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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Händschke, Dr. Bernegger und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des C in G, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 30. Oktober 1991, Zl. 4.320.804/2-III/13/91, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 30. Oktober 1991 (dem Beschwerdeführer zugestellt am 16. April 1993) wurde die Berufung des Beschwerdeführers, eines rumänischen Staatsangehörigen, der am 21. August 1991 in das Bundesgebiet eingereist ist und am 22. August 1991 einen Antrag auf Gewährung von Asyl gestellt hat, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederöstereich vom 26. August 1991, mit dem festgestellt worden war, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention sei, abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vom 23. August 1991 im wesentlichen angegeben, daß er vor der Revolution Schwierigkeiten mit der Polizei wegen seines Glaubens, nach der Revolution jedoch keine Probleme gehabt habe. Er sei ausgereist, weil sein Bruder und seine Schwiegereltern in Österreich lebten. Er habe in Rumänien nur mehr seine Mutter, und es sei sehr schwer in Rumänien, sich eine Existenz aufzubauen. Daher habe er beschlossen, mit seiner Frau "nach Österreich zu gehen".
In der Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, es sei auf sein bisheriges Vorbringen im Verwaltungsverfahren nicht konkret eingegangen worden. Da der Bescheid nur allgemeine Feststellungen enthalte, sei es ihm auch nicht möglich, eine auf den bekämpften Bescheid eingehende Begründung zu geben. Er halte seine bisherigen Angaben aufrecht.
In dem angefochtenen Bescheid vertritt die belangte Behörde, gestützt auf das Asylgesetz (1968), im wesentlichen die Auffassung, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention sei, da von einer wohlbegründeten Furcht vor Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung beim Beschwerdeführer nicht gesprochen werden könne. Aus seinen Angaben gehe eindeutig hervor, daß er sein Heimatland ausschließlich aus privaten und wirtschaftlichen Gründen verlassen habe.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichthof erwogen:
Trotz des Datums des angefochtenen Bescheides
(30. Oktober 1991) war das vorliegende Asylverfahren, da der
angefochtene Bescheid dem Beschwerdeführer erst am 16. April 1993 zugestellt wurde, am 1. Juni 1992 beim Bundesminister für Inneres anhängig, weshalb gemäß § 25 Abs. 2 Asylgesetz 1991 dieses Gesetz anzuwenden war.
Die belangte Behörde hat demnach zwar unzutreffend das Asylgesetz (1968) angewendet. Allein dadurch ist aber der Beschwerdeführer nicht in Rechten verletzt, da sich die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides trotz der Zitierung des Asylgesetzes (1968) - in rechtlicher Würdigung der vom Beschwerdeführer gemachten Angaben über seine Fluchtgründe - ausschließlich mit dem Flüchtlingsbegriff des Asylgesetzes (1968) in Verbindung mit der Genfer Flüchtlingskonvention auseinandergesetzt hat und dieser von jenem des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 inhaltlich nicht abweicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. März 1993, Zl. 92/01/0831). Da auch die verfahrensrechtlichen Bestimmungen des Asylgesetzes (1968) und die daneben geltenden Bestimmungen des AVG im Vergleich zu jenen des richtigerweise anzuwendenden Asylgesetzes 1991 für den Beschwerdeführer günstigere sind, zumal sie keine verfahrensrechtlichen Einschränkungen, wie sie in § 20 Asylgesetz 1991 nunmehr vorgesehen sind, kennen, kann dem Beschwerdeführer auch durch die Anwendung der verfahrensrechtlichen Bestimmungen des Asylgesetzes (1968) und der daneben zur Anwendung kommenden Bestimmungen des AVG kein Rechtsnachteil erwachsen sein.
Die konkreten Verfahrensrügen des Beschwerdeführers hat der Verwaltungsgerichtshof an Hand des § 20 Abs. 1
und 2 Asylgesetz 1991 in der Fassung nach der Aufhebung des Wortes "offenkundig" in Abs. 2 durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Juli 1994, G 92, 93/94, zu prüfen, da der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen hat, daß die aufgehobene Bestimmung gemäß Art. 140 Abs 7 B-VG nicht mehr anzuwenden ist. Die belangte Behörde hatte daher gemäß § 20 Abs.1 Asylgesetz 1991 grundsätzlich von den Ermittlungsergebnissen des erstinstanzlichen Verfahrens auszugehen und eine Ergänzung oder Wiederholung des Ermittlungsverfahrens u.a. nur anzuordnen, wenn dieses Ermittlungsverfahren mangelhaft war.
Wenn der Beschwerdeführer nun meint, die belangte Behörde habe keine Frage dahingehend gestellt, was den Beschwerdeführer und seine Familie, mit der er seit fünf Jahren in Österreich lebe, im Falle seiner Rückkehr nach Rumänien erwarte, nämlich "zu Tode gebracht zu werden", ist der Beschwerdeführer darauf hinzuweisen, daß zentrale Entscheidungsgrundlage des Asylverfahrens das Vorbringen des Asylwerbers ist und es diesem obliegt, alles Zweckdienliche für die Erlangung der von ihm angestrebten Rechtsstellung vorzubringen. Es ist nicht Aufgabe der Behörde, dem Asylwerber Unterweisungen dahin zu erteilen, wie er sein Vorbringen auszuführen habe, damit seinem Antrag allenfalls stattgegeben werden kann (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom 29. Oktober 1993, Zl. 92/01/1105, und die in diesem zitierte Vorjudikatur). Nur im Falle eines hinreichend deutlichen Hinweises im Vorbringen des Asylwerbers auf einen Sachverhalt, der für die Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 in Frage kommt, hat die belangte Behörde gemäß § 16 Abs. 1 Asylgesetz 1991 in geeigneter Weise auf eine Konkretisierung der Angaben des Asylwerbers zu drängen. Aus dem vom Beschwerdeführer unbestrittenen erstinstanzlichen Vorbringen ergab sich kein solcher hinreichend deutlicher Hinweis, aufgrund dessen die Behörde den Beschwerdeführer zu den Folgen einer Rückkehr nach Rumänien hätte näher befragen müssen. Wenn der Beschwerdeführer nunmehr in der Beschwerde erstmals behauptet, er und seine Familie hätten im Falle der Rückkehr mit dem Tode zu rechnen, stellt dies ein neues Vorbringen dar, das im Hinblick auf das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot gemäß § 41 VwGG nicht zu berücksichtigen war.
Der Beschwerdeführer rügt weiters, der Bescheid enthalte keinen einzigen Grund für die Nichtzuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und der Auffassung der Behörde, der Beschwerdeführer habe sein Heimatland ausschließlich aus privaten und wirtschaftlichen Gründen verlassen, liege keine Feststellung der Behörde zugrunde. Diesen Rügen kommt keine Berechtigung zu. Die belangte Behörde hatte im Hinblick auf § 20 Abs. 1 Asylgesetz 1991 von den erstinstanzlchen Ermittlungsergebnissen auszugehen. Auch aus den Verwaltungsakten ergibt sich kein Hinweis, daß die Voraussetzungen gemäß § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 vorgelegen wären. In bezug auf das eingangs wiedergegebene, vom Beschwerdeführer unbestrittene, konkrete Vorbringen vor der erstinstanzlichen Behörde aber hat die belangte Behörde den nicht zu beanstandenden Schluß gezogen, der Beschwerdeführer sei nicht Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Darauf ist der Beschwerdeführer auch zu verweisen, wenn er meint, der angefochtene Bescheid enthalte keine rechtliche Begründung, die sich auf ihn beziehe.
Der Beschwerdeführer ist daher durch den angefochtenen Bescheid in keinen Rechten verletzt worden. Der Bescheid war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Entscheidung über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere Art. III Abs. 2.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993011233.X00Im RIS seit
20.11.2000