TE Vwgh Erkenntnis 1994/11/17 93/06/0262

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.11.1994
beobachten
merken

Index

L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Tirol;
L82000 Bauordnung;
L82007 Bauordnung Tirol;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
BauO Tir 1989 §25 lite;
BauO Tir 1989 §40 Abs2;
BauRallg;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Müller, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde der A-GmbH in P, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 10. November 1993, Zl. Ve1-550-2080/1-1, betreffend Baueinstellung (mitbeteiligte Partei: Gemeinde F, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Baugesuch vom 9. März 1993 kam die Beschwerdeführerin mit Zustimmung des Grundeigentümers T beim Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde als Baubehörde erster Instanz um Erteilung der baubehördlichen Bewilligung zur Errichtung einer Bodenplatte mit hangseitiger Sicherungsstützmauer auf einem näher bezeichneten Grundstück (Fabriksgelände) im Bereich der mitbeteiligten Gemeinde ein (angegebener Verwendungszweck:

Bodenplatte mit hangseitiger Sicherungsstützmauer für die Errichtung einer mobilen Baustellen-Transportbetonanlage). Nach den im Akt befindlichen Plänen weist die Bodenplatte ein Ausmaß von 30,0 m x 7,0 m auf, die Stützmauer eine Höhe zwischen 2,40 m und 4,65 m.

Noch vor Durchführung einer mündlichen Bauverhandlung stellte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde am 24. März 1993 fest, daß auf dem fraglichen Grundstück im Bereich des südseitigen Hanges auf einer Länge von ca. 35 m und einer durchschnittlichen Höhe von 10 m Abgrabungen vorgenommen worden seien. Im Bereich des ebenen Platzes, an der Stelle, an der die Bodenplatte errichtet werden solle, sei unterhalb eines näher umschriebenen Zufahrtsweges die Böschung um ca. 3 m zurückversetzt und ein Teil des Platzes um ca. 1,50 m abgegraben worden. Nach Angaben von LKW-Fahrern der bauausführenden Firmen seien bis zu diesem Zeitpunkt 70 LKW-Fuhren mit je 8 m3 Aushubmaterial weggeführt worden.

Nach der Aktenlage ist davon auszugehen, daß der Bürgermeister die Beschwerdeführerin (per FAX) um Stellungnahme zu diesen Feststellungen ersuchte; den Akten ist eine derartige Stellungnahme (bis zur Bescheiderlassung am folgenden Tag) nicht zu entnehmen.

Mit Bescheid vom 25. März 1993 untersagte der Bürgermeister der Beschwerdeführerin gem. § 40 Abs. 2 der Tiroler Bauordnung (TBO) die Fortsetzung der Bauarbeiten an diesem Bauvorhaben. Begründend wurde ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe mit Eingabe vom 9. März 1993 um die Baugenehmigung zur Errichtung einer Bodenplatte mit hangseitiger Sicherungsstützmauer angesucht. Für dieses Bauvorhaben sei bislang weder eine Baubewilligung erteilt, noch eine Bauverhandlung durchgeführt worden. Es sei nun auf Grund einer Besichtigung am 24. März 1993 um 10.45 Uhr festgestellt worden, daß mit Grabungsarbeiten im Bereich des südseitigen Hanges, sowie an der Stelle, an welcher die Bodenplatte geplant sei, begonnen worden sei. Insgesamt seien rund 560 m3 Material ausgehoben worden. Diese Erdarbeiten seien mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Verwirklichung des beantragten Bauvorhabens vorgesehen, zumal ein anderer Zweck nicht ersichtlich sei. Damit handle es sich um Arbeiten, die auf Grund ihres sachlichen Zusammenhanges einer Bewilligungspflicht unterlägen. Nach § 40 Abs. 1 dritter Satz TBO könne die Behörde erforderlichenfalls die Arbeiten durch Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt ohne vorausgegangenes Verfahren einstellen. Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin bereits am 26. März 1993 Berufung (dieses Rechtsmittel führte dann in weiterer Folge zur Erlassung des angefochtenen Bescheides), in der sie vorbrachte, die ausgesprochene Untersagung sei nicht gerechtfertigt, weil die fraglichen Erdbewegungsarbeiten - wie bereits bei einer Besprechung anläßlich der Aushändigung des erstinstanzlichen Bescheides mitgeteilt worden sei - nicht im Zusammenhang mit dem Baugesuch vom 9. März 1993 stünden. Die gegenständlichen Erdbewegungsmaßnahmen seien vielmehr "im Zusammenhang mit der genehmigten Parkplatz- und Weggestaltung gesetzt" worden. Der Bodenaustausch "im Bereich der eingereichten Fundamentplatte" im Ausmaß von ca. 220 m2, ca. 1 m Tiefe, sei ausschließlich zur Einbringung eines Frostkoffermaterials erfolgt. Die im Befund vom 24. März 1993 getroffenen Ausmaßfeststellungen seien unzutreffend. Die fraglichen Abgrabungen lägen nicht im "Verantwortungsbereich" der Beschwerdeführerin, sondern seien vom Grundeigentümer auf Grund dessen "gemeindeamtlicher Genehmigung" durchgeführt worden bzw. würden weiterhin durchgeführt werden, sodaß die Beschwerdeführerin den erstinstanzlichen Bescheid für sich "als gegenstandslos" betrachte.

Mit weiterem Schreiben vom 30. März 1993 teilte die Beschwerdeführerin der Behörde mit, daß der Adressat des erstinstanzlichen Bescheides nicht die Beschwerdeführerin sein könne, sondern auf Grund des Sachverhaltes - wenn überhaupt - nur der Grundeigentümer, dies deshalb, weil die durchgeführte Erdarbeit im direkten Zusammenhang mit der von der Gemeinde "mit Schreiben vom 27. Juni 1989, Zl. 646/89 "Bauanzeige Zufahrt zur Rückseite des Altbaues vom Westen her"", stehe. Der Grundeigentümer habe auf Grund dieser gemeindeamtlichen Genehmigung bereits 1990 - 1992 gewisse Teilarbeiten durchgeführt und er habe im Zuge der Verpachtung des Grundstückes an die Beschwerdeführerin diese beauftragt, "zur Wahrung seiner Frist gem. TBO, § 41 (1) die restlichen Arbeiten durchzuführen". Der Grundeigentümer könne "diese Tätigkeiten auf Grund seiner unlängst zurückgelegten Gewerbeberechtigung nicht mehr selbst durchführen"; die Beschwerdeführerin habe eine solche Gewerbeberechtigung. Darüber hinaus seien alle bislang durchgeführten Arbeiten "im Rahmen der TBO § 25 (1), d. h. weniger als 1,50 m" und es würden die noch ausständigen Restarbeiten "auch in diesem Rahmen verbleiben". Nochmals werde darauf hingewiesen, daß der Bürgermeister die Ausmaße unrichtig festgestellt habe.

Mit dem genannten Schreiben der Gemeinde vom 27. Juni 1989, Zl. 646/1989, mit dem Betreff "Bauanzeige

- Parkplatzvergrößerung", hatte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde dem Grundeigentümer mitgeteilt, letzterer habe mit Schreiben vom 1. Juni des Jahres bei der Gemeinde seine Absicht angezeigt, im Fabriksgelände den westlich gelegenen Parkplatz zu vergrößern, weiters solle eine Zufahrt zur Rückseite des Altbaues vom Westen her erstellt werden. Diese Bauanzeige werde vom Bürgermeister unter der Auflage, daß keine wie immer geartete Gefahr für die Benützer des Parkplatzes und des neu errichteten Weges entstehen dürfe, zur Kenntnis genommen (zitiert nach der als Beilage zur Beschwerde vorgelegten Ausfertigung).

Am 31. März 1993 zog die Beschwerdeführerin das Baugesuch vom 9. März 1993 zurück.

Mit Schreiben vom 2. April 1993 teilte der Grundeigentümer dem Bürgermeister der Gemeinde mit, er habe ihn (Bürgermeister) mit der Bauanzeige vom 31. Mai 1989 sowie der Nachreichung von Unterlagen vom 14. Juni 1989 von "der genannten Parkplatzvergrößerung und der Wegerrichtung in Kenntnis gesetzt". Entsprechend der Tiroler Bauordnung sowie der Kenntnisnahme des Bürgermeisters vom 27. Juni 1989 sei diese Bauanzeige "rechtskräftig" geworden. Die Durchführung dieser Arbeiten sei teilweise "in Eigenregie begonnen" worden. Mit den Fertigstellungsarbeiten habe er ("wir") die Beschwerdeführerin beauftragt. Da sich die durchzuführenden Arbeiten "ausschließlich auf den rechtskräftigen Umfang der Bauanzeige" bezögen, sei der gegen die Beschwerdeführerin gerichtete Baueinstellungsbescheid "nicht rechtsgültig". Somit werde mitgeteilt, "daß die obgenannten Arbeiten unverzüglich fortgesetzt" würden; ferner werde darauf verwiesen, daß er ("wir") zur Fertigstellung dieser Arbeiten gemäß der Tiroler Bauordnung verpflichtet sei.

Mit Bescheid vom 3. April 1993 erteilte der Bürgermeister der Gemeinde dem Grundeigentümer einen Auftrag gem. § 40 Abs. 2 TBO. Begründend wurde ausgeführt, der Grundeigentümer habe mit Eingabe vom 2. April 1993 der Gemeinde mitgeteilt, er werde mit der Durchführung bzw. Fertigstellung der in der Bauanzeige vom 31. Mai 1989 beschriebenen Arbeiten unverzüglich fortfahren. Nach Ansicht der Baubehörde seien die in dieser Bauanzeige angezeigten Arbeiten abgeschlossen "bzw. die 10 Parkplätze laut mit der Bauanzeige eingereichtem Plan schon längst errichtet worden". Die im letzten Monat auf dem Areal des Grundeigentümers durchgeführten Erdbewegungsarbeiten stünden somit in keinem Zusammenhang mit der Bauanzeige aus dem Jahre 1989. Bei Besichtigung an Ort und Stelle habe sich ergeben, daß hangseitig mehr als 1,5 m abgegraben worden sei, weshalb ein nach § 25 TBO bewilligungspflichtiger Tatbestand vorliege. Eine Bewilligung liege derzeit nicht vor. Im übrigen weise die Baubehörde darauf hin, daß bereits die Arbeiten laut Bauanzeige vom 31. Mai 1989 gemäß § 25 TBO baubewilligungspflichtig gewesen wären.

Dagegen erhob der Grundeigentümer am 6. April 1993 Berufung, in der er vorbrachte, daß die mit Bauanzeige vom 31. März 1989 angezeigten Arbeiten keineswegs abgeschlossen worden seien. Jedenfalls für die Errichtung der mit jener Bauanzeige angezeigten Zufahrt seien keine Abgrabungen erforderlich, die eine Veränderung gegenüber der ursprünglichen Höhenlage von mehr als 1,50 m herbeiführten. Das Bauvorhaben sei daher zumindest in diesem Umfang nicht bewilligungspflichtig. Als Beweis hiefür wurde ein Schreiben eines Ing.-Konsulenten für Vermessungswesen vom 5. April 1993 vorgelegt.

In einem anwaltlich verfaßten Schreiben ebenfalls vom 6. April 1993 an den Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde erklärte der einschreitende Rechtsanwalt, er vertrete den Grundeigentümer und die Beschwerdeführerin. Der Bürgermeister hätte seinen Mandanten die Durchführung "verschiedener Baumaßnahmen" bescheidmäßig "eingestellt". Wie dem Bürgermeister bekannt sei, dienten "die Bauarbeiten letztlich der Errichtung einer Transportbetonmischanlage, die als Baustelleneinrichtung keine dem Wirkungsbereich der Gemeinde zuzuordnende Genehmigung" benötige. Die Bescheide seien rechtswidrig (wird unter Ankündigung der Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen näher ausgeführt).

Mit Bescheiden vom 7. April 1993 ergänzte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde die Baueinstellungsbescheide vom 25. März 1993 und vom 3. April 1993 dahin, daß der Berufung gegen diese Bescheide die aufschiebende Wirkung aberkannt werde. Begründend wurde (im wesentlichen gleichlautend) ausgeführt, es habe sich gezeigt, daß "trotz Einstellung der Grabungsarbeit" im Bereich der fraglichen Baustelle die Grundaushubs- und Abgrabungsarbeit fortgesetzt worden und das abgegrabene Material mittels LKW abtransportiert worden sei. Daher sei Gefahr im Verzug anzunehmen und es habe daher durch die Bescheidergänzung die sofortige Vollstreckbarkeit der jeweiligen erstinstanzlichen Bescheide gewährleistet werden müssen.

Mit Bauanzeige vom 7. April 1993 teilte der Grundeigentümer dem Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde unter Bezugnahme "auf die zu Zl. 646/989 zur Kenntnis genommene Bauanzeige betreffend einer Parkplatzvergrößerung" mit, daß auf der "ursprünglich zur Verwendung als Parkplatz hergestellten Fläche" ein Materialaustausch vorgenommen werde. Dabei solle im Bereich der gesamten Fläche der erdige Boden bis in eine Tiefe von jedenfalls nicht mehr als 50 cm ausgehoben, abtransportiert und durch Schotter ersetzt werden. Diese Arbeiten dienten der Herstellung eines Lager- und Manipulationsplatzes. Ausdrücklich werde darauf verwiesen, daß dieser Platz nicht mehr, wie ursprünglich beabsichtigt, zum Abstellen von Kraftfahrzeugen verwendet werde.

Hierauf antwortete der Bürgermeister mit Schreiben vom 13. Mai 1993 unter anderem, es könne angenommen werden, daß die ursprüngliche Höhe des Geländes "über 1,50 m geändert" werde, weil auf dem Gelände bereits vorher unzulässige Abgrabungen vorgenommen worden seien. Dies werde von einem Sachverständigen zu ermitteln sein. Sollte sich ergeben, daß die Abgrabungen vom ursprünglichen Gelände 1,50 m überstiegen, handle es sich um ein gemäß § 25 lit. l TBO bewilligungspflichtiges Bauvorhaben. Bei diesem Vorbringen müsse angenommen werden, daß der Materialaustausch bereits der Errichtung einer bewilligungspflichtigen Betriebsanlage dienen und von der Bezirkshauptmannschaft Landeck als Gewerbebehörde bewilligt werden müßte.

Mit Berufungsbescheid vom 5. Juli 1993 wies der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde die Berufung der Beschwerdeführerin (vom 26. März 1993 gegen den Bescheid vom 25. März 1993) als unbegründet ab. Nach Darstellung des Verfahrensganges führte die Behörde begründend aus, es sei unbestritten, daß auf dem fraglichen Grundstück Grabungsarbeiten durchgeführt worden seien. Die Frage, "in welchem exakten Ausmaß diese Grabungsarbeiten durchgeführt" worden seien, sei nicht relevant: Wie die Beschwerdeführerin selbst in der Berufung und in ihrer Eingabe vom 30. März 1993 (im Einklang mit der Eingabe des Grundeigentümers vom 2. April 1993) ausgeführt habe, stünden die begonnenen Arbeiten im Zusammenhang mit der vom Grundeigentümer erfolgten Bauanzeige hinsichtlich der Parkplatz- und Weggestaltung, nicht jedoch mit Zusammenhang mit dem Bauansuchen vom 9. März 1993, "welches offensichtlich aus diesem Grunde auch dann zurückgezogen" worden sei. Gemäß § 25 lit. g TBO bedürfe die Errichtung oder Änderung von Stellplätzen für Kraftfahrzeuge einschließlich der Zu- und Abfahrten der Bewilligung der zuständigen Baubehörde. Es bestehe demnach kein Zweifel, daß auch die verfahrensgegenständlichen Grabungsarbeiten, unabhängig davon, ob diese Arbeiten mit dem geplanten Bauvorhaben im Sinne der Eingabe vom 9. März 1993 oder der 1989 erfolgten Bauanzeige betreffend Parkplatzgestaltungen im Zusammenhang stünden (abzustellen sei auf dem Zeitpunkt der Bescheiderlassung am 25. März 1993), baubewilligungspflichtig gewesen seien und baubewilligungspflichtig seien. Gemäß § 40 Abs. 2 TBO sei die zuständige Behörde verpflichtet, die Fortsetzung von Arbeiten an einem Bauvorhaben zu untersagen, für welches eine rechtskräftige Baubewilligung nicht vorliege. Im übrigen bestehe im Gemeindevorstand kein Zweifel an der Richtigkeit des Befundes des Bürgermeisters vom 24. März 1993. Der Umstand, daß im Jahr 1989 die Parkplatzgestaltung "lediglich im Weg einer Bauanzeige mitgeteilt" worden sei, ändere nichts an der Tatsache, daß es sich dabei um eine baubewilligungspflichtige Maßnahme im Sinne des § 25 TBO handle, weshalb auch nach Ablauf der im § 26 TBO vorgesehenen sechswöchigen Frist nicht mit den Baumaßnahmen hätte begonnen werden dürfen. Im Hinblick darauf, daß sowohl die Beschwerdeführerin als auch der Grundeigentümer einräumten, daß die Grabungsarbeiten von der Beschwerdeführerin durchgeführt worden seien, ergäben sich auch keine Zweifel dahingehend, daß der Bescheid richtigerweise "an" die Beschwerdeführerin erlassen worden sei.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Vorstellung. Sie brachte vor, Grundlage der Bauausführung, mit welcher sie vom Grundeigentümer beauftragt worden sei, sei die Bauanzeige vom 31. Mai 1989, die vom Bürgermeister der Gemeinde mit Schreiben vom 27. Juni 1989, Zl. 646/1989, zur Kenntnis genommen worden sei. Die Bauanzeige sei daher in Rechtskraft erwachsen. Deshalb hätte die Erlassung eines Bescheides gemäß § 40 Abs. 2 TBO der vorherigen Aufhebung dieser rechtskräftigen Bauanzeige bedurft. Die Annahme der Behörden, die Beschwerdeführerin sei deshalb Bescheidadressat, weil sie Grabungsarbeiten durchgeführt habe, sei unzutreffend, weil gemäß § 53 Abs. 1 lit. a TBO der Bauwerber "für die zu beantragende Baubewilligung zuständig" sei. Nichts anderes könne im Bereich des § 40 Abs. 2 TBO gelten. Auch hätten es die Behörden unterlassen, zu prüfen, ob die mit dem Schreiben vom 27. Juni 1989 zur Kenntnis genommenen Arbeiten beendet worden seien.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet abgewiesen. Begründend führte sie nach Darstellung des Verfahrensganges aus, es sei unbestritten, daß die Beschwerdeführerin am 9. März 1993 ein Bauansuchen zwecks Errichtung einer Bodenplatte mit hangseitiger Sicherungsmauer eingebracht und in der Folge in einem Schreiben vom 30. September 1993 mitgeteilt habe, daß sie das fragliche Grundstück vom Grundeigentümer gepachtet habe. Mit dem anwaltlichen Schreiben vom 6. April 1993 habe die Beschwerdeführerin dem Bürgermeister mitgeteilt, daß die Bauarbeiten letztlich der Errichtung einer Transportbetonmischanlage dienen sollten. Damit sei "klar und eindeutig festzustellen", daß die Beschwerdeführerin Partei des Verfahrens und somit Bescheidadressat sei und der angefochtene Bescheid zu Recht an sie zugestellt worden sei, denn die Behörde habe gemäß § 40 Abs. 2 TBO die Fortsetzung von bewilligungspflichtigen Bauvorhaben zu untersagen, wenn keine Baubewilligung vorliege. Zweifellos handle es sich bei der Errichtung einer Bodenplatte und von Hangsicherungen um bauliche Anlagen im Sinne der TBO. Der Einwand, daß § 53 Abs. 1 lit. a TBO zur Feststellung der Parteistellung herangezogen werden müsse, gehe ins Leere, weil das (namentlich bezeichnete) bauausführende Unternehmen nicht mit der Beschwerdeführerin ident sei, wie sich aus einem Schreiben des Bürgermeisters der Gemeinde vom 15. April 1993 ergebe. Zudem sei die Parteistellung "nach der gesicherten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nach allen Bestimmungen der Tiroler Bauordnung zu beurteilen", und könne nicht allein auf eine Strafbestimmung gestützt werden. Das Ermittlungsverfahren des Bürgermeisters, das zum Baueinstellungsbescheid geführt habe, sei nach der Beurteilung der belangten Behörde ausreichend, weil festgestellt worden sei, welche baulichen Maßnahmen gesetzt worden seien (Abgrabung des Hanges auf eine Länge von 35 m, Zurücksetzen der Böschung um 3 m und Abgrabung eines Teiles des Platzes). Die Einwendung, die Arbeiten hätten lediglich der Vollendung einer genehmigten Bauausführung auf Grund der Bauanzeige im Jahr 1989 zur Errichtung eines Abstellplatzes gedient, stelle eine bloße Behauptung dar, was sich aus dem Schreiben der Beschwerdeführerin, wonach letztlich eine Transportbetonmischanlage errichtet werden solle, sowie aus der Bauanzeige des Grundeigentümers vom 7. April 1993 ersehen lasse. Es könne daher auch aus dem Schreiben des Ing.-Konsulenten für Vermessungswesen vom 5. April 1993 nichts gewonnen werden. Überdies verkenne die Beschwerdeführerin die Rechtsnatur einer Bauanzeige. Diese diene nämlich lediglich dazu, die Behörde von einer beabsichtigten Bauführung in Kenntnis zu setzen und ihr die Möglichkeit des Einschreitens zu geben. Auch aus einer von der Behörde zur Kenntnis genommenen Bauanzeige könne nie eine rechtskräftige Baubewilligung abgeleitet werden, weil es sich um keine Bewilligung handle. Ergäbe sich, daß eine bauliche Anlage nach den Bestimmungen der TBO baubewilligungspflichtig sei, sei nachträglich um eine Baubewilligung anzusuchen. Eine dann vorliegende Bauanzeige könne lediglich in einem allfälligen Strafverfahren einen Strafausschließungsgrund darstellen (wird näher dargestellt). Auch die Errichtung von Abstellplätzen sei nach den Bestimmungen der TBO baubewilligungspflichtig (verwiesen wird auf § 25 lit. g TBO). Zusammenfassend ergebe sich eindeutig, daß die Beschwerdeführerin als Bauwerberin aufgetreten sei und entsprechende Maßnahmen gesetzt habe, sodaß der Berufungsbescheid zu Recht ergangen sei.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 40 Abs. 1 und 2 der Tiroler Bauordnung (TBO), LGBl. Nr. 33/1989, bestimmen:

(1) Werden bei einer behördlichen Überprüfung wesentliche Mängel in der Ausführung eines Bauvorhabens festgestellt, so hat die Behörde die Fortsetzung der Arbeiten an den betreffenden Teilen des Bauvorhabens zu untersagen und die Behebung der Mängel innerhalb einer angemessenen festzusetzenden Frist aufzutragen. Der Berufung gegen einen solchen Bescheid kommt keine aufschiebende Wirkung zu. Erforderlichenfalls kann die Behörde die Arbeiten durch Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt ohne vorausgegangenes Verfahren einstellen.

(2) Wird ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben ausgeführt, ohne daß eine rechtskräftige Baubewilligung hiefür vorliegt, so hat die Behörde die Fortsetzung der Arbeiten an diesem Bauvorhaben zu untersagen. Abs. 1 zweiter und dritter Satz ist anzuwenden. Wird innerhalb eines Monats nach der Erlassung des Untersagungsbescheides nicht nachträglich um die Baubewilligung angesucht oder wird sie versagt, so hat die Behörde die Beseitigung des ohne Baubewilligung ausgeführten Bauvorhabens aufzutragen."

Die Beschwerdeführerin zieht nicht in Zweifel, daß die Errichtung einer Bodenplatte mit Hangsicherungsmauer, wie sie Gegenstand des Baugesuches vom 9. März 1993 war, baubewilligungspflichtig ist, führt aber aus, daß die gesetzten Baumaßnahmen nicht im Zusammenhang mit jenem Baugesuch vom 9. März 1993 gestanden seien, weil sie einerseits "lediglich der Vollendung einer akzeptierten Bauführung gemäß Bauanzeige des T vom 31.5.1989" dienten, zum anderen schon deshalb, weil das Baugesuch vom 9. März 1993 bereits am 31. März 1993 zurückgezogen worden sei. Auf Grundlage dieser Bauanzeige vom 31. März 1989 habe der Grundeigentümer die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 4. März 1993 beauftragt, die noch ausstehenden Arbeiten für die Errichtung des Parkplatzes durchzuführen. Als "Bauführer" im Sinne der TBO sei somit nicht die Beschwerdeführerin, sondern allenfalls der Grundeigentümer anzusehen. Der Bescheid sei somit "an den falschen Bescheidadressat abgegangen".

Sichtlich zum Beweis dieses Vorbringens hat die Beschwerdeführerin mit der Beschwerde in Ablichtung eine Vereinbarung zwischen dem Grundeigentümer und ihr vom 4. März 1993 vorgelegt, wonach sich die Beschwerdeführerin bereit erkläre, für die Bereitschaft des Grundeigentümers zur Unterzeichnung eines Pachtvertrages hinsichtlich des fraglichen Grundstückes "die Fertigstellungsarbeiten bezüglich der Bauanzeige bei der Gemeinde F und der Genehmigung der Gemeinde F vom 27.06.1989, Zahl 646/1989, in der gesetzlichen Frist kostenlos" für den Grundeigentümer durchzuführen. Dem Grundeigentümer erwüchsen aus der von der Beschwerdeführerin auf dessem Gelände durchgeführten und durchzuführenden Arbeiten keine wie immer gearteten Kosten.

Folgte man dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, daß die gegenständlichen Arbeiten der Vollendung der Errichtung des fraglichen Parkplatzes dienen sollten, wäre für sie hieraus nichts zu gewinnen:

Wie die Behörde nämlich zutreffend erkannt hat, ist gemäß § 25 lit. g TBO die Errichtung oder Änderung von Stellplätzen für Kraftfahrzeuge einschließlich der Zu- und Abfahrten baubewilligungspflichtig (dies war auch bereits zum Zeitpunkt, als die fragliche Bauanzeige erstattet wurde, der Fall). Richtig hat die belangte Behörde auch erkannt, daß das Schreiben vom 27. Juni 1989 die von Gesetzes wegen erforderliche Baubewilligung nicht zu ersetzen vermag (daß das Schreiben als Baubewilligungsbescheid zu qualifizieren wäre, wird nicht behauptet und es könnte angesichts seiner Formlosigkeit und des Umstandes, daß es weder als Bescheid überschrieben noch bescheidmäßig gegliedert ist, auch nicht als Bescheid angesehen werden - vgl. hiezu die in Hauer - Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, auf S. 361 f und S. 388 ff wiedergegebene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes; in jüngerer Zeit etwa den hg. Beschluß vom 19. Jänner 1994, Zlen. 93/12/0335, 0336, m. w.N.).

Die Frage, wem gegenüber ein Baueinstellungsbescheid gemäß § 40 Abs. 2 TBO zu erlassen ist, ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt, doch kann aus dem Sinnzusammenhang abgeleitet werden, daß ein solcher Auftrag an den ergehen kann, von dem die (tatsächliche) Einstellung der begonnenen baulichen Maßnahmen erwartet und demgegenüber sie auch durchgesetzt werden kann (vgl. hiezu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Februar 1994, Zl. 93/06/0141, zur vergleichbaren Bestimmung des § 16 Abs. 2 des Salzburger Baupolizeigesetzes). Auch angesichts der Stellung, die die Beschwerdeführerin gemäß ihren Beschwerdeausführungen für sich in Anspruch nahm (nämlich der eines Bauherrn, weil demnach die baulichen Maßnahmen auf ihre Rechnung und Gefahr erfolgten), bestehen keine Bedenken dagegen, daß die Behörde den Baueinstellungsbescheid an sie gerichtet hat.

Demnach war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Belehrungen Mitteilungen Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Besondere Rechtsgebiete Baurecht Planungswesen Bescheidcharakter Bescheidbegriff Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Mangelnder Bescheidcharakter Besondere Rechtsgebiete Gemeinderecht und Baurecht Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Mangelnder Bescheidcharakter Mitteilungen und Rechtsbelehrungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993060262.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten