vom 11. November 1992, dessen Abänderung die Beschwerdeführerin beantragt hat, war ausschließlich an Elektrizitätsversorgungsunternehmen gerichtet. Gemäß § 8 AVG sind Personen, die eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder auf die sich die Tätigkeit der Behörde bezieht, Beteiligte, soweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, Parteien. Die Frage, wer Parteistellung im jeweiligen Verwaltungsverfahren besitzt, ist nach der übereinstimmenden Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes aufgrund der materiellen Verwaltungsvorschrift zu beantworten (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Dezember 1972, Slg. Nr. 6908, sowie das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Jänner 1969, Slg. Nr. 7488/A). Aus § 8 AVG allein kann eine Parteistellung in einem Verwaltungsverfahren nicht abgeleitet werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 11. März 1978, Slg. Nr. 8279) läßt sich unmittelbar aus der Verfassung eine im Gesetz nicht vorgesehene Parteistellung nicht ableiten (abgesehen von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen, wie etwa die Parteistellung der Gemeinde im gemeindeaufsichtsbehördlichen Vorstellungsverfahren).

Gegenstand des Bescheides, dessen Abänderung die Beschwerdeführerin beantragt hat, war die Genehmigung "Allgemeiner Bedingungen" und "Allgemeiner Tarifpreise" durch die Steiermärkische Landesregierung. Weder aus dem oben angeführten § 11 des Steiermärkischen Elektrizitätswirtschaftsgesetzes 1981 noch aus einer anderen Bestimmung dieses Gesetzes läßt hinsichtlich des Genehmigungsverfahrens der "Allgemeinen Bedingungen" und "Allgemeinen Tarifpreise" eine Parteistellung von zukünftigen Stromabnehmern ableiten. In derartigen Genehmigungsverfahren kommt den letztlich Normunterworfenen keine Parteistellung zu.

Die Parteistellung der Beschwerdeführerin im Genehmigungsverfahren betreffend die "Allgemeinen Bedingungen" und "Allgemeinen Tarifpreise" von Stromversorgungsunternehmen wurde daher zurecht verneint und der Antrag auf Abänderung des Genehmigungsbescheides ebenso zurecht zurückgewiesen.

Da bereits aus dem Beschwerdevorbringen im Zusammenhalt mit dem vorgelegten Bescheid erkennbar ist, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Schlagworte

Parteibegriff - Parteienrechte Allgemein diverse Interessen Rechtspersönlichkeit Verfahrensrecht VwGG B-VG

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994050141.X00

Im RIS seit

24.01.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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