TE Vwgh Erkenntnis 1994/11/15 94/07/0067

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Veröffentlicht am 15.11.1994
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Index

L66501 Flurverfassung Zusammenlegung landw Grundstücke
Flurbereinigung Burgenland;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
23/04 Exekutionsordnung;
80/06 Bodenreform;

Norm

EO §183;
FlVfGG §17 Abs2;
FlVfLG Bgld 1970 §56 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Hargassner, Dr. Bumberger und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde des H in R, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Burgenländischen Landesregierung vom 31. März 1994, Zl. LAS-31/1-1994, betreffend Übertragung von Agraranteilen, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom 8. Oktober 1992 teilte das Bezirksgericht Oberwart dem Amt der Burgenländischen Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz (AB) mit, bei der Versteigerung der Liegenschaft EZ 2350 seien vier Agraranteile an der EZ 11 derselben KG an den Beschwerdeführer zugeschlagen worden. Die Urbarialgemeinde R.-D. sei vom Versteigerungstermin verständigt worden und habe, vertreten durch ihren Obmann, mitgeboten. Es werde um eine Entscheidung hinsichtlich der Genehmigung der Zuschlagserteilung ersucht.

Die AB forderte die Urbarialgemeinde R.-D. auf, eine Protokollabschrift derjenigen Sitzung des Verwaltungsausschusses vorzulegen, in der der Verwaltungsausschuß einen Beschluß darüber gefaßt habe, ob der Übertragung der vier Anteile an den agrargemeinschaftlichen Grundstücken der EZ 11 an den Beschwerdeführer zugestimmt werde oder nicht.

Die Urbarialgemeinde teilte der AB mit, bei der Sitzung des Verwaltungsausschusses am 30. Dezember 1992 sei einstimmig der Beschluß gefaßt worden, daß die Urbarialgemeinde vom Vorkaufsrecht Gebrauch mache und somit die vier Anteile nicht an den Beschwerdeführer übertragen werden könnten.

In der Folge räumte die AB dem Beschwerdeführer Gelegenheit zur Stellungnahme ein, wovon dieser auch Gebrauch machte; er forderte die Erteilung der agrarbehördlichen Genehmigung zur Absonderung der Anteilsrechte.

Mit Bescheid vom 16. Juni 1993 versagte die AB unter Berufung auf § 56 des Burgenländischen Flurverfassungs-Landesgesetzes, LGBl. Nr. 40/1970, in der Fassung der Gesetze LGBl. Nr. 55/1979 und LGBl. Nr. 1/1990 (BFLG) der Übertragung der bei der EZ 2350 ersichtlich gemachten vier Anteile an den agrargemeinschaftlichen Grundstücken der EZ 11 derselben KG die agrarbehördliche Genehmigung.

Der Beschwerdeführer berief.

Mit Bescheid vom 31. März 1994 wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. In der Begründung heißt es, der Beschwerdeführer sei kein Mitglied der Urbarialgemeinde R.-D. und in der Sitzung des Verwaltungsausschusses dieser Agrargemeinschaft vom 30. Dezember 1992 sei einstimmig der Beschluß gefaßt worden, vom Vorkaufsrecht Gebrauch zu machen und einer Übertragung der Anteile nicht zuzustimmen. Aus diesem Grund lägen die Voraussetzungen für eine Absonderung nach § 56 BFLG nicht vor.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der sich der Beschwerdeführer "in dem gesetzlichen Recht bei der Ersteigerung eines Liegenschaftserwerbes" verletzt erachtet.

Der Beschwerdeführer bringt vor, an der Versteigerung der vier Anteile habe der Obmann der Urbarialgemeinde R.-D. teilgenommen; er habe S 3.000,-- geboten, obwohl der Wert der Anteile etwa S 60.000,-- betrage. Dies beinhalte einen eindeutigen Verzicht auf das Vorkaufsrecht und stelle automatisch eine konkludente Zustimmung zum Kauf durch ein Nichtmitglied dar.

§ 56 BFLG, auf den sich die Urbarialgemeinde und die belangte Behörde stützten, enthalte keinen Hinweis auf eine öffentliche Versteigerung. Wenn die Urbarialgemeinde nachträglich mit Beschluß vom 30. Dezember 1992 auf ihrem Vorkaufsrecht bestehe, sei dies der Versuch, eine öffentliche Versteigerung ad absurdum zu führen. Ein Vorkaufsrecht könne niemals als Optionsrecht verwendet werden. Unter diesen Umständen müßten daher zwingend "ersteigerte Agraranteile" in das Eigentum des Versteigerers übertragen werden.

Weiters liege "mangels einer berechtigten Interessenkollision zwischen den Urbarialisten und einem anderen Landwirt eine willkürliche Verletzung des Art. 7 B-VG" vor. Es sei auch sachlich nicht vertretbar, daß ein Landwirt nicht in die Rechte des Voreigentümers eintreten dürfe und durch die Urbarialgemeinde abgewiesen werden könne. Diese Vorgangsweise stelle auch einen eindeutigen Verstoß gegen Art. 6 des Staatsgrundgesetzes dar. Bei der Entscheidung der AB und der belangten Behörde sei der Rechtsgrundsatz "audiatur et altera pars" wie die "nötige Sorgfaltspflicht einer ordentlichen Verfahrensgarantie exzessiv negiert" worden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und die Abweisung der Beschwerde beantragt, von der Erstattung einer Gegenschrift jedoch unter Hinweis auf die Begründung des angefochtenen Bescheides abgesehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer meint, die Absonderung von Anteilsrechten an einer Agrargemeinschaft von einer Stammsitzliegenschaft durch Zuschlag bei einer Zwangsversteigerung falle nicht unter § 56 BFLG.

Nach § 56 Abs. 1 BFLG ist die Verfügung über Anteilsrechte an einer Agrargemeinschaft durch Absonderung von einer Liegenschaft (Stammsitzliegenschaft) durch gleichzeitige ungeteilte Übertragung einer Stammsitzliegenschaft oder durch Übertragung von bisher nicht an eine Liegenschaft gebundenen Anteilsrechten (walzenden Anteilen) nur mit Genehmigung der Agrarbehörde zulässig.

Nach § 56 Abs. 2 leg. cit. ist die Verfügung über Anteilsrechte unbeschadet der Bestimmung des Abs. 3 zu genehmigen, wenn

a) das Anteilsrecht von einem Mitglied der Agrargemeinschaft erworben wird und die Agrargemeinschaft vom Vorkaufsrecht gemäß § 57 Abs. 1 nicht Gebrauch macht,

b) die Agrargemeinschaft als Eigentümerin des agrargemeinschaftlichen Grundbesitzes das Anteilsrecht erwirbt oder

c) falls es von einem Nichtmitglied erworben werden soll, die Agrargemeinschaft zustimmt. Die Zustimmung ist nicht erforderlich, wenn die Übertragung an Personen erfolgen soll, die zur gesetzlichen Erbfolge nach dem Verfügenden berufen wären.

Die Verfügung ist nach § 56 Abs. 3 BFLG zu untersagen, wenn sie mit der Gefahr einer den wirtschaftlichen Zwecken der Agrargemeinschaft abträglichen Zersplitterung oder Anhäufung der Anteilsrechte verbunden ist oder wenn begründete Umstände dafür sprechen, daß der Erwerb des Anteilsrechtes nicht aus wirtschaftlichen, sondern aus anderen Gründen angestrebt wird.

§ 56 Abs. 1 BFLG unterwirft "die Verfügung über Anteilsrechte an einer Agrargemeinschaft durch Absonderung von einer Liegenschaft (Stammsitzliegenschaft)" einer Genehmigung durch die Agrarbehörde. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem zum Tiroler Flurverfassungs-Landesgesetz 1978 ergangenen Erkenntnis vom 18. März 1994, Zl. 93/07/0166, ausgesprochen, daß unter "Absonderung" alle wie immer gearteten rechtlichen Lösungen der bisherigen Bindung des Anteilsrechtes von einer Stammsitzliegenschaft zu verstehen sind. Diese umfassende Bedeutung des Begriffes "Absonderung" beinhaltet auch den Zuschlag in einem Exekutionsverfahren (vgl. in diesem Sinne auch Lang, Tiroler Agrarrecht II, 168 f).

Auch eine am Sinn des Gesetzes orientierte Auslegung spricht dafür, daß eine im Zuge einer Zwangsversteigerung bewirkte Trennung von Anteilsrechten an der bisherigen Stammsitzliegenschaft einer agrarbehördlichen Genehmigung bedarf. Ob eine solche Trennung durch ein Rechtsgeschäft oder durch Zuschlag im Exekutionsverfahren erfolgt, macht im Hinblick auf die Ziele, die das BFLG mit der Bewilligungspflicht verfolgt und die insbesondere aus § 56 Abs. 3 leg. cit. hervorgehen, keinen Unterschied. Wie der OGH in seiner Entscheidung SZ 16/246 zu § 23 des Burgenländischen Flurverfassungsgesetzes, LGBl. 1/1933, einer Vorläuferbestimmung des § 56 BFLG, ausgesprochen hat, könnte, würde das Erfordernis der agrarbehördlichen Genehmigung von Anteilsabsonderungen nicht auch für Zwangsversteigerungen gelten, jeder Anteilsberechtigte die zum Schutz der Land- und Forstwirtschaft geltenden Bestimmungen über die Bewilligungspflicht einer Anteilsabsonderung dadurch umgehen, daß er sich im Einverständnis mit seinem Gläubiger exequieren ließe.

Als Ergebnis ist festzuhalten, daß auch die Absonderung von Anteilsrechten im Rahmen einer Zwangsversteigerung der Genehmigung durch die Agrarbehörde bedarf.

Die Erteilung der agrarbehördlichen Genehmigung ist von zwei Voraussetzungen abhängig. Zum einen muß eine der in den lit. a bis c des § 56 Abs. 2 BFLG umschriebenen Bedingungen erfüllt sein, zum anderen darf keines der negativen Tatbestandselemente des § 56 Abs. 3 leg. cit. gegeben sein.

Der Beschwerdeführer ist nicht Mitglied der Urbarialgemeinde R.-D. Die Erteilung der agrarbehördlichen Genehmigung setzt daher nach § 56 Abs. 2 lit. c BFLG die Zustimmung dieser Agrargemeinschaft voraus. Eine solche Zustimmung wurde aber nicht gegeben. Die Versagung der Genehmigung für die Absonderung der in Rede stehenden agrargemeinschaftlichen Anteilsrechte durch die belangte Behörde steht daher mit dem Gesetz in Einklang.

Die Ausführungen des Beschwerdeführers über die Ausübung eines Vorkaufsrechtes gehen daher ins Leere. Unverständlich ist die Auffassung des Beschwerdeführers, der Umstand, daß die Urbarialgemeinde bei der Versteigerung der Anteilsrechte nur S 3.000,-- geboten habe, stelle eine konkludente Zustimmung zur Übertragung der Anteile dar.

Unzutreffend ist auch die Behauptung des Beschwerdeführers, im Verfahren sei der Grundsatz des Parteiengehörs nicht beachtet worden; der Beschwerdeführer gibt für diese Behauptung auch keine Begründung an.

Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung des Art. 7 B-VG und des Art. 6 StGG behauptet, ist darauf nicht näher einzugehen, da für behauptete Verletzungen verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte nicht der Verwaltungsgerichtshof, sondern nach Art. 144 Abs. 1 B-VG der Verfassungsgerichtshof zuständig ist. Gegen die Bestimmung des § 56 Abs. 2 lit. c BFLG bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 9953).

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994070067.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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