TE Vwgh Erkenntnis 1994/9/8 94/18/0090

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Veröffentlicht am 08.09.1994
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
90/01 Straßenverkehrsordnung;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

FrG 1993 §18 Abs1 Z1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z2;
FrG 1993 §21;
KFG 1967 §73;
StVO 1960 §4;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des A in S, vertreten durch Dr. X, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 8. September 1993, Zl. III 162-1/93, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 Z. 1 und den §§ 19, 20 und 21 FrG ein mit fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen. In der Begründung stellte die belangte Behörde im wesentlichen fest, daß der Beschwerdeführer, der sich seit dem 3. April 1990 im Bundesgebiet aufhalte, als Kellner beschäftigt und gemeinsam mit seinem Vater Geschäftsführer einer Gesellschaft m.b.H. sei, insgesamt 21 rechtskräftige Bestrafungen wegen Verwaltungsübertretungen sowie eine gerichtliche Verurteilung wegen Sachbeschädigung aufweise. Die "wichtigsten" der vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten seien exzessive Geschwindigkeitsüberschreitungen (am 2. Juli 1992,

3. August 1992, 6. Oktober 1992, 27. Februar 1993 und 10. Juni 1993, wobei in der Begründung des angefochtenen Bescheides jeweils die Bezeichnung der Straße, die Uhrzeit und das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung angeführt wurden), Verkehrsunfälle und "Fahrerflucht" (am 30. September 1992 und am 31. März 1993), die Verweigerung des Alkotests (am 27. November 1992) sowie die Sachbeschädigung am 26. November 1992. Das daraus ersichtliche Gesamtverhalten des Beschwerdeführers rechtfertige die Annahme, daß sein Aufenthalt im Bundesgebiet insbesondere die öffentliche Sicherheit gefährde. Weder Strafen noch die Einleitung fremdenpolizeilicher Maßnahmen hätten den Beschwerdeführer "zur Einhaltung eines rechtstreuen Lebens" veranlassen können; "trotz, ja gerade wegen seines "jugendlichen" Alters" sei eine für ihn "negativ ausfallende Zukunftsprognose" gerechtfertigt. Aufgrund seiner Neigung, sich über Rechtsvorschriften hinwegzusetzen, sei der mit dem Aufenthaltsverbot verbundene Eingriff in das Leben des Beschwerdeführers und seiner Angehörigen zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele des Schutzes der öffentlichen Ruhe und Ordnung sowie zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen dringend geboten. Die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Angehörigen - der Beschwerdeführer habe intensive familiäre Bindungen zu seinen im Bundesgebiet lebenden, gut integrierten Eltern und Geschwistern - wögen angesichts der Vielzahl der von ihm begangenen, die Allgemeinheit schwer gefährdenden Straftaten nicht schwerer als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung.

Mit Beschluß vom 30. November 1993, B 1682/93, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der vom Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde ab; mit dem weiteren Beschluß vom 8. Februar 1994 wurde die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat darüber nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens durch die belangte Behörde erwogen:

Der Beschwerdeführer macht geltend, daß dem angefochtenen Bescheid eine exakte Sachverhaltsfeststellung nicht zu entnehmen sei, weil die Verwaltungsvorstrafen nicht "mit Aktenzahl, Tatzeit, Tatort, festgestelltem Delikt und ausgemessener Strafe" aufgezählt seien. Damit vermag der Beschwerdeführer keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit aufzuzeigen. Abgesehen davon, daß der mit dem angefochtenen Bescheid bestätigte erstinstanzliche Bescheid ohnedies eine genaue Auflistung der rechtskräftigen Verwaltungsstrafen des Beschwerdeführers mit Angabe des Datums der jeweiligen Bestrafung, der übertretenen Norm, der angewendeten Strafbestimmung und der verhängten Strafe enthält, wurden die wesentlichen vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten in der Begründung des angefochtenen Bescheides mit der für eine Subsumtion des Gesamt(fehl)verhaltens unter den Tatbestand des § 18 Abs. 1 Z. 1 FrG (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 1993, Zl. 93/18/0247) ausreichenden Bestimmtheit umschrieben. Aufgrund der rasch aufeinanderfolgenden, massiven Verstöße des Beschwerdeführers gegen wesentliche, die Sicherheit des Straßenverkehrs betreffende Vorschriften - die Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 StVO zählt an sich schon zu den schwerwiegenden Verwaltungsübertretungen nach § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG - nicht zuletzt auch im Verein mit dem gerichtlich strafbaren Vergehen der Sachbeschädigung stößt die Annahme der belangten Behörde, dieses Gesamt(fehl)verhalten des Beschwerdeführers rechtfertige die im § 18 Abs. 1 FrG näher umschriebene Annahme, auf keine Bedenken.

Unberechtigt ist auch der in bezug auf § 19 FrG erhobene Einwand des Beschwerdeführers, die Erstbehörde hätte entsprechend dem Grundsatz, daß jeweils das gelindeste zur Beseitigung der Gefahr taugliche Mittel zur Anwendung zu kommen habe, zunächst mit der Entziehung der Lenkerberechtigung des Beschwerdeführers vorgehen müssen; dies schon deshalb, weil kraftfahrrechtliche Maßnahmen wie die Entziehung der Lenkerberechtigung keine Gewähr dafür bieten, daß der Beschwerdeführer in Hinkunft nicht neuerlich gegen Vorschriften der StVO verstoßen werde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1993, Zl. 93/18/0537). In Anbetracht der dargelegten, sich im bisherigen Verhalten des Beschwerdeführers manifestierenden erheblichen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit ist es nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde - ausgehend von einem durch das Aufenthaltsverbot bewirkten Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers - diese Maßnahme als im Grunde des § 19 FrG zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Zielen (hier zur Verhinderung von strafbaren Handlungen und zum Schutz der Gesundheit anderer) für dringend geboten erachtet hat.

Der Beschwerdeführer ist schließlich nicht im Recht, wenn er der belangten Behörde vorwirft, sich mit der "gerade wegen seines "jugendlichen" Alters" gezogenen negativen Zukunftsprognose mit den "fundamentalsten Erkenntnissen der Strafrechtspflege" in Widerspruch gesetzt zu haben. Die belangte Behörde wollte in diesem Zusammenhang lediglich - zur Begründung der von ihr angenommenen, vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährdung öffentlicher Interessen - zum Ausdruck bringen, daß der Beschwerdeführer nicht vor Ablauf der festgesetzten Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes über die nötige Reife verfügen werde, um sich nicht immer wieder zu weiteren Verfehlungen hinreißen zu lassen; diese Auffassung begegnet aufgrund des vom Beschwerdeführer an den Tag gelegten Verhaltens keinem Einwand.

Gegen die von der belangten Behörde gemäß § 20 Abs. 1 FrG vorgenommene Interessenabwägung führt der Beschwerdeführer nichts Konkretes ins Treffen; auch der Verwaltungsgerichtshof vermag keine der belangten Behörde diesbezüglich unterlaufene Rechtswidrigkeit wahrzunehmen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994180090.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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