TE Vwgh Erkenntnis 1994/10/24 94/10/0070

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Veröffentlicht am 24.10.1994
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Index

80/02 Forstrecht;

Norm

ForstG 1975 §17 Abs1;
ForstG 1975 §172 Abs6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Novak, Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde des M in B, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 4. März 1994, Zl. Agrar 11-347/1/94, betreffend forstpolizeilicher Auftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Feldkirchen (BH) vom 2. Juni 1993 wurde der Beschwerdeführer unter Berufung auf § 172 Abs. 6 des Forstgesetzes 1975 (ForstG) verpflichtet, nachstehende Maßnahmen binnen vier Wochen nach Rechtskraft dieses Bescheides auf Grundstück Nr. 559/3 zur Wiederherstellung des gesetzlichen Zustandes zu setzen:

1. Es müssen sämtliche bauliche Maßnahmen (Holzhütte, Terrassierungen mittels Steinschlichtungen) abgetragen und der ursprüngliche Geländeverlauf so weit als möglich wiederhergestellt werden.

2. Die im Wald erfolgten Ablagerungen wie Eisenteile, das Chassis, Autoreifen und Fliesen, sind zu entfernen.

3. Die geräumte und dem natürlichen Geländeverlauf angepaßte Waldfläche ist sodann mit standorttauglichen Baumarten aufzuforsten.

Solche Baumarten sind: Buche, Ahorn, Weide, Weißkiefer, Lärche.

Von der Aufforstung ausgespart werden kann jener Teil, der als Trasse für die seinerzeit bewilligte Forststraße für Herrn M. vorgesehen ist.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung und machte darin u.a. geltend, die Holzhütte und die Terrassierung mittels Steinschlichtung seien von ihm im Herbst 1985 errichtet worden. In dem bis zum 17. Dezember 1987 in Geltung gestandenen Flächenwidmungsplan sei der südliche Teil der Parzelle 559/3 bis zu einer Tiefe von 20 m als "Bauland - Kurgebiet" eingetragen gewesen. Zum Zeitpunkt der Errichtung der genannten Anlagen sei der in Frage kommende Bereich nicht Wald, sondern Wiese gewesen. Die Steinschlichtung sei erforderlich gewesen, da es immer wieder zu Hangrutschungen und Abschwemmung des Erdreiches bei starken Regenfällen gekommen sei. Aus dem Bescheid gehe nicht klar hervor, ob die Forststraßentrasse, die von der Aufforstung ausgespart werden könne, die im rechtskräftigen Bescheid vom 29. Mai 1985 und im dazugehörenden Plan festgehaltene Trasse sei oder die am 12. Oktober 1988 verpflockte Trasse oder jene Trasse, welche durch die Holzhütte verlaufe.

Mit Bescheid vom 4. März 1994 gab die belangte Behörde der Berufung teilweise Folge und änderte die Vorschreibungen im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides (Punkt 1 bis 3) wie folgt ab:

1. Sämtliche bauliche Maßnahmen (Holzhüttte, Terrassierungen mittels Steinschlichtungen) sind abzutragen und der ursprüngliche Geländeverlauf, soweit als möglich, wiederherzustellen.

2. Die geräumte und dem natürlichen Geländeverlauf angepaßte Waldfläche ist sodann mit standorttauglichen Baumarten aufzuforsten. Dabei hat der Anteil der Baumarten Buche 3/10, der Baumart Weißkiefer 2/10, der Baumart Bergahorn 2/10, der Baumart Lärche 2/10, und der Baumart Weide 1/10 zu betragen. Der Pflanzverband hat 2 x 2 m zu betragen.

In der Begründung heißt es, aus den vorliegenden Unterlagen und auch aus dem forstlichen Gutachten, welches im Berufungsverfahren eingeholt worden sei, gehe schlüssig hervor, daß der Beschwerdeführer auf der Waldparzelle 559/3 mittels Kleinbagger Steinschlichtungen errichtet und Wege angelegt und Terassierungen durchgeführt habe. Weiters sei im südlichen Bereich dieser Parzelle ein Gemüsegarten angelegt worden. Auch seien auf diesen Terrassierungen Autoreifen und Fliesen abgelagert worden. Die im erstinstanzlichen Bescheid dargestellten Maßnahmen, zu deren Beseitigung der Beschwerdeführer verpflichtet worden sei, seien von der Bezirksforstinspektion bei der BH in einer Photodokumentation photografisch festgehalten worden. Auf diesen Photos seien sowohl die Steinschlichtungen und der Gemüsegarten als auch das abgelagerte Chassis eines Anhängers sowie die Ablagerungen von Autoreifen mit Felgen und von Fliesen eindeutig zu erkennen. Durch diese festgestellte Sachlage sei das Waldgrundstück 559/3 entgegen dem Verbot des § 17 Abs. 1 ForstG verwendet worden. Seitens des forsttechnischen Amtssachverständigen sei im Zuge des Berufungsverfahrens festgestellt worden, daß das Chassis des Anhängers sowie die Ablagerung von Autoreifen, Felgen und Fliesen im südwestlichen Teil der Parzelle 559/3 beseitigt worden seien, sodaß die diesbezügliche Vorschreibung habe entfallen können. Zur Zeit der Besichtigung seien jedoch durch den forsttechnischen Amtssachverständigen auf der Parzelle 559/3 (im Bereich des südlichen Teiles der Parzelle) nach wie vor die Terrassierungen und Steinschlichtungen festgestellt worden. Auch sei die Holzhütte noch vorhanden gewesen. Im Hinblick auf das schlüssige Gutachten des forsttechnischen Amtssachverständigen und des von ihm festgestellten Sachverhaltes habe daher im Gegenstand davon ausgegangen werden müssen, daß vom Beschwerdeführer weiterhin entsprechende forstrechtliche Vorschreibungen außer acht gelassen würden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Beschwerdeführer bringt vor, die Verpflichtung, die sogenannten Terrassierungen mittels Steinschlichtungen abzutragen, sei deswegen rechtswidrig, da er diese Anlage habe errichten müssen, um sein Eigentum gegen Einwirkungen, die von Nachbargrundstücken ausgingen, zu schützen.

Die Vorschreibung im angefochtenen Bescheid, den ursprünglichen Geländeverlauf, soweit als möglich, wiederherzustellen, sei unbestimmt und daher nicht nachvollziehbar bzw. nicht vollstreckbar. Gleiches gelte für die Verpflichtung, die geräumte und dem natürlichen Geländeverlauf angepaßte Waldfläche wieder aufzuforsten.

Bereits mit Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 10. Dezember 1990 sei festgestellt worden, daß die vom Beschwerdeführer gebaute Holzhütte rechtmäßig errichtet worden sei. Der Versuch der belangten Behörde, nunmehr die Abtragung dieser Hütte über das ForstG zu erreichen, sei rechtswidrig.

Zum Zeitpunkt der Errichtung der Holzhütte und der Steinschlichtungen sei der hiefür in Anspruch genommene Teil der Parzelle 559/3 in der Natur nicht Wald, sondern Wiese gewesen; er sei auch im Flächenwidmungsplan als "Bauland - Kurgebiet" ausgewiesen worden.

Der bekämpfte Bescheid schreibe - anders als der erstinstanzliche Bescheid - nicht mehr vor, daß von der Aufforstung jener Teil ausgespart werden könne, der als Trasse für die seinerzeit bewilligte Forststraße für Herrn N. vorgesehen sei. Der bekämpfte Bescheid sei auch deshalb unvollständig und unbestimmt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 172 Abs. 6 ForstG hat die Behörde, wenn Waldeigentümer, Einforstungsberechtigte oder andere Personen bei Behandlung des Waldes oder in seinem Gefährdungsbereich (§ 40 Abs. 1) die forstrechtlichen Vorschriften außer acht lassen, unbeschadet der allfälligen Einleitung eines Strafverfahrens, die zur umgehenden Herstellung des den Vorschriften entsprechenden Zustandes möglichen Vorkehrungen einschließlich der erforderlichen Sicherungsmaßnahmen, wie insbesondere

a)

die rechtzeitige und sachgemäße Wiederbewaldung,

b)

die Verhinderung und die Abstandnahme von Waldverwüstungen,

              c)              die Räumung des Waldes von Schadhölzern und sonstigen die Walderhaltung gefährdenden Bestandsresten, sowie die Wildbachräumung,

              d)              die Verhinderung und tunlichste Beseitigung der durch die Fällung oder Bringung verursachten Schäden an Waldboden oder Bewuchs oder

              e)              die Einstellung gesetzwidriger Fällungen oder Nebennutzungen,

dem Verpflichteten durch Bescheid aufzutragen oder bei Gefahr im Verzuge unmittelbar anzuordnen und nötigenfalls gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten durchführen zu lassen.

Als forstrechtliche Vorschrift, die vom Beschwerdeführer bei Behandlung des Waldes außer acht gelassen wurde, hat die belangte Behörde § 17 Abs. 1 ForstG angenommen. Nach dieser Bestimmung ist die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) verboten.

Falls es sich bei dem vom Beschwerdeführer für die von ihm errichtete Steinschlichtung verwendeten Boden um Waldboden handelte, dann berechtigte ihn die Notwendigkeit, diese Steinschlichtung zum Schutz seines Eigentums vor von Nachbargrundstücken ausgehenden Einwirkungen zu errichten, nicht, dies ohne Einholung der erforderlichen Rodungsbewilligung zu tun.

Warum die Vorschreibung, den ursprünglichen Geländeverlauf soweit als möglich wiederherzustellen und die geräumte und dem natürlichen Geländeverlauf angepaßte Waldfläche wiederum aufzuforsten, zu unbestimmt und für eine Vollstreckung ungeeignet sein soll, ist nicht zu ersehen; der Beschwerdeführer gibt für seine diesbezügliche Behauptung auch keine nähere Begründung.

Der Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 10. Dezember 1990 betrifft ausschließlich den naturschutzrechtlichen Aspekt der Angelegenheit; aus diesem Bescheid ist für die Rechtmäßigkeit der vom Beschwerdeführer errichteten Anlagen unter dem Aspekt des ForstG nichts zu gewinnen.

Der Beschwerdeführer hat bereits im Verwaltungsverfahren eingewendet, jener Teil der Parzelle 559/3, auf dem sich die in Rede stehenden Anlagen (Hütte, Steinschlichtung) befänden, sei zum Zeitpunkt der Errichtung dieser Anlage in der Natur nicht Wald, sondern Wiese gewesen. Die belangte Behörde hat sich mit diesem Argument nicht auseinandergesetzt und hat keine Feststellungen zu dieser Frage getroffen. Sie hat damit Verfahrensvorschriften verletzt, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Sollte nämlich die Behauptung des Beschwerdeführers zutreffen, dann stellt die Verwendung eines Teiles der Parzelle 559/3 zur Errichtung und zum Bestand einer Hütte und einer Steinschlichtung keinen Verstoß gegen das Rodungsverbot des § 17 Abs. 1 ForstG dar. War nämlich die fragliche Fläche bei der Errichtung der Anlagen nicht Wald, dann stellte jedenfalls die Errichtung der Hütte und der Steinschlichtung keine Rodung dar. Aber auch der Bestand dieser Anlage könnte dem Rodungsverbot nicht zuwiderlaufen, wenn ihre Errichtung - aus forstrechtlicher Sicht - rechtmäßig war.

Der Beschwerdeführer weist auch zu Recht darauf hin, daß im erstinstanzlichen Bescheid die Trasse einer bewilligten Forststraße von der Verpflichtung zur Wiederaufforstung ausgenommen war, der angefochtene Bescheid eine solche Ausnahme aber nicht mehr enthält. Die belangte Behörde hat keine Gründe dafür angegeben, warum sie die Aufforstungsverpflichtung auch auf diese Forststraße erstreckt hat. Darin ist ein Begründungsmangel gelegen, der den Verwaltungsgerichtshof an der Überprüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides hindert. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, daß sich die belangte Behörde im fortgesetzten Verfahren auch mit dem vom Beschwerdeführer in seiner Berufung vorgebrachten Argument auseinandersetzen wird müssen, daß nicht klar gewesen sei, welche Forststraßentrasse im erstinstanzlichen Bescheid gemeint gewesen sei.

Aus den angeführten Gründen erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994100070.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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