TE Vwgh Erkenntnis 1994/9/14 94/12/0081

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Veröffentlicht am 14.09.1994
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
72/13 Studienförderung;

Norm

AVG §13 Abs3;
AVG §57 Abs3;
AVG §66 Abs4;
StudFG 1992 §17 Abs1 Z1;
StudFG 1992 §17 Abs1 Z2;
StudFG 1992 §17 Abs1 Z3;
StudFG 1992 §17 Abs2;
StudFG 1992 §20;
StudFG 1992 §39;
StudFG 1992 §42;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde des C in X, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung vom 9. Februar 1994, Zl. 56.036/6-I/7a/94, betreffend Studienbeihilfe nach dem Studienförderungsgesetz 1992, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer begann im Wintersemester 1989/90 sein Studium der Studienrichtung Kunststofftechnik (im folgenden als Vorstudium bezeichnet) an der Montanuniversität Leoben. Er bezog ab dem Studienjahr 1990/91 bis einschließlich Wintersemester 1992/93 Studienbeihilfe nach dem Studienförderungsgesetz 1983 bzw. 1992. Die erste Diplomprüfung hat der Beschwerdeführer im Vorstudium nicht abgelegt.

Im Sommersemester 1993 wechselte der Beschwerdeführer sein Studium; seither studiert er den Studienversuch "Industrieller Umweltschutz, Entsorgungstechnik und Recycling" (im folgenden auch als neues Studium bezeichnet).

Mit Antrag vom 24. Mai 1993 (bei der Studienbeihilfenbehörde/Stipendienstelle am 27. Mai 1993 eingelangt) begehrte der Beschwerdeführer für sein neues Studium die Gewährung von Studienbeihilfe nach dem Studienförderungsgesetz 1992 (StudFG 1992).

Mit Schreiben vom 27. Mai 1993 forderte diese Behörde unter Hinweis auf § 39 Abs. 6 StudFG 1992 in Verbindung mit § 13 Abs. 3 AVG den Beschwerdeführer unter anderem auf, binnen zwei Wochen zum Nachweis des Studienerfolges (im neuen Studium) den (Anrechnungs)Bescheid des Vorsitzenden der (zuständigen) Studienkommission vorzulegen.

Mit Bescheid vom 15. Juni 1993 wies die Studienbeihilfenbehörde/Stipendienstelle Graz den Antrag des Beschwerdeführers vom 24. Mai 1993 zurück. Sie begründete dies damit, der Beschwerdeführer sei dem ihm am 27. Mai 1993 zugegangenen Ergänzungsauftrag nicht nachgekommen. Da der geforderte Nachweis zur Beurteilung der Anspruchsvoraussetzungen im Sinn des § 6 Z. 3 StudFG 1992 notwendig sei, sei sein Antrag als mangelhaft zurückzuweisen.

In seiner Vorstellung machte der Beschwerdeführer im wesentlichen geltend, ihn treffe am Versäumnis kein Verschulden. Seit 2. April 1993 sei sein Ansuchen um Anerkennung von Lehrveranstaltungen mit Einrechnung von Semestern aus seinem Vorstudium bei der zuständigen Studienkommission anhängig. Trotz der Dringlichkeit sei darüber noch nicht förmlich entschieden worden. Der Beschwerdeführer schloß dem die Erklärung des Vorsitzenden der Studienkommission (Erledigungsvorschlag über das Anrechnungsansuchen) an.

In der Folge reichte der Beschwerdeführer den Bescheid des Vorsitzenden der Studienkommission für den Studienversuch "Industrieller Umweltschutz, Entsorgungstechnik und Recycling" vom 2. Juli 1993 nach. Demnach wurden gemäß §§ 20 und 21 AHStG vier Semester in das neue Studium eingerechnet sowie bestimmte Prüfungen aus dem bisherigen Vorstudium für näher bezeichnete Lehrveranstaltungen des neuen Studiums als gleichwertig (im Ausmaß von 23 Wochenstunden) anerkannt.

Mit Bescheid vom 14. Dezember 1993 gab der Senat der Studienbeihilfenbehörde für Studierende an der Montanuniversität Leoben der Vorstellung des Beschwerdeführers keine Folge und bestätigte den angefochtenen Bescheid mit folgender Maßgabe:

"Ihr Antrag auf Gewährung einer Studienbeihilfe wird abgewiesen."

Die Behörde begründete ihre Entscheidung im wesentlichen damit, nach § 6 Z. 3 StudFG 1992 sei Voraussetzung für die Gewährung einer Studienbeihilfe, daß der Studierende einen günstigen Studienerfolg nachweise (§ 16 bis 25 leg. cit.). Nach Darlegung des § 17 Abs. 1 Z. 3 und § 20 Abs. 1 Z. 2 StudFG 1992 wies die Behörde darauf hin, gemäß § 2 Abs. 1 der Verordnung der Montanuniversität Leoben sei nach den ersten beiden Semestern jeder Studienrichtung der günstige Studienerfolg durch die positive Ablegung von Prüfungen (Prüfungsteilen) von im Studienplan vorgesehenen Lehrveranstaltungen im Ausmaß von 20 Semesterwochenstunden nachzuweisen. Zwar könne die verspätete Einbringung von Unterlagen auf Grund der vom Beschwerdeführer angeführten Tatsachen nachgesehen werden, jedoch sei § 1 Abs. 4 StudFG 1992 zu beachten, wonach der Zeitpunkt der Antragstellung zur Beurteilung der Ansprüche maßgeblich sei. Der Beschwerdeführer habe jedoch bis zum Ablauf der Antragsfrist (31. Mai) lediglich Prüfungsnachweise über 13 Semesterwochenstunden vorgelegt. Der Bescheid der Studienkommission habe erst mit 2. Juli 1993 Prüfungen im Ausmaß von 23 Semesterwochenstunden anerkannt. Ein Studienerfolg sei somit im Sommersemester 1993 (in der neuen Studienrichtung) nicht vorgelegen.

In seiner Berufung brachte der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, die Behörde erster Instanz habe bei der Berechnung der Stundenanzahl verschiedene Fakten nicht berücksichtigt. Er habe im Sommersemester 1993 bis zur Stipendieneinreichfrist im Rahmen seines Neustudiums Prüfungen über Lehrveranstaltungen im Ausmaß von zehn Wochenstunden abgelegt. Außerdem gebe es eine Reihe von Lehrveranstaltungen, die nach Lehrveranstaltungsnummer, Titel und Stundenanzahl für beide Studien völlig gleich seien. Dies habe er in seinem Antrag auf Anerkennung nach §§ 20 und 21 AHStG nicht aufnehmen müssen. Es handle sich dabei um Prüfungen im Ausmaß von 24 (Wochen)Stunden (wird näher ausgeführt). Die im Bescheid der Studienkommission vom 2. Juli 1993 anerkannten Prüfungen (23 Wochenstunden) habe der Beschwerdeführer bereits lange vor der Einreichfrist für das Stipendium im Sommersemester 1993 positiv abgelegt; an der späteren Bescheiderlangung durch die Studienkommission treffe ihn kein Verschulden. Insgesamt hätte daher die Behörde erster Instanz 57 für das neue Studium einrechenbare Prüfungsstunden berücksichtigen müssen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 9. Februar 1994 gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gemäß §§ 6 Z. 3 und 17 Abs. 1 Z. 3 StudFG 1992 in Verbindung mit § 66 Abs. 4 AVG keine Folge und bestätigte den Bescheid des Senates der Studienbeihilfenbehörde. Begründend führte sie - nach Darlegung der Rechtslage und des maßgeblichen Sachverhaltes - im wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe aus seinem Vorstudium keinen günstigen Studienerfolg nachweisen können. Er müsse daher diesen Studienerfolg aus dem Studienversuch "Industrieller Umweltschutz, Entsorgung und Recycling" nachweisen. Maßgebender Zeitpunkt im Sinne des § 1 Abs. 4 StudFG 1992 sei der 27. Mai 1993 (Antragszeitpunkt). Entscheidend sei es, wie der in § 17 Abs. 1 Z. 3 StudFG 1992 festgelegte "Nachweis eines günstigen Studienerfolges aus dem neuen Studium" zu interpretieren sei. Zweifellos könnten Prüfungen, die in dem neuen Studium über absolvierte Lehrveranstaltungen erfolgten, als Erfolgsnachweis gelten. Da das erste Semester des neuen Studiums des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt seines Antrages noch nicht abgelaufen gewesen sei, könnten allenfalls aus seinem Vorstudium für das neue Studium anerkannte Prüfungen das Erfordernis des günstigen Studienerfolges erfüllen.

Dabei sei davon auszugehen, daß nach § 21 Abs. 5 AHStG anerkannte Prüfungen auch als Nachweis im Sinne des § 17 Abs. 1 Z. 3 StudFG 1992 anzuerkennen seien. Dies setze aber einen Bescheid der zuständigen akademischen Behörde voraus. Nur daran könne die Studienbeihilfenbehörde tatsächlich gebunden sein. Im Beschwerdefall sei dieser (studienrechtliche) Bescheid vom 2. Juli 1993 jedenfalls nach dem Ende der Einreichfrist nach dem StudFG 1992 für Anträge im Sommersemester (31. Mai) erlassen worden. Interne Mitteilungen über die Bereitschaft des Vorsitzenden der Studienkommission, bestimmte Lehrveranstaltungen als gleichwertig anerkennen zu wollen, hätten keinen Bescheidcharakter und könnten daher nicht als Voraussetzung der Übernahme der Prüfungen aus seinem Vorstudium für das neue Studium gewertet werden. Dies gelte auch für die vom Beschwerdeführer abgelegten Prüfungen im Sommersemester 1993, die sich noch auf Lehrveranstaltungen aus den dem Sommersemester 1993 vorangehenden Semestern bezögen. Sie kämen daher als Studienerfolgsnachweis für das neue Studium nicht in Betracht. Die nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers für beide Studienrichtungen gleichen Lehrveranstaltungen könnten solange nicht als Studiennachweis aus dem neuen Studium angesehen werden, als sie nicht von der zuständigen akademischen Behörde anerkannt worden seien. Tatsächlich seien diese Prüfungen ja noch im Rahmen des Vorstudiums abgelegt worden. Damit stehe aber fest, daß der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt seines Antrages auf Gewährung von Studienbeihilfe aus dem neuen Studium noch keinen günstigen Studienerfolg nachweisen könne.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist das StudFG 1992, BGBl. Nr. 305, anzuwenden (Paragraphenzitate ohne Angabe der Rechtsquelle beziehen sich auf diese Norm).

Gemäß § 6 Z. 3 ist eine Voraussetzung für die Gewährung einer Studienbeihilfe, daß der Studierende einen günstigen Studienerfolg nachweist (§§ 16 bis 25).

Nach § 16 liegt ein günstiger Studienerfolg als Voraussetzung für den Anspruch auf Studienbeihilfe vor, wenn der Studierende

1.

sein Studium zielstrebig betreibt (§ 17),

2.

die vorgesehene Studienzeit nicht wesentlich überschreitet (§§ 18 und 19) und

              3.       Nachweise über die erfolgreiche Absolvierung von Lehrveranstaltungen und Prüfungen vorlegt (§§ 20 bis 25).

§ 17 lautet:

"Studienwechsel

(1) Ein günstiger Studienerfolg liegt nicht vor, wenn der Studierende

1.

das Studium öfter als zweimal gewechselt hat oder

2.

an einer Universität, Kunsthochschule oder Theologischen Lehranstalt das Studium nach Ablegung der ersten Diplomprüfung gewechselt hat oder

3.

nach einem Studienwechsel aus dem vorhergehenden Studium keinen günstigen Studienerfolg nachgewiesen hat, bis zum Nachweis eines günstigen Studienerfolges aus dem neuen Studium.

(2) Studienwechsel, bei welchen die gesamten Vorstudienzeiten in die neue Studienrichtung eingerechnet werden, sowie Studienwechsel nach Ablegung der ersten Diplomprüfung, bei welchen die gesamten Vorstudienzeiten bis auf ein Semester in die neue Studienrichtung eingerechnet werden, gelten nicht als Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 Z. 1 und 2."

An Universitäten ist der Nachweis eines günstigen Studienerfolges nach den ersten beiden Semestern ab Studienbeginn und nach den ersten beiden Semestern jeder Studienrichtung durch Zeugnisse über erfolgreich absolvierte Lehrveranstaltungen und Prüfungen, die in den Studienvorschriften vorgesehen sind, in einem der Studienzeit entsprechenden Ausmaß zu erbringen; der Nachweis des günstigen Studienerfolges ist auch schon vor Abschluß des zweiten Semesters einer Studienrichtung möglich (§ 20 Abs. 1 Z. 2).

Art und Umfang des Nachweises gemäß Abs. 1 Z. 2 sind unter Berücksichtigung der besonderen Studiengesetze, Studienordnungen und Studienpläne vom Fakultätskollegium (Universitätskollegium, Akademischer Senat) durch Verordnung zu bestimmen (§ 20 Abs. 3 Satz 1).

Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß für die neue Studienrichtung des Beschwerdeführers auf Grund einer Verordnung des zuständigen Organes der Montanuniversität Leoben im Sinne des § 20 Abs. 1 Z. 2 20 Wochenstunden nachzuweisen sind.

Im siebenten Abschnitt trifft das StudFG 1992 Bestimmungen über die Studienbeihilfenbehörde.

Nach § 33 Abs. 1 hat die Studienbeihilfenbehörde ihren Sitz in Wien.

Die Studienbeihilfenbehörde untersteht in allen ihre Organisation betreffenden Angelegenheiten unmittelbar dem Bundesminister für Wissenschaft und Forschung (§ 33 Abs. 2 erster Satz).

Der Leiter der Studienbeihilfenbehörde hat dem Bundesminister für Wissenschaft und Forschung jährlich über die Tätigkeit im zuletzt abgelaufenen Kalenderjahr zu berichten (§ 33 Abs. 3).

Gemäß § 34 Abs. 1 bestehen Stipendienstellen der Studienbeihilfenbehörde in Wien, Graz, Innsbruck, Linz, Salzburg und Klagenfurt.

§ 35 Abs. 1 lautet:

"(1) Die Studienbeihilfenbehörde ist in erster Instanz zuständig für die Erledigung von Anträgen auf

1.

Studienbeihilfe,

2.

Studienzuschuß,

3.

Beihilfe für Auslandsstudien."

Nach § 36 Z. 2 ist vorbehaltlich der Erlassung einer Verordnung gemäß § 34 Abs. 2 die Stipendienstelle in Graz für Studierende an Einrichtungen in der Steiermark zuständig.

Nach § 37 Abs. 1 ist bei jeder Stipendienstelle für jede zu ihrem örtlichen Wirkungsbereich gehörende Universität, Kunsthochschule, Akademie und medizinisch-technische Schule ein Senat der Studienbeihilfenbehörde einzurichten.

Die Senate bestehen aus vier Mitgliedern; nähere Details sind in § 38 Abs. 1 festgesetzt.

Im achten Abschnitt regelt das StudFG 1992 das Verfahren.

Nach § 39 Abs. 3 Satz 1 sind Anträge bei der zuständigen Stipendienstelle einzubringen.

Für die Anträge sind Formblätter zu verwenden, die der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Unterricht und Kunst und dem Bundesminister für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz durch Verordnung festzulegen hat (§ 39 Abs. 4; vgl. dazu die Verordnung, BGBl. Nr. 693/1992).

Die für die Beurteilung des Anspruches erforderlichen Nachweise sind anzuschließen. Wenn dafür Formblätter bestehen, sind diese zu verwenden (§ 39 Abs. 6).

Gemäß § 41 Abs. 2 ist über Anträge von der Studienbeihilfenbehörde ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber binnen drei Monaten zu entscheiden. Der Fristenlauf beginnt mit dem Tag, an dem der Antrag bei der zuständigen Stipendienstelle vollständig eingelangt ist.

Auf Grund des vorgelegten Formularantrages ist ohne weiteres Ermittlungsverfahren unter zweckmäßiger Verwendung moderner technischer Hilfsmittel, insbesondere der automationsunterstützten Datenverarbeitung, mit Bescheid zu entscheiden (§ 41 Abs. 4).

Gemäß § 42 kann die Partei binnen zwei Wochen gegen Bescheide der Studienbeihilfenbehörde wegen behaupteter Rechtswidrigkeit Vorstellung erheben.

§§ 43 und 44 enthalten Regelungen über die Vorentscheidung

über die Vorstellung.

§ 45 Abs. 1 lautet:

"(1) Der Senat der Studienbeihilfenbehörde hat zu entscheiden

1. über Vorstellungen, über die keine Vorentscheidung erfolgt ist, sowie

2. über Vorlageanträge gegen eine Vorentscheidung."

§ 46 Abs. 1 regelt näher die Berufungsmöglichkeit gegen

Bescheide des Senates der Studienbeihilfenbehörde.

Nach § 70 ist auf Verfahren über die Zuerkennung von Studienbeihilfe, Fahrtkostenbeihilfe, Studienzuschuß und Beihilfe für Auslandsstudien das AVG unter Bedachtnahme auf die §§ 39 bis 46 dieses Bundesgesetzes anzuwenden.

Der Beschwerdeführer bringt im wesentlichen vor, er habe es nicht zu vertreten, daß die Studienkommission erst nach Ablauf der Einreichfrist nach dem StudFG 1992 über die Anerkennung von Prüfungen aus seinem Vorstudium (Ausmaß: 23 Wochenstunden) entschieden habe. Die Studienbeihilfenbehörde hätte ihm daher eine angemessene Frist für die Beibringung des studienrechtlichen Anerkennungsbescheides einräumen müssen. Maßgebend sei die (im Beschwerdefall erfolgte) zeitgerechte Einrechnung des Antrages auf Gewährung der Studienbeihilfe. Die Frist für die Erbringung der erforderlichen Nachweise sei erstreckbar; es bestehe nämlich kein Neuerungsverbot im Verwaltungsverfahren. Außerdem bedürften Prüfungen über Lehrveranstaltungen, die für das Vorstudium und sein neues Studium völlig ident seien, keines studienrechtlichen Anerkennungsbescheides (und müßten daher auch ohne einen solchen im Studienbeihilfenverfahren berücksichtigt werden). Dies betreffe Prüfungen im Ausmaß von 24 Wochenstunden. Ferner habe der Beschwerdeführer im Sommersemester 1993 in der neuen Studienrichtung Prüfungen im Ausmaß von 10 Wochenstunden abgelegt. Die Annahme der belangten Behörde, er weise im neuen Studienjahr keinen günstigen Studienerfolg auf, sei daher verfehlt.

Die Beschwerde ist im Ergebnis jedenfalls aus folgenden Gründen berechtigt:

Aus den §§ 33, 34 Abs. 1, 35 Abs. 1, 37, 41, 42 und 45 Abs. 1 ergibt sich, daß die Studienbeihilfenbehörde eine monokratisch organisierte Behörde mit dem Sitz in Wien ist, zu der die Stipendienstellen als dislozierte Außenstellen (ohne eigene Behördenqualität) gehören. Diese haben - soweit dies aus der Sicht des Beschwerdefalles von Bedeutung ist - die Anträge auf Studienbeihilfe ohne weiteres Ermittlungsverfahren (in der Regel ADV-unterstützt) bescheidförmig zu erledigen (vgl. dazu auch die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zum StudFG 1992, 473 Blg. NR 18. GP zu § 35, Seite 36: "Hier sind gegenüber dem StudFG 1983 erstmals explizit die Zuständigkeiten der Studienbeihilfenbehörde in Studienförderungsangelegenheiten, soweit sie nicht in Senaten zu besorgen sind, aufgezählt.")

Dagegen steht dem Betroffenen (§ 42) das Rechtsmittel der Vorstellung zu, über das - vom Fall der Vorentscheidung abgesehen (vgl. dazu näher §§ 43 und 44) - der zuständige Senat der Studienbeihilfenbehörde zu entscheiden hat. Dabei handelt es sich um ein Kollegialorgan, das als Teil der Studienbeihilfenbehörde funktionell ausschließlich für die Entscheidung über die Vorstellung zuständig ist (in diesem Sinn auch die EB zur RV zum StudFG 1992 zu den §§ 37 und 38 auf Seite 37, linke Spalte: "Die Senate sind willensbildende Organe der Studienbeihilfenbehörde und keine akademischen Kollegialorgane. Damit sind sie auch in die Weisungshierarchie der nach dem Studienförderungsgesetz zuständigen Behörden eingebunden (Art. 20 B-VG). Diese Weisungsgebundenheit der Senate besteht sowohl in organisatorischer als auch in fachlicher Hinsicht. Oberstes weisungsbefugtes Organ in Studienförderungsangelegenheiten ist der jeweils für die Vollziehung zuständige Bundesminister. Eine allfällige Weisung eines Bundesministers an einen Senat ist auch dann zu befolgen, wenn der Senat bereits in einer Angelegenheit einen inhaltlich anderen Beschluß gefaßt hat, solange der dem Beschluß entsprechende Bescheid noch nicht erlassen (d.h. zugestellt bzw. mündlich verkündet) ist. Die Ablehnung der Befolgung einer Weisung ist allerdings aus den in Art. 20 Abs. 1 B-VG genannten Gründen zulässig.")

Die Vorstellung nach § 42 ist ein dem § 57 AVG (Mandatsverfahren) teilweise nachgebildetes, jedoch selbständiges Rechtsmittel: Ähnlich wie im AVG richtet sie sich gegen einen Bescheid, der im abgekürzten Verfahren ergangen ist. "Ohne weiteres Ermittlungsverfahren" im Sinne des § 41 Abs. 4 bedeutet dabei (jedenfalls bei Ansuchen um Gewährung von Studienbeihilfe) "Formularverfahren", d.h. die Entscheidung erfolgt auf Grund des unter Verwendung von Formblättern gestellten Ansuchens des Studierenden und der von ihm vorzulegenden Nachweise.

Die Vorstellung löst die Verpflichtung aus, ein ordentliches Ermittlungsverfahren unter Wahrung des Parteiengehörs durchzuführen.

Eine Besonderheit des Studienbeihilfenverfahrens liegt aber darin, daß über die Vorstellung gegen den monokratisch erlassenen Bescheid der Studienbeihilfenbehörde ein Kollegialorgan, der Senat der Studienbeihilfenbehörde, entscheidet (vgl. dazu auch die EB zur RV zum StudFG 1992, zu §§ 42 bis 45 auf Seite 38 linke Spalte). Insofern ist die Vorstellung nach dem StudFG 1992 ein modifiziertes remonstratives Rechtsmittel, über das zwar formell dieselbe Behörde, jedoch nach verschiedenen Regeln über die Willensbildung zu entscheiden hat.

Ein weiterer Unterschied zu § 57 AVG besteht darin, daß das "Formularverfahren" nach dem StudFG 1992 in jedem Fall dem Vorstellungsverfahren vorgeschaltet ist (und nicht auf die in § 57 AVG eingeschränkten Fälle beschränkt ist).

Ungeachtet dieser Ähnlichkeiten ist die Vorstellung nach dem StudFG 1992 ein eigenständiges Rechtsinstitut, das abschließend im StudFG 1992 geregelt ist. § 57 Abs. 3 AVG findet daher im Verfahren nach dem StudFG 1992 keine Anwendung.

Im Hinblick auf die Rechtsmittelfunktion der Vorstellung nach § 42 StudFG 1992 in Verbindung mit § 66 Abs. 4 AVG ist mangels einer besonderen Regelung davon auszugehen, daß Gegenstand des Vorstellungsverfahrens der im abgekürzten Verfahren erlassene Bescheid ist.

Im Beschwerdefall bedeutet dies folgendes:

Da die Studienbeihilfenbehörde/Stipendienstelle Graz in ihrem Bescheid vom 15. Juni 1993 den Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen hat, war Gegenstand des Vorstellungsverfahrens des zuständigen Senates der Studienbeihilfenbehörde allein die Frage, ob der mit Vorstellung bekämpfte Bescheid dem § 13 Abs. 3 AVG entspricht, also die sachliche Behandlung des Antrages des Beschwerdeführers mangels (rechtzeitiger) Befolgung des Verbesserungsauftrages zu Recht verweigert wurde oder nicht. Der Senat der Studienbeihilfenbehörde war aber im Rahmen der Vorstellung nicht zuständig, eine Sachentscheidung über den Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung einer Studienbeihilfe zu treffen. Da die belangte Behörde dies im Rahmen des Berufungsverfahrens nicht aufgegriffen hat, hat sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.

Was die Zurückweisung des Antrages des Beschwerdeführers auf Gewährung einer Studienbeihilfe durch die Studienbeihilfenbehörde/Stipendienstelle Graz betrifft, ist folgendes zu bemerken:

Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß der Beschwerdeführer bei Fortsetzung seines bisherigen Studiums (des nunmehrigen Vorstudiums) keinen Anspruch auf Studienbeihilfe mangels Vorliegens eines günstigen Studienerfolges (hier: wegen Überschreitung der Anspruchsdauer für den ersten Studienabschnitt) (bis zur Ablegung der Diplomprüfung) gehabt hätte und er damit unter § 17 Abs. 1 Z. 3 fällt.

Er müßte daher (im Sinne des zweiten Halbsatzes dieser Bestimmung) einen günstigen Studienerfolg aus dem neuen Studium nachweisen, um die durch seinen Studienwechsel gestörte "Zielstrebigkeit" (im Sinne des § 16 Z. 1) wieder wettzumachen. Für diesen Nachweis gilt im Beschwerdefall § 20 Abs. 1 Z. 2 (in diesem Sinn auch die Erläuternden Bemerkungen zu § 20 der RV zum StudFG 1992, Seite 33, linke Spalte).

Offenkundig ist die Behörde erster Rechtsstufe von der Auffassung ausgegangen, daß die aus dem Vorstudium für das neue Studium nach dem AHStG anerkannten Prüfungen als Nachweis eines günstigen Studienerfolges aus dem neuen Studium im Sinne des § 17 Abs. 1 Z. 3 zu werten sind: Denn nur auf dem Boden dieser Rechtsauffassung ist es verständlich, daß die genannte Behörde dem Beschwerdeführer die Vorlage des entsprechenden studienrechtlichen Anerkennungsbescheides als Nachweis eines günstigen Studienerfolges nach § 39 Abs. 6 StudFG 1992 in Verbindung mit § 13 Abs. 3 AVG vorschrieb.

Diese von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift als bisherige Verwaltungspraxis nach dem StudFG 1983 bezeichnete und nunmehr in Zweifel gezogene Vorgangsweise steht jedoch nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Der Verwaltungsgerichtshof verkennt nicht, daß das Studienrecht für die Auslegung des StudFG 1992 von Bedeutung ist, wenn dieses Gesetz an im Studienrecht geregelte Sachverhalte anknüpft, ohne ausdrücklich oder zumindestens erschließbar eine abweichende Regelung zu treffen. Bei der Regelung des § 17 (Studienwechsel) handelt es sich aber um eine unter dem spezifischen Gesichtspunkt des Studienförderungsgesetzes (Zielstrebigkeit des Studiums als Teilelement des günstigen Studienerfolges) getroffene abschließende Regelung, die im übrigen für einen (im Beschwerdefall nicht relevanten) Teilbereich (vgl. § 17 Abs. 2, der sich nur auf Abs. 1 Z. 1 und 2, nicht aber auf Z. 3 bezieht) auf das AHStG erkennbar (arg.: "... in die neue Studienrichtung eingerechnet werden ...") Bezug nimmt. Es widerspricht der darin zum Ausdruck gebrachten Zielsetzung des StudFG 1992, würde man beim Studienwechsel (im Sinne des StudFG 1992) durch studienrechtliche Anerkennung von Prüfungen aus dem Vorstudium den für das neue Studium günstigen Studienerfolg (im Sinne des § 17 Abs. 1 Z. 3 in Verbindung mit § 20 Abs. 1 Z. 2) nachweisen können, obwohl man bei Fortsetzung des bisherigen Studiums (Vorstudium) keinen Anspruch auf Studienbeihilfe mangels günstigen Studienerfolges (im Beschwerdefall: wegen Überschreitung der Anspruchsdauer) mehr (hier: bis zur Ablegung der ersten Diplomprüfung, sofern nicht § 20 Abs. 2 zur Anwendung kommt) hätte. Eine derartige Auslegung würde auch den Zusammenhang, der zwischen den drei Elementen des günstigen Studienerfolges (im Sinne des § 16) besteht, völlig außer Betracht lassen.

Auf dem Boden dieser Rechtslage war daher im Beschwerdefall ein auf § 39 StudFG 1992 in Verbindung mit § 13 Abs. 3 AVG ergangener Verbesserungsauftrag der Studienbeihilfenbehörde/ Stipendienstelle Graz unzutreffend, da die studienrechtliche Anrechnung von Teilen des Vorstudiums des Beschwerdeführers zum Nachweis eines günstigen Studienerfolges im neuen Studium im Sinne des StudFG 1992 ohne rechtserhebliche Bedeutung ist. Dies wird im fortgesetzten Verfahren zu berücksichtigen sein.

Aus den oben genannten Gründen war daher der Bescheid der belangten Behörde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes nach § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 2 VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.

Das Mehrbegehren war abzuweisen, da ein über den Pauschalsatz hinausgehender beantragter Aufwandersatz (einschließlich der Umsatzsteuer) nicht zuerkannt werden kann und Stempelgebühren im Hinblick auf die Befreiungsbestimmung nach § 72 StudFG 1992 nicht zu entrichten waren.

Schlagworte

Verbesserungsauftrag AusschlußVerbesserungsauftrag Ausschluß VorstellungBeschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Bindung an den Gegenstand des vorinstanzlichen Verfahrens Allgemein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994120081.X00

Im RIS seit

25.01.2001

Zuletzt aktualisiert am

27.06.2016
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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