TE Vwgh Erkenntnis 1994/11/17 94/09/0216

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Veröffentlicht am 17.11.1994
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §1 Abs1;
AuslBG §1 Abs2;
AuslBG §2 Abs1;
AVG §33 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Germ als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über die Beschwerde des C in Wien, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 9. Februar 1994, Zl. UVS-07/03/00357/92, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: BMAS), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.010,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Auf Grund eines Berichtes des Arbeitsinspektorates erstattete das Landesarbeitsamt Wien (LAA) am 23. Oktober 1991 Anzeige gegen den gemäß § 9 VStG nach außen zur Vertretung der J-Gesellschaft m.b.H. (Ges.m.b.H.) Berufenen wegen Verdachtes der nach dem AuslBG unberechtigten Beschäftigung von insgesamt vier "ausländischen" Staatsbürgern.

Der Beschwerdeführer bestritt, die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretungen begangen zu haben. Die in der Aufforderung zur Rechtfertigung "namentlich angeführten Ausländer" hätten ihm vor Beginn ihrer Beschäftigung erklärt, sie seien Konventionsflüchtlinge und zum dauernden Aufenthalt in Österreich berechtigt.

Der Magistrat der Stadt Wien (Mag.) erließ nach Einholung einer ergänzenden Stellungnahme des LAA den Bescheid vom 29. Juni 1992, mit dem der Beschwerdeführer als nach § 9 VStG Verantwortlicher der Ges.m.b.H. schuldig erkannt wurde, er habe entgegen § 3 Abs. 1 AuslBG die vier gemäß der Anzeige mit Namen und Geburtsdaten bezeichneten "ausländischen" Arbeitskräfte mit Spachtel- und Kittarbeiten zu bestimmten Zeiten in Wien XVI, G-Gasse 30, beschäftigt. Der Beschwerdeführer habe dadurch vier Übertretungen nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 AuslBG begangen, weshalb über ihn vier Geldstrafen a S 40.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe je zwei Wochen) und die Verpflichtung zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verhängt wurden. In der Begründung dieses Bescheides führte der Mag. im wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei zur Tatzeit zum verantwortlichen Beauftragten der Ges.m.b.H. bestellt gewesen. Die Anzeige beruhe auf den unbedenklichen Wahrnehmungen eines Organs des Arbeitsinspektorates. Die Rechtfertigung des Beschwerdeführers sei nicht geeignet, ihn zu entlasten, weil er sich fahrlässigerweise nicht von der behaupteten Eigenschaft der Ausländer als Konventionsflüchtlinge überzeugt habe.

In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer u.a. geltend, es seien mit den im erstinstanzlichen Straferkenntnis bezeichneten Personen Werkverträge abgeschlossen worden. Ferner ergänze der Beschwerdeführer seine Rechtfertigung dahin, daß ihm die von ihm betrauten Personen weder namentlich noch im Hinblick auf ihre Staatsangehörigkeit bekannt gewesen seien. Ob es sich hiebei tatsächlich um Ausländer gehandelt habe, die unter das AuslBG fielen, sei bislang nicht festgestellt worden, weshalb der Antrag gestellt werde, das Verfahren durch geeignete diesbezügliche Ermittlungen zu ergänzen.

Die belangte Behörde holte zur Berufung eine weitere Stellungnahme des LAA ein, welches bekanntgab,

"... in der ha. EDV konnte lediglich der ausländische Staatsbürger N, jugoslawischer Staatsbürger, wohnhaft Wien, L-Gasse 64/1/10-11, registriert werden, Maler-Anstreicher, nach ha. EDV kein Konventionsflüchtling und keine aufrechte arbeitsmarktrechtliche Bewilligung ..."

Dieser Stellungnahme schloß das LAA eine Kopie des Berichtes des Arbeitsinspektorates vom 14. August 1991 an, aus welchem nur die Namen und Geburtsdaten der bei den Kontrollen am 16. Juli 1991, am 18. Juli 1991 und am 23. Juli 1991 bei Arbeiten angetroffenen Personen, nicht aber deren Staatsbürgerschaft hervorgehen.

Die belangte Behörde hielt am 1. Dezember 1993 eine mündliche Verhandlung ab, in welcher der Beschwerdeführer als Beschuldigter angab, er habe mit drei der vier Arbeiter gesprochen, der vierte sei ihm überhaupt unbekannt. Er habe die drei wegen ihrer Sprache für Ausländer gehalten. Außerdem wurde in dieser Verhandlung der erhebende Beamte des Arbeitsinspektorates, Ing. G, als Zeuge einvernommen. Er gab u. a. an, die Arbeiter hätten ihm Namen und Geburtsdaten an Ort und Stelle angegeben. Es falle nicht in die Agenden des Arbeitsinspektorates, zu überprüfen, ob es sich um Ausländer im Sinne des AuslBG handle.

In seinem Schlußvortrag führte der Vertreter des LAA u.a. aus, es habe sich gemäß § 2 Abs. 1 AuslBG um Ausländer gehandelt, was auch der Beschwerdeführer nicht bestritten habe. Der Vertreter des Beschwerdeführers wies u.a. darauf hin, daß der Beschwerdeführer bei der Auftragserteilung nicht als Organ der Ges.m.b.H. gehandelt habe, und daß es an Ermittlungsergebnissen über die Ausländereigenschaft der vier beauftragten Personen fehle.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 9. Februar 1994 gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers insofern Folge, als die verhängten Geldstrafen auf jeweils S 20.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen je eine Woche) herabgesetzt wurden; im übrigen wurde der erstinstanzliche Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, daß der Beschwerdeführer die bewilligungslose Beschäftigung der vier ausländischen Arbeitnehmer als Arbeitgeber in eigener Verantwortung zu vertreten habe.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides stellte die belangte Behörde ausführlich den Verfahrensverlauf sowie die einschlägigen Gesetzesstellen dar. Es sei demnach erwiesen, daß der Beschwerdeführer - und zwar in eigener Verantwortung und nicht als Vertreter oder Beauftragter der Ges.m.b.H. - die vier namentlich genannten "ausländischen" Arbeitnehmer beauftragt habe, und zwar im Zuge eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses. Die wirtschaftliche und soziale Situation der mit Kitt- und Spachtelarbeiten Beauftragten unterscheide sich nicht auffallend von der anderer Arbeitnehmer. Die Gesamtbetrachtung der Umstände ergebe das typische Erscheinungsbild der Schwarzarbeit, weshalb kein Zweifel am Vorliegen einer zumindest arbeitnehmerähnlichen Beschäftigung bestehe.

Gemäß § 2 Abs. 1 AuslBG gelte als Ausländer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt. Der Beschwerdeführer habe nie bestritten und in seiner Einvernahme vor der belangten Behörde auch zugegeben, daß es sich bei den vier Arbeitern um Ausländer gehandelt habe. Auch wäre es bei Annahme der österreichischen Staatsbürgerschaft mit den Denkgesetzen nicht vereinbar, daß sich der Beschwerdeführer durch Einsichtnahme in - wie immer geartete - Dokumente von der Flüchtlingseigenschaft dieser Personen überzeugt haben sollte. Dem auf die Feststellung der Ausländereigenschaft im Sinne des AuslBG gerichteten Beweisantrag sei daher "als reiner Erkundungsbeweis" nicht nachzukommen gewesen.

Nach einer Auseinandersetzung mit § 51 Abs. 7 VStG und ausgehend von § 5 VStG führte die belangte Behörde weiter aus, der Beschwerdeführer habe weder behauptet noch glaubhaft gemacht, daß ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden nicht möglich gewesen wäre. Er habe es mit auffallender Sorglosigkeit unterlassen, sich von der Richtigkeit der Angaben der vier Arbeitnehmer zu überzeugen. Abschließend begründete die belangte Behörde noch ihre Strafbemessung.

Die Behandlung der gegen diesen Bescheid an ihn gerichteten Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 20. Juni 1994, B 488/94-3, abgelehnt; gleichzeitig wurde die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Der Beschwerdeführer macht in seiner im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht verletzt, nicht entgegen den Bestimmungen der §§ 3 und 28 AuslBG bestraft zu werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, aber von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung der Novelle BGBl. Nr. 450/1990 darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.

Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4) erteilt noch eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§ 15) ausgestellt wurde.

Unabdingbare Voraussetzung einer strafbaren Ausländerbeschäftigung ist es naturgemäß, daß es sich bei der oder den unberechtigt beschäftigten Personen um Ausländer im Sinne dieses Gesetzes handelt.

Gemäß § 1 Abs. 1 AuslBG regelt dieses Bundesgesetz die Beschäftigung von Ausländern (§ 2) im Bundesgebiet. In § 1 Abs. 2 AuslBG ist detailliert geregelt, hinsichtlich welcher Personen (Flüchtlinge, bestimmte Gruppen von Ausländern) die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes nicht anzuwenden sind.

Als Ausländer im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt gemäß § 2 Abs. 1 AuslBG, wer nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt.

Im Beschwerdefall hat der Beschwerdeführer bereits im Verwaltungsverfahren bestritten, daß die vier mit Namen und Geburtsdaten bezeichneten Personen, deren Beschäftigung ihm als Übertretung des AuslBG angelastet wird, Ausländer im Sinne dieses Gesetzes gewesen seien. In der Beschwerde wird die Behauptung, es habe sich nicht um Personen gehandelt, denen im Sinne des AuslBG die Ausländereigenschaft zukommt, im Detail ausgebaut und erörtert. Diese Ausländereigenschaft ist tatsächlich nicht aktenkundig, denn weder der Beschwerdeführer selbst, noch das anzeigende Arbeitsinspektorat noch die beiden Instanzen des Verwaltungsstrafverfahrens haben über die Identität dieser Personen mehr als Namen und Geburtsdaten erhoben und festgestellt, nicht aber die Nationalität. Die bloße Annahme der Ausländereigenschaft dieser Personen vermag jedoch den staatlichen Strafanspruch nicht zu tragen, denn weder ausländisch klingende Namen noch das Aussehen oder die Sprache der betreffenden Personen geben eindeutigen Aufschluß über deren Herkommen und insbesondere über deren Staatsbürgerschaft oder darüber, ob sie allenfalls als Flüchtlinge oder sonst vom Geltungsbereich des AuslBG ausgenommene Personen im Sinne des § 1 Abs. 2 dieses Gesetzes anzusehen sind.

Der Beschwerdeführer ist auch im Recht, wenn er darauf hinweist, daß die Feststellung der von ihm bereits im Berufungsverfahren ausdrücklich und unter Beantragung einschlägiger Ermittlungen bestrittenen Ausländereigenschaft der vier Personen im Verwaltungsstrafverfahren nach der Offizialmaxime, also von Amts wegen festzustellen gewesen wäre. Die belangte Behörde hat sich dessenungeachtet bei ihrer dem Strafvorwurf zugrunde liegenden Annahme der Ausländereigenschaft dieser Personen mit bloßen Indizien begnügt, zu denen letztlich auch die vom Beschwerdeführer selbst verwendeten Formulierungen zählen. Offenbar ist es weder den Verwaltungsstrafbehörden noch dem Beschwerdeführer möglich gewesen, positiv auszudrücken, welche Staatsbürgerschaft diese Personen zur Tatzeit gehabt haben. Es ist offenbar nicht einmal überprüft worden, ob die vier angeblichen Ausländer überhaupt je ihre wahren Namen und Geburtsdaten angegeben haben. Der Hinweis auf die Daten aus der EDV des LAA in dessen Stellungnahme zur Berufung, von denen im übrigen nur eine der vier Personen erfaßt war, ist im weiteren Verfahren nicht überprüft und verwertet worden.

Der Sachverhalt bedarf somit in einem wesentlichen Punkt der Ergänzung, weshalb der angefochtene Bescheid schon aus diesem Grunde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben war.

Von der vom Beschwerdeführer - übrigens verspätet, siehe dazu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, auf S. 540 angeführte Judikatur - beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994090216.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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