TE Vwgh Erkenntnis 1994/8/11 94/12/0045

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Veröffentlicht am 11.08.1994
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Index

63/05 Reisegebührenvorschrift;
70/06 Schulunterricht;

Norm

RGV 1955 §2;
RGV 1955 §49a Abs1 Z1;
RGV 1955 §49a Abs1 Z2;
SchulveranstaltungsV 1990 idF 1991/137;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissärin Mag. Unterer, über die Beschwerde des K in X, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 24. Jänner 1994, Zl. SchA-69704/25/94, SchA-62705/35/94, betreffend Reisegebühren nach § 49a RGV 1955, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Kärnten hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Hauptschullehrer in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Kärnten; seine Dienststelle ist die Hauptschule XY.

Vom 1. bis einschließlich 6. März 1993 war der Beschwerdeführer als Begleitlehrer für eine Wintersportwoche seiner Schule eingeteilt. Im Organisationsplan dieser Schulveranstaltung war die Anzahl der insgesamt teilnehmenden Schüler mit 70 ausgewiesen; neben dem Leiter der Schulveranstaltung wurden sechs Begleitlehrer vorgesehen.

Tatsächlich nahmen an dieser Schulveranstaltung nur 65 Schüler und die vorher angegebene Anzahl an Begleitlehrpersonen teil.

Da der Beschwerdeführer, obwohl er an dieser Schulveranstaltung wie vorgesehen teilgenommen hatte, keine Reisegebühren erhielt, begehrte er bescheidmäßigen Abspruch.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde wie folgt abgesprochen:

"Spruch

Dem eingebrachten Antrag des Herrn HL K, Hauptschule XY, vom 17. September 1993, Zahl: SchA-69.704/22/93, auf Zuerkennung der in Rechnung gestellten Bauschvergütung für die Teilnahme als Begleitlehrer an der Wintersportwoche auf der Gerlitze der zweiten Klassen (2a, 2b und 2c) der Hauptschule XY, vom 1. März 1993 bis einschließlich 6. März 1993) wird gemäß § 49a der Reisegebührenvorschrift 1955, BGBl. Nr. 133/1955 i.d.g.F., in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Unterricht und Kunst über die Festsetzung der Reisegebühren für die Teilnahme an Schulveranstaltungen, BGBl. Nr. 622/1991, sowie aufgrund der Verordnung des Bundesministers für Unterricht, Kunst und Sport vom 7. Juni 1990, über Schulveranstaltungen (Schulveranstaltungsverordnung), BGBl. Nr. 397/1990 (Wintersportwochen: Anlage 4.1), zuletzt geändert mit Verordnung des Bundesministers für Unterricht und Kunst, BGBl. Nr. 137/1991, keine Folge gegeben."

Zur Begründung wird nach Wiedergabe des Verfahrensablaufes im wesentlichen weiter ausgeführt, die auf § 13 des Schulunterrichtsgesetzes, BGBl. Nr. 472/1986, in der geltenden Fassung basierende Verordnung des Bundesministers für Unterricht, Kunst und Sport vom 7. Juni 1990, über Schulveranstaltungen (Schulveranstaltungsverordnung), BGBl. Nr. 397/1990, sei mit Verordnung BGBl. Nr. 137/1991 geändert worden. Die Bestimmungen dieser Novelle, die vor allem hinsichtlich der Schülergruppenhöchststärken sowie des Einsatzes der erforderlichen Begleitlehrer wesentliche Änderungen mit sich gebracht haben, seien bereits mit Erlaß vom 14. Mai 1991 in inhaltlicher Fassung allen Schulleitern zur nachweislichen Information der betroffenen Lehrer zur Kenntnis gebracht worden. Bei Wintersportwochen seien neben dem Leiter ab 14 teilnehmenden Schülern und für je weitere 14 Schüler jeweils ein weiterer Lehrer (eine weitere Begleitperson) vorzusehen. Sei der nach einer Teilung der Gesamtzahl der teilnehmenden Schüler durch 14 verbleibende Rest mindestens 7, so sei ein weiterer Lehrer (eine weitere Begleitperson) vorzusehen, wenn dadurch eine bessere Abwicklung der Schulveranstaltung gewährleistet oder dadurch der Sicherheit der Schüler vermehrt Rechnung getragen werde. Das ergäbe, bei einer Anzahl von 49 bis 62 teilnehmenden Schülern: ein Leiter und vier Begleitlehrer sowie

bei einer Anzahl von 63 bis 76 teilnehmenden Schülern: ein Leiter und fünf Begleitlehrer(-personen).

Es sei - so die belangte Behörde weiter in der Begründung des angefochtenen Bescheides - ausdrücklich darauf hinzuweisen, daß es bei der Anzahl der Schüler auf die Gesamtzahl der an der konkreten Schulveranstaltung tatsächlich teilnehmenden Schüler und nicht auf jene, welche im Organisationsplan enthalten sei, ankomme. Das bedeute im gegenständlichen Fall, daß an der im Spruch angeführten Schulveranstaltung tatsächlich nur 65 Schüler teilgenommen haben, sodaß für diese Veranstaltung ein Leiter sowie nur fünf Begleitlehrer(-personen) vorzusehen gewesen wären. Gleichzeitig wären bereits aufgrund der im Organisationsplan dieser Schulveranstaltung ausgewiesenen Anzahl der insgesamt teilnehmenden Schüler (70) die Teilnahme eines Leiters sowie von nur fünf Begleitlehrern(-personen) vorzusehen gewesen.

In der dazu ergangenen Stellungnahme der Schulleitung werde bestätigt, daß die Bestimmungen des Erlasses vom 14. Mai 1991 dem Beschwerdeführer nachweislich zur Kenntnis gebracht worden seien. Des weiteren werde in dieser Stellungnahme auf die im Organisationsplan dieser Schule eingetragenen Bemerkungen sowie auf das Beilageschreiben (Teilwiedergabe der Schulkonferenz vom 8. Februar 1993) hingewiesen. In den Bemerkungen im Organisationsplan dieser Wintersportwoche komme zum Ausdruck, daß an der konkreten Schulveranstaltung sehr viele Anfänger teilgenommen hätten. Daraus könne allerdings keine Rechtfertigung für die Teilnahme eines(r) sechsten Begleitlehrers(-person) abgeleitet werden, da es für die belangte Behörde als selbstverständlich erscheine, daß an einer Wintersportwoche Schüler teilnehmen, die unterschiedliche schifahrerische technische Kenntnisse und Fertigkeiten aufweisen. Auch die zusätzliche Bemerkung im Organisationsplan "2c - eigener Klassenvorstand laut Amt der Kärntner Landesregierung (ehemals HS 2)" sei für die belangte Behörde nicht nachvollziehbar, und könne daher für die Teilnahme eines zusätzlichen (sechsten) Begleitlehrers nicht ins Treffen geführt werden. Als zusätzliches Argument in der Stellungnahme der Schulleitung werde auf das Beilageschreiben (Teilwiedergabe der Schulkonferenz vom 8. Februar 1993) hingewiesen, in welchem zum Ausdruck komme, daß an der gegenständlichen Schulveranstaltung verhaltensgestörte Schüler teilgenommen hätten, sodaß die Meldung eines zusätzlichen Begleitlehrers erfolgt sei. Wenngleich auch die belangte Behörde die Teilnahme von verhaltensgestörten Schülern an Projektwochen vor allem aus pädagogischen und sozialen Gründen befürworte, könne jedoch die im nachhinein erfolgte Geltendmachung dieses Umstandes nicht berücksichtigt werden, denn im Organisationsplan seien seitens der Schulleitung diesbezüglich keinerlei Angaben unter dem Betreff Bemerkungen getätigt. In diesem Zusammenhang wäre die Schulleitung verpflichtet gewesen, mit der belangten Behörde in Kontakt zu treten, um aufgrund dieser vorliegenden Umstände (insbesondere der Teilnahme von verhaltensauffälligen Schülern) die Bewilligung für einen zusätzlichen (sechsten) Begleitlehrer zu erwirken.

Abschließend werde festgestellt, daß die Schulleitung der genannten Hauptschule in Anbetracht der Kenntnis der angeführten gesetzlichen Bestimmungen sowie der wahren Sachlage verpflichtet gewesen wäre, neben dem Leiter nur fünf Begleitlehrer(-personen) an der gegenständlichen Wintersportwoche teilnehmen zu lassen. Es sei somit dem Antrag des Beschwerdeführers der Erfolg zu versagen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Reisegebühren nach § 49a RGV 1955 durch unrichtige Anwendung dieser Norm in Verbindung mit §§ 1 und 2 sowie durch unrichtige Anwendung der Verfahrensbestimmungen über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung verletzt.

In Ausführung dieses Beschwerdepunktes bringt der Beschwerdeführer als inhaltliche Rechtswidrigkeit vor, es stehe außerstreit, daß nach der Schulveranstaltungsverordnung für einen Fall der gegenständlichen Art nur fünf Begleitpersonen teilzunehmen gehabt hätten. Dies allerdings mit der Einschränkung, daß die Verordnung eine höhere Zahl von Begleitlehrern nicht ausschließe, insbesondere dann nicht, wenn dafür ausreichende oder zwingende Gründe gegeben seien. Als ein Grund in diesem Sinne komme zweifellos die Teilnahme von behinderten Schülern in Frage, bezüglich welcher der erhöhte Betreuungsbedarf keine Frage sei. Es handle sich hier um eine Ausführungsverordnung zu einem Gesetz, sodaß es jedenfalls im Zweifel unzulässig sei, der Norm des niedrigeren Ranges den Sinn zu unterstellen, daß sie ein verpflichtendes Gebot - nämlich der Gewährleistung einer ausreichenden Betreuung der (behinderten) Schüler - des ihr zugrunde liegenden Gesetzes verletze. Setze man dies voraus, so sei es undenkbar, daß die Teilnahme einer ausreichenden Zahl von Begleitlehrern nur deshalb rechtswidrig sei, weil nicht im vorhinein eine Abklärung mit der "Entscheidungsbehörde" erfolgt sei. Die diesbezügliche Rechtsansicht der belangten Behörde erweise sich daher, unabhängig vom grundsätzlichen Rechtsstandpunkt, welcher dem angefochtenen Bescheid zugrunde liege, als verfehlt.

Dies sei aber nicht von unmittelbarer Bedeutung, weil die Rechtsansicht der belangten Behörde eindeutig gesetzwidrig sei, weil die entscheidende Tatsache darin liege, daß der Beschwerdeführer jedenfalls über Dienstauftrag an der Schulveranstaltung teilgenommen habe. Wenn auch eine dahingehende Feststellung in der Bescheidbegründung fehle, so sei dieser doch andererseits zu entnehmen, daß diese Tatsache außer Streit stehe. Mittelbar werde das auch dadurch bestätigt, daß die belangte Behörde ausdrücklich davon spreche, daß es Aufgabe der SCHULLEITUNG gewesen wäre, nur vier Begleitpersonen teilnehmen zu lassen. Hinzu komme, daß die belangte Behörde ausdrücklich anführe, daß neben dem Leiter der Schulveranstaltung "sechs Begleitlehrer(-personen) im Organisationsplan eingetragen" gewesen seien. Das könne praktisch nichts anderes bedeuten, als daß der Beschwerdeführer einen Dienstauftrag zur Teilnahme erhalten habe.

Stehe aber damit fest, daß der Beschwerdeführer in ERFÜLLUNG EINER DIENSTPFLICHT tätig geworden sei, so gebe es überhaupt keinen Zweifel über die richtige rechtliche Beurteilung. § 49a RGV 1955 sehe ein Reisegebührenpauschale für Aufwendungen vor, die mit der TEILNAHME an Schulveranstaltungen im Sinne der Schulveranstaltungsverordnung verbunden seien. Daß die gegenständliche Schulveranstaltung zu dieser Kategorie gehört habe, sei unbestritten. Der Reisegebührenanspruch nach dieser Norm bestehe daher, weil die in ihr genannte Voraussetzung der Teilnahme erfüllt sei.

Diesem Vorbringen kommt im Ergebnis Berechtigung zu.

Nach § 1 Abs. 1 der Reisegebührenvorschrift 1955, BGBl. Nr. 133, die gemäß § 92 des Gehaltsgesetzes 1956 auf Gesetzesstufe steht und gemäß § 106 Abs. 1 Z. 6 LDG 1984 auch auf Landeslehrer anzuwenden ist, haben die Beamten nach Maßgabe dieser Verordnung Anspruch auf den Ersatz des Mehraufwandes der ihnen durch auswärtige Dienstverrichtungen erwächst. Eine Dienstreise im Sinne dieser Verordnung liegt nach § 2 vor, wenn sich ein Beamter zur Ausführung eines ihm erteilten Dienstauftrages oder aufgrund seiner Dienstinstruktion an einen außerhalb des Dienstortes (außerhalb des Ortes der Dienstzuteilung) gelegenen Ort begibt und die Wegstrecke von der Dienststelle zu diesem Ort mehr als zwei Kilometer beträgt.

Für die Aufwendungen, die mit der Teilnahme an

1. Schulveranstaltungen im Sinne der Schulveranstaltungsverordnung, BGBl. Nr. 397/1990, und

2. gleichwertigen Schulveranstaltungen, die an den pädagogischen und berufspädagogischen Akademien durchgeführt werden, verbunden sind, haben Lehrer nach § 49a RGV 1955 abweichend von den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes Anspruch auf Reisegebühren, die unter Bedachtnahme auf die Art dieser Veranstaltung und die mit der Teilnahme an ihnen verbundenen Gegebenheiten vom zuständigen Bundesminister im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler und dem Bundesminister für Finanzen durch Verordnung festzusetzen sind.

Diese Festsetzung ist mit Verordnung des Bundesministers für Unterricht und Kunst, BGBl. Nr. 622/1991, im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler und dem Bundesminister für Finanzen erfolgt.

Maßgebend für den Anspruch eines Beamten auf Reisegebühren ist demnach grundsätzlich, daß dieser Beamte in Ausführung eines Dienstauftrages eine auswärtige Dienstverrichtung zu erbringen hat. Abweichend von den gemeinsamen Bestimmungen enthält das II. Hauptstück der RGV 1955 Sonderbestimmungen für bestimmte Besoldungsgruppen bzw. Verwendungen. Im § 49a ist eine solche Sonderregelung für die Aufwendungen, die mit der Teilnahme an Schulveranstaltungen im Sinne der Schulveranstaltungsverordnung verbunden sind, festgesetzt. Entscheidend für einen Anspruch auf Reisegebühren nach § 49a RGV 1955 ist daher im Zusammenhang mit der genannten Verordnung, daß eine tatsächliche Teilnahme an einer der im § 49a Abs. 1 Z. 1 bzw. Z. 2 umschriebenen Schulveranstaltungen in Erfüllung eines Dienstauftrages erfolgt ist.

Im Beschwerdefall ist vom Sachverhalt her unbestritten, daß der Beschwerdeführer den Dienstauftrag zur Teilnahme an einer solchen Schulveranstaltung gehabt hat und daß dieser Dienstauftrag nicht widerrufen worden ist. Bei dieser Sachlage sieht der Verwaltungsgerichtshof keine Verpflichtung des Beschwerdeführers, aufgrund der Kenntnis der Schulveranstaltungsverordnung von sich aus von der Teilnahme an der Wintersportwoche zurückzutreten. Es wäre vielmehr Aufgabe der Vorgesetzten gewesen, allenfalls notwendige Verfügungen zu treffen und auch festzusetzen, welche der Begleitpersonen an der Wintersportwoche nicht teilzunehmen hat.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als inhaltlich rechtswidrig und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994120045.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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