TE Vwgh Erkenntnis 1994/10/13 91/09/0225

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Veröffentlicht am 13.10.1994
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Index

63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

BDG 1979 §48 Abs1;
BDG 1979 §48 Abs2;
BDG 1979 §48 Abs3;
BDG 1979 §48 Abs4;
BDG 1979 §48 Abs6;
BDG 1979 §48;
BDG 1979 §83 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn, Dr. Germ, Dr. Höß und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über die Beschwerde des K in R, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Leistungsfeststellungskommission beim Landesgendarmeriekommando für Vorarlberg vom 16. Oktober 1991, Zl. 6262/91, betreffend negative Leistungsfeststellung für das Kalenderjahr 1990, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.860,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Gruppeninspektor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Im Kalenderjahr 1990 versah der Beschwerdeführer mit Ausnahme in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August, in der er dem Gendarmerieposten E zugeteilt war, seinen Dienst beim Gendarmerieposten H. Er hatte dort auch die Funktion des ersten Stellvertreters des Postenkommandanten inne.

Der Bezirksgendarmeriekommandant von Bregenz erteilte dem Beschwerdeführer am 17. Juli 1990 eine schriftliche Ermahnung. Darin wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, er habe seit 1. Jänner bis 25. Juni 1990 auf dem GP H. "eine nicht mehr akzeptable Leistung" erbracht: Seine "Eigeninitiative" sei als äußerst schwach zu werten. Er habe im angeführten Zeitraum lediglich 15 Organmandate ausgestellt, nur fünf Verwaltungsanzeigen erstattet, nur drei Bemängelungsscheine ausgestellt und drei Terminangelegenheiten erledigt. Im Vergleich zu den anderen Beamten des GP H. lägen diese Leistungen weit unter dem Durchschnitt. Er habe auch als erster Stellvertreter dem Postenkommandanten M. in keiner Weise die erforderliche Unterstützung zukommen lassen. Welche Umstände auch immer im Spiel sein mögen, es sei die Verpflichtung des Beschwerdeführers, die Agenden eines Stellvertreters, und dies auch ohne besondere Aufforderung des Postenkommandanten, wahrzunehmen. So habe der Beschwerdeführer in der Zeit vom

9. bis 17. Mai (während der Abwesenheit des Postenkommandanten) lediglich seine Akten und die Dienstvorschreibungen eines Kollegen erledigt, die Erledigungen drei anderer Kollegen aber unerledigt gelassen. Auf Grund des Verhaltens des Beschwerdeführers sei anzunehmen, daß seine Funktion als erster Stellvertreter offensichtlich nur noch auf dem Papier bestehe. Der Beschwerdeführer werde ermahnt, in Hinkunft mehr Eigeninitiative zu entfalten. Sollte bis Jahresende keine merkbare Leistungsverbesserung eintreten, sei beabsichtigt, die Leistungsfeststellung des Beschwerdeführers auf "unterdurchschnittlich" zu beantragen.

In der Folge verfaßte der Vorgesetzte des Beschwerdeführers, der Postenkommandant des GP H., seinen "Bericht zur Leistungsfeststellung" (im folgenden Leistungsfeststellungsbericht genannt) am 25. April 1991, in dem er mit ausführlicher Begründung zu den Punkten

1. Richtigkeit der Arbeit, 2. Termingerechtigkeit (Pünktlichkeit der Arbeit), 3. Zweckmäßigkeit der Arbeit,

4. Verwertbarkeit der Arbeit, 5. Arbeitsmengen in der Zeiteinheit, sowie 6. Leistung als Vorgesetzter zum Ergebnis gelangte, der Beschwerdeführer habe den von ihm zu erwartenden Arbeitserfolg trotz Ermahnung im Kalenderjahr 1990 nicht aufgewiesen.

Die Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 10. Mai 1991 zum Leistungsfeststellungsbericht des Vorgesetzten lautete:

"Ich habe im Jahr 1990 nur 24 VOLLE Wochen Dienst verrichtet."

Mit Schreiben vom 21. Juni 1991 (dem Beschwerdeführer am 28. Juni zugestellt) teilte das Landesgendarmeriekommando für Vorarlberg als Dienstbehörde dem Beschwerdeführer mit, auf Grund des Leistungsfeststellungsberichtes, der ihm am 10. Mai 1991 zur Kenntnis gebracht worden sei, werde gemäß § 87 Abs. 1 BDG 1979 festgestellt, der Beschwerdeführer habe im Kalenderjahr 1990 den zu erwartenden Arbeitserfolg trotz nachweislicher Ermahnung nicht aufgewiesen.

Mit Schreiben vom 25. Juli 1991 stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf Leistungsfeststellung durch die Leistungsfeststellungskommission und begründete dies damit, eine Leistungsfeststellung für das Jahr 1990 sei unzulässig, da er in diesem Kalenderjahr nur während 24 voller Wochen Dienst verrichtet habe. Es sei nicht richtig, daß er 1990 den zu erwartenden Arbeitserfolg nicht aufgewiesen habe. Abschließend beantragte er seine persönliche Befragung.

Mit Schreiben vom 2. Oktober 1991 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, es finde am 17. Oktober 1991 eine Verhandlung der belangten Behörde statt; es sei beabsichtigt, den Beschwerdeführer zur Leistungsfeststellung für das Jahr 1990 persönlich zu befragen. Außerdem wurde die Besetzung des Senates bekanntgegeben.

In seinem Schreiben vom 10. Oktober 1991 (eingelangt bei der belangten Behörde am 14. Oktober) gab der Beschwerdeführer bekannt, er sehe sich auf Grund seines Krankenstandes außerstande, dieser Ladung Folge zu leisten. Er beantrage die Verschiebung der Verhandlung bis nach dem Ende seines Krankenstandes.

Laut einem Aktenvermerk des Vorsitzenden der belangten Behörde vom 14. Oktober 1991 habe er den Beschwerdeführer an diesem Tage angerufen und ihn darüber informiert, eine Verschiebung der Verhandlung wäre auf Grund der am 26. Oktober 1991 verstreichenden (dreimonatigen) Entscheidungsfrist bis zu diesem Zeitpunkt möglich. Er habe den Beschwerdeführer gefragt, ob er bis dahin in der Lage wäre, an einer Verhandlung teilzunehmen. Der Beschwerdeführer habe erklärt, daß dies sicher nicht der Fall sei. Oberstleutnant N. habe daraufhin den Beschwerdeführer informiert, daß damit eine Verschiebung nicht zielführend sei und keine Verhandlung stattfände. Er habe den Beschwerdeführer ersucht mitzuteilen, "ob er Unterlagen besäße, die zu einer Korrektur der im Bericht zur Leistungsfeststellung festgestellten Tätigkeit führen könnten. K verneinte dies mit der Bemerkung, daß er überhaupt keine Auskünfte an Vertreter des LGKs mehr erteilen würde, und die Angelegenheit seinem Rechtsanwalt übergeben würde."

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 16. Oktober 1991 sprach die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe im Kalenderjahr 1990 den zu erwartenden Arbeitserfolg trotz nachweislicher Ermahnung nicht aufgewiesen. Sie begründete dies im wesentlichen damit, die Arbeitsleistung, die Arbeitsmenge, sowie die Wahrnehmung der Funktion als Stellvertreter des Postenkommandanten durch den Beschwerdeführer sei als unterdurchschnittliche Arbeitsleistung zu bewerten (wird näher unter Rückgriff auf den Leistungsfeststellungsbericht des unmittelbaren Vorgesetzten des Beschwerdeführers ausgeführt). Zur Zulässigkeit der Leistungsfeststellung führte die belangte Behörde aus, die Behauptung des Beschwerdeführers, er habe im Jahre 1990 nur 24 Wochen Dienst verrichtet, sei unrichtig, da dem Beschwerdeführer in folgenden 26 Wochen des Jahres 1990 "eine 40-stündige Arbeitszeit zur Verfügung stand: 1., 2., 5., 6., 8., 10., 11., 12., 13. 16., 17., 18., 19., 20., 24., 25., 39., 40., 41., 42., 43., 46., 47., 48. und 49. Woche. In der angeführten 6. Woche standen dem Beamten 46 Arbeitsstunden und in der 9. Woche 48,5 Arbeitsstunden zur Verfügung." Damit seien dem Beamten auch in diesen beiden Wochen eine mehr als 40-stündige Arbeitszeit und damit die Möglichkeit zur Erbringung einer entsprechenden Arbeitsleistung "zur Verfügung" gestanden. Dem "materiellen Erfordernis" für eine Leistungsfeststellung im Sinne des § 83 Abs. 3 BDG 1979 ("26 Wochen") sei damit, bezogen auf den bei der Gendarmerie im Sinne der Dienstzeit-Durchführungsbestimmungen 1972 eingeführten Wechseldienst, Rechnung getragen (siehe § 48 Abs. 4 BDG 1979).

Die Nichtdurchführung der mündlichen Verhandlung begründete die belangte Behörde damit, daß die Leistungsfeststellungskommission gemäß § 87 BDG 1979 innerhalb von drei Monaten über Parteienanträge zu entscheiden habe, im Beschwerdefall die Frist am 28. Oktober 1991 abgelaufen sei und eine mündliche Auskunft am 14. Oktober 1991 ergeben habe, daß der Krankenstand des Beschwerdeführers länger als bis zu diesem Zeitpunkt dauern würde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 43 Abs. 2 Satz 1 BDG 1977, BGBl. Nr. 329, lautete:

"Über einen Beamten darf im Sinne des Abs. 1 nur dann berichtet werden, wenn er im Jahr vor der Erstattung des Berichtes mindestens während 26 Wochen Dienst versehen hat. Ein Bericht ist nicht zu erstatten, wenn der Beamte den zu erwartenden Arbeitserfolg (§ 42) ohne sein Verschulden vorübergehend nicht aufweist."

Die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zum BDG 1977, 500 Blg. Sten. Prot NR 14. GP, führen auf Seite 80 hiezu aus:

"Durch die Worte "während 26 Wochen" soll zum Ausdruck gebracht werden, daß diese Wochen, unbeschadet der in sie fallenden arbeitsfreien Tage (Samstage, Sonn- und Feiertage), als ganze zu zählen sind. Im Urlaub oder im Krankenstand verbrachte Zeiten sollen außer Betracht bleiben, da weder im Urlaub noch während eines Krankenstandes Dienst versehen wird."

Diese Bestimmung wurde durch das BDG 1979, BGBl. Nr. 333, in § 84 Abs. 2 Satz 1 mit einer geringfügigen sprachlichen Abweichung wörtlich übernommen.

Auf Grund der BDG-Novelle 1986, BGBl. Nr. 389, mit der der

8. Abschnitt des BDG 1979 über die Leistungsfeststellung neu gefaßt wurde, lautet § 83 Abs. 3 BDG 1979 - diese Fassung ist im Beschwerdefall anzuwenden - wie folgt:

"Eine Leistungsfeststellung ist unzulässig, wenn der Beamte im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mindestens während 26 Wochen Dienst versehen hat. § 82 Abs. 2 bleibt unberührt."

Nach den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zur BDG-Novelle 1986, 1007 Blg. Sten. Prot NR 16. GP, Seite 8 (linke Spalte), entspricht § 83 Abs. 3 des Entwurfes im wesentlichen den Bestimmungen des bisherigen § 84 Abs. 2.

Nach § 48 Abs. 1 BDG 1979 hat der Beamte die im Dienstplan vorgesehenen Dienststunden einzuhalten, wenn er nicht vom Dienst befreit oder enthoben oder gerechtfertigt vom Dienst abwesend ist.

Nach Abs. 2 leg. cit. beträgt die regelmäßige Wochendienstzeit des Beamten 40 Stunden. Die Wochendienstzeit ist unter Berücksichtigung der dienstlichen Erfordernisse und der berechtigten Interessen der Beamten durch einen Dienstplan möglichst gleichmäßig und bleibend auf die Tage der Woche aufzuteilen (Normaldienstplan). Soweit nicht zwingende dienstliche oder sonstige öffentliche Interessen entgegenstehen, sind Sonntage, gesetzliche Feiertage und Samstage dienstfrei zu halten.

Gemäß Abs. 3 dieser Bestimmung kann, soweit nicht dienstliche oder sonstige öffentliche Interessen entgegenstehen, die gleitende Dienstzeit eingeführt werden. Gleitende Dienstzeit ist jene Form der Dienstzeit, bei der der Beamte den Beginn und das Ende seiner täglichen Dienstzeit innerhalb festgesetzter Grenzen (Gleitzeit) selbst bestimmen kann und während des übrigen Teiles der Dienstzeit (Blockzeit) jedenfalls Dienst zu versehen hat. Bei gleitender Dienstzeit ist vorzusorgen, daß die Erfüllung der regelmäßigen Wochendienstzeit im mehrwöchigen Durchschnitt gewährleistet ist.

Abs. 4 lautet:

"Bei Schicht- oder Wechseldienst ist ein Schicht- oder Wechseldienstplan zu erstellen. Dabei darf die regelmäßige Wochendienstzeit im mehrwöchigen Durchschnitt nicht über- oder unterschritten werden. Schichtdienst ist jene Form der Dienstzeit, bei der aus organisatorischen Gründen an einer Arbeitsstätte der Dienstbetrieb über die Zeit des Normaldienstplanes hinaus aufrechterhalten werden muß und ein Beamter den anderen ohne wesentliche zeitmäßige Überschneidung an der Arbeitsstätte ablöst. Bei wesentlichen zeitmäßigen Überschneidungen liegt Wechseldienst vor."

Abs. 5 leg. cit. betrifft Regelungen in bezug auf den Dienst an Sonn- und Feiertagen im Rahmen eines Schicht- oder Wechseldienstplanes.

Abs. 6 des § 48 BDG 1979 betrifft Bestimmungen zum verlängerten Dienstplan.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bringt der Beschwerdeführer vor, die belangte Behörde behaupte in der Bescheidbegründung, daß ihm in von ihr aufgezählten 26 Wochen "eine 40-stündige Arbeitszeit zur Verfügung" gestanden sei. Ein solches Beweisergebnis sei ihm während des Verfahrens nicht zur Kenntnis gebracht worden, obwohl er in seiner Eingabe vom 25. Juli 1991 vorgebracht habe, daß er 1990 nur 24 volle Wochen Dienst geleistet habe. Wäre dies geschehen, so hätte er die Unrichtigkeit dieser Annahme nachgewiesen. Für die Auslegung des § 83 Abs. 3 Satz 1 BDG 1979 seien zwei Betrachtungsweisen möglich: Stelle man wie die belangte Behörde auf die 40-stündige Arbeitszeit ab und zähle als (volle) Woche im Sinne dieser Bestimmung nur jene Wochen, in welchen mindestens 40 Stunden Dienst verrichtet worden sei, so würden eine ganze Reihe von Wochen wegfallen. Der Beschwerdeführer versehe nämlich Wechseldienst, bei dem sich jeweils für einen vollen Kalendermonat die vollen Normaldienststunden ergäben, während die Stundenanzahl pro Woche zwischen 29 und 64 schwanke. Hätte die belangte Behörde daher tatsächlich überprüft, ob in jeder der von ihr angegebenen Wochen die Zahl von 40 Arbeitsstunden überschritten worden sei, so hätte sie festgestellt, daß dies mehrmals nicht der Fall gewesen wäre.

Der Beschwerdeführer gehe von einer anderen Betrachtungsweise aus:

Seines Erachtens sei dann nicht von einer vollen Woche Dienstleistung zu sprechen, wenn infolge Krankheit oder Urlaub mindestens ein Tag entfallen sei. Das treffe in concreto für die 6. oder 39. Woche zu, in der er jeweils wegen Urlaubs (6. Woche) bzw. Krankheit (39. Woche) mindestens einen Tag nicht im Dienst gewesen sei. Auch wenn in diesen Wochen trotzdem die 40 Stunden überschritten worden seien, bedeute dies eine Minderdienstleistung, weil der Beschwerdeführer in diesen Wochen eben ansonsten auf Grund des Wechseldienstplanes noch mehr Dienststunden zu leisten gehabt hätte. Die Ausführungen der belangten Behörde zur 9. Woche bezögen sich auf die 39. Woche. Maßgebend müsse daher sein, ob dienstplanmäßig im Rahmen des auf monatliche Arbeitszeit abgestellten Wechseldienstes infolge einer dienstlichen Abwesenheit in einer bestimmten Woche eine Reduzierung erfolgt sei oder nicht. Da die belangte Behörde die 6. und 39. Woche, auf die dies zutreffe, mitgezählt habe, um auf die erforderlichen 26 Wochen zu kommen, habe sie zu Unrecht die Zulässigkeit der Leistungsfeststellung bejaht.

Die Beschwerde ist im Ergebnis berechtigt.

Aus § 48 BDG 1979 ist abzuleiten, daß

-

sich das Ausmaß der Verpflichtung zur Dienstleistung aus dem Dienstplan ergibt (Abs. 1) und

-

das Gesetz vier Arten des Dienstplanes kennt, nämlich

a)

den Normaldienstplan nach § 48 Abs. 2

b)

den Dienstplan mit gleitender Dienstzeit nach § 48 Abs. 3,

c)

den Schicht- oder Wechseldienstplan nach § 48 Abs. 4,

d)

den verlängerten Dienstplan nach § 48 Abs. 6,

die sich - mit Ausnahme des verlängerten Dienstplanes - an einer regelmäßigen Wochendienstzeit von 40 Stunden zu orientieren haben, wobei die regelmäßige Wochendienstzeit bei den unter b) und c) genannten Dienstplänen nur in mehrwöchigem Durchschnitt gewährleistet sein muß. Das heißt, daß das in einer Woche verpflichtend vorgeschriebene Ausmaß der Dienstleistung bei diesen beiden Dienstplänen (erheblich) unter oder über der regelmäßigen Wochendienstzeit von 40 Stunden liegen kann. An die Regelungen über den Dienstplan werden dienstrechtliche (z.B. disziplinarrechtliche) und gehaltsrechtliche (z.B. Beurteilung, wann eine Überstunde vorliegt usw.) Konsequenzen geknüpft.

§ 83 Abs. 3 Satz 1 BDG 1979 stellt auf die Woche als maßgebliche Größe für die Ermittlung des Mindestmaßes (26 Wochen) ab, die als notwendiger Beurteilungszeitraum gegeben sein muß, damit eine Leistungsfeststellung (abgesehen vom Fall des § 82 Abs. 2 BDG 1979) zulässig ist (die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich auf den "Normalfall" der Leistungsfeststellung nach Satz 1). Eine Woche ist dann auf den Beurteilungszeitraum anzurechnen, wenn der Beamte in dieser Zeiteinheit seinen Dienst verrichtet hat, d.h. - wie sich aus den EB der Regierungsvorlage zum BDG 1977 ergibt, die auch für die geltende Rechtslage von Bedeutung ist, die sich in diesem Punkt inhaltlich nicht vom BDG 1977 unterscheidet - jenen Dienst, zu dem er verpflichtet war und den er auch tatsächlich erbracht hat. § 83 Abs. 3 Satz 1 BDG 1979 nimmt keinerlei Unterscheidung in der Richtung vor, in welchem zeitlichen Ausmaß der Beamte während der in den Beurteilungszeitraum einzubeziehenden Woche zur Dienstleistung verpflichtet ist.

Lege non distinguente ist daher davon auszugehen, daß es ohne Unterschied auf die Art des Dienstplanes für die Zulässigkeit der Leistungsfeststellung nur darauf ankommt, daß der Beamte während 26 Wochen des Jahres die ihm in diesen Zeiteinheiten vorgeschriebenen Dienstzeiten auch tatsächlich verrichtet hat. Eine Einschränkung dieses Grundsatzes der Identität zwischen vorgeschriebenem und tatsächlich verrichtetem Dienst pro Woche gilt nur für den Fall der ungerechtfertigten Abwesenheit des Beamten vom Dienst: Eine Woche, in der der Beamte teilweise ungerechtfertigt vom Dienst abwesend ist, ist nämlich nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes in den Mindestbeobachtungszeitraum im Sinne des § 83 Abs. 3 erster Satz BDG 1979 einzubeziehen, soll doch durch ein rechtswidriges Verhalten des Beamten grundsätzlich die Zulässigkeit der Leistungsfeststellung nicht unterlaufen werden (vgl. dazu die auf einem ähnlichen Gedanken beruhende Rechtsprechung zur Entbehrlichkeit des Mitarbeitergespräches, wenn deren gesetzlich vorgesehene Durchführung vom Beamten selbst vereitelt wird z.B. die hg. Erkenntnisse vom 19. Februar 1986, Zl. 84/09/0211, vom 23. November 1989, Zl. 89/09/0028, sowie vom 1. Juli 1993, Zl. 92/09/0226). In diesem Sinn sprechen auch die EB in der Regierungsvorlage zum BDG 1977 ausschließlich davon, daß Urlaub und Krankenstand (wohl als die häufigsten Arten der gerechtfertigten Abwesenheit vom Dienst) bei der Ermittlung der "ganzen Wochen" außer Betracht zu bleiben haben.

Ist daher für die Einrechnung der Wochen in den Beobachtungszeitraum im Sinne des § 83 Abs. 3 Satz 1 BDG 1979 maßgebend, ob die verpflichtend vorgesehene Dienstzeit vom Beamten auch tatsächlich verrichtet wurde (mit der oben genannten Einschränkung im Fall der ungerechtfertigten Abwesenheit vom Dienst) spielt es keine Rolle, ob die jeweils verpflichtend vorgeschriebene und auch tatsächlich verrichtete Dienstzeit pro Woche über oder unter der regelmäßigen Wochendienstzeit gelegen ist. Folgerichtig ist aber auch eine Woche, in der die tatsächlich erbrachte Wochendienstzeit 40 Stunden erreicht hat (z.B. bei Geltung des Normaldienstplanes durch entsprechende Überstunden oder bei Vorliegen eines Schicht- oder Wechseldienstplanes auf Grund der an einzelnen Tagen dieser Woche in Summe erbrachten Dienststunden) nicht auf die den Mindestbeobachtungszeitraum konstituierenden Wochen im Sinne des § 83 Abs. 3 Satz 1 BDG anzurechnen, wenn die in dieser Woche verpflichtend vorgesehene längere Dienstzeit z.B. wegen Urlaubs oder Krankenstand tatsächlich nicht verrichtet wurde.

Diese Auslegung steht auch mit dem aus den EB zur Regierungsvorlage zum BDG 1977 hervorgehenden offenkundigen Zweck der nunmehrigen Bestimmung des § 83 Abs. 3 Satz 1 BDG 1979 in Einklang, in den Mindestbeobachtungszeitraum jene 26 Wochen einzubeziehen, in denen der Beamte seinen Dienst in dem für ihn üblichen vollen Ausmaß verrichtet, um damit eine verläßliche Grundlage für die Leistungsfeststellung zu bekommen. Erbringt ein Beamter in den demnach einzurechnenden 26 Wochen weniger als 1040 Stunden Dienst, hindert dies nicht die Zulässigkeit der Leistungsfeststellung. Das Ausmaß der tatsächlich geleisteten Dienstzeit wird in diesem Fall allerdings bei der Beurteilung der Menge der Leistung zu berücksichtigen sein.

Dem von einer anderen Rechtsauffassung ausgehenden von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid angenommenen Sachverhalt, in 26 kalendermäßig bezeichneten Wochen sei dem Beschwerdeführer eine 40-stündige Arbeitszeit "zur Verfügung gestanden", läßt sich nicht entnehmen, ob der Beschwerdeführer in diesen Wochen Dienste in diesem Ausmaß überhaupt VERRICHTET hat (so die Gegenschrift der belangten Behörde) oder nicht. Ausgehend von ihrer in der Gegenschrift verdeutlichten Rechtsauffassung, es käme beim Schicht- oder Wechseldienstplan unter dem Blickwinkel des § 83 Abs. 3 Satz 1 BDG 1979 auf die Verrichtung von 40 Dienststunden pro Woche an, hat die belangte Behörde aber auch nicht erhoben, ob der vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren mehrfach erhobene Einwand, er habe nur 24 volle Wochen Dienst verrichtet vor dem Hintergrund der oben dargelegten Rechtslage (Anrechnung einer Woche auf den Mindestbeobachtungszeitraum im Sinne des § 83 Abs. 3 Satz 1 BDG 1979 bei Identität von vorgeschriebenem und geleistetem Dienst ohne Rücksicht auf das jeweilige Ausmaß) zutrifft oder nicht.

Es war daher aus diesem Grund der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß auf das weitere Vorbringen des Beschwerdeführers einzugehen war. Bemerkt wird, daß im allenfalls folgenden Verfahren (sofern die Zulässigkeit der Leistungsfeststellung gegeben ist) wieder die Möglichkeit der vom Beschwerdeführer beantragten persönlichen Einvernahme eröffnet ist.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1991.

Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft Stempelgebühren für die nicht vorzulegende Drittausfertigung der Beschwerde.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1991090225.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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