TE Vwgh Erkenntnis 1994/10/24 94/10/0144

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.10.1994
beobachten
merken

Index

L55004 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Oberösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);

Norm

B-VG Art130 Abs2;
B-VG Art140 Abs1;
LSchV OÖ Bereich von Flüssen und Bächen 1982 §1;
NatSchG OÖ 1982 §39 Abs1;
NatSchG OÖ 1982 §39 Abs4;
NatSchG OÖ 1982 §39;
NatSchG OÖ 1982 §6 Abs1 litb;
NatSchG OÖ 1982 §6 Abs1;
NatSchG OÖ 1982 §6 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Novak, Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde des H in L, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 5. Juli 1994, Zl. N-103170/Kra-1994, betreffend einen naturschutzbehördlichen Entfernungsauftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde, der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides und den vom Verfassungsgerichtshof übermittelten Verwaltungsakten ergibt sich nachstehender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer betreibt auf Parzelle 2458 eine Hundezwingeranlage. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft (BH) vom 15. September 1993 wurde ihm unter Berufung auf § 39 Abs. 1, 2 und 4 des Oberösterreichischen Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 1982, LGBl. Nr. 80/1982 i.d.F. LGBl. Nr. 72/1988 (O.ö. NSchG 1982), in Verbindung mit § 6 leg. cit. sowie § 1 der Verordnung der Oberösterreichischen Landesregierung über den Landschaftsschutz im Bereich von Flüssen und Bächen, LGBl. Nr. 107/1982 i.d.F. LGBl. Nr. 4/1987 (Landschaftsschutz-VO), aufgetragen, den auf dem Grundstück Nr. 2458 im 50 m-Uferschutzbereich des X-Baches verbotswidrig geschaffenen Zustand durch vollständige Beseitigung der Hundezwingeranlage, bestehend aus insgesamt 10 kleinen Hundehütten mit den Ausmaßen von je 0,9 m x 0,8 m x 0,6 m, einer Großraumhundehütte mit dem Ausmaß von 2,0 m x 2,5 m bei einer Firsthöhe unter 1,5 m und sämtlicher Maschendrahtzäune mit einer Höhe von ca. 1,6 m bis spätestens 31. Oktober 1993 zu sanieren und den vorigen Zustand wiederherzustellen.

Der Beschwerdeführer berief.

Mit Bescheid vom 5. Juli 1994 gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge und bestätigte den angefochtenen Bescheid mit der Maßgabe, daß die Frist für die Entfernung der Hundezwingeranlage bis 31. Oktober 1994 erstreckt werde.

In der Begründung heißt es, im Zuge des Berufungsverfahrens sei vom Landesbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz in seinem Gutachten vom 10. Jänner 1994 ausgeführt worden, die Hundezwingeranlage des Beschwerdeführers befinde sich im 50 m-Uferschutzbereich des X-Baches, eines direkten Zubringers zur Donau. Unmittelbar anschließend an die Zwingeranlage falle die Böschung steil zum X-Bach ab. Dieser sei etwa 10 m vom bachseitigen Zaun des Hundezwingers entfernt. Auf der gegenüberliegenden Seite des Bachufers schließe ein standorttypischer Hangmischwald an. Der Bachverlauf selbst sowie die beiden anschließenden Böschungen seien von standorttypischen Strukturen und Pflanzengesellschaften geprägt. Etwa 40 m bachaufwärts befinde sich vor einem Teich ein künstlich eingeebneter Abstellplatz für Autos und Anhänger. An dieser Stelle stehe auch ein großer LKW-Anhänger, der schon seit längerer Zeit hier abgestellt sei und der schon auf dem Photobeleg des Gendarmeriepostens vom 7. Dezember 1992 evident sei. Des weiteren sei am südöstlichen Rand des Abstellplatzes eine größere Menge Erdmaterial aufgehäuft. Auch diese landschaftsrelevanten Veränderungsmaßnahmen befänden sich alle im 50 m-Uferschutzbereich des X-Baches. In der eingezäunten Fläche der Hundezwingeranlage seien 12 Kleinhundehütten im Ausmaß von 90 cm x 80 cm, die in etwa paarweise und gleichmäßig über die ganze Fläche verteilt stünden. Des weiteren befinde sich am nördlichen Ende der Anlage eine Großraumhundehütte von etwa 6 m2 Grundfläche, die mit einem Pultdach abgedeckt sei. Die Umzäunung stehe größtenteils auf einer ummauerten Basis, in der Metallsteher angebracht seien, die ihrerseits einen Maschenzaun hielten. Die gesamte Anlage sei durch ähnliche Vorrichtungen unterteilt; des weiteren fänden sich temporäre und dauerhafte Überdachungen als Sonnen- und Regenschutz für die Tiere. Teile des Zaunes seien mit Schilfmatten oder mit Plastikmaterial verblendet. An Materialien seien Holzteile (Hütte), Metallteile (Zaun, Tore) und Kunststoffteile in verschiedenen Arten (Verblendungen, Überdachungen) vorhanden. Der am Parkplatz abgestellte Anhänger bestehe aus Metall, sei kastenartig und durch rot-grüne Werbeaufschriften besonders auffällig. Die Grundfläche der Zwingeranlage selbst sei weitestgehend vegetationsfrei und trete als braune Schlamm- oder Erdfläche in Erscheinung.

Eine entsprechende Landschaftsbildanalyse ergebe, daß der in diesem Bereich sehr naturbelassene X-Bach in einem relativ steil ausgeformten Abschnitt sowohl in seiner Fließgewässerstruktur als auch in seinen Uferbereichen eine völlig naturnahe Ausformung besitze. Zudem sei er auf beiden Seiten von schluchtartigen Vegetationsstrukturen begleitet. Daran schließe für diese Region typisches Kulturland, nämlich Mähwiesen und landwirtschaftliche Hof- und Geländeformen, an. Auf Grund der Entfernung zum Gehöft und der Nähe zum Bach stelle die Zwingeranlage zweifelsfrei eine maßgebliche Beeinträchtigung des Landesschaftsbildes im Bereich des G-Berges dar. Eine Zwingeranlage in dieser Form sei des weiteren auch nicht als eine landwirtschaftliche Anlage oder Nebeneinrichtung zu werten, was ihre Vertretbarkeit (gemeint wohl: Unvertretbarkeit) auch bei vorgeschlagenen Schönungsmaßnahmen, wie Bepflanzung und Hecke ergeben werde. Somit sei die Zwingeranlage mit ihren zusätzlichen Infrastruktureinrichtungen, wie abgestellten Fahrzeugen und Wasserzuleitung vom X-Bach, in jedem Fall als maßgeblicher und unvertretbarer Eingriff in das Landschaftsbild zu bewerten. Demzufolge sei eine nachträgliche Bewilligung nach dem Naturschutzgesetz zu versagen und die Wiederherstellung in den ursprünglichen Zustand (Mähwiese) zu fordern.

Zu diesem Gutachten sei seitens des Beschwerdeführers ausgeführt worden, daß das Gelände von keiner Seite her einsehbar sei und deshalb kein Eingriff in das Landschaftsbild vorliege. Darüberhinaus sei darauf hingewiesen worden, daß es sich bei dem gegenständlichen Gerinne um keinen Bach handle. Auf Grund dieser Ausführungen habe der Landesbeauftragte für Natur- und Landschaftsschutz in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 5. April 1994 Nachfolgendes festgestellt:

In der Photobeilage Nr. 2 werde noch einmal ausführlich auf den X-Bach eingegangen, in dessen 50 m Uferschutzzone die Zwingeranlage zu liegen komme. Wie aus der Photodokumentation klar zu entnehmen sei, handle es sich beim X-Bach um ein typisches Mühlviertler Gerinne mit blockartig strukturiertem Bachlauf. Dieses sei beidseitig von charakteristischen Hangwaldstrukturen und deren Vegetation begrenzt. Der X-Bach führe - wenn auch bei unterschiedlicher Wassermenge - das ganze Jahr über Wasser und habe auch auf Grund seiner geologischen Rahmenbedingungen eine entsprechend vielfältige Struktur in der Wasserführung. So seien - aus der Photodokumentation sehr gut zu entnehmen - flachere, langsam fließende Bachabschnitte vom wasserfallähnlichen Bereich abgesetzt. Die Wasserrandzone werde teilweise vom Moos in Strukturen geprägt, andererseits fänden sich auch grasige Bachufersäume. Die darin befindlichen Gesteinsstrukturen seien von Flechten und Moosen überzogen, sofern diese in der Spritzwasserzone zu liegen kämen. Öfter überströmte Stein- und Felsbereiche seien nicht bewachsen und bestünden aus den "Kristalienstrukturen" dieser Gegend. Somit sei schlußendlich anzuführen, daß der X-Bach ein typisches Mühlviertler Gerinne darstelle, das auch in seinem Umgebungsbereich nur bedingt von Menschenhand beeinflußt sei und als solches - wie auch im oberösterreichischen Naturschutzgesetz aufgeführt - in seiner 50 m- Uferschutzzone durch die Zwingeranlage wesentlich beeinflußt werde. Dieser Einfluß sei zweifelsfrei von massivnegativer Auswirkung auf das Landschaftsbild des X-Baches und daraus sei aus naturschutzfachlicher Sicht entsprechend auf eine massive unvertretbare Störung zu schließen.

An diese Wiedergabe des Sachverständigengutachtens und dessen Ergänzung schließen sich die Erwägungen der belangten Behörde an. Darin wird ausgeführt, auf Grund der Aussagen des Gutachters bzw. der Photodokumentation sei klar erkennbar, daß es sich beim X-Bach um einen Bach im Sinne des O.ö. NSchG 1982 handle. Aus dem Sachverständigengutachten ergebe sich auch zweifelsfrei das Vorliegen eines Eingriffes in das Landschaftsbild. § 39 des O.ö. NSchG 1982 räume der Behörde trotz der Formulierung "kann" nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kein Ermessen ein (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 10. November 1986, Zl. 86/10/0057). Es sei daher die Entfernung der Zwingeranlage zu verfügen gewesen. Weiters habe der Grundeigentümer mitgeteilt, daß der Pachtvertrag mit dem Beschwerdeführer auf Grund eines gerichtlichen Vergleiches Ende September 1994 enden würde und die Zustimmung für den Weiterverbleib dieser Hundezwingeranlage nicht mehr gegeben sein werde.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluß vom 27. September 1994, B 1842/94-5, ihre Behandlung ab und trat sie antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Mit der Beschwerde wurden dem Verwaltungsgerichtshof auch die vom Verfassungsgerichtshof eingeholten Verwaltungsakten übermittelt.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde bringt der Beschwerdeführer vor, die belangte Behörde habe es in ihrem Bescheid beinahe zur Gänze unterlassen, auf seine Argumente in der Berufung und im vorangehenden Verfahren einzugehen. Auch der Berufungsbescheid stütze sich im wesentlichen auf die Stellungnahme des Regionsbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz. Dieser führe aus, daß die Art der Einfriedung der Hundezwingeranlage hinsichtlich der Gestaltung nicht den üblichen Weidezäunen im Rahmen einer land- und forstwirtschaftlichen Nutzung von Grünflächen entspreche. Der Beschwerdeführer habe im Verfahren mehrmals angeboten, einen Weidezaun, wie er im Rahmen einer land- und forstwirtschaftlichen Nutzung von Grünflächen üblich sei, zu errichten. Zusätzlich habe er auch noch durch Pflanzung verschiedener heimischer Sträucher und Bäume einen jenem Landschaftsbild entsprechenden Zustand, wie er der Naturschutzbehörde vorschwebe, herstellen wollen. Dies werde durch den angefochtenen Bescheid unmöglich gemacht.

Nach § 39 Abs. 1 des O.ö. NSchG 1982 habe "nämlich nur derjenige die Möglichkeit, den geschaffenen Zustand in einer Weise abzuändern, daß Natur und Landschaft möglichst wenig beeinträchtigt werden, wenn die Beseitigung des Zustandes tatsächlich möglich" sei. Im Gegensatz zu anderen Verwaltungsgesetzen, bei denen versucht werde, bei konsenslos errichteten Bauten oder Betriebsanlagen einen dem Gesetz entsprechenden Zustand herzustellen, werde diese Lösung des Problems von den Behörden nicht einmal in Erwägung gezogen. Auf diese Weise werde dem Beschwerdeführer, der Verbesserungsvorschläge gemacht habe, von der Naturschutzbehörde die Abänderung nach § 39 Abs. 1 letzter Satz des O.ö. NSchG 1982 verweigert.

Der Naturschutzbeauftragte vermöge seine Bedenken in keiner Weise zu konkretisieren. Vielmehr verbleibe er bei den bloßen Feststellungen, daß der gegebene Zustand nicht sein dürfe. Die belangte Behörde schließe sich in ihrer Begründung diesen "schlüssigen" Äußerungen an und nehme ebenso das Ergebnis vorweg. Die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides mangels echter Begründung sei offenbar. Die Behörden hätten in Wahrheit keine Subsumtion vorgenommen, sondern ihre Sachverhaltsfeststellungen als rechtliche Beurteilung dargestellt.

Die Erstbehörde habe es auch unterlassen, festzustellen, ob das verfahrensgegenständliche "Gerinne" ein Bach im Sinne des O.ö. NSchG 1982 sei. Auch das Gutachten des Amtssachverständigen, welches der angefochtenen Entscheidung zugrundeliege, spreche von einem Gerinne. Ein Gerinne sei aber schon begrifflich kleiner und unbedeutender als ein Bach. Der angebliche Bach führe nur bei schweren Regenfällen Wasser und sei daher als bloße Abflußrinne nicht einmal im extensivsten Fall ein Bach im Sinne des O.ö. NSchG 1982.

Auch der Umstand, daß die Behörde erster Instanz auf die in der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 24. August 1993 vorgebrachten Argumente nicht eingegangen sei, zeige, daß die Behörde offenbar nicht die dem O.ö. NSchG 1982 immanenten Ziele des Landschafts- und Naturschutzes sowie des Schutzes von seltenen Pflanzen und Tieren im Auge habe.

Der Behörde erster Instanz sei außerdem bekannt, daß der Beschwerdeführer in der Hundezwingeranlage ca. 20 Hunde halte. Diese Hunde hätten derzeit keinen Ersatzplatz, weshalb es für den Beschwerdeführer einen nicht wiedergutzumachenden Schaden bedeuten würde, wenn er die Hunde erschießen müßte. Dieses Interesse überwiege jedenfalls das für den gegenständlichen Fall künstlich konstruiert erscheinende Interesse am Natur- und Landschaftsschutz, welches nach Ansicht des Beschwerdeführers nicht verletzt sei.

Schließlich erweise sich auch die Bestimmung des § 39 Abs. 1 des O.ö. NSchG 1982 als verfassungswidrig.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wurden bewilligungspflichtige Vorhaben ohne Bewilligung ausgeführt oder wurden in Bewilligungen verfügte Bedingungen, Befristungen oder Auflagen nicht eingehalten, so kann nach § 39 Abs. 1 des O.ö. NSchG 1982 die Behörde unabhängig von einer Bestrafung nach § 37 demjenigen, der rechtswidrig das Vorhaben ausgeführt hat oder ausführen hat lassen, oder dessen Rechtsnachfolger mit Bescheid auftragen, binnen einer festzusetzenden angemessenen Frist auf seine Kosten den vorherigen Zustand wiederherzustellen bzw. den bescheidmäßigen Zustand herzustellen oder, wenn dies tatsächlich nicht möglich ist, den geschaffenen Zustand in einer Weise abzuändern, daß Natur und Landschaft möglichst wenig beeinträchtigt werden.

Nach § 39 Abs. 4 leg. cit. ist Abs. 1 sinngemäß bei widerrechtlichen Eingriffen in das Landschaftsbild gemäß § 5 oder § 6 anzuwenden.

Nach Abs. 1 lit. a und b des mit "Landschaftsschutz im Bereich übriger Gewässer" überschriebenen § 6 des

O.ö. NSchG 1982 gilt der Landschaftsschutz im Sinne dieser Bestimmungen für folgende Bereiche:

a) für Donau, Inn und Salzach (einschließlich ihrer gestauten Bereiche) und einen daran unmittelbar anschließenden 200 m breiten Geländestreifen;

b) für sonstige Flüsse und Bäche (einschließlich ihrer gestauten Bereiche) und einen daran unmittelbar anschließenden 50 m breiten Geländestreifen, insoweit sie in einer von der Landesregierung zu erlassenden Verordnung angeführt sind.

Nach § 1 Abs. 1 der Landschaftsschutz-VO in Verbindung mit Punkt 3.15 der Anlage zu dieser Bestimmung gilt der Landschaftsschutz im Sinne des § 6 des O.ö. NSchG für alle in die Donau linksufrig mündenden Bäche.

Nach den Feststellungen im angefochtenen Bescheid handelt es sich beim X-Bach um einen linksufrigen Zubringer zur Donau.

Der Beschwerdeführer bestreitet, daß es sich dabei um einen Bach handle.

Ein Bach ist ein kleines fließendes Gewässer, wobei der Ausdruck Bach auch für Gerinne verwendet wird, die nur fallweise Wasser führen (vgl. Brockhaus-Enzyklopädie, 17. Aufl., S. 193). Daß es sich beim X-Bach um ein solches kleines fließendes Gewässer handelt, geht aus den Darstellungen im Gutachten des Landesbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz hervor. Daß es sich um ein KLEINES fließendes Gewässer handelt, spricht nicht gegen die Eigenschaft als Bach. Auch die Frage, ob es sich um ein ständig wasserführendes Gerinne handelt, ist nicht von Belang. Abgesehen davon wurde vom Landesbeauftragten festgestellt, daß der X-Bach das ganze Jahr über Wasser führt.

§ 6 Abs. 2 des O.ö. NSchG 1982 verbietet in geschützten Bereichen jeden Eingriff in das Landschaftsbild, solange die Behörde nicht bescheidmäßig festgestellt hat, daß solche öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes, die alle anderen Interessen überwiegen, nicht verletzt werden.

Ein Eingriff in das Landschaftsbild liegt vor, wenn eine Maßnahme infolge ihres optischen Eindruckes das Landschaftsbild maßgebend verändert. Es kommt nicht darauf an, ob der Eingriff ein "störender" ist; auch ist nicht entscheidend, von welchem Punkt aus das den Eingriff darstellende Objekt einsehbar oder nicht einsehbar ist und ob es nur aus der Nähe oder auch aus weiterer Entfernung wahrgenommen werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. März 1986, Slg. 12.069/A u.a.).

Dem von der belangten Behörde eingeholten Gutachten des Landesbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz ist zu entnehmen, daß sich die in Rede stehende Anlage in einem sehr naturbelassenen Bereich befindet, wo der X-Bach sowohl in seiner Fließgewässerstruktur als auch in seinem Uferbereich eine völlig naturnahe Ausformung besitzt, an die für diese Region typisches Kulturland, nämlich Mähwiesen und landwirtschaftliche Hof- und Geländeformen anschließt, sodaß die Zwingeranlage des Beschwerdeführers in diesem Bereich - als Fremdkörper - einen maßgeblichen Eingriff in das Landschaftsbild darstellt. Die Behauptung des Beschwerdeführers, der Landesbeauftragte vermöge seine Bedenken nicht zu konkretisieren, sind unzutreffend. Auch die dem Gutachten beigelegten Photos belegen, daß die Hundezwingeranlage des Beschwerdeführers einen Eingriff in das Landschaftsbild darstellt.

Ein diesen Eingriff legitimierender positiver Feststellungsbescheid existiert nicht. Die Voraussetzungen des § 39 des O.ö. NSchG 1982 für einen Entfernungsauftrag sind somit gegeben. Zu Recht weist die belangte Behörde darauf hin, daß nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes § 39 Abs. 1 leg. cit. der Behörde kein Ermessen einräumt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Mai 1993, Zl. 92/10/0038 und die dort angeführte Vorjudikatur).

Aus der im § 39 Abs. 4 angeordneten sinngemäßen Anwendung des § 39 Abs. 1 bei widerrechtlichen Eingriffen in das Landschaftsbild gemäß § 6 folgt, daß bei Vorliegen eines dem § 6 Abs. 2 des O.ö. NSchG 1982 zuwiderlaufenden, nicht durch einen positiven Feststellungsbescheid gedeckten Eingriffes in das Landschaftsbild die Behörde demjenigen, der rechtswidrig den Eingriff ausgeführt hat oder ausführen hat lassen, mit Bescheid aufzutragen hat, den vorherigen Zustand wiederherzustellen oder, wenn dies tatsächlich nicht möglich ist, den geschaffenen Zustand in einer Weise abzuändern, daß Natur und Landschaft möglichst wenig beeinträchtigt werden. Die zweite Alternative, nämlich die Verpflichtung zur Abänderung des geschaffenen Zustandes in einer Weise, daß Natur und Landschaft möglichst wenig beeinträchtigt werden, kommt nur zum Tragen, wenn die Wiederherstellung des vorherigen Zustandes tatsächlich nicht möglich ist. Ein solcher Fall liegt aber im Beschwerdefall nicht vor. Somit war der Wiederherstellungsauftrag zulässig.

Das Angebot bzw. die Ankündigung des Beschwerdeführers, am Zaun Veränderungen vorzunehmen, war im Verfahren zur Erteilung eines Wiederherstellungsauftrages irrelevant; die Behörde hatte von der Sachlage zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung auszugehen.

Der Vorwurf des Beschwerdeführers, die Behörde erster Instanz sei nicht auf seine Stellungnahme vom 24. August 1993 eingegangen, geht schon deswegen ins Leere, weil Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht der erstinstanzliche Bescheid ist, sondern der Bescheid der belangten Behörde.

Daß der Beschwerdeführer derzeit keinen Ersatzplatz für die Hunde hat, ändert am Vorliegen der Voraussetzungen für einen Wiederherstellungsauftrag nach § 39 des O.ö. NSchG 1982 nichts. Dieser Einwand könnte nur unter dem Gesichtspunkt der Angemessenheit der Frist für die Beseitigung der Zwingeranlage von Bedeutung sein. Daß die von der belangten Behörde eingeräumte Frist nicht ausreichend bemessen sei, hat der Beschwerdeführer aber nicht dargelegt.

Der Beschwerdeführer hat in seiner Verfassungsgerichtshofbeschwerde Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 39 des O.ö. NSchG 1982 vorgetragen. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem die Behandlung der Beschwerde ablehnenden Beschluß vom 27. September 1994, B 1842/94-5, ausgeführt, soweit die Beschwerde die Rechtswidrigkeit von Normen geltend mache, lasse ihr Vorbringen die behaupteten Rechtsverletzungen, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, daß sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe. Der Beschwerdeführer hat in der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde keine über die bereits in der Verfassungsgerichtshofbeschwerde geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken hinausgehenden Argumente für die Verfassungswidrigkeit des § 39 des O.ö. NSchG 1982 vorgebracht. Der Verwaltungsgerichtshof hat gegen die Verfassungskonformität des § 39 O.ö. NSchG 1982 keine Bedenken und sieht sich daher auch nicht veranlaßt, beim Verfassungsgerichtshof die Aufhebung dieser Bestimmung zu beantragen.

Aus den dargelegten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen war.

Schlagworte

Ermessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994100144.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

18.01.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten