TE Vfgh Erkenntnis 1992/6/23 G330/91, G331/91, G332/91, G333/91

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Veröffentlicht am 23.06.1992
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Index

62 Arbeitsmarktverwaltung
62/01 Arbeitsmarktverwaltung

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
AuslBG §4 Abs3 Z11
AVG §73 Abs1

Leitsatz

Verfassungswidrigkeit der Vorschrift über die Versagung einer Bewilligung zur Beschäftigung eines Ausländers allein wegen einer Übertretung des Beschäftigungsverbotes vor Bewilligungserteilung; keine teleologische Reduktion des - überschießenden - Gesetzeswortlautes auf Fälle ordnungsgemäßer Antragsbehandlung möglich

Spruch

§4 Abs3 Z11 Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl. Nr. 218/1975, war bis zum Inkrafttreten der Novelle BGBl. Nr. 450/1990 verfassungswidrig.

Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Bundesgesetzblatt verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Das Verfahren betrifft die Verfassungsmäßigkeit einer Regelung, nach welcher die Bewilligung zur Beschäftigung eines Ausländers allein deshalb zu versagen ist, weil die Beschäftigung bereits vor Erteilung der Bewilligung begonnen hat.

Nach §3 Abs1 Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl. 218/1975 (AuslBG), darf ein Arbeitgeber in der Regel einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn der Ausländer einen Befreiungsschein besitzt. Die Beschäftigungsbewilligung ist nach §4 Abs1 AuslBG im allgemeinen zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen. Zu den zahlreichen weiteren, im Katalog des §4 Abs3 AuslBG genannten Voraussetzungen der Bewilligung gehört, daß

"11. die Beschäftigung, soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt ist, nicht bereits begonnen hat;

12. der Arbeitgeber während der letzten zwölf Monate vor der Antragseinbringung nicht trotz Ablehnung eines Antrages oder ohne einen Antrag auf Beschäftigungsbewilligung eingebracht zu haben, wiederholt Ausländer beschäftigt hat;"

Erst seit der Novelle BGBl. 450/1990 bestimmt der (mit Wirksamkeit vom 1. Oktober 1990) neu eingefügte §20 Abs1, daß der Arbeitgeber den Ausländer (vorläufig) beschäftigen darf, wenn die Entscheidung über den Antrag auf Beschäftigungsbewilligung nicht innerhalb der in §20a genannten Fristen (von vier Wochen beim Arbeitsamt oder acht Wochen beim Landesarbeitsamt) zugestellt wird, es sei denn, daß diese Frist durch eine Mitteilung des Arbeitsamtes an den Arbeitgeber wegen einer durch diesen verursachten Verzögerung gehemmt wird.

1. Unter Berufung auf §4 Abs3 Z11 und 12 AuslBG lehnte das Arbeitsamt Innsbruck Anträge der zu B 1025-1028/90 beschwerdeführenden Gesellschaft vom 28. September 1989 auf Bewilligung der Beschäftigung von vier jugoslawischen Staatsangehörigen als Abwäscher bzw. Zimmermädchen ab 1. November 1989 am 23. Februar 1990 ab. Diese Arbeitskräfte seien in der Zeit vom 2. Dezember bis 20. (21.) Dezember 1989 bereits beschäftigt worden (Z11), womit die antragstellende Gesellschaft zugleich in den letzten zwölf Monaten wiederholt (nämlich in diesen vier Fällen) Ausländer ohne Beschäftigungsbewilligung beschäftigt habe (Z12).

Diese Erledigungen werden mit den beim Verfassungsgerichtshof angefochtenen Bescheiden des Landesarbeitsamtes Tirol im Ergebnis bestätigt.

2. Nach der Aktenlage und den Schriftsätzen im verfassungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren ist der Streitstand folgender:

a) Die Anträge der beschwerdeführenden Gesellschaft wurden zunächst keiner erkennbaren Bearbeitung unterzogen und Anfang Februar 1990 wegen eingetretener Kontingentüberschreitung dem Landesarbeitsamt zur Entscheidung vorgelegt (Rubrik "Überziehungsverfahren" in den Antragsformularen angekreuzt, Eingangsstempel des Landesarbeitsamtes vom 2. Februar). Dieses richtete am 22. Februar unter Hinweis auf die Anträge folgendes Schreiben an die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck:

"Im Zuge des Ermittlungsverfahrens, das wegen der Antragstellungen erforderlich geworden ist, hat das Landesarbeitsamt Tirol festgestellt, daß alle obgenannten Ausländer bereits seit 20.12.1989 laufend im Betrieb der antragstellenden Partei als Arbeitskräfte beschäftigt werden, ohne daß dem Betrieb für die Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung erteilt worden wäre. In diesem Zusammenhang erlaubt sich das Landesarbeitsamt Tirol auch auf die Erhebungen des Gendarmeriepostens Seefeld vom 21.12.1989 hinzuweisen, die an die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck adressiert wurden und in denen ebenfalls die unerlaubte Beschäftigung der genannten Ausländer festgestellt wurde.

Aufgrund der geschilderten Sachverhaltslage stellt das Landesarbeitsamt Tirol somit Strafantrag gemäß §28 Abs1 Z1 lita des AuslBG gegen die unter Betreff zitierte antragstellende Partei."

Der Urschrift dieses Schreibens ist eine beim Arbeitsamt am 15. Februar und beim Landesarbeitsamt am 19. Februar 1990 eingelangte Durchschrift einer Meldung des Gendarmeriepostens Seefeld über eine am 21. Dezember 1989 über Auftrag der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck bei der beschwerdeführenden Gesellschaft durchgeführte "fremdenpolizeiliche Kontrolle" beigeschlossen, wonach die zu beschäftigenden jugoslawischen Staatsangehörigen vom 2. bis 21. Dezember bereits ohne Beschäftigungsbewilligung (bzw. Sichtvermerk) beschäftigt würden.

Wann die Akten zur Versagung der Beschäftigungsbewilligung an das Arbeitsamt zurückgemittelt wurden, ist aus den Akten nicht erkennbar. Gegen die Versagungsbescheide erhob die beschwerdeführende Gesellschaft Berufung, in der sie den Vorwurf erhob, die Behörde habe die Entscheidung über die Anträge aus unsachlichen Beweggründen verzögert und dürfe die Folgen ihrer Säumnis nicht zum Nachteil der Antragstellerin verwenden:

"Bei jenen Ausländern, die in den letzten 12 Monaten wiederholt ohne Beschäftigungsbewilligung beschäftigt waren, handelt es sich um die Personen, für die die Beschäftigungsbewilligung am 28.9.1989 beantragt wurde.

Wenn ein Gastwirt im September um die Erteilung einer Arbeitsbewilligung ansucht, um seinen Gastbetrieb Mitte Dezember saisongerecht eröffnen zu können, so wäre es, sieht man von anderen Hintergründen ab, der Behörde I. Instanz aus dem Vergleich mit anderen Fällen ohne weiteres möglich gewesen, bis Anfang Dezember 1989 eine Entscheidung zu treffen. Da dies nicht geschehen ist und die Antragstellerin immer wieder vertröstet wurde, lag im Zeitpunkt der Hoteleröffnung jedenfalls eine Notstandssituation im Sinne des §6 VStG vor. Ohne Arbeitsleistung der vier betroffenen Ausländer hätte der Hotelbetrieb nicht aufrecht erhalten werden können, was dem Eintritt eines Millionenschadens gleichzusetzen gewesen wäre."

b) Am 3. oder 4. April 1990 wurden die Akten dem Landesarbeitsamt als Berufungsbehörde vorgelegt (die Vorlageberichte tragen zwei Eingangsstempel, die beide durchgestrichen sind). Bei der Berufungsbehörde ging am 26. April die Ablichtung eines an das Arbeitsamt gerichteten Schreibens der Arbeiterkammer für Tirol ein, worin das Arbeitsamt ersucht wird, der beschwerdeführenden Gesellschaft vorläufig für Neuzugänge an ausländischen Arbeitnehmern keine Beschäftigungsbewilligung zu erteilen. In diesem Hotelbetrieb scheine keine Gewähr gegeben, daß die arbeits- und sozialrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden. Drei näher bezeichnete Arbeitnehmer (anscheinend türkischer Staatsangehörigkeit) seien vom 12. Mai bis 16. Oktober bzw. 2. September 1989 beschäftigt worden; es werde ersucht, das Vorliegen einer Beschäftigungsbewilligung zu prüfen. Diesem Schreiben ist das Protokoll der Aussage eines dieser Beschäftigten über Arbeitszeit und Entlohnung beigeschlossen.

Am 16. Mai 1990 hielt die Berufungsbehörde der beschwerdeführenden Gesellschaft den Bericht des Gendarmeriepostens Seefeld und das Schreiben der Arbeiterkammer unter Hinweis auf §4 Abs3 Z11 und 12 AuslBG mit dem Bemerken vor, laut Mitteilung des Arbeitsamtes sei nur für eine der genannten drei türkischen Arbeitskräfte eine Beschäftigungsbewilligung (vom 2. Juni bis 31. Dezember und vom 31. Dezember bis 30. Juni) ausgestellt worden und besitze keine der beschäftigten Personen einen Befreiungsschein. Die beschwerdeführende Gesellschaft rügte in ihrer Stellungnahme neuerlich die Verzögerung der Erledigung ihrer Anträge und würdigte "sämtliche nunmehr von der Behörde ins Treffen geführten Umstände" - ohne darauf im einzelnen einzugehen - als ausschließlich dazu dienend, "die nicht zu vertretende Säumigkeit auf irgend eine Weise zu rechtfertigen", was aber nicht ohne Verletzung von Verfahrensvorschriften oder verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten gelingen könne.

Der hierauf ergangene Berufungsbescheid stützt sich zu §4 Abs3 Z11 AuslBG auf die Beschäftigung der vier jugoslawischen Staatsangehörigen, für welche die Beschäftigungsbewilligung beantragt war, und zu §4 Abs3 Z12 auf die Beschäftigung von zwei türkischen Staatsangehörigen.

c) Die dagegen erhobene Verfassungsgerichtshofbeschwerde rügt die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit vor dem Gesetz und Unversehrtheit des Eigentums und wirft der Behörde erster Instanz Willkür und das Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in wesentlichen Punkten des Verfahrens vor. Auch die Berufungsbehörde, die den Versagungsgrund nach Z12 durch eine andere Beschäftigung erfüllt sehe als die Behörde erster Instanz, habe nur (oberflächliche) Erhebungen über das Nichtbestehen von Befreiungsscheinen gepflogen, sodaß ihr entgangen sei, daß (für einen der beiden türkischen Staatsangehörigen) ein Befreiungsschein des Landesarbeitsamtes Imst vorgelegen sei.

Der Verfassungsgerichtshof hat die belangte Behörde aufgefordert, die Gründe für die Verzögerung der Erledigung der Anträge der beschwerdeführenden Gesellschaft darzulegen. In der Gegenschrift ist dazu folgendes ausgeführt:

"Bei der Bearbeitung von Anträgen auf Erteilung von Beschäftigungsbewilligungen hatte das Arbeitsamt Innsbruck, wie alle anderen Arbeitsämter auch, zusätzlich zum AuslBG und dem dazu ergangenen Durchführungserlaß auch noch den Erlaß vom 26.5.1989, Zl. 35.400/25-2/89, zu befolgen. Dieser Erlaß bezog sich auf die Erteilung von Beschäftigungsbewilligungen für ausländische Hilfskräfte im Bereich des Fremdenverkehrs. Er legte u.a. fest, daß Bewilligungen für ausländische Hilfskräfte im Gastgewerbe u.a. nur dann erteilt werden dürften, wenn der beantragte Ausländer sich bereits vor dem 26.5.1989 berechtigt in Österreich aufgehalten habe. Dieser Stichtag wurde beibehalten, als mit 1.7.1989 durch Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales ein Kontingent für ausländische Hilfskräfte im Gastgewerbe festgesetzt wurde. Dieses Kontingent 'K 39' umfaßte die Fachverbände der Gastronomie und der Hotel- und Beherbergungsbetriebe gemäß §6 Abs1 Z1 und 2 der Fachgruppenverordnung, BGBl. 223/1947. Die Laufzeit dieses Kontingentes erstreckte sich vom 1.7.1989 bis 30.6.1990. Für das Bundesland Tirol waren in diesem Kontingent ursprünglich 4.000 Kontingenteinheiten vorgesehen. Weiters enthielt diese Verordnung für das Bundesland Tirol zusätzlich eine Bundesreserve von 1.000 Einheiten. Wie bereits erwähnt, wurde durch Erlaß des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 21.6.1989 der Stichtag 26.5.1989 fortgeschrieben.

Die oben erwähnte Bundesreserve wurde in der Folge vom Bundesminister für Arbeit und Soziales dem Bundesland Tirol zugeteilt. Mit Erlaß vom 20.11.1989, Zl. 35.400/33-2/89, hat der Bundesminister für Arbeit und Soziales dem Bundesland Tirol bis zur Erlassung einer entsprechenden Kontingentverordnung weitere 1.000 Kontingenteinheiten im Kontingent K 39 zugeteilt. Die betreffende Verordnung wurde in BGBl. 605/1989 kundgemacht. Ausgabedatum dieses Bundesgesetzblattes war der 19.12.1989. Im vorhin zitierten Erlaß vom 20.11.1989 hat der Bundesminister für Arbeit und Soziales neuerlich auf den Stichtag 26.5.1989 hingewiesen.

Entsprechend der geschilderten Weisungslage hatte auch das Arbeitsamt Innsbruck, insbesondere bei neu zugezogenen Ausländern, in jedem Einzelfall anhand eines Meldezettels zu prüfen, ob der beantragte Ausländer zum Stichtag bereits rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig war. Die geforderten Meldebestätigungen hatte die Beschwerdeführerin in den gegenständlichen Beschwerdefällen zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht beigebracht. Das Arbeitsamt Innsbruck mußte die Beschwerdeführerin daher mehrmals unter Hinweis auf die Weisungslage ersuchen, diese fehlenden Unterlagen doch nachzureichen. Erst Anfang November 1989, sohin nach Beginn der beantragten Laufzeiten der Beschäftigungsbewilligungen für die vier ausländischen Arbeitnehmer, kam die Beschwerdeführerin dem Ersuchen des Arbeitsamtes Innsbruck nach und legte die geforderten Meldezettel dem Arbeitsamt vor.

Nach dem Einlangen dieser Unterlagen konnte das Arbeitsamt damit beginnen, die Anspruchsvoraussetzungen des §4 des AuslBG zu prüfen. Es war dies eine Vorgangsweise, die das Arbeitsamt in all den Fällen angewandt hat, in denen die antragstellenden Parteien die geforderten Medezettel erst einige Zeit nach der Antragstellung nachgereicht hatten und die beantragten Ausländer als Neuzuzüge im Sinne des einschlägigen Erlasses zu qualifizieren waren.

Da nun in den vorliegenden Beschwerdefällen die ausländischen Arbeitnehmer erst nach dem festgesetzten Stichtag in das Bundesgebiet eingereist waren und überdies auch zum ersten Mal im Bundesgebiet eine Beschäftigung aufnehmen sollten, war die Lage und Entwicklung des interessierenden Teilarbeitsmarktes gemäß §4 Abs5 iVm §4 Abs1 des AuslBG zu prüfen.

Zur Zeit der Bearbeitung der Anträge der Beschwerdeführerin war der Arbeitsanfall bei den Arbeitsämtern in Tirol und dabei insbesondere beim Arbeitsamt Innsbruck im Zusammenhang mit der Vollziehung des AuslBG gegenüber den Vorjahren erheblich angestiegen. So nahm die Ausländerbeschäftigung in Tirol zum Zeitpunkt der Bearbeitung im Vergleich zum vorangegangenen Jahr um etwa 18 % zu. Das Arbeitsamt mußte zu dieser Zeit an die 2.500 Anträge auf Erteilung von Beschäftigungsbewilligungen bearbeiten. Der Großteil dieser Anträge betraf wegen der nahenden Wintersaison das Gastgewerbe. Aufgrund der erwähnten Weisungslage waren die Verfahren bezüglich dieser Anträge besonders zeitaufwendig, weil in vielen Fällen entsprechend dem Erlaß Prüfungen bezüglich der Aufenthaltsdauer getroffen werden mußten. In zahlreichen Fällen fehlten sodann erforderliche Unterlagen, wie etwa Meldezettel oder ärztliche Zeugnisse im Sinne des §5 des AuslBG. Dies alles führte dazu, daß das Arbeitsamt die Parteien in hunderten Fällen ersuchen mußte, die erforderlichen Unterlagen nachzureichen. Neben diesen Ermittlungen hatte aber das Arbeitsamt Innsbruck die Anträge bescheidmäßig erledigen können, bezüglich derer das Ermittlungsverfahren abgeschlossen werden konnte. Damit konnten vor allen Dingen jene Fälle rascher erledigt werden, bei denen die erforderlichen Unterlagen dem Arbeitsamt zeitgerecht vorgelegt worden waren. Eine raschere Verfahrensabwicklung war auch in all den Fällen möglich, bei denen die beantragten ausländischen Arbeitnehmer bereits in den österreichischen Arbeitsmarkt integriert waren. Nach der Intention des Bundesministers für Arbeit und Soziales konnte eine solche Integration dann angenommen werden, wenn der Ausländer bereits zumindest ein Beschäftigungsverhältnis in Österreich zuvor aufweisen konnte.

Da bei den meisten Anträgen auch der Arbeitsmarkt im Sinne des §4 Abs1 des AuslBG zu prüfen war, nahm diese Prüfung infolge der großen Zahl der Fälle etwa vier Wochen in Anspruch. Es mußte dabei auch der Frage nachgegangen werden, ob ein sogenannter überregionaler Ausgleich von Arbeitskräften innerhalb des Bundesgebietes möglich war. Diese Arbeitsmarktprüfung wurde in den Fällen von Neuzuzügen besonders gewissenhaft durchgeführt, um den arbeitsmarktpolitischen Intentionen des Bundesministers für Arbeit und Soziales zu entsprechen. Nach Abschluß dieser arbeitsmarktpolitischen Prüfung bezüglich der vier Anträge der Beschwerdeführerin zu Beginn Dezember 1989 war das maßgebende Kontingent K 39 ausgeschöpft. Nach damaliger Rechtslage waren in den Fällen des sogenannten Kontingentüberziehungsverfahrens §4 Abs6 des AuslBG iVm §20 Abs1 leg.cit. anzuwenden. Gemäß §20 Abs1 des AuslBG hatte im Kontingentüberziehungsverfahren das Landesarbeitsamt, soferne die Voraussetzungen des §4 Abs3 des AuslBG vorlagen, eine Entscheidung zu treffen. Es hatte sohin das Arbeitsamt nach damaliger Rechtslage die Anspruchsvoraussetzungen gemäß §4 Abs3 leg.cit. zu prüfen. Zu dem Zeitpunkt, zu dem das Arbeitsamt Innsbruck die Anträge der Beschwerdeführerin dem Landesarbeitsamt Tirol zur Entscheidung gemäß §4 Abs6 des AuslBG vorgelegt hatte, waren nach den Ermittlungen des Arbeitsamtes die Voraussetzungen des §4 Abs3 des AuslBG gegeben. Diese Vorlage erfolgte in der ersten Dezemberhälfte 1989.

Wie bereits erwähnt, war bei den Behörden der Arbeitsmarktverwaltung in Tirol vor allen Dingen in den Monaten November und Dezember 1989 aufgrund der sprunghaft gestiegenen Nachfrage nach ausländischen Arbeitnehmern eine sehr große Zahl an Geschäftsfällen zu erledigen. Im Kontingent K 39 etwa waren 6.000 Bewilligungen zu erteilen. Im Kontingentüberziehungsverfahren mußten dann beim Landesarbeitsamt Tirol in dieser Zeit noch über 1.500 zusätzliche Anträge auf Erteilung von Beschäftigungsbewilligungen von Hilfskräften im Gastgewerbe entschieden werden. Beim Landesarbeitsamt Tirol wurden die Anträge auf Erteilung von Beschäftigungsbewilligungen nach dem Zeitpunkt ihres Einlangens einer Bearbeitung unterzogen. Nach damaliger Rechtslage war über diese Anträge gemäß §4 Abs6 des AuslBG im Rahmen des zuständigen Verwaltungsausschusses zu entscheiden. Wegen des großen Arbeitsanfalles wurde dieser Verwaltungsausschuß vom Landesarbeitsamt jede Woche einberufen, wobei im Schnitt 300 bis 400 Anträge erledigt werden konnten. Diese Belastung hielt bis weit in das Frühjahr 1990 hinein an. Trotz der häufigen Einberufung des Verwaltungsausschusses war es auch dem Landesarbeitsamt Tirol in sehr vielen Fällen nicht möglich, die vorliegenden Anträge so rasch zu erledigen, daß die Bewilligungen auch ab dem Zeitpunkt ausgestellt werden konnten, den die Parteien in ihren Anträgen beantragt hatten. In vielen Fällen konnten Anträge, die noch im Dezember 1989 beim Landesarbeitsamt Tirol eingelangt waren, erst im Jänner bzw. gar erst im Feber des Jahres 1990 erledigt werden.

Während nun die Anträge der Beschwerdeführerin beim Landesarbeitsamt Tirol in Bearbeitung waren, erhielt das Arbeitsamt Innsbruck Kenntnis davon, daß die von der Beschwerdeführerin beantragten vier ausländischen Arbeitnehmer ohne entsprechende Bewilligung im Betrieb der Beschwerdeführerin beschäftigt worden waren. Eine Gendarmeriekontrolle in Seefeld konnte diese Beschäftigung der Ausländer am 21.12.1989 feststellen. Von dieser Tatsache erhielt das Arbeitsamt Innsbruck vom Gendarmerieposten Seefeld in einem fernmündlichen Bericht unverzüglich Kenntnis. Das Arbeitsamt nahm diesen Bericht auch zum Anlaß, dem Landesarbeitsamt Tirol sogleich entsprechende Informationen zukommen zu lassen. Da aufgrund der bekannten Fakten die Annahme begründet erschien, daß ein Abweisungsgrund gemäß §4 Abs3 Z11 oder 12 des AuslBG vorlag, über den aufgrund der damaligen Rechtslage nur das Arbeitsamt bescheidmäßig absprechen konnte, hat das Landesarbeitsamt Tirol die Anträge der Beschwerdeführerin dem Arbeitsamt Innsbruck zum Zwecke weiterer Ermittlungen und allfälliger Bescheiderlassung zurückgestellt.

Ergänzend zu alledem erlaubt sich das Landesarbeitsamt Tirol noch darauf hinzuweisen, daß die gesetzlichen Regelungen bezüglich des Kontingentüberziehungsverfahrens entsprechend den Bestimmungen der §§20 Abs1 und 4 Abs6 des AuslBG wegen der darin verankerten funktionellen Zuständigkeitsverteilung zwischen den Arbeitsämtern und dem zuständigen Landesarbeitsamt zu einer sehr langen Verfahrensdauer führte. Wegen der langen Verfahren gerieten die Behörden der Arbeitsmarktverwaltung in dieser Zeit auch unter heftige Kritik von Seiten der Wirtschaft. Diese Kritik führte im Ergebnis auch zur Novelle des AuslBG im Jahre 1990, die auch eine wesentliche Vereinfachung des Kontingentüberziehungsverfahrens gebracht hat."

Entgegen der Darstellung der Gegenschrift sind den Akten allerdings keine im Gesetz vorgesehenen Ermittlungen zu entnehmen. Die Meldezettel (deren Vorlage nirgends vorgeschrieben ist) sind zwischen den Anträgen und der gleichfalls mit dem Tag der Ausfüllung der Anträge datierten Erklärung des Unterkunftgebers gemäß §4 Abs3 Z5 AuslBG eingeheftet, tragen wie diese Erklärung (und anders als das am Ende beigelegte ärztliche Zeugnis) kein eigenes Eingangsdatum und weisen die Anmeldung der Ausländer am Tage vor der Ausfüllung des Antragsformulars aus. Der auf die Rückseite eines Antrages geschriebene "AV. Fehlende MZ wurden einige Wochen später erst nachgereicht. Anträge konnten nicht an LAA ... (unleserliches Wort) weitergeleitet werden. 1990 Jänner", der offenbar die Grundlage der einschlägigen Darlegungen der Gegenschrift bildet, kann unter diesen Umständen eine zielführende, dem Gesetz entsprechende Aktivität der Behörde nicht dartun. Auch sonst lassen die Akten keine Initiativen der Behörde erkennen. Die für die Versagung der Beschäftigungsbewilligung ausschlaggebenden Berichte des Gendarmeriepostens Seefeld vom 28. Dezember 1989 und der Tiroler Arbeiterkammer vom 24. April 1990 sind nicht durch Erhebungen der Behörde ausgelöst worden, sondern dieser als Ergebnis von fremdenpolizeilichen Amtshandlungen und Kontrollmaßnahmen der Interessenvertretung gleichsam zufällig am

15. bzw. 19. Februar und 25. bzw. 26. April zugekommen. Insbesondere hat das Arbeitsamt offenkundig vom 28. September bis zur Aufnahme der Beschäftigung der Ausländer durch die beschwerdeführende Gesellschaft am 2. Dezember nichts oder zumindest nichts nachweislich Zweckdienliches unternommen.

II. Aus Anlaß dieses Beschwerdeverfahrens hat der Verfassungsgerichtshof von Amts wegen die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Z11 des §4 Abs3 AuslBG beschlossen.

1. Zur Präjudizialität dieser Gesetzesstelle wird im Prüfungsbeschluß folgendes erwogen:

"Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig davon aus, daß der Versagungsgrund der Z12 des §4 Abs3 AuslBG den angefochtenen Bescheid nicht tragen kann. Das Gesetz verlangt an dieser Stelle als Voraussetzung einer Versagung nämlich, daß der Arbeitgeber (innerhalb des letzten Jahres) wiederholt Ausländer beschäftigt hat, ohne einen Antrag auf Beschäftigungsbewilligung eingebracht zu haben. Das Erfordernis der Wiederholung soll offenbar die einmalige Übertretung des Gesetzes von den Fällen nachhaltiger Mißachtung der Rechtsordnung unterscheiden. Auch wenn man außer Acht läßt, daß nach den - erst in der Verfassungsgerichtshofbeschwerde und daher verspätet vorgebrachten - Behauptungen der beschwerdeführenden Gesellschaft einer der beiden türkischen Staatsangehörigen, dessen Beschäftigung ihr von der Behörde zur Last gelegt wird, ohnedies einen Befreiungsschein besaß, scheint es dem Verfassungsgerichtshof nicht denkmöglich, in der gleichzeitigen Beschäftigung von zwei Ausländern eine wiederholte Beschäftigung im Sinne des §4 Abs3 AuslBG zu sehen. Nicht nur der Wortlaut, auch der Sinn des Gesetzes dürfte diese Annahme verbieten. Denn aus dem höheren Unrechtsgehalt der verbotenen Beschäftigung mehrerer Personen ist noch kein Schluß auf eine besondere Nachhaltigkeit in der Mißachtung der Rechtsordnung zu sehen, wie sie das Gesetz verlangt und anscheinend auch verlangen muß, um nicht eine überschießende Reaktion auf ein möglicherweise entschuldbares einmaliges Fehlverhalten darzustellen. Es war daher nicht nur die Heranziehung der Z12 des §4 Abs3 AuslBG durch die erste Instanz schlechthin unvertretbar (weil die vier Jugoslawen nicht 'ohne einen Antrag auf Beschäftigungsbewilligung eingebracht zu haben' beschäftigt worden sind), sondern wohl auch der Versuch der Berufungsbehörde, diesen Versagungsgrund durch Heranziehung eines anderen Geschehens aufrecht zu erhalten.

Der Verfassungsgerichtshof hätte daher bei Beurteilung der Beschwerde auch die Z11 des §4 Abs3 AuslBG anzuwenden."

2. Bedenken gegen diese Gesetzesstelle sind wegen Verletzung des Gleichheitssatzes entstanden. Sie sind im Prüfungsbeschluß wie folgt umschrieben:

"Nach dieser Bestimmung darf die Beschäftigungsbewilligung ungeachtet des Vorliegens der allgemeinen Voraussetzungen nur erteilt werden, wenn die Beschäftigung nicht bereits begonnen hat. Erst seit der Novelle BGBl. 450/1990 bestimmt der (mit Wirksamkeit vom 1. Oktober 1990) neu eingefügte §20 Abs1, daß der Arbeitgeber den Ausländer (vorläufig) beschäftigen kann, wenn die Entscheidung über den Antrag auf Beschäftigungsbewilligung nicht innerhalb der in §20a genannten Fristen (von vier Wochen beim Arbeitsamt oder acht Wochen beim Landesarbeitsamt) zugestellt wird, es sei denn, daß diese Frist durch eine Mitteilung des Arbeitsamtes an den Arbeitgeber wegen einer durch diesen verursachten Verzögerung gehemmt wird.

Die belangte Behörde hat die hier maßgebliche Rechtslage vor der Novelle - lege non distinguente - so gedeutet, daß die Beschäftigung vor Erteilung einer ordnungsgemäß beantragten Beschäftigungsbewilligung ohne Rücksicht darauf zur Versagung der Bewilligung führen muß, warum und wie lange die Entscheidung über den gestellten Antrag ausbleibt. Die Beschäftigung eines Ausländers müßte demnach auch dann zur endgültigen Versagung der Beschäftigungsbewilligung führen, wenn die Behörde die Bewilligung trotz Vorliegens aller Voraussetzungen zurückhält, um den auf die Beschäftigung des Ausländers angewiesenen Antragsteller zu einem Verstoß gegen das Verbot der bewilligungslosen Beschäftigung (§3 Abs1 AuslBG) zu verleiten. Eine Regelung solchen Inhaltes hält der Verfassungsgerichtshof für verfassungsrechtlich bedenklich. Ohnehin leuchtet die Versagung einer Beschäftigungsbewilligung allein wegen bereits begonnener Beschäftigung nicht ohne weiteres ein. Widerspricht nämlich die Beschäftigung eines Ausländers dem Gesetz, so liegt ohnedies der jeweils einschlägige Versagungsgrund vor; es bedarf also der Z11 gar nicht. Sind aber die Voraussetzungen ansonsten gegeben, so ist gegen die Beschäftigung des Ausländers an sich nichts einzuwenden, und daran ändert der Umstand nichts, daß diese Einschätzung erst nach Durchführung des Verfahrens möglich wurde. Das Verbot einer Beschäftigung bis zur Entscheidung über den Antrag erklärt sich zwar daraus, daß ihre Unbedenklichkeit bis dahin noch nicht feststeht. Daß aber eine in der Sache unbedenkliche Beschäftigungsbewilligung allein deshalb versagt werden soll, weil die Beschäftigung entgegen dieser Ordnungsvorschrift schon vor Feststellung ihrer Unbedenklichkeit begonnen hat, bedarf eines besonders wichtigen Grundes.

Kann nun auch eine bloß die Strafbestimmung des §28 Abs1 AuslBG ergänzende und verschärfende Sanktion für die Übertretung des Verbotes vorzeitiger Beschäftigung mit dem besonderen öffentlichen Interesse an dessen Einhaltung und der Notwendigkeit des Schutzes der betroffenen Ausländer begründet werden, so darf sie anscheinend doch nur dem Zweck dienen, der Behörde die Prüfung der Zulässigkeit der angestrebten Beschäftigung innerhalb angemessener Frist zu ermöglichen. Eine dermaßen schwerwiegende Folge wie die Abweisung eines ordnungsgemäß und rechtzeitig gestellten und in der Sache begründeten Antrages auf Beschäftigungsbewilligung (zu dessen Unterstützung der Antragsteller im Verfahren erforderlichenfalls auch ausreichend mitgewirkt hat) läßt sich aus diesem Grunde nur rechtfertigen, wenn die Behörde den Antrag auch ordnungsgemäß behandelt. Es scheint Treu und Glauben zu widersprechen, wenn eine von ihr selbst verursachte oder doch ihr zuzurechnende Verzögerung der Entscheidung und die dadurch bewirkte Zwangslage des Arbeitgebers, der auf die Arbeitskraft angewiesen ist, gegen denjenigen gekehrt würde, der die Beschäftigung zu einem Zeitpunkt aufnimmt, zu dem er von Rechts wegen längst eine Beschäftigungsbewilligung erhalten haben müßte. Ihm allein deshalb die Beschäftigungsbewilligung endgültig zu versagen, weil er nicht unzumutbar lange gewartet hat, dürfte eine die Grenze des Sachlichen überschreitende Rechtsfolge sein.

Der Verfassungsgerichtshof nimmt vorläufig an, daß die Behörde nach dem Stande der Rechtsordnung vor der Novelle BGBl. 450/1990 nicht ermächtigt sein sollte, im Wege einer teleologischen Reduktion des Gesetzes die einschneidende Rechtsfolge auf Fälle ordnungsgemäßer Behandlung von Anträgen auf Beschäftigungsbewilligung zu beschränken, sondern aufgrund des Wortlautes der Z11 des §4 AuslBG verpflichtet war, die Beschäftigungsbewilligung in allen Fällen einer Beschäftigung vor Erteilung der Bewilligung, also auch dann zu versagen, wenn sie - wie sie im vorliegenden Fall behauptet und unter Beweis stellt - wegen des ungewöhnlich hohen Arbeitsanfalles außerstande war, die Anträge in angemessener Zeit zu erledigen. Er hat für diesen Fall das Bedenken, daß die Regelung überschießend und damit unsachlich, also gleichheitswidrig war."

3. Die Bundesregierung verteidigt die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes und führt unter anderem aus:

"Diese in §4 Abs3 Z11 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes vorgesehene Sanktion kann nach Ansicht der Bundesregierung zunächst schon mit dem öffentlichen Interesse einer wirksamen Begegnung von Verstößen gegen das Verbot der ungenehmigten Ausländerbeschäftigung gerechtfertigt werden. Dies ist vor dem Hintergrund des rechtspolitischen Zwecks des Ausländerbeschäftigungsgesetzes zu sehen.

Das Ausländerbeschäftigungsgesetz dient der Gestaltung einer äußerst komplexen Materie von großer arbeitsmarkt- und gesellschaftspolitischer Bedeutung. Es stellt dabei sowohl die Wahrung des Schutzes der inländischen Arbeitnehmer am Arbeitsmarkt, als auch die Vorsorge für einen entsprechenden Schutz ausländischer Arbeitskräfte im Zusammenhang mit ihrer Beschäftigung im Inland in den Mittelpunkt. Zudem hat es der Erfüllung berechtigter Wünsche der Wirtschaft nach ausländischen Arbeitskräften und der Wahrung der bei einer Beschäftigung von Ausländern zu beachtenden allgemeinen öffentlichen und gesamtwirtschaftlichen Interessen Rechnung zu tragen.

Angesichts dieser dem Ausländerbeschäftigungsgesetz zugrundeliegenden Prinzipien erscheint es gerechtfertigt, den bei unerlaubter Beschäftigung eintretenden, nicht unbedeutenden nachteiligen arbeits- und sozialrechtlichen Folgen für den einzelnen Ausländer sowie jenen Konsequenzen, die sich aus einer möglichen Verletzung von den Arbeitsmarkt betreffenden Schutzinteressen inländischer und bereits integrierter ausländischer Arbeitnehmer ergeben, durch das Verbot einer Beschäftigungsaufnahme vor Erteilung einer Bewilligung entgegenzusteuern. Diese gesetzliche Maßnahme entspricht auch dem von den Interessenvertretungen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer bekundeten Wunsch, gesetzestreue Arbeitgeber vor der unlauteren Konkurrenz jener zu schützen, die in der Aussicht auf mögliche wirtschaftliche Vorteile die Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes negieren.

Ein Wegfall des Versagungsgrundes in §4 Abs3 Z11 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes hätte die Konsequenz, daß ein Arbeitgeber den von ihm beantragten Ausländer unmittelbar nach Einbringung seines Antrages beschäftigen könnte. Die bestehenden Verwaltungsstrafbestimmmungen zur Hintanhaltung derartiger vorzeitiger, vor Erteilung der Beschäftigungsbewilligung begonnener Beschäftigungsverhältnisse sind nämlich in der Regel nicht ausreichend, solche Gesetzesverstöße hintanzuhalten. Den verhältnismäßig geringen Strafen stehen nämlich die relativ niedrigen Arbeitsentgelte für illegal beschäftigte Ausländer und die oft durch die verspätete Antragstellung bewirkte Arbeitskräfteknappheit als betriebswirtschaftliche Notlage gegenüber. Die Sanktionierung einer unerlaubten Beschäftigung durch Versagung der Bewilligung für diese dient daher ganz wesentlich dem Zweck, einen Arbeitgeber, der die Beschäftigung eines Ausländers anstrebt, dazu zu verhalten, sämtliche für die Beschäftigung eines Ausländers erforderlichen Voraussetzungen zu beachten.

Bei genauer Betrachtung der für die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung normierten allgemeinen Voraussetzungen wird ein weiterer Grund, die Beschäftigung bis zur Entscheidung über den Antrag zu verbieten, deutlich sichtbar. §4 Abs1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes legt fest, daß eine Beschäftigungsbewilligung zu erteilen ist, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen. Dabei hat die Behörde in jedem einzelnen Fall zu prüfen, ob für die konkret beantragte Beschäftigung eine vorgemerkte, bevorzugt zu vermittelnde Ersatzarbeitskraft zur Verfügung steht, die bereit und fähig ist, die konkret beantragte Beschäftigung zu den gestellten, gesetzlich zulässigen Bedingungen auszuüben. Nur dann, wenn seitens des zuständigen Arbeitsamtes kein derart qualifizierter Arbeitnehmer bereitgestellt werden kann, erlaubt die Arbeitsmarktlage die Beschäftigung des beantragten Ausländers. Wäre nun der Arbeitgeber berechtigt, den beantragten Ausländer unmittelbar nach Antragstellung zu beschäftigen, hätte das nach den Erfahrungen der Arbeitsmarktverwaltung zur Folge, daß die Bereitschaft des Arbeitgebers viel geringer wäre, eine im Zuge des Ermittlungsverfahrens ausfindig gemachte, geeignete und bereitwillige Arbeitskraft einzustellen, wäre er doch gezwungen, das Beschäftigungsverhältnis mit der bereits beschäftigten ausländischen Arbeitskraft wieder zu beenden, was aus arbeitsrechtlicher Sicht ungeachtet der Bestimmung des §29 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes problematisch sein könnte. Eine sanktionslose vorzeitige Beschäftigung würde somit der gesetzgeberischen Absicht, das Ausländerbeschäftigungsgesetz als arbeitsmarktpolitisches Instrument zur Regelung des Zugangs von Ausländern zum Arbeitsmarkt sowie zur gezielten Steuerung des am Arbeitsmarkt bereits vorhandenen Arbeitskräftepotentials einzusetzen, zuwiderlaufen."

Die vorläufige Annahme des Verfassungsgerichtshofes, die Beschäftigungsbewilligung sei in allen Fällen einer Beschäftigung vor Erteilung der Bewilligung zu versagen, sei im übrigen zu relativieren:

"Aus dem Gesetzeswortlaut in Verbindung mit dem präventiven Schutzzweck der Regelung leitet der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 18.2.1988, Zl. 87/09/0267, das Erfordernis des Vorliegens zweier Tatbestandsmerkmale ab: Zum einem muß die bewilligungspflichtige und vorzeitig aufgenommene Beschäftigung mit der beantragten in einem inhaltlichen Zusammenhang stehen, zum anderem ergibt sich aus dem Schutzzweck der Norm aber auch, daß eine zu irgendeinem Zeitpunkt vor der Entscheidung über die Bewilligung für die beantragte Beschäftigung beim antragstellenden Arbeitgeber begonnene Beschäftigung der Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung nur dann entgegensteht, wenn sie im Zeitpunkt der (letztinstanzlichen) behördlichen Entscheidung noch nicht beendet ist. Wird also eine unerlaubterweise vor Erteilung einer Bewilligung aufgenommene Beschäftigung vor der Entscheidung der Behörde über den Antrag wieder beendet, so ist auch der Versagungsgrund der Z11 des §4 Abs3 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes nicht mehr anwendbar. Eine vor der Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung verbotenerweise aufgenommene Beschäftigung führt also nicht unbedingt zur endgültigen Versagung der beantragten Beschäftigungsbewilligung."

Die Bundesregierung räumt ein, daß im Anlaßbeschwerdeverfahren die Behörden Verfahrensgrundsätze verletzt haben dürften. Aus derartigen Einzelfällen könne man aber noch nicht auf die Gleichheitswidrigkeit der dem Verfahren zugrundeliegenden gesetzlichen Bestimmungen schließen. In der Regel seien die Behörden in der Lage, Anträge auf Beschäftigungsbewilligung binnen angemessener Frist zu entscheiden. Im übrigen sei auch im Anlaßfall ohnedies die sechsmonatige Frist des §73 AVG eingehalten worden:

"Aus dem subjektiven Empfinden des Arbeitgebers, daß diese gesetzlich vorgesehene Höchstfrist für die Erteilung von Beschäftigungsbewilligungen den Bedürfnissen der Wirtschaft nicht entspreche, kann wohl noch nicht generell auf eine Unsachlichkeit der bestehenden Regelungen geschlossen werden. Eine Änderung der Rechtslage liegt vielmehr im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers und kann durch die beteiligten Interessengruppen entsprechend initiiert werden, wie dies ja in der Folge durch die Novelle BGBl. Nr. 450/1990 auch geschehen ist. Solange derartige Gesetzesänderungen nicht vorgenommen worden sind, hat sich aber ein sorgfältiger Arbeitgeber an die bestehenden Gesetze zu halten. Dabei wird er bestehende gesetzliche Fristen bei seinen unternehmerischen Dispositionen beachten und im Rahmen einer umfassenden, vorausschauenden Personalplanung auch entsprechende Vorlauffristen ins Kalkül ziehen müssen. Es ist schließlich auch darauf hinzuweisen, daß einem Arbeitgeber, der zur Führung seines Betriebes - trotz einer rechtzeitigen und vorausschauenden Personalplanung, etwa in Folge eines unvorhergesehenerweise aufgetretenen Spitzenbedarfes - kurzfristig zusätzliche Arbeitnehmer benötigt, die Möglichkeit offensteht, inländische Arbeitnehmer (etwa Studenten, Teilzeitarbeitskräfte usw.) oder Ausländer, für die eine Beschäftigungsbewilligung nicht erforderlich ist, aufzunehmen. Dies dürfte insbesondere im Bereich von Hilfspersonal möglich sein.

Schließlich ist auch darauf hinzuweisen, daß die ordnungsgemäße Führung eines Ermittlungsverfahrens, im besonderen unter Prüfung aller im Ausländerbeschäftigungsgesetz für die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung normierten Voraussetzungen, tatsächlich eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt. Ob sämtliche für die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung erforderlichen allgemeinen und besonderen Voraussetzungen vorliegen und ob die konkrete Beschäftigung eines bestimmten Ausländers unbedenklich erscheint, kann die zur Entscheidung berufene Behörde erst nach Antragstellung in einem den Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes entsprechenden, mehr oder weniger umfangreichen Ermittlungsverfahren feststellen. Dabei bedürfen insbesondere die Bewilligungsvoraussetzungen des §4 Abs1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, wonach eine Beschäftigungsbewilligung nur zu erteilen ist, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen, einer äußerst sorgfältigen Prüfung.

Wie bereits ausgeführt hat die Behörde dabei in jedem einzelnen Fall zu prüfen, ob für die konkret beantragte Beschäftigung eine vorgemerkte, bevorzugt zu vermittelnde Ersatzkraft zur Verfügung steht, die bereit und fähig ist, die konkret beantragte Beschäftigung zu den gesetzlich zulässigen Bedingungen auszuüben. Nur dann, wenn seitens des zuständigen Arbeitsamtes kein derart qualifizierter Arbeitnehmer bereitgestellt werden kann, erlaubt die Arbeitsmarktlage die Beschäftigung des beantragten Ausländers. Dies festzustellen bedarf - etwa bei einem sehr umfangreichen, spezifischen Anforderungsprofil - einer äußerst sorgfältigen Prüfung des vorgemerkten Arbeitskräftepotentials."

Wenn der Verfassungsgerichtshof die Rechtsfolge der Abweisung eines ordnungsgemäß und rechtzeitig gestellten und in der Sache begründeten Antrages auf Beschäftigungsbewilligung auf jene Fälle beschränkt wissen wolle, in denen die Behörde den Antrag auch "ordnungsgemäß und innerhalb angemessener Frist" behandelt habe, stelle sich

"die Frage, welche Maßstäbe einer derartigen Prüfung zugrundezulegen sind. Eine derartige Beurteilung wird wohl nur auf der Grundlage der im Entscheidungszeitpunkt bestehenden Rechtslage, also unter Zugrundelegung der einschlägigen Vorschriften des Ausländerbeschäftigungsgesetzes selbst sowie der maßgeblichen Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes erfolgen können. Dieser Maßstab ist aber auch bei der Beurteilung der Frage heranzuziehen, ob ein Antrag eines potentiellen Arbeitgebers auf Beschäftigungsbewilligung überhaupt noch als 'rechtzeitig' angesehen werden kann.

Eine andere Möglichkeit für die nähere Determinierung der unbestimmten Gesetzesbegriffe 'ordnungsgemäß und innerhalb angemessener Frist' besteht in der ausdrücklichen gesetzlichen Normierung einer derartigen Entscheidungsfrist. Diesen Weg ist der Gesetzgeber durch die Neuregelung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes mit der Novelle BGBl. Nr. 450/1990, gegangen, ...".

Eine Aufhebung der in Prüfung gezogenen - unverändert in Geltung stehenden - Bestimmung würde einen schweren Eingriff in ein mittlerweile sachgerechtes Regelungssystem bewirken. Daher müßten die Grenzen der Aufhebung möglichst eng gezogen werden.

Die Bundesregierung beantragt daher, die in Prüfung gezogene Bestimmung nicht aufzuheben, in eventu auszusprechen, daß sie bis zum Inkrafttreten der Novelle 1990 nicht verfassungswidrig war, allenfalls auszusprechen, daß sie bis zu diesem Zeitpunkt verfassungswidrig war und im Falle der uneingeschränkten Aufhebung eine Frist von einem Jahr zu setzen.

III. Das Gesetzesprüfungsverfahren ist zulässig.

Es ist nichts hervorgekommen, was an der Zulässigkeit der Anlaßbeschwerde oder der Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Bestimmung zweifeln ließe. Auch sonst sind die Prozeßvoraussetzungen gegeben.

Festzuhalten ist allerdings, daß der Verfassungsgerichtshof Bedenken nur für die im Anlaßfall maßgebliche Rechtslage vor der Novelle 1990 geäußert hat. Es kommt daher von vornherein keine Aufhebung der in Prüfung gezogenen Gesetzesstelle, sondern - bei Zutreffen der Bedenken - nur der Ausspruch in Betracht, daß sie bis zum Inkrafttreten der Novelle 1990 verfassungswidrig war.

IV. Die Bedenken des Gerichtshofes treffen auch zu. Die Z11 des §4 Abs3 AuslBG war bis zum Inkrafttreten der Novelle BGBl. 450/1990 verfassungswidrig.

1. Zum Einwand der Bundesregierung, nicht jede bewilligungslose Beschäftigung bilde einen Versagungsgrund, ist zunächst zu bemerken, daß die vorzeitige Aufnahme der beantragten Beschäftigung auch nach der aufgezeigten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes regelmäßig schon für sich allein die Versagung der Beschäftigungsbewilligung nach sich zieht. Wenn auch nicht jede bereits wieder beendete - frühere - Beschäftigung dazu hinreicht, die Bewilligung für die - neu - beantragte Beschäftigung zu versagen, wird doch die tatsächliche Beschäftigung dahin untersucht, ob sie mit der beantragten in einem "Fortsetzungszusammenhang" steht (VwGH Zl. 81/01/0246 und Zl. 87/09/267). Die für die Bedenken maßgebliche Annahme des Verfassungsgerichtshofes über den Inhalt der in Prüfung gezogenen Bestimmung trifft daher grundsätzlich zu.

2. Die Bundesregierung legt insoweit dar, daß das Verbot die Beschäftigungsaufnahme vor Erteilung einer Bewilligung den "nicht unbedeutenden nachteiligen arbeits- und sozialrechtlichen Folgen für den einzelnen Ausländer" und den Folgen einer Verletzung von "Schutzinteressen inländischer und bereits integrierter ausländischer Arbeitnehmer" entgegensteuern solle. Der Verfassungsgerichtshof hat indessen die Berechtigung des Beschäftigungsverbotes (und der an die Übertretung dieses Verbotes geknüpften Strafsanktion) mit keinem Wort bezweifelt. Er hat auch die grundsätzliche Berechtigung des Versagungsgrundes der Z11 des §4 Abs3 nicht in Frage gestellt, sondern nur das Bedenken geäußert, daß die schwerwiegende Folge der Abweisung eines in der Sache begründeten Antrages sich nur dann rechtfertigen läßt, wenn die Behörde den Antrag auch ordnungsgemäß behandelt hat, nicht aber für die Zeit, deren Verstreichen auf eine von der Behörde selbst verursachte oder doch ihr zuzurechnenden Verzögerung zurückzuführen ist.

Die Frage, ob die Behörde eine von ihr selbst verursachte oder doch ihr zuzurechnende Verzögerung der Entscheidung und die dadurch bewirkte Zwangslage des Arbeitgebers, der auf die Arbeitskraft vielleicht angewiesen ist, gegen denjenigen kehren darf, der die Beschäftigung zu einem Zeitpunkt aufnimmt, zu dem er von Rechts wegen längst eine Beschäftigungsbewilligung hätte erhalten müssen, setzt ein Recht auf Beschäftigung vor Erteilung der Bewilligung nicht voraus. Der Verfassungsgerichtshof hat eine solche Erlaubnis auch nicht vermißt. Die seit der Novelle 1990 geltende Regelung, die nach Ablauf gewisser Fristen für solche Fälle die Aufnahme der Beschäftigung vor Entscheidung über den Antrag sogar erlaubt, geht wesentlich weiter, als die Bedenken des Gerichtshofes fordern.

Erörterungen über die Folgen einer - etwa gar sanktionslosen - sofortigen Beschäftigungsaufnahme nach Antragstellung gehen daher an den Bedenken, die Gegenstand des vorliegenden Gesetzesprüfungsverfahrens sind, vorbei.

Im übrigen hat eine Versagung der Bewilligung einer bereits aufgenommenen Beschäftigung durchaus zweischneidige Wirkung: ein an sich unbedenkliches Beschäftigungsverhältnis muß allein wegen der vorzeitigen Beschäftigungsaufnahme mit den nachteiligen arbeits- und sozialrechtlichen Folgen für den Ausländer beendet werden, obwohl Schutzinteressen inländischer oder bereits integrierter ausländischer Arbeitnehmer - da die Bewilligung an sich ja zu erteilen wäre - nicht berührt sind.

3. Die Bundesregierung weist selbst darauf hin, daß die Behörden über Antrag von Parteien nach §73 Abs1 AVG grundsätzlich "ohne unnötigen Aufschub" (spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen) zu entscheiden haben; ob eine Behörde diesem Gesetzesbefehl nachgekommen ist, läßt sich - wie die Bundesregierung gleichfalls einräumt - überprüfen. Im Zuge dieser Überprüfung läßt sich auch feststellen, ob eine Verzögerung von der Behörde selbst verursacht oder ihr doch zuzurechnen ist. Gerade im Anlaßfall des vorliegenden Gesetzesprüfungsverfahrens war sich die Berufungsbehörde dessen bewußt, daß Umstände, die jedenfalls nicht der Antragsteller zu verantworten hatte, nämlich die sprunghaft gestiegene Nachfrage nach ausländischen Arbeitnehmern und der damit verbundene große Arbeitsanfall, für den sie offenbar nicht gerüstet war, zu einer - gemessen am üblichen - "sehr langen Verfahrensdauer" geführt haben.

Die Höchstfrist von sechs Monaten trägt zur Lösung des hier anstehenden Problems nichts bei. Sie ist die Voraussetzung für die Möglichkeit, den Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde zu erwirken (§73 Abs2 AVG) und stellt keineswegs sicher, daß die Behörde innerhalb dieser Frist - oder auch nur die Oberbehörde innerhalb einer weiteren Frist dieser Länge (§73 Abs3 AVG) - eine Entscheidung fällt. Der Verfassungsgerichtshof kann daher dem Einwand der Bundesregierung, der antragstellende Arbeitgeber müsse entsprechende Vorlauffristen mit ins Kalkül ziehen, nicht beipflichten. Gewiß muß ein Arbeitgeber mit der Möglichkeit rechnen, daß über seinen Antrag erst nach Durchschreiten der in Betracht kommenden Instanzen im Devolutionsweg aufgrund einer Säumnisbeschwerde durch den Verwaltungsgerichtshof entschieden wird. Er darf aber seinen Antrag in der berechtigten Erwartung stellen, daß über ihn nach Durchführung des vorgesehenen Verfahrens ohne unnötigen Aufschub entschieden wird, und sein Verhalten nach den Erfahrungswerten einrichten, die der Behörde aus ihrer ständigen Praxis selbst hinreichend bekannt sind.

Ist ein Antrag dann rechtzeitig gestellt, wenn über ihn nach der Erfahrung der Beteiligten bis zum beabsichtigten Beginn des Beschäftigungsverhältnisses entschieden werden kann, so kann die Behörde bei Prüfung der Rechtsfolgen einer Beschäftigungsaufnahme vor Erteilung der Bewilligung unschwer feststellen, ob die Verzögerung von ihr selbst verursacht wurde oder doch ihr zuzurechnen ist, oder ob sie aus anderen Gründen, insbesondere wegen der besonderen Schwierigkeit des Falles oder mangels Mitwirkung des Antragstellers nicht innerhalb üblicher Frist entscheiden konnte.

Die Frage ist also nicht, ob der Arbeitgeber die Lage richtig einschätzt. Für ihn gilt das Beschäftigungsverbot als Ordnungsvorschrift bis zur Bewilligung weiter. Vor diesem Zeitpunkt beschäftigt er den Ausländer - was die spätere Bewilligung anlangt - immer auf eigenes Risiko.

Aber es wäre unsachlich, wenn die Behörde die Beschäftigungsbewilligung immer versagen könnte, wenn dieser Ordnungsvorschrift zuwidergehandelt wurde. Das wäre so, als könnte die Baubewilligung allein deshalb endgültig versagt werden, weil mit dem Bau vorschriftswidrig vor Erteilung der Baubewilligung begonnen wurde. Die Behörde könnte von der Versagungsmöglichkeit sogar dann wirksam Gebrauch machen, wenn sie eine Bewilligung, die sie schon hätte erteilen können, bloß zurückhält, um den auf die Beschäftigung des Ausländers angewiesenen Antragsteller zu einem Verstoß gegen das Verbot der Bewilligung oder Beschäftigung zu verleiten. Auf diese - gewiß nicht häufige, aber doch immerhin denkbare - Fallgestaltung geht die Bundesregierung in ihrer Äußerung nicht ein. Sie zeigt jedoch beispielhaft auf, daß es nicht gleichgültig sein kann, warum und wie lange die Entscheidung über den Antrag auf Beschäftigungsbewilligung ausbleibt. Ein Gesetz, das eine Bedachtnahme auf diese Frage unter keinen Umständen zuläßt, schießt über das Ziel.

Der vorläufigen Annahme, daß die Behörde nach dem Stande der Rechtsordnung vor der Novelle 1990 nicht ermächtigt sein sollte, im Wege einer teleologischen Reduktion des Gesetzeswortlautes die einschneidende Rechtsfolge der Versagung der Beschäftigungsbewilligung allein wegen Übertretung des Beschäftigungsverbots vor Bewilligungserteilung von sich aus auf Fälle ordnungsgemäßer Behandlung von Anträgen zu beschränken, ist im Verfahren niemand entgegengetreten.

§4 Abs3 Z11 AuslBG war daher bis zum Inkrafttreten der Novelle 1990 verfassungswidrig.

Die Verpflichtung des Bundeskanzlers, diese Feststellung kundzumachen, stützt sich auf Art140 Abs5 B-VG.

Da von einer mündlichen Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war, hat der Gerichtshof von einer mündlichen Verhandlung abgesehen (§19 Abs4 VerfGG).

Schlagworte

Arbeitsrecht, Ausländerbeschäftigung, Auslegung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1992:G330.1991

Dokumentnummer

JFT_10079377_91G00330_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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