TE Vwgh Erkenntnis 1994/9/20 93/04/0082

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Veröffentlicht am 20.09.1994
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §359b idF 1988/399;
GewO 1973 §74 Abs2 idF 1988/399;
GewO 1973 §77 Abs1 idF 1988/399;
GewO 1973 §81 Abs1 idF 1988/399;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Pallitsch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des N in X, vertreten durch Dr. O, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 23. Februar 1993, Zl. 312.333/1-III/3/92, betreffend Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 23. Februar 1993 wurden der Bescheid des Landeshauptmannes vom 30. Juni 1989 und der diesem zugrundeliegende Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt vom 29. April 1988 betreffend Betriebsanlagengenehmigung für eine Kfz-Reparatur- und Servicewerkstätte für Motoren aller Art in X, C-Gasse 25,

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letzterer mit Ausnahme der Vorschreibung der Kommissionsgebühren und der Barauslagen für die Teilnahme eines Vertreters des Arbeitsinspektorrates -, behoben. Gleichzeitig wurde das Ansuchen des Beschwerdeführers vom 15. Oktober 1987 um Erteilung der genannten Betriebsanlagengenehmigung im Grunde des § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen. Hiezu wurde im wesentlichen ausgeführt, daß mit hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 1991, Zl. 90/04/0215, der das Ansuchen des Beschwerdeführers um Erteilung der in Rede stehenden Betriebsanlagengenehmigung gemäß § 77 GewO 1973 abweisende und die genannten Vorbescheide behebende Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 8. Juni 1990 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften behoben worden sei. Während der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten aufgrund dieses Erkenntnisses eine Ergänzung des Ermittlungsverfahrens vorgenommen habe, sei dem Beschwerdeführer mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt vom 22. Juli 1992 für den gleichen Standort eine Betriebsanlagengenehmigung für eine Sportartikellagerhalle mit Büroräumen erteilt worden. Dieser Bescheid sei zwischenzeitig in Rechtskraft erwachsen. Dieser Umstand sei dem Beschwerdeführer zweimal ausdrücklich vorgehalten worden, er habe jedoch angegeben, daß er sein Betriebsanlagengenehmigungsansuchen (auf Errichtung einer Mechanikerwerkstätte) vom 15. Oktober 1987 keinesfalls zurückziehe. Bei der Erteilung einer Betriebsanlagengenehmigung handle es sich nicht nur um einen antragsgebundenen, sondern auch um einen standortgebundenen Verwaltungsakt. Dies bedeute, daß die Behörde jeweils die Genehmigungsvoraussetzungen in bezug auf einen konkreten Standort zu prüfen habe. Da zu den Rechtswirkungen eines rechtskräftigen Bescheides auch dessen "Unwiederholbarkeit" zähle, bedeute dies für das vorliegende Verfahren, daß bei Vorhandensein einer rechtskräftigen Betriebsanlagengenehmigung für den in Rede stehenden Standort die Behörde nicht befugt sei, eine zweite, auf § 77 GewO 1973 gestützte Betriebsanlagengenehmigung zu erteilen. Da weder eine Wiederaufnahme des Verfahrens, noch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand noch eine Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG in Frage komme, sei das ursprüngliche Genehmigungsansuchen des Beschwerdeführers vom 15. Oktober 1987 um Erteilung der Betriebsanlagengenehmigung für eine Kfz-Reparatur- und Servicewerkstätte für Motoren aller Art wegen entschiedener Sache zurückzuweisen gewesen. Da die Behörde - wie ausgeführt - nicht befugt sei, für einen Standort mehrere auf § 77 GewO 1973 gestützte Betriebsanlagengenehmigungen zu erteilen, seien die eine solche Genehmigung erteilenden - nicht rechtskräftigen - Bescheide der Behörden erster und zweiter Instanz zu beheben gewesen

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ausgenommen jedoch die Vorschreibung der Kommissionsgebühren und der Barauslagen für die Teilnahme des Arbeitsinspektorates, weil diese Gebührenschuld mit der Durchführung der Augenscheinsverhandlung aufgrund eines aufrechten Genehmigungsansuchens entstanden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid im Recht "auf Genehmigung meiner Betriebsanlage gemäß § 74 ff GewO und auf sachliche Entscheidung und nicht Zurückweisung meines Ansuchens verletzt". Er bringt in Ausführung dieses Beschwerdepunktes im wesentlichen vor, die Auffassung der belangten Behörde, wonach eine für einen bestimmten Standort erteilte Betriebsanlagengenehmigung das Ansuchen um eine andere Betriebsanlagengenehmgiung für denselben Standort ausschließe, rechtsirrig sei und mit dem Gesetz in Wiederspruch stehe. Die dem Gesetz entsprechende Ausübung eines Gewerbes in einer Betriebsanlage bedürfe in aller Regel mehrerer Bewilligungen (Betriebsanlagengenehmigung, baubehördlicher Bewilligung u.a.). Jede einzelne dieser behördlichen Bewilligungen sei insoferne von den anderen unabhängig, als sie ohne Rücksicht auf die anderen Genehmigungen zu erteilen sei, wenn die entsprechenden Voraussetzungen vorlägen. Ein Betriebsanlagengenehmigungsverfahren sei durchzuführen, wenn ein Projekt vorliege. Ob der dazu notwendige Bauzustand gegeben sei, sei ebensowenig relevant, wie die Frage, ob für den Bau bereits eine Betriebsanlagengenehmigung für einen anderen gewerblichen Zweck erwirkt worden sei. Zwar könnten an demselben Standort nicht zwei Betriebsanlagen zugleich betrieben werden. Es sei aber Sache des Verfügungsberechtigten, zu entscheiden, welche Betriebsanlage er betreiben und welche er auflassen wolle. Es stehe "nirgends geschrieben", daß der Betrieb einer Betriebsanlage das Ansuchen um Genehmigung einer anderen Betriebsanlage ausschließe und zur Zurückweisung eines solchen neuen Antrages führen müsse. So habe sich der Beschwerdeführer wegen der langen Dauer des Betriebsanlagengenehmigungsverfahrens entschlossen, das vorhandene Bauwerk durch einen Mieter nutzen zu lassen, um einen Ertrag zu erzielen. Es sei nicht einzusehen, daß sein Ansuchen um Genehmigung der Betriebsanlage für eine Kfz-Reparatur- und Servicewerkstätte für Motoren aller Art nicht behandelt werden dürfe, nur weil er bis zu einer Genehmigung die vorgesehenen Betriebsräume durch einen Mieter gewerblich nutzen lasse. Im Wirtschaftsleben komme es häufig zu Änderungen nicht nur des Betriebsgegenstandes, sondern überhaupt auch des Gewerbes. Wenn aus einem solchen Grunde die Änderung der Betriebsanlage notwendig sein sollte, so wäre es ein absurdes Ergebnis und weder mit dem Wortlaut, noch mit dem Sinn der Gewerbeordnung vereinbar, wenn - um eine solche von der genehmigten Betriebsanlage abweichende neue Betriebsanlage genehmigen zu lassen -, zuerst auf die bestehende Betriebsanlage verzichtet und die Gewerbeausübung eingestellt werden müßte.

Die Beschwerde erweist sich aus folgenden Gründen als berechtigt:

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlaß zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Die hier normierte Zurückweisung eines Antrages kommt demnach nur dann in Frage, wenn damit in der - durch formell rechtskräftigen Bescheid - bereits entschiedenen Verwaltungssache die Abänderung dieses Bescheides begehrt wird, nicht hingegen dann, wenn sich die, die Verwaltungssache bestimmenden rechtlichen bzw. tatsächlichen Umstände verändert haben und daher nicht mehr dieselbe Sache wie die bereits entschiedene vorliegt (vgl. dazu die bei Ringhofer, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I (1987), 672 f, referierte hg. Judikatur).

Davon ausgehend können zwar Genehmigungen für ein und dieselbe gewerbliche Betriebsanlage nicht mehrfach nebeneinander erteilt werden und es müßte daher, soferne eine rechtskräftig genehmigte Betriebsanlage vorliegt, ein Ansuchen um deren neuerliche Genehmigung zurückgewiesen werden (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 31. März 1992, Zl. 91/04/0305 und vom 23. November 1993, Zl. 91/04/0205). Liegt jedoch - wie im vorliegenden Fall - ein Ansuchen um Genehmigung einer anderen als der im selben Standort rechtskräftig genehmigten und mit dieser auch unter Bedachtnahme auf die Tatbestandsmerkmale des § 81 GewO 1973 in keinem Zusammenhang stehenden Betriebsanlage vor, so steht einer Entscheidung über dieses Ansuchen das Hindernis der entschiedenen Sache schon deshalb nicht entgegen, weil dieses nicht die Abänderung der rechtskräftig erteilten Betriebsanlagengenehmigung zum Inhalt hat.

Daß eine zur Genehmigung beantragte Betriebsanlage nur dann genehmigungsfähig ist, wenn sie die Genehmigungsvoraussetzungen im beantragten Standort erfüllt, bedarf keiner weiteren Erörterung. Daraus folgt aber noch nicht, daß pro Standort nur eine Betriebsanlagengenehmigung erteilt werden dürfe. Mangels entsprechender Regelung ist freilich auch der Umstand, daß faktisch nur eine der beiden Betriebsanlagen betrieben werden könnte, ohne rechtliche Relevanz.

Die belangte Behörde hat daher, indem sie das Ansuchen des Beschwerdeführers um Erteilung der Betriebsanlagengenehmigung für eine Kfz-Reparatur- und Servicewerkstätte für Motoren aller Art in X, C-Gasse 25, weil ihm für den gleichen Standort eine Betriebsanlagengenehmigung für eine Sportartikellagerhalle mit Büroräumen rechtskräftig erteilt worden war, wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und die entsprechenden Bescheide der Vorinstanzen ersatzlos behoben hat, die Rechtslage verkannt. Der solcherart mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastete angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nicht erfordlichen Stempelgebührenaufwand.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993040082.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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