TE Vwgh Erkenntnis 1994/6/28 92/04/0177

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Veröffentlicht am 28.06.1994
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;
50/05 Kammern der gewerblichen Wirtschaft;

Norm

AVG §56;
AVG §59 Abs1;
AVG §9;
GewO 1973 §1 Abs2;
HKG 1946 §1 Abs1 idF 1954/183 ;
HKG 1946 §1 Abs1;
HKG 1946 §3 Abs2 idF 1954/183 ;
HKG 1946 §3 Abs2;
HKG 1946 §57a Abs1;
HKG 1946 §57a Abs4 idF 1991/620;
HKG 1946 §57g Abs1;
VwGG §23 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Pallitsch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der Landeshauptstadt Klagenfurt, vertreten durch den Bürgermeister, gegen den Bescheid der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft (Präsident) - diese Behörde vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W - vom 3. Juli 1992, Zl. Präs 142-I/92/Wa/SO, betreffend Grundumlage, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.860,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Kärnten (Präsident) vom 2. Dezember 1991 wurde wie folgt abgesprochen:

"Die Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Kärnten (Handelskammer Kärnten) entscheidet durch ihren Präsidenten aufgrund der gemäß § 53a Handelskammergesetz (HKG) erfolgten Delegierung durch den Vorstand der Handelskammer Kärnten vom 19.6.1980, kundgemacht im Handelskammer-Mitteilungsblatt "Kärntner Wirtschaft" Nr. 32/1980 vom 8.8.1980 über das Verlangen des Handelskammermitglieds Magistrat der Landeshauptstadt Klagenfurt vom 6. Juni 1991, vertreten durch den Herrn Bürgermeister, auf Erlassung eines Bescheides über Art und Ausmaß der Umlagenpflicht wie folgt:

SPRUCH

Dem Begehren auf Erlassung eines Bescheides gemäß § 57g HKG über Art und Ausmaß der Grundumlagenpflicht wird entsprochen.

Die Grundumlage beträgt gem. § 57a HKG für den Magistrat der Landeshauptstadt Klagenfurt

für die Landesinnung der Gärtner und Blumenbinder (G40)

für das Kalenderjahr 1991                 S  9.400,--

für die Allgemeine Fachgruppe des Gewerbes (G53)

für das Kalenderjahr 1991                 S 11.000,--

für die Fachgruppe der Spediteure (V05)

für das Kalenderjahr 1991                 S  3.000,--

für die Fachgruppe für das Güterbeförderungsgewerbe (V07)

für das Kalenderjahr 1991                 S  5.000,--

für die Fachgruppe Gastronomie (F01)

für das Kalenderjahr 1991                 S  4.800,--

für die Fachgruppe der Reisebüros (F05)

für das Kalenderjahr 1991                 S  1.250,--

für die Fachgruppe der Vergnügungsbetriebe (F06)

für das Kalenderjahr 1991                 S  4.000,--

für die Fachgruppe der Lichtspieltheater und Audio-

visionsveranstalter (F07)

für das Kalenderjahr 1991                 S    200,--

für die Allgemeine Fachgruppe des Fremdenverkehrs (F09)

für das Kalenderjahr 1991                 S    250,--."

Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, in den letzten Jahrzehnten habe "der Magistrat der Landeshauptstadt Klagenfurt" die aus der Beilage ersichtlichen Gewerbeberechtigungen erworben. Die Beilage bilde "hinsichtlich ihrer Angaben über Berechtigungsnummer, Betriebsteil, Berechtigungswortlaut, Verleihungsbehörde, Ausstellungsdatum, Wirksamkeit der Berechtigung, Standort - Straße und Standort einen Bestandteil dieses Bescheides". Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Klagenfurt weise in seinem Bescheidbegehren darauf hin, daß es sich bei der vom Stadttheater ausgeübten Tätigkeit um keine gewerbsmäßige Tätigkeit handle, vielmehr seien Liebhaberei und Gemeinnützigkeit gegeben. Unter Hinweis auf das "ORF-Erkenntnis" des Verwaltungsgerichtshofes weise sohin die Kammermitgliedschaft des Stadttheaters Klagenfurt keine gesetzliche Basis auf. Das gleiche könne auch für die Privatzimmer-Vermittlungstätigkeit der Stadt angenommen werden, weil diese ohne Entgelt erfolge. Zu Liebhaberei und Gemeinnützigkeit und der somit geltend gemachten, nicht vorhandenen Gewinnabsicht sei anzumerken, daß sich der Unternehmensbegriff und somit die Kammermitgliedschaft des Handelskammergesetzes (HKG) nicht mit dem der GewO 1973 decke. Vielmehr sei § 1 HKG so zu verstehen, daß alle Unternehmungen Handelskammermitglieder seien, die einem nicht gewerberechtlich, sondern wirtschaftlich zu interpretierenden Begriff der gewerblichen Wirtschaft zugeordnet werden könnten. Als wesentliche begriffsbildende Elemente eines solchen Unternehmensbegriffes würden Beteiligung am wirtschaftlichen Verkehr oder das Erbringen werthafter Leistungen angesehen werden.

Die gegen diesen Bescheid von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 3. Juli 1992 ab.

In der Begründung dieses Bescheides heißt es im wesentlichen, maßgeblich für die Kammermitgliedschaft und damit für die Mitgliedschaft zu den betreffenden Fachorganisationen sei das Vorliegen einer Berechtigung zum Betrieb einer Unternehmung in einem im § 3 Abs. 2 HKG genannten Bereich. Gemäß § 4 Abs. 1 des Kärntner Veranstaltungsgesetzes benötige die Beschwerdeführerin für die Tätigkeit des Stadttheaters Klagenfurt eine Berechtigung im Sinne der obgenannten Ausführungen. Desgleichen sei für die Tätigkeit der Privatzimmer-Vermittlung eine Berechtigung nach der GewO 1973 erforderlich. Der Umstand, daß die gegenständlichen Tätigkeiten ohne Gewinnabsicht betrieben würden, führe nicht zur Verneinung der Kammermitgliedschaft. Das HKG verlange nämlich keineswegs, daß mit der einschlägigen Berechtigung ein auf Gewinn gerichtetes Unternehmen betrieben würde; es genüge, daß die Berechtigung auf eine unternehmerische Tätigkeit im Bereich der gewerblichen Wirtschaft (wie vorstehend umschrieben) ausgerichtet sei. Solche Tätigkeiten lägen im gegenständlichen Verfahren nach Ansicht der belangten Behörde vor. Zur verneinten Gewinnabsicht als wesentlichen Bestandteil des Begriffes der Gewerbsmäßigkeit einer Tätigkeit und dem damit angeblich entscheidungswesentlichen Kriterium für eine Kammermitgliedschaft werde weiters angemerkt, daß sich der Unternehmensbegriff des HKG nach Auffassung der belangten Behörde nicht mit dem der GewO 1973 decke. Vielmehr werde § 1 HKG so verstanden, daß alle Unternehmungen Handelskammermitglieder seien, die einem nicht gewerberechtlich, sondern wirtschaftlich zu interpretierenden Begriff der gewerblichen Wirtschaft zugeordnet werden könnten. Als wesentliche begriffsbildende Elemente eines solchen wirtschaftlichen Unternehmensbegriffes würden Beteiligung am wirtschaftlichen Verkehr oder das Erbringen werthafter Leistungen angesehen. Dieses Ergebnis werde im übrigen auch durch die 8. HKG-Novelle bestätigt, wenn es dort in den Erläuterungen zu § 3 Abs. 4 laute: "Der im § 3 neu einzufügende Abs. 4 stelle klar, daß es im Zusammenhang mit dem im HKG verwendeten Begriff der Unternehmung nicht auf die Gewinnabsicht ankommt."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde zurückzuweisen in eventu abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Ihrem Vorbringen zufolge erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht verletzt, "daß die erfolgte Vorschreibung der Grundumlage 1991 hinsichtlich der vom Stadttheater Klagenfurt ausgeübten Tätigkeit (Veranstaltungen in Form von Aufführungen des Stadttheaters Klagenfurt sowohl im Gebäude des Stadttheaters als auch im gesamten Bereich des Bundeslandes Kärnten gemeinsam mit dem Land Kärnten) und der Privatzimmervermittlungstätigkeit (Berechtigungsnummer 20) dem Grunde nach bestritten wird". Sie bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes vor, der Verwaltungsgerichtshof habe bereits in seinem Erkenntnis vom 6. Dezember 1950, Slg. N. F. Nr. 1808/A, die Rechtsansicht vertreten, daß gemäß § 1 und § 3 Abs. 2 HKG für die Kammermitgliedschaft, aus der die Umlagepflicht folge, folgende Merkmale erforderlich seien: Selbständigkeit, Berechtigung zum Betrieb sowie Unternehmenscharakter. In einem weiteren Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf Slg. N. F. Nr. 1555/A; gemeint wohl: Slg. N. F. Nr. 1595/A) werde zum Ausdruck gebracht, daß es zum Wesen der Unternehmung im wirtschaftlichen Sinne gehöre, daß sie auf Erwerb gerichtet sei. Bereits in diesen beiden Erkenntnissen habe der Verwaltungsgerichtshof die "Gewinnabsicht - Ertragsabsicht eines Unternehmens" als wesentliches Element für die Begründung einer Kammermitgliedschaft erachtet. Die angesprochene "Gewinnabsicht - Ertragsabsicht" müsse dabei nicht bei jeder einzelnen Erwerbshandlung vorliegen, sie müsse aber im allgemeinen vorhanden sein; das heiße, es müsse "bei Berücksichtigung aller wirtschaftlichen Verhältnisse auf die Dauer mit der Erzielung von Gewinnen" gerechnet werden können. Im Gegensatz dazu präsentiere sich die Führung eines Stadttheaters als Tätigkeit, die aus dem Gesichtswinkel allgemeiner Erfahrungsgrundsätze der Betriebswirtschaftslehre eine objektive Ertragsunfähigkeit aufweise. Das heiße, rein objektiv gesehen sei diese Tätigkeit nicht in der Lage, jemals Erträge abzuwerfen. Aufwendungen in beträchtlicher Höhe erfolgten hier ohne Aussicht darauf, daß sie sich in späterer Zeit einmal "lohnend" gestalten würden. Auch der von der Stadt Klagenfurt betriebenen Privatzimmer-Vermittlungstätigkeit fehle es an einer derartigen Ertragsabsicht, da sie ohne Entgelt erfolge. Aus diesen Ausführungen gehe nun hervor, daß die angesprochenen Tätigkeiten keine Gewinnerzielungsabsicht - Ertragsabsicht (immanenter Bestandteil des im § 1 und § 3 Abs. 4 HKG normierten Unternehmensbegriffes) aufwiesen und demnach die diesbezüglich angenommene Kammermitgliedschaft und die darauf fußende Vorschreibung der Grundumlage keine gesetzliche Basis aufweise. In diesem Zusammenhang werde insbesondere auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. Juni 1984, Slg. N. F. Nr. 11.457/A, verwiesen, in der es heiße: "Der ORF ist als ein nicht auf Gewinn gerichteter Wirtschaftskörper keine Unternehmung im Sinne des HKG und daher nicht Kammermitglied und nicht kammerumlagepflichtig." Die vertretene Rechtsansicht werde vor allem auch durch die Erlassung der 8. HKG-Novelle, BGBl. Nr. 620/1991, bekräftigt, mit der zum Ausdruck komme, daß die Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft offensichtlich in dem hier strittigen Punkt aus ihrer Sicht einen Handlungsbedarf erkannt habe, weshalb mit der 8. HKG-Novelle dem § 3 HKG ein Abs. 4 mit folgendem Wortlaut beigefügt wurde: "Unternehmungen im Sinne der Abs. 2 und 3 müssen nicht in der Absicht betrieben werden, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen." Dieses Bundesgesetz sei jedoch erst mit 1. Jänner 1992 in Kraft getreten. Daraus folge, daß, wenn bereits vor dem 1. Jänner 1992 die fehlende "Ertragsabsicht" eines Unternehmens für die Beurteilung der maßgeblichen Voraussetzungen für die Begründung der Handelskammermitgliedschaft unmaßgeblich gewesen wäre, es einer solchen Novellierung nicht bedurft hätte. Weiters werde darauf verwiesen, daß es durch die Vorschreibung der Berechtigungsnummern 033, 034, 036 und 037 zu einer Doppelbelastung komme, weil die Berechtigungsnummer 037 bereits alle Veranstaltungen des Stadttheaters im Raum Kärnten mitumfasse.

Vorweg ist auf die Frage der Zulässigkeit der Beschwerde einzugehen:

Hiezu wird von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift unter Hinweis auf § 46 und § 54 des Klagenfurter Stadtrechts die Ansicht vertreten, daß der Bürgermeister nur dann in den Angelegenheiten des Stadttheaters bzw. sonstigen Unternehmungen der Stadt tätig werden könnte, wenn es sich um eine Angelegenheit der "laufenden Verwaltung" handle. Dies sei aber zu verneinen, weil die Erhebung einer Verfassungs- oder Verwaltungsgerichtshofbeschwerde jedenfalls eine außerordentliche Maßnahme sei und keine laufende Angelegenheit.

Zu diesem Vorbringen ist auf § 54 Abs. 1 des Klagenfurter Stadtrechts, LGBl. für Kärnten Nr. 58/1967, zu verweisen, wonach der Bürgermeister die Stadt vertritt. Wie der Verwaltungsgerichtshof - ausgehend vom hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 29. Mai 1980, Slg. N. F. Nr. 10.147/A - wiederholt ausgesprochen hat, können ordnungsgemäß kundgemachte Organisationsnormen für juristische Personen auch des öffentlichen Rechts nach außen Handlungsbeschränkungen der zur Vertretung berufenen Organe vorsehen; sprechen die Normen jedoch VON EINER VERTRETUNG NACH AUßEN SCHLECHTHIN (wie im Beschwerdefall das Klagenfurter Stadtrecht), so kann nicht auf anderweitige, bloß die Willensbildung im Innenverhältnis behandelnde Normen zurückgegriffen werden. Derart kann es auch dahingestellt bleiben, ob die Erhebung einer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde eine Angelegenheit der "laufenden Verwaltung" ist oder nicht. Wenn nämlich die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift aus den §§ 46 und 54 des Klagenfurter Stadtrechts abzuleiten sucht, diese Angelegenheit (als eine nicht behördliche Aufgabe der Stadt) obliege im Grunde des § 46 Abs. 1 des Klagenfurter Stadtrechts dem Stadtsenat, so würde damit lediglich im Sinne der vorgenannten hg. Rechtsprechung auf eine die Zulässigkeit der Beschwerde nicht berührende, bloß die Willensbildung im Innenverhältnis behandelnde Norm zurückgegriffen werden.

Die Beschwerde ist aber auch nicht etwa deshalb unzulässig, weil im Instanzenzug eine Feststellung der Umlagepflicht "für den Magistrat der Landestadt Klagenfurt" erfolgte.

Dem hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 25. Mai 1992, Zl. 91/15/0085, folgend, ist der Verwaltungsgerichtshof der Ansicht, daß es sich bei der Bezeichnung "Magistrat der Landeshauptstadt Klagenfurt" nur um ein Vergreifen im Ausdruck handelt und der Bescheidwille tatsächlich darauf ging, die festgestellte Umlagepflicht der beschwerdeführenden Gemeinde zuzurechnen, die als juristische Person des öffentlichen Rechts nur durch ihre Organe handeln kann. Der angefochtene Bescheid ist daher nicht als dem beschwerdeführenden Rechtsträger gegenüber als ins Leere gegangen anzusehen, weil das (prozessual) nicht rechtsfähige Organ "Magistrat der Landeshauptstadt Klagenfurt" des Rechtsträgers anstelle des Rechtsträgers selbst genannt wird.

Die Beschwerde ist daher zulässig. Sie ist auch - soweit darin die Tätigkeit des Stadttheaters Klagenfurt angesprochen wird - in der Sache begründet.

Nach der Verfassungsbestimmung des § 1 Abs. 1 HKG in der Fassung VOR der 8. HKG-Novelle, BGBl. Nr. 620/1991, sind die Kammern der gewerblichen Wirtschaft (Landeskammern, Bundeskammer) berufen, die gemeinsamen Interessen aller physischen und juristischen Personen sowie offener Handelsgesellschaften (Kommanditgesellschaften) zu vertreten, die sich aus dem selbständigen Betrieb von Unternehmungen des Gewerbes, der Industrie einschließlich insbesondere des Bergbaues, des Handels einschließlich insbesondere der Tabakverschleißer, des Geld-, Kredit- und Versicherungswesens einschließlich insbesondere der Geschäftsstellen der Klassenlotterie und der Lotto-Kollekturen, des Verkehrs einschließlich insbesondere der Unternehmungen des drahtlosen Nachrichtenverkehrs und der Kraftfahrschulen sowie des Fremdenverkehrs einschließlich insbesondere der Sanatorien, Kuranstalten, Heilbäder, Unterhaltungsstätten mit Musik und anderen Darbietungen, in denen Speisen und Getränke verabreicht werden, Privattheater, Lichtspieltheater, Konzertlokalunternehmungen, Konzert- und Künstleragenturen, Spielbanken und Kasinos sowie Schausteller, innerhalb ihres räumlichen Wirkungsbereiches ergeben.

Mitglieder jeder Kammer der gewerblichen Wirtschaft sind nach § 3 Abs. 2 HKG alle physischen und juristischen Personen sowie offenen Handelsgesellschaften (Kommanditgesellschaften), die zum selbständigen Betrieb von Unternehmungen des Gewerbes, der Industrie, des Handels, des Geld-, Kredit- und Versicherungswesens, des Verkehrs und des Fremdenverkehrs berechtigt sind.

Diese Bestimmung hat ihre zitierte Fassung durch die 3. HKG-Novelle, BGBl. Nr. 183/1954, erhalten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem Erkenntnis vom 6. Dezember 1950, Slg. N. F. Nr. 1808/A, die Rechtsansicht vertreten, daß nach den damaligen Fassungen des § 1 und § 3 Abs. 2 HKG (in der Stammfassung BGBl. Nr. 182/1946) für die Kammermitgliedschaft, aus der die Umlagepflicht folgt, folgende Merkmale erforderlich seien: Selbständigkeit, Berechtigung zum Betrieb sowie Unternehmenscharakter. Im damaligen Beschwerdefall hat der Gerichtshof die Mitgliedschaft der beschwerdeführenden Stadtgemeinde hinsichtlich ihrer Wasserwerke deshalb verneint, weil ein Träger der Hoheitsverwaltung in dieser Eigenschaft nicht Mitglied der Kammer der gewerblichen Wirtschaft sein kann. In diesem Erkenntnis ist auch auf die "Gewinnabsicht" in Ansehung des Unternehmenscharakters insoweit Bezug genommen worden, als sich deren Prüfung bei der gegebenen Sachlage im Hinblick auf den dargestellten Rechtssatz erübrigte.

In einem weiteren Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes, nämlich dem Erkenntnis vom 4. Juli 1950, Slg. N. F. Nr. 1595/A, kommt zum Begriff der "Unternehmung" im Sinne des § 3 Abs. 2 HKG (in der Stammfassung) zum Ausdruck, zum Wesen der Unternehmung im wirtschaftlichen Sinn gehöre es, daß sie auf Erwerb gerichtet sei und daß das Vorbringen des damals beschwerdeführenden Landes, seine Wasserwerke seien nicht nach "gewinnwirtschaftlichen" Gesichtspunkten aufgebaut und geführt, durch die Bundeskammer nicht entkräftet worden sei. Auch in diesem Erkenntnis wurde sohin die diesbezügliche Kammermitgliedschaft verneint.

Unter Bezugnahme auf diese beiden Erkenntnisse hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 5. Juni 1984, Slg. N. F. Nr. 11.457/A, die Auffassung vertreten, daß der Verwaltungsgerichtshof bereits in diesen Erkenntnissen vom 6. Dezember 1950 und vom 4. Juli 1950 - wenn auch zur Rechtslage nach der Stammfassung des HKG - die mit der entsprechenden Berechtigung zum Betrieb eines Unternehmens verbundene "Gewinnabsicht" als wesentlich erachtet habe. Im genannten Erkenntnis vom 5. Juni 1984 hat der Verwaltungsgerichtshof weiters die Auffassung vertreten, daß ein Vergleich der Stammfassung des HKG in den hier maßgeblichen Bestimmungen des § 1 Abs. 1 und § 3 Abs. 2 mit der (im damaligen und auch im nunmehrigen Beschwerdefall anzuwendenden) Fassung der 3. HKG-Novelle zeige, daß die Rechtslage in Ansehung der erforderlichen Gewinnabsicht eines Unternehmens für die Mitgliedschaft zu einer Kammer der gewerblichen Wirtschaft keine Änderung erfahren habe.

Von dieser Rechtsansicht, daß die mit der entsprechenden Berechtigung zum Betrieb eines Unternehmens verbundene "Gewinnabsicht" für die Mitgliedschaft zu einer Kammer der gewerblichen Wirtschaft wesentlich ist, abzugehen, sieht sich der Verwaltungsgerichtshof auch im Lichte des vorliegenden Beschwerdefalles nicht veranlaßt. Zu einem anderen Ergebnis führen dabei auch nicht die in der Gegenschrift der belangten Behörde vorgebrachten Erwägungen, bei den sogenannten "Privattheatern" handle es sich nach ihrer Typologie um Theater, und zwar andere als Bundestheater im Sinne des Art. 10 Abs. 1 Z. 13 B-VG; dem Gesetzgeber der Stammfassung des HKG sei, wie auch allen nachfolgenden Gesetzgebern, die im Bereich des HKG tätig geworden seien, bekannt gewesen, daß die im Gesetz zitierten "Privattheater" sämtliche objektiv nie geeignet gewesen seien, Gewinne zu erzielen (bzw. sie objektiv immer auf Subventionen seitens Gebietskörperschaften angewiesen gewesen seien). Von der belangten Behörde wird hiebei übersehen, daß auch derartige Unternehmungen an denselben Gesichtspunkten des hier maßgeblichen Unternehmensbegriffes zu messen sind, wie jedes andere Unternehmen. Derart kann es aber auch dahingestellt bleiben, ob eine solche gesetzliche Differenzierung - wollte man der Rechtsansicht der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift folgen - aus entsprechenden Unterschieden im Tatsächlichen ableitbar ist, also sachlichen Erwägungen des Gesetzesgebers entspringt, und insofern das Gesetz dem verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz entspricht. Nur der Vollständigkeit halber sei angemerkt, daß aus den allgemeinen Ausführungen der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift (noch) nicht abgeleitet werden kann, auch ein - insbesondere in seiner Spielplangestaltung - vorwiegend unter kommerziellen Gesichtspunkten geführtes "Privattheater" könnte unter keinen Umständen unter Gewinnerzielungsabsicht geführt werden.

An der oben dargelegten Beurteilung vermag auch der Hinweis der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid auf Ausführungen in den Materialien zur 8. HKG-Novelle nichts zu ändern. Abgesehen von der Frage, inwieweit ein späteres Gesetz (bzw. dessen Materialien) überhaupt zur Auslegung eines früheren Gesetzes herangezogen werden kann, steht die Aussage, daß es sich um eine (bloße) Klarstellung handle, jedenfalls in einem (offenen) Widerspruch zur dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Es liegt vielmehr der Schluß nahe, daß im Hinblick auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Gesetzgeber eine neue - seinen rechtspolitischen Zielsetzungen entsprechende - Regelung traf, die die zur bisherigen Regelung ergangene Judikatur gegenstandslos machte.

Soweit aber von der belangten Behörde - offenbar bezogen auf die Privatzimmer-Vermittlungstätigkeit - in ihrer Gegenschrift (zusammengefaßt) die Ansicht vertreten wird, lägen die Verhältnisse so, wie die Beschwerdeführerin behaupte, so hätte sie sich selbst "rechtswidrigerweise eine Gewerbeberechtigung für etwas verliehen, wofür es überhaupt keine Gewerbeberechtigung geben kann", so ist sie im Ergebnis im Recht.

Unternehmungen sind als Träger einschlägiger Berechtigungen ex lege Mitglied der jeweils sachlich zuständigen Fachgruppe (Innung, Gremium) und der Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft sowie auch der analogen Selbstverwaltungskörperschaften auf Bundesebene (vgl. dazu auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 2. Oktober 1989, Slg. 12.175).

Im Gegensatz zur Tätigkeit des Klagenfurter Stadttheaters, die sich auf eine Berechtigung nach dem Kärntner Veranstaltungsgesetz gründet, wird die Privatzimmer-Vermittlungstätigkeit unbestritten auf Grund einer Gewerbeberechtigung (nach der GewO 1973) ausgeübt. Wenn nun die Handelskammermitgliedschaft nach § 3 Abs. 2 HKG von der Berechtigung zum selbständigen Betrieb der in dieser Bestimmung genannten Unternehmungen und nicht etwa von der Ausübung dieser Berechtigung selbst abhängt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 8. Februar 1994, Zl. 93/08/0161, und die dort angegebenen Judikaturhinweise), so ist damit in Ansehung einer Gewerbeberechtigung (nach der GewO 1973) für eine Beurteilung der "Gewinnabsicht" im Sinne der oben ausgeführten Rechtsprechung kein Raum (mehr). Das Wesen der Gewerbeberechtigung im Sinne der Gewerbeordnung ist das subjektiv-öffentliche Recht, eine bestimmte Erwerbstätigkeit unter den im Gesetz hiefür aufgestellten Bedingungen (unbehindert) auszuüben. Eine gewerbsmäßig ausgeübte Tätigkeit wird aber im Grunde des § 1 Abs. 2 GewO 1973 (auch) in der Absicht betrieben, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist. Derart ist der Gewerbeberechtigung eine "Gewinnabsicht" im Sinne der oben angeführten Rechtsprechung immanent.

Von der Beschwerdeführerin wird daher (nur) zutreffend gerügt, daß die belangte Behörde die Rechtslage insoweit verkannte, indem sie in Ansehung der Tätigkeit des Klagenfurter Stadttheaters auf Grund einer Berechtigung nach dem Kärntner Veranstaltungsgesetz davon ausging, die Beschwerdeführerin sei selbst bei Fehlen einer Gewinnabsicht hinsichtlich der erwähnten Berechtigung zur Entrichtung der gegenständlichen Grundumlage verpflichtet.

Abgesehen davon belastete die belangte Behörde aber schon aus folgendem - in der Beschwerde nicht geltend gemachten - Grund den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes:

Gemäß § 57g Abs. 1 HKG hat die zur Vorschreibung einer Grundumlage oder Eintragungsgebühr zuständige Körperschaft (bei Vorschreibung der Eintragungsgebühr im Bereich der Sektion Handel diese Sektion) über die Art und das Ausmaß der Umlagepflicht einen Bescheid zu erlassen, wenn dies von der zahlungspflichtigen Person spätestens einen Monat nach Vorschreibung verlangt wird.

Gemäß § 59 Abs. 1 AVG hat der Spruch eines Bescheides die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteianträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen.

Ausgehend von dieser Gesetzeslage folgt aber, daß sämtliche für Art und Ausmaß der Umlagepflicht maßgebenden Umstände in den normativen Spruchinhalt eines Feststellungsbescheides nach § 57g Abs. 1 HKG aufzunehmen sind, was insbesondere für die danach maßgebenden "Berechtigungen" und die sich hieraus ergebende Zugehörigkeit u.a. zu einer bestimmten Fachgruppe gilt. Der Umstand, daß Spruch und Begründung eines Bescheides als Einheit anzusehen sind, hat nicht zur Folge, daß die Begründung eines Bescheides zur Ergänzung seines Spruches herangezogen werden dürfte (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 1994, Zl. 93/04/0121, und die dort bezeichnete weitere hg. Rechtsprechung).

Im vorliegenden Fall enthält der erstbehördliche Bescheid in seinem Spruch keinen Hinweis auf die die Grundumlagepflicht der Beschwerdeführerin begründenden Berechtigungen im Sinne des § 57a Abs. 4 HKG. Lediglich in der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides wird auf eine "einen Bestandteil dieses Bescheides" bildende Beilage verwiesen.

Durch die Bestätigung des erstbehördlichen Bescheides erhob die belangte Behörde in Anwendung des § 66 Abs. 4 AVG den Spruch des erstinstanzlichen Bescheides zum Inhalt des angefochtenen Bescheides. Die dem Spruch des erstbehördlichen Bescheides anhaftende Rechtswidrigkeit trifft daher im übernommenen Umfang auch auf den angefochtenen Bescheid zu.

Da die belangte Behörde dies verkannte, war der angefochtene Bescheid schon aus diesem Grund wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG in vollem Umfang aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere auf deren Art. III Abs. 2.

Schlagworte

Maßgebender Bescheidinhalt Inhaltliche und zeitliche Erstreckung des Abspruches und der RechtskraftInhalt des Spruches Anführung des BescheidadressatenBescheidcharakter BescheidbegriffMangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Rechtsverletzung des Beschwerdeführers Beschwerdelegitimation bejahtIndividuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Mangel der Rechtsfähigkeit und Handlungsfähigkeit sowie der Ermächtigung des EinschreitersRechtsfähigkeit Parteifähigkeit Gebietskörperschaft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1992040177.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

17.09.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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