TE Vwgh Erkenntnis 1994/11/17 94/06/0162

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Veröffentlicht am 17.11.1994
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Index

L80008 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Vorarlberg;
L80208 Flächenwidmung Bebauungsplan einzelner Gemeinden Vorarlberg;
L82000 Bauordnung;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);

Norm

BauRallg;
BausperreV Möggersdorf 1992;
B-VG Art139 Abs1;
B-VG Art7 Abs1;
RPG Vlbg 1973 §23 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Müller, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde des A in M, vertreten durch Dr. NN, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 20. Juli 1993, Zl. VIIa-410.410, betreffend Versagung einer Baubewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der vorliegenden Beschwerde und dem ihr beigeschlossenen angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit Eingabe vom 20. Jänner 1992 hat der Beschwerdeführer bei der Bezirkshauptmannschaft Bregenz die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines Hotels und eines Stalles samt Futtergebäude für Ponys auf dem Grundstück Nr. 199/1, KG M., nach Maßgabe des Einreichplanes vom 10. Jänner 1992 beantragt. Das Hotelvorhaben sollte 65 Betten und ein Restaurant mit 65 Sitzplätzen samt Nebenräumen umfassen, vorgesehen war ein zweigliedriger Bau. Das Grundstück Nr. 199/1 weist eine Fläche von 13.998 m2 auf und ist im Widmungsplan der Gemeinde M. als "Sondergebiet/Hotel" ausgewiesen. Nach einer Vorprüfung des Verfahrens änderte der Beschwerdeführer die Lage und Ausgestaltung des Projektes ab und legte mit Eingabe vom 4. September 1992 neue Pläne vor. Über dieses Ansuchen wurde am 29. Oktober 1992 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, in der von der Gemeinde M. vorgebracht wurde, daß die Gemeindevertretung am 20. Oktober 1992 mit Verbindlichkeit ab 22. Oktober 1992 eine Bausperre für die Grundparzelle 199/1, KG M., erlassen habe.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 1. April 1993 wurde die beantragte Baubewilligung gemäß § 31 Abs. 5 des Baugesetzes in Verbindung mit den §§ 4 und 32 leg. cit. sowie § 23 RPG versagt. Zur Begründung wurde ausgeführt, das geplante Vorhaben beeinträchtige den Zweck der von der Gemeindevertretung M. verhängten Bausperre. Weder die Abwasserbeseitigung noch die Trinkwasserversorgung sei gesichert, das Projekt werde aus den vom Amtssachverständigen für Baugestaltung dargelegten Gründen den Anforderungen zur Wahrung des Orts- und Landschaftsbildes nicht gerecht.

Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Berufung hat die belangte Behörde mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 20. Juli 1993 abgewiesen. Der angefochtene Bescheid wurde mit der Maßgabe bestätigt, daß im Spruch die Wortfolge "gemäß § 31 Abs. 5 Baugesetz in Verbindung mit §§ 4 und 32 leg. cit. sowie" zu entfallen habe. Die Entscheidung wurde damit begründet, daß die Gemeindevertretung M. nach Einholung einer Stellungnahme der Raumplanungsstelle des Amtes der Vorarlberger Landesregierung mit Verordnung vom 21. Oktober 1992 gemäß § 23 RPG eine Bausperre für GP 199/1, KG M. erlassen habe. In dieser Verordnung sei ausgeführt: "Es wird erwogen, den Flächenwidmungsplan M. in der Weise abzuändern, daß die für die GP 199/1, KG M., bestehende Sonderfläche/Hotel in Freifläche/Landwirtschaft abgeändert wird." Die Verordnung sei ordnungsgemäß kundgemacht und der Bezirkshauptmannschaft Bregenz als Aufsichtsbehörde vorgelegt worden, diese habe die Verordnung nicht für gesetzwidrig erachtet. Aus dem zitierten Verordnungstext folge, daß die Errichtung des geplanten Hotelkomplexes dem Zweck der Bausperre, nämlich einer allfälligen Umwidmung des Baugrundstückes in Freifläche/Landwirtschaft widersprechen würde. Die beantragte Baubewilligung sei daher gemäß § 23 Abs. 2 RPG wegen Widerspruches des Vorhabens zum Zweck der von der Gemeindevertretung M. verhängten Bausperre zu versagen. Aufgrund dieser Rechtslage sei auf die weiteren von der Behörde erster Instanz herangezogenen Versagungsgründe nicht einzugehen gewesen.

Die Behandlung der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 14. Juni 1994, B 1653/93-10, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. Der Verfassungsgerichtshof hat zur behaupteten Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung ausgeführt, vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und im Hinblick darauf, daß der Text der bekämpften Bausperrenverordnung deutlich auf konkrete, den Flächenwidmungsplan betreffende Änderungsabsichten des Gemeinderates verweise, lasse das Beschwerdevorbringen die behaupteten Rechtsverletzungen als so wenig wahrscheinlich erkennen, daß die Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.

In der über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die in der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof vorgetragenen Beschwerdegründe wurden aufrechterhalten und ausgeführt, daß die Verordnung der Gemeindevertretung M. vom 21. Oktober 1992, mit welcher für das Grundstück Nr. 199/1 eine Bausperre erlassen worden sei, gesetzwidrig sei. Die Erlassung der Bausperre stehe in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit der Einbringung des Bauantrages; einziges Ziel der Bausperrenverordnung sei die Verhinderung des Bauprojektes. Aufgrund nahezu identischer Sach- und Rechtslage sei es dem Beschwerdeführer nicht nachvollziehbar, weshalb der Verfassungsgerichtshof im Verfahren B 182/91 ein Normprüfungsverfahren eingeleitet habe, bei der den Beschwerdeführer betreffenden Sach- und Rechtslage aber diesen Schritt unterließ.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Eine Bausperre hat gemäß § 23 Abs. 1 (Vorarlberger) Raumplanungsgesetz, LGBl. Nr. 15/1973 idF LGBl. Nr. 61/1988, (RPG), die Wirkung, daß Baubewilligungen nach dem Baugesetz Bewilligungen nach dem Landschaftsschutzgesetz und Bewilligungen zur Teilung von Grundstücken nach § 34 nur zulässig sind, wenn das geplante Vorhaben den Zweck der Bausperre nicht beeinträchtigt.

Da der beantragte Hotelneubau den Zweck der Bausperre, nämlich die beabsichtigte Widmung auf Grünland/Landwirtschaft, beeinträchtigen würde, wurde die Baubewilligung für diesen Hotelneubau zurecht gemäß § 23 Abs. 2 RPG versagt. Der beantragte Pferdestall würde zwar den Zweck der Bausperre nicht beeinträchtigen, die Erteilung einer Baubewilligung für diesen Stall war aber schon aufgrund des § 31 Abs. 2 des (Vorarlberger) Baugesetzes, LGBl. Nr. 39/1972, in der Fassung Nr. 2/1982, wegen Widerspruches zum geltenden Flächenwidmungsplan nicht zulässig, sodaß durch die Versagung auch für diesen Teil des Bauvorhabens keine Rechte des Beschwerdeführers verletzt wurden.

Die Bedenken, die der Beschwerdeführer gegen die Gesetzmäßigkeit der anzuwendenden Bausperreverordnung der Gemeindevertretung M. vom 21. Oktober 1992 vorbringt, hat er bereits an den Verfassungsgerichtshof herangetragen, dieser hat diese Bedenken aber nicht geteilt. In seinem, die Behandlung der Beschwerde ablehnenden Beschluß hat der Verfassungsgerichtshof auf seine Vorjudikatur betreffend die Verordnungsqualität von Planungsakten, auch wenn diese nur ein einziges Grundstück betreffen (VfSlg. 5794/1968, 8119/1997 und speziell bezüglich einer Bausperre VfSlg. 11743/1988, auf das letztgenannte Erkenntnis sei auch hinsichtlich der Rechtmäßigkeitskriterien für Bausperren) hingewiesen.

Auch der Verwaltungsgerichtshof hegt keine Bedenken gegen die anzuwendende Bausperreverordnung. Das Grundstück, auf das sich diese Verordnung bezieht, weist eine Größe von 13.998 m2 auf, es ist somit unabhängig davon, daß es nur eine einzige Grundstücksnummer aufweist, als Gebiet im Sinne des § 23 Abs. 1 RPG zu qualifizieren. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers kommt im Text der bekämpften Bausperreverordnung die konkrete, den Flächenwidmungsplan betreffende Änderungsabsicht des Gemeinderates zum Ausdruck (Rückwidmung von Sonderfläche/Hotel in Freifläche/Landwirtschaft). Da die dieses Grundstück umgebenden Grundflächen ebenfalls die Widmung Freifläche/Landwirtschaft aufweisen und insbesondere aus den vom Beschwerdeführer vorgelegten Lichtbildern hervorgeht, daß auch die umliegenden Grundstücke nicht bebaut sind sondern durchgehend landwirtschaftlich genutzt werden und das Widmungsgebiet optisch deutlich sichtbar vom Ortskern abgehoben, auf einem Hügel liegt, erscheint dem Verwaltungsgerichtshof die Erwägung der Rückwidmung auch nicht von vornherein unsachlich. Das vom Beschwerdeführer zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 8. März 1994, Zl. B 182/91-10 bezog sich auf eine Verordnung des Gemeinderates einer Kärntner Gemeinde, mit der ein weiteres Aufschließungsgebiet innerhalb des Baulandes festgelegt wurde. Das mögliche Zulässigkeitskriterium für die Festsetzung als Aufschließungsgebiet der in Rede stehenden Grundstücke sah der Verfassungsgerichtshof sachverhaltsbezogen ausschließlich in der Bestimmung des § 2 Abs. 11 lit. b des Gemeindeplanungsgesetzes 1982, wonach die Festsetzung eines Aufschließungsgebietes dann zulässig ist, wenn für die widmungsgemäße Verwendung der betroffenen Flächen kein allgemeiner unmittelbarer Bedarf besteht. Der Verfassungsgerichtshof ging davon aus, daß es keinen Anhaltspunkt dafür zu geben schien, daß diese Voraussetzung auf die verfahrensgegenständlichen Grundstücke zutraf und leitete deshalb das Verordnungsprüfungsverfahren ein.

Der Verwaltungsgerichtshof kann nun dem Beschwerdevertreter nicht folgen, wenn er die Ansicht vertritt, es läge eine praktisch idente Sach- und Rechtslage vor. Gemäß § 23 Abs. 1 RPG hat die Gemeindevertretung durch Verordnung für ein bestimmtes Gebiet eine Bausperre zu erlassen, wenn dies zur Erlassung oder Änderung des Flächenwidmungsplanes erforderlich ist. Ein Kriterium des allgemeinen unmittelbaren Bedarfes für die widmungsgemäße Verwendung kann dieser Bestimmung in keiner Weise entnommen werden, sodaß von einer Identität der Rechtslage nicht auszugehen ist. Lediglich die RechtsFOLGEN der Festlegung als Aufschließungsgrund, insbesondere was die Errichtung von Gebäuden betrifft, kommen der Verfügung einer Bausperre gleich.

Aus den oben dargelegten Gründen sieht sich der Verwaltungsgerichtshof zu keiner Antragstellung gemäß Art. 139 B-VG an den Verfassungsgerichtshof betreffend die Bausperreverordnung der Gemeinde Möggers vom 21. Oktober 1992 veranlaßt.

Da schon das Beschwerdevorbringen erkennen läßt, daß die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994060162.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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