TE Vwgh Erkenntnis 1994/9/15 94/19/0118

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Veröffentlicht am 15.09.1994
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Stöberl, Dr. Holeschofsky und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde der M in W, vertreten durch Dr. V, Rechtsanwältin in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. Jänner 1993, Zl. 4.326.983/2-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. Jänner 1993, wurde die eingebrachte Berufung der beschwerdeführenden Partei (Staatsangehörigkeit "frühere UdSSR") gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 30. Jänner 1992 abgewiesen. Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Die belangte Behörde hat der Beschwerdeführerin auch deshalb kein Asyl gemäß § 3 AsylG 1991 gewährt, weil sie der Ansicht war, daß bei ihr der Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. gegeben sei, wonach einem Flüchtling kein Asyl gewährt wird, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war. Die belangte Behörde stützte sich dabei auf die Angaben der Beschwerdeführerin in ihrer Einvernahme am 17. Jänner 1992 vor der Bundespolizeidirektion Wien, wonach sie am 3. November 1991 von Taschkent nach Moskau und am selben Tag mit der Bahn weiter über die CSFR direkt nach Wien gefahren sei, wo sie am 5. November 1991 eingetroffen sei. Die belangte Behörde führte in diesem Zusammenhang aus, daß die Beschwerdeführerin bereits in der CSFR vor Verfolgung sicher gewesen sei. In diesem Staate sei ein geregeltes Asylverfahren durchgeführt worden, sodaß die Beschwerdeführerin nicht nur nach der Rechtsordnung sondern auch nach der Staatspraxis die Möglichkeit gehabt habe, den Schutz des Staates entweder durch entsprechende Anträge oder aber durch Kontaktnahme mit einem Vertreter des Flüchtlingshochkommissariates zu erlangen.

Die Beschwerdeführerin geht darüber, daß die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung (auch) diesen Ausschließungsgrund herangezogen hat, völlig hinweg, erschöpfen sich doch die Beschwerdeausführungen zur Gänze darin, daß sie ihre Auffassung, sie sei als Flüchtling im Sinne des § 1 Z. 1 AsylG 1991 anzusehen, begründet und der belangten Behörde zum Vorwurf macht, darüber kein hinreichendes Ermittlungsverfahren durchgeführt zu haben. Auf die Frage der Flüchtlingseigenschaft kommt es aber dann nicht mehr an, wenn die belangte Behörde zu Recht von dem Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 Gebrauch gemacht hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Juni 1994, Zl. 94/01/0430).

Da sich die Beschwerdeführerin in keiner Weise gegen die von der belangten Behörde herangezogenen Annahmen im Tatsachenbereich wendet und auch im Hinblick auf die rechtliche Beurteilung keine neuen Tatsachen vorbringt - hierin wäre sie durch § 41 Abs. 1 VwGG nicht gehindert gewesen, da die belangte Behörde erstmals von diesem Ausschließungsgrund Gebrauch machte - ist in rechtlicher Hinsicht von dem nicht unschlüssigen Sachverhalt auszugehen, den die belangte Behörde ihrer Entscheidung zugrundelegte. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Begriff der "Verfolgungssicherheit" gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 1994, Zl. 94/01/0256 und die dort zitierte Rechtsprechung) kommt es nicht darauf an, wie lange sich der Asylwerber in einem sicheren Drittstaat aufgehalten, welche Absichten er dabei verfolgt hat und ob der Aufenthalt des Asylwerbers den Behörden des betreffenden Staates bekannt war und von diesem geduldet wurde. Entscheidend ist vielmehr, ob der Asylwerber unter Bedachtnahme auf das dem § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 zugrundeliegende Sicherheitsbedürfnis seinen "Fluchtweg" schon vor seiner Einreise hätte abbrechen können, was auch dann der Fall ist, wenn die "Verweildauer" im Drittland nur kurz bemessen war. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis vom 30. Juni 1994 und die dort wiedergegebene Judikatur) ist vor allem von Bedeutung, ob in dem in Frage stehenden Drittstaat die Einleitung eines Verfahrens möglich ist, in dem die Flüchtlingseigenschaft im Sinne der Konvention geprüft wird. Es genügt für die Annahme der Verfolgungssicherheit, daß der Asylwerber im Drittstaat keiner Gefahr einer Verfolgung ausgesetzt war und auch wirksamen Schutz vor Abschiebung in den Verfolgerstaat hatte. Da dies aufgrund der Annahmen der belangten Behörde, gegen die die Beschwerdeführerin nichts vorbringt, der Fall war, war die unbegründete Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Abs. 2.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994190118.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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