TE Vwgh Erkenntnis 1994/8/11 94/06/0099

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.08.1994
beobachten
merken

Index

L80006 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Steiermark;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
58/01 Bergrecht;

Norm

BergG 1975 §2 Abs1;
BergG 1975 §3;
BergG 1975 §4;
BergG 1975 §5;
B-VG Art10 Abs1 Z10;
B-VG Art102 Abs2;
B-VG Art118 Abs3 Z9;
ROG Stmk 1974 §1 Abs3;
ROG Stmk 1974 §50a;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Müller, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde des F in S, vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 24. März 1994, Zl. 03-10 P 65-94/1, betreffend Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes gemäß § 50a des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 1974 (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde S, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 7. Oktober 1993 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 50a des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 1974, LGBl. Nr. 41/1991, aufgefordert, auf seinen Grundstücken Nr. 119/1, 182, 123 und 124 die Entnahme von Erd- und Schottermaterial sowie die Lagerung bzw. Anschüttung von Erde und Humus und dergleichen ab sofort zu unterlassen. Gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer aufgetragen, auf den genannten Grundstücken binnen drei Monaten nach Rechtskraft des Bescheides den gesetzmäßigen Zustand herzustellen, die Mulde aufzufüllen und den Erdwall abzutragen; für den Nichtbeachtungsfall wurde die Ersatzvornahme angedroht.

Der dagegen eingebrachten Berufung des Beschwerdeführers gab der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde mit Bescheid vom 5. November 1993 keine Folge. Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Vorstellung hat die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 24. März 1994 abgewiesen. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, die vom Beschwerdeführer behauptete Erforderlichkeit der Materialentnahme für den Eigenbedarf im Rahmen der Bewirtschaftung des eigenen landwirtschaftlichen Betriebes sei von ihm in keiner Weise begründet nachgewiesen worden. Aufgrund der bereits erreichten Dimension des Abbaubereiches mit einer Muldengröße von ca. 2.500 bis 3.000 m2 bei einer Tiefe bis zu 2 m sowie der Art der Schottergewinnung mit Hilfe einer Laderaupe und dem Abtransport des gewonnenen Materials durch Fremdfahrzeuge könne nicht mehr von einer für den eigenen landwirtschaftlichen Bedarf erforderlichen Freilandnutzung gesprochen werden. Die durchgeführten Arbeiten deuteten eher auf eine geplante gewerbliche Nutzung hin. Diesen Schluß lege auch das vom Beschwerdeführer zitierte Ansuchen aus dem Jahre 1992 an die mitbeteiligte Marktgemeinde nahe, in dem die Festlegung des betroffenen Areals als Sondernutzung im Freiland für einen Schotterabbau beantragt worden sei. Dieser Antrag sei mit dem betriebswirtschaftlich erforderlichen Verkauf des Schotters begründet worden, es sei die damals beantragte Sondernutzungsfläche offensichtlich mit den jetzt im Freiland durchgeführten Abbaumaßnahmen in der Dimensionierung ident. Im vorliegenden Fall sei keine Sondernutzung im Freiland für einen Schotterabbau festgelegt worden; für den Gemeinderat bestehe keinerlei Verpflichtung zur Änderung des Flächenwidmungsplanes.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Dem gesamten Akt können keine Feststellungen dahingehend entnommen werden, auf welche mineralischen Rohstoffe sich der "Erd- und Schotterabbau" bezieht. Nun bestimmt § 2 Abs. 1 des Berggesetzes 1965 in der Fassung BGBl. Nr. 355/1990, daß dieses Bundesgesetz für das Aufsuchen und Gewinnen der bergfreien, bundeseigenen und grundeigenen mineralischen Rohstoffe gelte. Die bergfreien mineralischen Rohstoffe sind sodann in dessen § 3, die bundeseigenen mineralischen Rohstoffe in § 4 und die grundeigenen mineralischen Rohstoffe in § 5 aufgezählt. Wenn nun der verfahrensgegenständliche Schotterabbau aufgrund der vorgefundenen Mineralien dem Berggesetz unterliegen sollte, so folgt daraus aus kompetenzrechtlicher Betrachtung, daß wegen der dann gegebenen Zuständigkeit des Bundes zur Gesetzgebung und Vollziehung in Angelegenheiten des Bergwesens kein Raum für die Anwendung des § 50 a ROG bleibt (vgl. schon das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 25. Juni 1954, Slg. 2685, betreffend Bauführungen im Bereich des Bergwesens, sowie das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, Slg. 2674/1954, betreffend die Abgrenzung der Landesplanungskompetenzen von den Fachplanungen des Bundes und zu den Konsequenzen dieser Erkenntnisse für die Landesraumordnung am Beispiel des Verhältnisses des steiermärkischen Bau- und Raumordnungsrechtes zum Wasserrecht Mayer, Wasserkraftwerke im Verwaltungsrecht, 1991, S 71 ff). Dieser verfassungsrechtlichen Regelung trägt auch § 1 Abs. 3 des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 1974, LGBl. Nr. 127/1974, Rechnung, der den Geltungsbereich und damit auch die Planungstätigkeit des Landes und der Gemeinden von der Zuständigkeit des Bundes abgrenzt. Diese Bestimmung hat folgenden Wortlaut:

"Soweit durch die Bestimmung dieses Gesetzes der Zuständigkeitsbereich des Bundes, insbesondere in Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie, des Verkehrswesens bezüglich der Eisenbahnen sowie der Bundesstraßen, des Bergwesens, des Forstwesens und des Denkmalschutzes berührt wird, kommt diesen Bestimmungen keine über die Zuständigkeit des Landes hinausgehende rechtliche Wirkung zu."

Da die Gemeindeaufsichtsbehörde nicht erkannte, daß dem vorgelegten Akt der mitbeteiligten Gemeinde keine Feststellungen entnommen werden konnten, ob eine Zuständigkeit der Gemeinde überhaupt gegeben war und auch die erforderlichen Ermittlungen nicht selbst durchführte, belastete sie ihrerseits den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Mit der Erledigung der Beschwerde ist der Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gegenstandslos.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994060099.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten