TE Vwgh Beschluss 1994/9/28 94/12/0161

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Veröffentlicht am 28.09.1994
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;
64/03 Landeslehrer;

Norm

AVG §56;
BDG 1979 §40 Abs2 Z2;
LDG 1984 §19 Abs4;
LDG 1984 §19 Abs5;
LDG 1984 §19 Abs6;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Unterer, in der Beschwerdesache des Ing. G in B, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in B, gegen die Erledigung der Vorarlberger Landesregierung vom 17. Mai 1994, Zl. IIa-L/Pö, betreffend Widerruf einer Bestellung, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Berufsschullehrer in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Vorarlberg; seine Dienststelle ist die Berufsschule X in Y, in der er seit 10. Mai 1989 als Stellvertreter des Leiters tätig war.

Die nunmehr angefochtene, nicht als Bescheid bezeichnete Erledigung vom 17. Mai 1994 hat folgenden Wortlaut:

"Betrifft: Bestellung zum Stellvertreter des Leiters,

Widerruf

Sehr geehrter Herr Ingenieur

Mit Schreiben vom 10.5.1989 wurden Sie gemäß § 52 Abs. 8 des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes bis auf weiteres zum Stellvertreter des Leiters der Berufsschule X in Y bestellt. Diese Bestellung wird mit Ablauf des 30.6.1994 widerrufen.

Für die Vorarlberger Landesregierung:

Landesrätin E"

Gegen diese Personalmaßnahme richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung der als Bescheid gewerteten Erledigung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die ihrer Meinung nach bedeutsamen Aktenstücke in Kopie vorgelegt und kostenpflichtige Zurückweisung der Beschwerde beantragt.

Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann nach Erschöpfung des Instanzenzuges wegen Rechtswidrigkeit gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

Der zur Begründung der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes unerläßliche Bescheidcharakter kommt einer Erledigung einer Verwaltungsbehörde, die wie im vorliegenden Fall die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid nicht aufweist, nur zu, wenn sich aus dem maßgebenden Inhalt (Spruch) eindeutig ergibt, daß die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch, daß sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat (vgl. dazu das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1977, Zlen. 934 und 1223/73 = Slg. N.F. Nr. 9.458/A).

Die bekämpfte Personalmaßnahme enthält ohne Zweifel eine für den Beschwerdeführer rechtsverbindliche Anordnung. Dennoch kann daraus allein für die im Beschwerdefall zu lösende Frage, ob die Personalmaßnahme in Form eines Bescheides oder einer Weisung getroffen wurde, nichts gewonnen werden, können doch im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis (rechtsverbindliche) Personalmaßnahmen je nach der maßgebenden Rechtslage in der Form des Bescheides oder der Weisung getroffen werden. Läßt die Form einer getroffenen Personalmaßnahme mehrere Deutungen über ihren Rechtscharakter zu und reicht die Klärung der Rechtsverbindlichkeit - wie im Beschwerdefall - allein nicht zur Lösung dieser Frage aus, so ist anhand der Gesetzeslage zu klären, in welcher Rechtsform die getroffene Erledigung zu erfolgen gehabt hätte. Da im Zweifel ein gesetzeskonformes Vorgehen der Behörde anzunehmen ist, bestimmt in diesem Fall der Rückgriff auf das Gesetz (das festlegt, wie die Behörde vorzugehen hat) die Beurteilung, wie die Behörde im Einzelfall (tatsächlich) vorgegangen ist (in diesem Sinne bereits das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Dezember 1991, Zl. 88/12/0090 sowie vom 15. Jänner 1992, Zl. 86/12/0254).

Nach § 19 Abs. 1 des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes, BGBl. Nr. 302/1984 (LDG 1984) ist der Landeslehrer entweder unmittelbar einer Schule zur Dienstleistung oder der Lehrerreserve zuzuweisen. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung kann der Landeslehrer unter Aufhebung der jeweiligen Zuweisung von Amts wegen oder auf Ansuchen jederzeit durch eine anderweitige Zuweisung an eine andere Schule oder zur Lehrerreserve versetzt werden (Versetzung), sofern er jedoch eine schulfeste Stelle innehat, nur in den Fällen des § 25.

Die Absätze 4 bis 7 der genannten Bestimmung lauten wie folgt:

"(4) Bei der Versetzung von Amts wegen ist auf die sozialen Verhältnisse und auf das Dienstalter des Landeslehrers soweit Rücksicht zu nehmen, als dienstliche Interessen nicht gefährdet werden. Die Versetzung ist unzulässig, wenn sie für den Landeslehrer einen wesentlichen wirtschaftlichen Nachteil bedeuten würde und ein anderer geeigneter Landeslehrer, bei dem dies nicht der Fall ist und der keine schulfeste Stelle innehat, zur Verfügung steht.

(5) Ist die Versetzung eines Landeslehrers von Amts wegen in Aussicht genommen, so ist der Landeslehrer hievon schriftlich unter Bekanntgabe seiner neuen Verwendung mit dem Beifügen zu verständigen, daß es ihm freisteht, gegen die beabsichtigte Maßnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung Einwendungen vorzubringen. Werden innerhalb der angegebenen Frist solche Einwendungen nicht vorgebracht, so gilt dies als Zustimmung zur Versetzung.

(6) Die Versetzung ist mit Bescheid zu verfügen. Eine Berufung gegen diesen Bescheid hat aufschiebende Wirkung; ist die Aufrechterhaltung eines ordnungsgemäßen Unterrichts ohne die sofortige Zuweisung des Landeslehrers nicht möglich und würde den Schülern hiedurch ein erheblicher Nachteil erwqachsen, so ist die aufschiebende Wirkung der Berufung im Bescheid auszuschließen. Bei Ausschluß der aufschiebenden Wirkung der Berufung ist über die Berufung binnen vier Wochen nach Einbringung zu entscheiden.

(7) Im Falle der Versetzung an einen anderen Dienstort ist dem Landeslehrer eine angemessene Übersiedlungsfrist zu gewähren."

Unter der Überschrift "Ausmaß der Lehrverpflichtung der Lehrer an Berufsschulen" enthält § 52 Abs. 8 folgende Regelung:

"Ergeben sich nach der Berechnung nach Abs. 7 mehr als 29 Abzugsstunden, so ist ein Stellvertreter des Leiters zu bestellen, dessen Lehrverpflichtung 23 Wochenstunden beträgt. Sie vermindert sich um so viele Wochenstunden, als die Anzahl der gemäß Abs. 7 errechneten Abzugsstunden des Leiters 23 übersteigt."

Die vom Beschwerdeführer bekämpfte Personalmaßnahme wäre im Geltungsbereich des BDG 1979, das aber für den Beschwerdefall keine Anwendung findet, als qualifizierte Verwendungsänderung im Sinne des § 40 Abs. 2 Z. 2 BDG 1979 zu werten und daher nur unter Einhaltung des für Versetzungen vorgesehenen Verfahrens bescheidmäßig zu verfügen gewesen. Im Gegensatz zum BDG 1979 enthält das LDG 1984 zwar im § 19 Abs. 4, 5, 6 und 7 Regelungen über die Versetzung, die im wesentlichen denen des BDG 1979 entsprechen, nach denen eine Versetzung mit Bescheid zu verfügen ist, es enthält aber keine Regelungen über qualifizierte Verwendungsänderungen. Da im Beschwerdefall unbestritten keine Versetzung im Sinne des § 19 Abs. 2 LDG 1984 vorliegt und auch aus § 52 Abs. 8 LDG 1984 nicht abzuleiten ist, daß die Bestellung des Beschwerdeführers zum Stellvertreter als Ernennung zu werten ist und daher bescheidmäßig hätte erfolgen müssen, ist auch für die bekämpfte Personalmaßnahme, nämlich Änderung der Verwendung des Beschwerdeführers, nicht die Erlassung eines Bescheides vorgesehen.

Da keine Verpflichtung der belangten Behörde zur bescheidmäßigen Verfügung der Verwendungsänderung des Beschwerdeführers aus dem Gesetz zu entnehmen ist und im Zweifel ein gesetzeskonformes Vorgehen der Behörde anzunehmen ist, zeigt sich ausgehend von dieser Rechtsüberlegung, daß es sich bei der vom Beschwerdeführer bekämpften Erledigung wohl um eine Verfügung in Ausübung der Diensthoheit gehandelt hat und diese entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers aber nicht als Bescheid anzusehen ist.

Die Beschwerde mußte daher mangels Bescheidqualität der angefochtenen Erledigung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung, BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Besondere Rechtsgebiete DienstrechtOffenbare Unzuständigkeit des VwGH Mangelnder Bescheidcharakter Bescheidbegriff AllgemeinOffenbare Unzuständigkeit des VwGH Mangelnder Bescheidcharakter Ablehnung aufsichtsbehördlicher Verfügung und Verweisungen auf frühere EntscheidungenBescheidcharakter BescheidbegriffBescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter WeisungenAnspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive Bescheide

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994120161.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

01.01.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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