TE Vfgh Beschluss 1992/6/15 KI-2/91

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Veröffentlicht am 15.06.1992
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art138 Abs1 lita
VfGG §46
VfGG §86

Leitsatz

Einstellung des Verfahrens betreffend einen negativen Kompetenzkonflikt zwischen einem Gericht und einer Verwaltungsbehörde wegen Klaglosstellung des Beschwerdeführers infolge kassatorischer Berufungsentscheidung der Verwaltungsbehörde (Bundesminister für Arbeit und Soziales) während Anhängigkeit des Verfassungsgerichtshofverfahrens

Spruch

Das Verfahren wird eingestellt.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Vertreters die mit 16.152 S bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Begründung:

I. Am 12. Februar 1990 begehrte der Antragsteller von der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft die Überweisung seiner Pension auf ein Konto, zu dem - entgegen einer von ihm ursprünglich abgegebenen Erklärung - auch von ihm legitimierte Dritte, im besonderen seine Frau, Zugriff hätten. Da die Sozialversicherungsanstalt ihre Rechtsauffassung, daß Leistungen aus der Pensionsversicherung gemäß §75 GSVG dem Anspruchsberechtigten direkt auszuzahlen bzw. anzuweisen sind, innerhalb der gesetzlichen Frist nicht in Bescheidform mitteilte, stellte der Antragsteller am 14. November 1990 einen Devolutionsantrag an den Landeshauptmann von Salzburg. Dieser wies den Überweisungsantrag wegen sachlicher Unzuständigkeit zurück.

Eine Klage gegen die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft sowie gegen den Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger wies das Landesgericht Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht mit Beschluß vom 14. September 1990 wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges mit der Begründung zurück, daß es sich bei der Überprüfung von Auszahlungsmodalitäten weder um eine Leistungssache im Sinne des §65 Abs1 Z1 ASGG noch um streitige Privatrechte im Sinne des §1 JN handle.

Auf die Verweigerung der Sachentscheidung durch den Landeshauptmann und das Gericht stützt sich der vorliegende Antrag auf Entscheidung eines negativen Kompetenzkonfliktes. Der Antragsteller hat aber zugleich auch gegen die Entscheidung des Landeshauptmannes Berufung erhoben. Mit Bescheid vom 3. September 1991 hat der Bundesminister für Arbeit und Soziales den Bescheid des Landeshauptmannes mit der Begründung aufgehoben, es handle sich bei der Beurteilung der Auszahlungsmodalitäten für Pensionen um eine Verwaltungssache gemäß §355 ASVG, über die der Versicherungsträger und in der Folge der im Devolutionsweg zuständig gewordene Landeshauptmann von Salzburg meritorisch zu entscheiden gehabt hätten.

Im Hinblick auf diese Berufungsentscheidung hat der Verfassungsgerichtshof dem Antragsteller Gelegenheit zur Äußerung über die beabsichtigte Einstellung des Kompetenzkonfliktes gegeben.

In seinem Schriftsatz vom 13. Mai 1992 erachtet sich der Antragsteller durch den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales für nicht klaglos gestellt, da der Bundesminister rechtswidrigerweise keine Sachentscheidung gefällt habe und vor Entscheidung durch den Verfassungsgerichtshof - in sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des VerfGG zum positiven Kompetenzkonflikt - überhaupt keinen Bescheid mehr hätte erlassen dürfen.

II. Ein Kompetenzkonflikt liegt nicht mehr vor. Das Verfahren ist einzustellen.

Die Entscheidung eines verneinenden Kompetenzkonfliktes setzt nach §46 VerfGG die Erschöpfung des Instanzenzuges nicht voraus. Anders als in den Fällen eines bejahenden Kompetenzkonfliktes unterbricht aber die Anrufung des Verfassungsgerichtshofes ein anhängiges Verfahren nicht; der Bundesminister für Arbeit und Soziales war daher nicht gehindert, über die Berufung gegen den Bescheid des Landeshauptmannes zu entscheiden. Durch diese Entscheidung wird die Zuständigkeit des Landeshauptmannes von Salzburg festgestellt und damit der Kompetenzkonflikt beendet. Die Rechtslage ist nunmehr so, als hätte der Landeshauptmann seine Zuständigkeit niemals abgelehnt. Daß die Sachentscheidung erst ergehen - und allenfalls durch neuerliche Devolution erzwungen werden - muß, ist einer Ablehnung der Zuständigkeit nicht gleichzuhalten.

Der Antragsteller ist hiemit durch die Behörde klaglos gestellt. In sinngemäßer Anwendung der §§52, 86 und 88 VerfGG ist daher dem Bund der Ersatz der Kosten aufzuerlegen und das Verfahren als gegenstandslos geworden einzustellen.

Im zugesprochenen Betrag sind 2.692 S an Umsatzsteuer enthalten.

Schlagworte

VfGH / Kompetenzkonflikt, VfGH / Klaglosstellung, Devolution

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1992:KI2.1991

Dokumentnummer

JFT_10079385_91K00I02_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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